Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 66/00

(BPatG: Beschluss v. 29.09.2000, Az.: 33 W (pat) 66/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Januar 2000 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist am 19. Oktober 1998 die Wortmarkesuperflyfür die Waren und Dienstleistungen

"Werbeträger, insbesondere Ständerwände aus Metall für Prospektmaterial, Vertrieb, Vermietung, Bestückung"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 18. Januar 2000 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft sowie wegen eines Freihaltungsbedürfnisses an einer beschreibenden Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, der aus der englischen Sprache stammende Ausdruck "superfly" der angemeldeten Marke bedeute "bestens, sehr gut, exzellent" und werde von den angesprochenen Verkehrskreisen hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausschließlich als Qualitätsangabe verstanden.

Mit ihrer Beschwerde beantragen die Anmelder, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Sie tragen im wesentlichen vor, die von der Markenstelle des Patentamts angegebene Bedeutung des Markennamens "superfly" sei nirgendwo auffindbar, unzutreffend und nicht nachvollziehbar, so daß nicht von einer tatsächlichen Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung ausgegangen werden könne. Daher liege eine Assoziation des Wortbestandteils "fly" mit "Flyern" nahe, die von den Anmeldern gestaltet und über unterschiedliche Werbeträger verbreitet würden.

II Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Marke "superfly" - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - für unterscheidungkräftig und nicht beschreibend, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 oder 2 MarkenG entgegenstehen.

Das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldung wird vor der Markeneintragung zwar noch der Klärung bedürfen - insbesondere ist "Vertrieb" als Dienstleistung regelmäßig nicht zulässig -, zur beschwerdegegenständlichen Beurteilung der Schutzfähigkeit der Anmeldemarke erscheint es dem Senat jedoch hinreichend bestimmt.

Die angemeldete Bezeichnung "superfly" vermag schon deshalb keine freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darzustellen, weil es sich bei dem Wort "superfly" nicht um einen gebräuchlichen üblichen Begriff der englischen Sprache handelt.

Die Entscheidung der Markenstelle stützt sich allein auf eine - den Anmeldern nicht mitgeteilte, aber als Kopie in der Amtsakte befindliche, bezüglich der Quelle nur ungenau handschriftlich mit "Oxford eng." angegebene - Fundstelle über einen US-amerikanischen Slangausdruck "superfly" mit den dort aufgeführten Bedeutungen "very good, excellent, the best (esp in the context of drugs); spec typical of the film character Super Fly" als Adjektiv sowie "(from the title of the film) one who sells illegal drugs, a pusher" als Substantiv. Der Senat hat eine ähnliche Fundstelle des US-amerikanischen Slangwortes "superfly" als Adjektiv im Sinne von "very wonderful, desirable or attractive" ermittelt, die ebenfalls die Anmerkung enthält: "Became popular after the 1972 motion picture Super Fly, about a cocaine dealer in Harlem. Mainly Negro use." (vgl Wentworth/Flexner, Dictionary of American Slang, second edition, New York 1975, S 747).

Nach den Recherchen des Senats ist der Ausdruck "superfly" aber sonst in keinem Wörterbuch der englischen Sprache erwähnt, insbesondere weder in den größten und umfangreichsten noch in neueren speziellen der Umgangssprache (vgl zB Webster's Third New International Dictionary of the English Language,1986, S 2294; Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache, Teil I: Englisch-Deutsch, 2. Bd, 6. Auflage 1981, S 1423; Langenscheidts Großwörterbuch der englischen und deutschen Sprache "Der Kleine Muret-Sanders", Englisch-Deutsch, 4. Auflage 1989, S 973; Duden-Oxford, Großwörterbuch Englisch, 2. Auflage 1998, S 1584; Knowles/Elliot, The Oxford Dicitionary of New Words, Oxford 1998, S 301; Beale, A Concise Dictionary of Slang und Unconventional English, Langenscheidt Berlin 1989, S 443). Demnach ist davon auszugehen, daß der Ausdruck "superfly" zwar in den Vereinigten Staaten von Amerika seit dem Jahr 1972 in einer Minderheit der Bevölkerung für einen gewissen Zeitraum als umgangssprachliches Modewort benutzt worden ist, aber keineswegs dem üblichen und gebräuchlichen Wortschatz der englischen Sprache angehört.

Auch aus dem mit unterschiedlichen Bedeutungen im britischen und im teilweisen US-amerikanischen Sprachgebrauch lexikalisch nachweisbaren Slangausdruck "fly" im Sinne von "clever" bzw "attractive and stylish" oder als Name eines in den sechziger und siebziger Jahren populären Tanzes (vgl Duden-Oxford, aaO, S 1151; Graf/Schönfeld/Buchner, Black American English, 2. Auflage 1994, S 70) läßt sich ein allgemein sprachüblicher englischer Begriff "superfly" nicht herleiten.

Solche fremdsprachigen Slangausdrücke wie "fly" oder "superfly" die normalerweise nur in ihren sprachlichen Herkunftsländern und nur in bestimmten Subkulturen von einem verhältnismäßig geringen Teil ihrer Bevölkerung und außerdem meist lediglich vorübergehend verwendet und verstanden werden, sind regelmäßig nicht als beschreibende Angaben über die Beschaffenheit, die Bestimmung oder sonstige Merkmale der auf dem inländischen Markt angebotenen Waren oder Dienstleistungen geeignet.

Die angemeldete Marke "superfly" besitzt zudem zweifellos Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Die Ansicht der Markenstelle, den angesprochenen Verkehrskreisen sei der Bedeutungsgehalt des Markennamens "superfly" bekannt und geläufig, so daß sie ihn als Qualitätsangabe auffaßten, entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage. Der deutsche Verkehr kennt das englische Wort "fly" sicher nur in den gewöhnlichen Bedeutungen des Verbs "fliegen" sowie des Substantivs "Fliege (Insekt)" (vgl a E. Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 27. Auflage 1994, S 46). Daher erscheint es ausgeschlossen, daß die mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochenen deutschen Verkehrskreise den Ausdruck "superfly" als irgendeine beschreibende Angabe verstehen könnten. Soweit der Verkehr einen assoziativen Hinweis auf den waren- und dienstleistungsgegenständlichen Begriff "flyer" im Sinne von "Handzettel, Flugblätter" erkennen wird, ist dies unschädlich.

Winkler Guthv. Zglinitzki Cl






BPatG:
Beschluss v. 29.09.2000
Az: 33 W (pat) 66/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b92924f29c4b/BPatG_Beschluss_vom_29-September-2000_Az_33-W-pat-66-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share