Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 2. August 2013
Aktenzeichen: 6 U 214/12
(OLG Köln: Urteil v. 02.08.2013, Az.: 6 U 214/12)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. 10. 2012 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 61/12 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin ist ein bekanntes Unternehmen, das Sanitärarmaturen entwickelt, produziert und vertreibt. Sie bezeichnet sich als weltweite Marktführerin in diesem Bereich und trägt vor, mit inländischen und ausländischen Produktionsstätten einen Jahresumsatz von etwas über 1 Mrd. Euro/Jahr zu erwirtschaften. Zum Produktprogramm der Klägerin gehören unter anderem die von ihr entwickelten Küchenarmaturen "H" und "H2". Hierbei handelt es sich um Einhebel-Mischarmaturen, die jeweils eine Zusatzfunktion aufweisen: Die "H" stellt dem Küchennutzer neben kaltem und warmem Leitungswasser auch kochendheißes Wasser zur Verfügung. Die "H2" kann neben kaltem und warmem Leitungswasser besonders gefiltertes Wasser oder karbonisiertes (mit Kohlensäure versetztes) Wasser liefern. Im vorliegenden Rechtsstreit beanstandet die Klägerin eine Nachahmung ihres Modells "H2":
Für die von ihr gestalteten Armaturen hat die Klägerin 2007 und 2009 jeweils Gemeinschaftsgeschmacksmuster angemeldet (Anlagen K 2 und K 3, Bl. 41 ff. d. A.). Die Klägerin hat die Armaturen erstmals im April 2009 auf der internationalen Fachmesse ISH in Frankfurt vorgestellt. Armaturen mit einer derartigen Doppelfunktion sind zu diesem Zeitpunkt auf dem Markt nicht angeboten worden, wobei zwischen den Parteien streitig ist, inwieweit in den 1990er Jahren Vorläuferprodukte existierten.
Seitdem hat die Klägerin mit den Armaturen folgende Umsätze erzielt:
- 2009: 220.000 €
- 2010: 1.200.000 €
- 2011: 3.147.000 €
H2
- 2009: 360.000 €
- 2010: 2.000.000 €
- 2011: 2.500.000 €
Seit der Vorstellung auf der Messe in Frankfurt waren die Armaturen Gegenstand zahlreicher Presseveröffentlichungen (Anlagenkonvolute K 4, Bl. 81 ff. d. A. und K 18, Bl. 258 ff. d. A.). Die Klägerin nimmt für ihre Armaturen H und H2 eine erhebliche Bekanntheit in Anspruch.
Auch die Beklagte ist ein bekanntes Unternehmen, welches ebenfalls Armaturen für den Küchenbereich entwickelt, produziert und vertreibt. Sie ist zu 100 % ein Tochterunternehmen der in der Schweiz ansässigen G AG, die wiederum komplette Systeme für private und semiprofessionelle Küchen entwickelt und herstellt. Der Jahresumsatz der G Holding AG beläuft sich auf ca. 3 Mrd. CHF.
Im September 2011 erhielt die Klägerin Kenntnis davon, dass die Beklagte unter der Bezeichnung G X 100 eine Armatur für den Küchenbereich anbietet, die ebenso wie die Armatur H2 der Klägerin in der Lage ist, neben kaltem und warmem Leitungswasser auch gefiltertes Wasser zur Verfügung zu stellen:
Die Beklagte kooperierte dabei - wie auch die Klägerin bei ihrem Produkt "H2" - mit der Fa. C, die führend im Bereich der Wasserfiltrierung ist.
Die Klägerin hat in dem Vertrieb der Armatur "X 100" eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Nachahmung des Designs ihrer Armaturen "H" und "H2" gesehen. Soweit die Klägerin ursprünglich ihre Ansprüche auch auf die Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützt hat, hat sie dies nach gerichtlichem Hinweis auf die insoweit gegebene Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf fallen gelassen.
Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 28. 9. 2011 erfolglos abgemahnt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, der Beklagten das Angebot der Armatur "X 100" zu untersagen. Ferner hat sie Rechnungslegung, die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz sowie Erstattung der Kosten der Abmahnung in Höhe von 2.080,50 EUR begehrt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, auf dem deutschen Markt sei - bereits im Jahr 2009 - eine Vielzahl von Armaturen teils namhafter Hersteller verfügbar gewesen, die mit der Gestaltung der Armaturen der Klägerin erhebliche Ähnlichkeiten aufwiesen. Von diesen gelte die Armatur "U" der Fa. E als "Urmutter" und Ideengeberin der streitgegenständlichen Armaturen der Parteien. Die "H2" sei auch keine Produktinnovation auf dem Armaturenmarkt. Sie, die Beklagte, habe bereits im Jahre 1997 eine Armatur unter der Bezeichnung "U2" auf den Markt gebracht, die einen Wasserfilter enthalten habe. Ihre Armatur "X 100" sei auch keine unzulässige Nachahmung der Armaturen der Klägerin. Eine vermeidbare Herkunftstäuschung sei schon deshalb ausgeschlossen, weil sowohl die Armaturen der Klägerin als auch die G X 100 deutlich sichtbar die Herstellerkennzeichnungen Grohe beziehungsweise G trügen, die "X 100" zusätzlich die Kennzeichnung "C". Darüber hinaus halte die "X 100" ausreichenden Abstand zu den Armaturen der Klägerin. Da = her sei die Klage auch unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung nicht begründet.
