Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2011
Aktenzeichen: 19 W (pat) 301/10
(BPatG: Beschluss v. 15.03.2011, Az.: 19 W (pat) 301/10)
Tenor
Das Patent 102 20 185 wird widerrufen.
Gründe
I.
Das Deutsche Patentund Markenamt hat für die am 6. Mai 2002 eingegangene Anmeldung ein Patent mit der Bezeichnung "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube bei einer Spritzgussmaschine" erteilt, und die Patenterteilung am 27. Januar 2005 veröffentlicht.
Gegen das Patent hat die P... AG, heute M... AG, mit Schriftsatz vom 21. Mai 2005, eingegangen am selben Tag, Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Gegenstand des Patents sei nicht neu, beruhe zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit und sei damit nach § 21 Abs. 1 PatG nicht patentfähig.
Die Einsprechende hat ihren Vortrag auf folgende Unterlagen gestützt: Die Einsprechende beantragt, D1 DE 44 46 857 A1 D2 DE 43 14 722 C1 D3 US 6 108 587 A D4 JP 6-122141 A, einschließlich englischem Abstract D5 US 5 514 311 A D6 US 5 817 258 A D7 JP 6-170899 A, einschließlich englischem Abstract D8 JP 10-315290 A, einschließlich englischem Abstract D9 DE 196 25 880 A1 D10 EP 0 744 267 A2.
das Patent zu widerrufen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Die Patentinhaberinnen beantragen sinngemäß, das Patent auf Grundlage der mit Schreiben vom 19. Dezember 2007 eingereichten Patentansprüche 1 -10 und einer noch zu ändernden Beschreibung beschränkt aufrechtzuerhalten.
Den zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung haben die Patentinhaberinnen nicht aufrechterhalten, und mit Eingabe vom 16. Februar 2011 Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung einer Gliederung in Anlehnung an eine Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
1. "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit einer Schraube (8) in einer Spritzgussmaschine, 1.1 wobei ein geschmolzenes Kunstharz (9), welches sich in einem Heizzylinder (7) befindet, in eine Form (1) eingefüllt wird durch Vorwärtsbewegen der Schraube (8) innerhalb des Heizzylinders (7), wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
1.2 Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) gemäß einem vorbestimmten Geschwindigkeitsmuster nach der Initiierung der Vorwärtsbewegung, bis die Schraube (8) einen vorbestimmten Bremsinitiierungspunkt erreicht;
1.3 Messen eines inneren Drucks der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der innere Druck einen vorbestimmten Druck erreicht, 1.3.1 und zwar vom Bremsinitiierungspunkt bis zu einem vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt, 1.3.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung eines ersten Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird;
1.3.3 Ersetzen des ersten Satzes von PID-Koeffizienten durch einen anderen Satz von PID-Koeffizienten, wenn die Schraube (8) den vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt erreicht; und 1.4. Messen des inneren Drucks der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) mittels einer Rückführsteuerung, so dass der innere Druck der Form (1) sich gemäß einem vorbestimmten Muster von Zieldruck bezüglich Zeit verändert, 1.4.1 nachdem die Schraube den Druckhalte-Initiierungspunkt erreicht hat, 1.4.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung des anderen Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird."
Der geltende Patentanspruch 4 lautet unter Einfügung einer Gliederung in Anlehnung an eine Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
4. "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit einer Schraube (8) in einer Spritzgussmaschine, 4.1 wobei ein geschmolzenes Kunstharz (9), welches sich in einem Heizzylinder (7) befindet, in eine Form (1) eingefüllt wird durch Vorwärtsbewegen der Schraube (8) innerhalb des Heizzylinders (7), wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
4.2 Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) gemäß einem vorbestimmten Geschwindigkeitsmuster nach der Initiierung der Vorwärtsbewegung, bis die Schraube (8) einen vorbestimmten Bremsinitiierungspunkt erreicht;
4.3 Messen eines inneren Drucks der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der innere Druck einen vorbestimmten Druck erreicht, nachdem die Schraube (8) den Bremsinitiierungspunkt erreicht hat, 4.3.1 bis die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, eine vorbestimmte Druckhalte-Initiierungszeit erreicht, 4.3.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung eines ersten Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird;
4.3.3 Ersetzen des ersten Satzes von PID-Koeffizienten durch einen anderen Satz von PID-Koeffizienten, wenn die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, die Druckhalte-Initiierungszeit erreicht; und 4.4 Messen des inneren Drucks der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) mittels einer Rückführsteuerung, so dass der innere Druck der Form (1) sich gemäß einem vorbestimmten Muster von Zieldruck bezüglich Zeit verändert, 4.4.1 nachdem die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, die Druckhalte-Initiierungszeit erreicht hat, 4.4.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung des anderen Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird."