Das Landgericht hat der Klage im Ergebnis antragsgemäß stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Produkt der Klägerin weise jedenfalls durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart auf. Soweit sich die Beklagte auf andere Produkte im wettbewerblichen Umfeld bezogen habe, so sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Produkten der Parteien - Armaturen mit einer Zusatzfunktion - um ein sehr kleines und spezielles Produktsegment handele. Die Beklagte habe auch nicht dargelegt, in welchem Umfang die Produkte, auf die sie sich beziehe, auf dem deutschen Markt angeboten würden. Eine Reihe von ihnen sei außerdem erst nach der Armatur der Klägerin auf den Markt gekommen. Schließlich weise auch keines dieser Produkte die Kombination von Gestaltungselementen auf, die das Produkt der Klägerin kennzeichne, dies gelte auch für das Produkt "U" der Fa. E. Durch "X 100" habe die Beklagte auch die prägenden Gestaltungselemente der Armatur "H2" in "nahezu identischer, zumindest ähnlicher" Form übernommen. Ansprüche aus § 4 Nr. 9 a) UWG hat das Landgericht allerdings daran scheitern lassen, dass infolge der dauerhaft angebrachten Herstellerangaben auf den Armaturen eine Herkunftstäuschung ausscheide. Das Landgericht hat aber einen Anspruch der Klägerin aus § 4 Nr. 9 b) UWG bejaht, da eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung der Armaturen der Klägerin vorliege. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Klageabweisung. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere trägt sie vor, dass die Klägerin bei ihrem Produkt lediglich vorbekannte Gestaltungselemente aufgegriffen hätte; vor allem das Modell "U" der Fa. E habe einen entsprechenden Trend gesetzt, dem außer der Klägerin auch zahlreiche andere Anbieter gefolgt seien. Auch die Technik der Zusatzfunktion sei nicht neu; so habe eine niederländische Firma E2 ein ähnliches Produkt entwickelt. Ansprüche aus § 4 Nr. 9 b) UWG würden daran scheitern, dass die Klägerin keinen "besonderen Ruf" ihrer Produkte vorgetragen habe. Das Landgericht habe im Übrigen gegen § 139 ZPO verstoßen, indem es sein Urteil auf § 4 Nr. 9 b) UWG gestützt habe, obwohl sich die Klägerin allein auf § 4 Nr. 9 a) UWG berufen habe.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Soweit sich die Beklagte auf das Produkt der Fa. E2 stütze, so habe die Klägerin selber eine Kooperation mit diesem Unternehmen geplant, die aber nicht zustande gekommen sei. Es sei davon auszugehen, dass die Fa. E2 bei der Entwicklung des Produkts, auf das sich die Beklagte berufe, auf den Informationen aufbaue, die sie im Rahmen der Verhandlungen von der Klägerin erhalten habe. Die Klägerin meint weiterhin, entgegen der Annahme des Landgerichts liege auch eine Herkunftstäuschung im Sinn des § 4 Nr. 9 a) UWG vor. Dabei sei zu berücksichtigen, dass zu den Abnehmern beider Parteien nicht nur Facheinkäufer - in erster Linie von Küchenstudios -, sondern auch Endverbraucher und "fachfremde" Einkäufer zählen würden, da gerade das Produkt der Klägerin zunehmend in Unternehmen, beispielsweise bei der Gestaltung von Teeküchen, eingesetzt werde. Zwar treffe es zu, dass das Modell "U" der Fa. E bereits 2009 bekannt gewesen sei und mittlerweile "eine Art Kultcharakter" aufweise. Sie, die Klägerin, habe sich aber nicht an "U", sondern an einem ihrer eigenen Modelle ("N", ohne Zusatzfunktion) orientiert.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
1. Ein Anspruch der Klägerin aus §§ 3, 4 Nr. 9 a), 8 Abs. 1 UWG besteht nicht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat, kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, Urteil vom 28. 5. 2009 - I ZR 124/06 - GRUR 2010, 80 Tz. 21 - LIKEaBIKE; Urteil vom 22. 3. 2012 - I ZR 21/11 - GRUR 2012, 1155 Tz. 16 - Sandmalkasten, jeweils m. w. N.).
a) Wettbewerbliche Eigenart des Produkts "H2" ist allerdings zu bejahen.
aa) Dafür ist zunächst die Produktkategorie genauer zu bestimmen: Die Klägerin, der das Landgericht gefolgt ist, möchte allein auf die Kategorie "Armatur mit Zusatzfunktion" abstellen. Die Beklagte meint dagegen, bei der Zusatzfunktion handele es sich um ein "H3", also eine bloße technische Spielerei. Maßgeblich sei die Produktkategorie "Armaturen", wobei sie sich teilweise sogar auf Badezimmerarmaturen bezieht, da diese auch im Küchenbereich verwendet werden könnten. Für die Betrachtungsweise der Beklagten spricht, dass es in diesem Rechtsstreit allein auf das Design der Armaturen ankommt. Der Grundgedanke, Armaturen mit einer Zusatzfunktion zu versehen - und wie dieser Gedanke konkret technisch realisiert wird -, ist als solcher nicht schutzfähig. Auch die Klägerin stützt sich in erster Linie darauf, dass das Produkt der Beklagten durch sein Design ihr eigenes nachahme. Dieses Design muss aber für alle Armaturen die gleichen Anforderungen erfüllen; die Zusatzfunktion erfordert lediglich ein zusätzliches Bedienelement. So trägt auch die Klägerin in der Berufungsinstanz vor, dass sie bei der Gestaltung ihres Produkts auf einer anderen Armatur aus ihrem Programm ("N") aufgebaut habe, die nicht über eine Zusatzfunktion verfügte.
Demgegenüber spricht für die enge Betrachtungsweise der Klägerin, dass sich die Armaturen mit Zusatzfunktion durch deutlich höhere Preise auszeichnen als Armaturen ohne eine solche Zusatzfunktion. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich die Preise für die hier zu beurteilenden Produkte im vierstelligen Euro-Bereich bewegen, was durch den erheblichen technischen Aufwand bedingt ist, der betrieben werden muss, um eine Vermischung der unterschiedlichen Wasserarten, die aber dennoch aus einer Armatur kommen sollen, zu verhindern. Daher liegen die Preise für diese Produkte um bis zu dem Zehnfachen über denen für Armaturen ohne diese Zusatzfunktion, auch solche aus den eigenen Produktprogrammen der Parteien. Insofern trifft der von der Beklagten herangezogene Vergleich - Cabrios mit textilem Dach und Stahl-Faltdach - nicht den hier zu beurteilenden Sachverhalt: Die Ausrüstung mit einem Stahldach hat nicht zu einer Vervielfachung des Preises des betreffenden Fahrzeugs gegenüber Konkurrenzprodukten mit einem Textildach geführt.
Die hier in Rede stehenden Armaturen sind daher aus Sicht des Endabnehmers nicht mit normalen Armaturen austauschbar. Vor diesem Hintergrund sieht auch der Senat die Gruppe der Armaturen mit Zusatzfunktion als die maßgebliche Produktkategorie an.
bb) Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betriebliche Herkunft legt und aus deren Gestaltung Anhaltspunkte dafür gewinnen kann. Dafür wiederum ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, Urteil vom 22. 3. 2012 - I ZR 21/11 - GRUR 2012, 1155 Tz. 19 - Sandmalkasten; Senat, Urteil vom 27. 6. 2003 - 6 U 16/03 - GRUR-RR 2004, 21 - Küchen-Seiher, jeweils m. w. N.).
Das Landgericht hat zu diesem Punkt ausgeführt:
"Die konkrete Gestaltung, insbesondere die streng symmetrische Form, gebildet von dem U-förmigen Auslauf als Längsachse und dem quer zum Auslauf angeordneten Zylinder mit den Bedienelementen, wobei das kühle Design nicht durch andere Gestaltungselemente beeinträchtigt wird, gibt den Armaturen ein besonderes Gepräge und einen entsprechenden Wiedererkennungswert" (S. 9 UA).
Dieser Bewertung stimmt der Senat zu, wenn auch mit der Einschränkung, dass insgesamt gerade keine "streng symmetrische" Form vorliegt. Die Klägerin hat sich vielmehr darauf berufen, durch die unterschiedliche - asymme- trische - Ausgestaltung der Bedienelemente (Hebel rechts, Drehknopf links) solle dem Benutzer gerade deren unterschiedliche Funktion vor Augen geführt werden. Insgesamt wird das Produkt aber durch einen formalen Aufbau mit einer Reduktion der gestalterischen Elemente auf ein Minimum unter Verzicht auf Zierelemente geprägt, wodurch ein nüchternminimalistischer Gesamteindruck entsteht.