Der geltende Patentanspruch 7 lautet unter Einfügung einer Gliederung in Anlehnung an eine Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
7. "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit einer Schraube (8) in einer Spritzgussmaschine, 7.1 wobei ein geschmolzenes Kunstharz (9), welches sich in einem Heizzylinder (7) befindet, in eine Form (1) eingefüllt wird durch Vorwärtsbewegen der Schraube (8) innerhalb des Heizzylinders (7), wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
7.2 Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) gemäß einem vorbestimmten Bewegungsmuster nach der Initiierung der Vorwärtsbewegung, bis die Schraube (8) einen vorbestimmten Bremsinitiierungspunkt erreicht hat;
7.3 Messen eines inneren Drucks der Form (1) an mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste der so gemessenen inneren Drücke einen ersten Zieldruck erreicht, 7.3.1 und zwar vom Bremsinitiierungspunkt bis zu einem vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt, 7.3.2 wobei die Rückführsteuerung durchgeführt wird unter Verwendung eines ersten Satzes von PID-Koeffizienten;
7.3.3 Ersetzen des ersten Satzes von PID-Koeffizienten durch einen anderen Satz von PID-Koeffizienten, wenn die Schraube (8) den vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt erreicht; und 7.4. Messen des inneren Drucks der Form (1) an den mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste innere Druck auf einem zweiten Zieldruck gehalten wird, 7.4.1 nachdem die Schraube den Druckhalte-Initiierungspunkt erreicht hat, 7.4.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung des anderen Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird."
Der geltende Patentanspruch 8 lautet unter Einfügung einer Gliederung in Anlehnung an eine Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
8. "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit einer Schraube (8) in einer Spritzgussmaschine, 8.1 wobei ein geschmolzenes Kunstharz (9), welches sich in einem Heizzylinder (7) befindet, in eine Form (1) eingefüllt wird durch Vorwärtsbewegen der Schraube (8) innerhalb des Heizzylinders (7), wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
8.2 Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) gemäß einem vorbestimmten Bewegungsmuster nach der Initiierung der Vorwärtsbewegung, bis die Schraube (8) einen vorbestimmten Bremsinitiierungspunkt erreicht hat;
8.3 Messen eines inneren Drucks der Form (1) an mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste der so gemessenen inneren Drücke einen Zieldruck erreicht, 8.3.1 und zwar vom Bremsinitiierungspunkt bis zu einem vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt, 8.3.2 wobei die Rückführsteuerung durchgeführt wird unter Verwendung eines ersten Satzes von PID-Koeffizienten;
8.3.3 Ersetzen des ersten Satzes von PID-Koeffizienten durch einen anderen Satz von PID-Koeffizienten, wenn die Schraube (8) den vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt erreicht; und 8.4. Messen des inneren Drucks der Form (1) an den mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste innere Druck gemäß einem vorbestimmten Muster von Zieldruck bezüglich Zeit verändert wird, 8.4.1 nachdem die Schraube (8) den Druckhalte-Initiierungspunkt erreicht hat, 8.4.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung des anderen Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird."
Der geltende Patentanspruch 9 lautet unter Einfügung einer Gliederung in Anlehnung an eine Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
9. "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit einer Schraube (8) in einer Spritzgussmaschine, 9.1 wobei ein geschmolzenes Kunstharz (9), welches sich in einem Heizzylinder (7) befindet, in eine Form (1) eingefüllt wird durch Vorwärtsbewegen der Schraube (8) innerhalb des Heizzylinders (7), wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
9.2 Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) gemäß einem vorbestimmten Bewegungsmuster nach der Initiierung der Vorwärtsbewegung, bis die Schraube (8) einen vorbestimmten Bremsinitiierungspunkt erreicht hat;
9.3 Messen eines inneren Drucks der Form (1) an mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste der so gemessenen inneren Drücke einen ersten Zieldruck erreicht, nachdem die Schraube (8) den Bremsinitiierungspunkt erreicht hat, 9.3.1 bis die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, eine vorbestimmte Druckhalte-Initiierungszeit erreicht, 9.3.2 wobei die Rückführsteuerung durchgeführt wird unter Verwendung eines ersten Satzes von PID-Koeffizienten;
9.3.3 Ersetzen des ersten Satzes von PID-Koeffizienten durch einen anderen Satz von PID-Koeffizienten, wenn die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, die Druckhalte-Initiierungszeit erreicht; und 9.4 Messen des inneren Drucks der Form (1) an den mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste innere Druck auf einem zweiten Zieldruck gehalten wird, 9.4.1 nachdem die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, die Druckhalte-Initiierungszeit erreicht hat, 9.4.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung des anderen Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird."
Der geltende Patentanspruch 10 lautet unter Einfügung einer Gliederung in Anlehnung an eine Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
10. "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit einer Schraube (8) in einer Spritzgussmaschine, 10.1 wobei ein geschmolzenes Kunstharz (9), welches sich in einem Heizzylinder (7) befindet, in eine Form (1) eingefüllt wird durch Vorwärtsbewegen der Schraube (8) innerhalb des Heizzylinders (7), wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
10.2 Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) gemäß einem vorbestimmten Bewegungsmuster nach der Initiierung der Vorwärtsbewegung, bis die Schraube (8) einen vorbestimmten Bremsinitiierungspunkt erreicht hat;
10.3 Messen eines inneren Drucks der Form (1) an mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste der so gemessenen inneren Drücke einen Zieldruck erreicht, nachdem die Schraube (8) den Bremsinitiierungspunkt erreicht hat, 10.3.1 bis die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, eine vorbestimmte Druckhalte-Initiierungszeit erreicht, 10.3.2 wobei die Rückführsteuerung durchgeführt wird unter Verwendung eines ersten Satzes von PID-Koeffizienten;
10.3.3 Ersetzen des ersten Satzes von PID-Koeffizienten durch einen anderen Satz von PID-Koeffizienten, wenn die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, die Druckhalte-Initiierungszeit erreicht; und 10.4 Messen des inneren Drucks der Form (1) an den mehreren Punkten (31 bis 33) innerhalb der Form (1) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube (8) durch eine Rückführsteuerung, so dass der höchste innere Druck der Form (1) gemäß einem vorbestimmten Muster von Zieldruck bezüglich Zeit verändert wird, 10.4.1 nachdem die Zeit, die seit der Initiierung der Vorwärtsbewegung der Schraube (8) vergangen ist, die Druckhalte-Initiierungszeit erreicht hat, 10.4.2 wobei die Rückführsteuerung unter Verwendung des anderen Satzes von PID-Koeffizienten durchgeführt wird."
Als Aufgabenstellung ist in der Patentschrift (Absatz [0011]) angegeben, ein Steuerungsverfahren zu schaffen, welches Steuerungsbedingungen in weniger Testvorgängen auffinden kann, wenn ein fehlerhaftes Formen auftritt oder die Produktion eines neuen Produkts initiiert wird. Gleichzeitig solle mit diesem Steuerungsverfahren die Qualität der Produkte sowie die Ausbeute verbessert werden, indem verhindert wird, dass der Druck einer Form übermäßig groß wird.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG a. F. begründete Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den am 21. April 2005 eingelegten Einspruch besteht auch nach Aufhebung dieser Bestimmung zum 1. Juli 2006 (vgl. Art. 1 Nr. 17. u. Art. 8 des Gesetzes z. Änd. d. patentrechtl. Einspruchsverfahrensu. d. PatKostG v. 21. Juni 2006; BlPMZ 2006, 225, 226, 228) nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der "perpetuatio fori" fort (vgl. u. a. BGH GRUR 2009, 184, 185 (Nr. 5) -Ventilsteuerung).
1.
Der Einspruch ist zulässig, er hat auch Erfolg und führt zum Widerruf des Patents, da das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nicht neu und damit nicht patentfähig ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 sowie § 3 PatG).
2.
Aus der US 6 108 587 A (D3) ist in Worten des Patentanspruchs 1 ausgedrückt nämlich Folgendes bekannt: ein 1. "Verfahren zum Steuern einer Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit einer Schraube 22 in einer Spritzgussmaschine 10, 1.1 wobei ein geschmolzenes Kunstharz 23, welches sich in einem Heizzylinder 26 befindet, in eine Form 30, 34 eingefüllt wird durch Vorwärtsbewegen der Schraube 22 innerhalb des Heizzylinders 26, wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
1.2 Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube 22 gemäß einem vorbestimmten Geschwindigkeitsmuster (Spalte 6, Zeilen 43 bis 54 "varying the speed", "setpoint profile" sowie "ram velocity") nach der Initiierung der Vorwärtsbewegung (Spalte 1, Zeilen 38 bis 44: "injection stage"), bis die Schraube 22 einen vorbestimmten Bremsinitiierungspunkt (Ende des Einspritzvorgangs; Spalte 1 Zeilen 38 bis 43: "injection stage") erreicht (Spalte 5, Zeilen 6 bis 9: Vorschub der Schraube wird durch den Positionssensor 14 erfasst);
1.3 Messen eines inneren Drucks der Form 34 (Spalte 1, Zeilen 59 bis 66; Spalte 5, Zeilen 41 bis 45; Spalte 7, Zeilen 34, 35: "cavity pressure") und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube 22 durch eine Rückführsteuerung (Spalte 3, Zeilen 4 bis 5: "closed loop control"), so dass der innere Druck einen vorbestimmten Druck erreicht (Da gemäß Spalte 1, Zeilen 40 bis 43 sogar der zeitliche Verlauf des Einspritzvorgangs gezielt eingestellt wird, stimmt auch der Druck in der Form am Ende des Einspritzvorgangs).
1.3.1 und zwar vom Bremsinitiierungspunkt bis zu einem vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt (Beginn des "packing stage", Spalte 1, Zeilen 45 bis 47), 1.3.2 wobei die Rückführsteuerung (Spalte 3, Zeilen 4 bis 5) unter Verwendung eines ersten Satzes von PID-Koeffizienten (Spalte 7, Zeilen 54 bis 55) durchgeführt wird;
1.3.3 Ersetzen des ersten Satzes von PID-Koeffizienten durch einen anderen Satz von PID-Koeffizienten (Spalte 7, Zeilen 43 bis 50; jedes "segment" hat seinen eigenen Parametersatz), wenn die Schraube 22 den vorbestimmten Druckhalte-Initiierungspunkt erreicht (Beginn des "packing stage", Spalte 1, Zeilen 45 bis 47); und 1.4. Messen des inneren Drucks der Form 34 (Spalte 5, Zeilen 41 bis 43) und Steuern der Vorwärtsbewegungs-Geschwindigkeit der Schraube 22 (Spalte 1, Zeilen 59 bis 62: "velocity functions") mittels einer Rückführsteuerung (Spalte 3, Zeilen 4 bis 5), so dass der innere Druck der Form 34 sich gemäß einem vorbestimmten Muster von Zieldruck bezüglich Zeit verändert (Spalte 1, Zeile 50 bis 51), 1.4.1 nachdem die Schraube 22 den Druckhalte-Initiierungspunkt ("holding stage", Spalte 1, Zeilen 48 bis 51) erreicht hat, 1.4.2 wobei die Rückführsteuerung (Spalte 3, Zeilen 4 bis 5) unter Verwendung eines anderen Satzes von PID-Koeffizienten (Spalte 7, Zeilen 54 bis 55) durchgeführt wird (Spalte 7, Zeilen 43 bis 50)."
Daher ist das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nicht neu und somit nicht patentfähig.
Entgegen den Ausführungen der Patentinhaberinnen sieht der Senat die drei Phasen Einspritzvorgang ("injection stage"), Brems und Verdichtungsphase ("packing stage"), sowie Druckhaltephase ("holding stage") als dort offenbart an (Sp. 1, Z. 33 bis 54). In allen Phasen kann sowohl die Geschwindigkeit als auch der Druck nach einem vorgegebenen Profil gesteuert oder geregelt werden (Sp. 1, Z. 59 bis 67, Sp. 3, Z. 4 bis 8, Sp. 4, Z. 8 bis 27, Sp. 6, Z. 43 bis 54, Sp. 7, Z. 43 bis 58). Entgegen der Auffassung der Patentinhaberinnen ist auch eine dazu passende Steuerund Regelschaltung gezeigt und beschrieben (Sp. 8, Z. 7 bis 22; Sp. 9, Z. 38 bis 58; Fig. 4, insbes. Bezugszeichen 103, 104, 120 bis 122).
3. Das Verfahren gemäß Patentanspruch 4 unterscheidet sich von dem gemäß Patentanspruch 1 lediglich dadurch, dass während der zweiten Phase nicht der von der Schraube zurückgelegte Weg erfasst wird, sondern die abgelaufene Zeit.
Darin sind zueinander glatt äquivalente Maßnahme zu sehen, die der Fachmann, der als FH-Ingenieur oder Techniker der Fachrichtung Verfahrenstechnik anzunehmen ist, der mit dem Entwurf von Steuerungen von kunststoffverarbeitenden Maschinen befasst ist und sich daher auch Kenntnisse über die zu regelnden Prozesse angeeignet hat, selbstverständlich gegeneinander austauscht. Deshalb beruht das Verfahren gemäß Patentanspruch 4 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Ebenso ist der Einsatz mehrerer Drucksensoren für die Regelung gemäß der Patentansprüche 7 bis 10 ein Frage der Komplexität der zu füllenden Formen und des vertretbaren Aufwands, nicht jedoch der erfinderischen Tätigkeit.
Die Vorgabe eines bestimmten (im Übrigen nicht näher definierten) zeitlichen Verlauf des Druckes in der Form ist aus der genannten US 6 108 587 A bekannt (Fig. 3 in Verbindung mit Spalte 6, Zeilen 43 bis 54).
Somit mangelt es nicht allein dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 an Patentfähigkeit, sondern auch den weiteren unabhängigen Patentansprüchen 4 sowie 7 bis 10.
Die weiteren auf die unabhängigen Patentansprüche rückbezogenen Patentansprüche teilen deren Schicksal.
Somit war das Patent, wie von der Einsprechenden beantragt, zu widerrufen.
Bertl Kirschneck Dr. Scholz J. Müller Pü
BPatG:
Beschluss v. 15.03.2011
Az: 19 W (pat) 301/10
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