Vor dem Landgericht hat sich die Beklagte noch auf eine Reihe von Konkurrenzprodukten berufen, um die fehlende wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerin zu belegen (Schriftsatz vom 23. 5. 2012, S. 2 ff. = Bl. 162 ff. d. A.). Das Landgericht hat diese Produkte nicht berücksichtigt, da sie teilweise erst nach der Einführung des Produkts der Klägerin auf den Markt gekommen seien. Ferner habe die Beklagte nicht vorgetragen, in welchem Umfang diese Produkte in Deutschland vertrieben würden. Schließlich weise keines der Produkte die Kombination der Gestaltungselemente auf, die gerade das der Klägerin kennzeichnen würden.
Es ist Sache des Anspruchsgegners, die Marktbedeutung von Produkten darzulegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen will (vgl. BGH, Urteil vom 24. 3. 2005 - I ZR 131/02 - GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchhalter; Senat, Urteil vom 9. 11. 2007 - 6 U 9/07 - GRUR-RR 2008, 166, 168 - Bigfoot). Dies ist seitens der Beklagten im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Die Klägerin hatte diesen mangelnden Vortrag bereits in der ersten Instanz gerügt; er ist seitens der Beklagten auch nicht in der Berufungsinstanz nachgeholt worden, obwohl sich das Landgericht auch auf diesen Punkt gestützt hat, um die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerin zu bejahen.
Als zu berücksichtigendes Marktumfeld verbleibt damit allenfalls noch das Modell "U" der Fa. E, von dem die Klägerin mittlerweile selbst einräumt, dass es vor ihrem Produkt auf dem Markt war und mittlerweile fast "L" habe. Es weist allerdings keine Zusatzfunktion auf, so dass es aus Sicht des Senats nicht zum relevanten wettbewerblichen Umfeld gehört. Darüber hinaus unterscheidet sich "U" - zumindest in der Variante, in der es sich im Original bei den Akten befindet und auf die sich die Beklagte in der Berufungsinstanz bezieht - auch dadurch von dem Produkt der Klägerin, dass der Querzylinder für die Bedienelemente nur einseitig ausgeprägt ist. Während der prägende Gesamteindruck der Bedienelemente des klägerischen Produkts kreuzförmig ist ( ┼ ), ist dies bei "U" nicht der Fall ( ├ ). Der Abstand zwischen "H2" und "U" ist jedenfalls deutlich größer als der zwischen "H2" und "G2 100". Vor diesem Hintergrund liegt jedenfalls keine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart des Produkts der Klägerin vor.
Insgesamt kann daher dem Produkt der Klägerin wettbewerbliche Eigenart nicht abgesprochen werden. Zwar hat die Klägerin selber eingeräumt, dass der Gestaltungsspielraum bei dem Design von Spültischarmaturen eingeschränkt ist. Aber zumindest im Hinblick auf die Bekanntheit des Produkts der Klägerin, das sich seit 2 ½ Jahren auf dem Markt befindet, und das Gegenstand einer Reihe von Presseveröffentlichungen (allerdings überwiegend in der Fachpresse) war, kann von einer durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart ausgegangen werden. Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Produkts kann durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (BGH, Urteil vom 15. 4. 2010 - I ZR 145/08 - GRUR 2010, 1125, 1127 - Femur-Teil).
Demgegenüber führt der Umstand, dass die Klägerin ein besonderes Design mit einer bestimmten technischen Funktionalität verbunden hat, nicht zu einer Steigerung der wettbewerblichen Eigenart. Zunächst ist wiederum darauf hinzuweisen, dass allein die "Idee", eine Armatur mit einer Zusatzfunktion zu versehen, als solche nicht schutzfähig ist. Ferner ist dem Umstand, dass es sich um eine bis dahin in dieser konkreten Form nicht realisierte technische Funktionalität handelt, auch dadurch Rechnung getragen, dass diese Funktionalität und die dadurch bedingte Zuordnung zu einem höheren Preissegment zur Annahme einer eigenen Produktkategorie geführt haben, die das Produkt der Klägerin bereits aus dem weiten Feld der Küchenarmaturen heraushebt.
Soweit die Klägerin darüber hinaus auf erlangte Auszeichnungen für ihr Design verweist, so ist das in Rede stehende Modell "H2" in der als Anlage K 1 vorgelegten Liste der Auszeichnungen der Klägerin ("red dot design award", Bl. 30 ff. d. A.) nicht enthalten. Welche konkrete andere Auszeichnung "H2" erlangt haben soll, hat sie nicht vorgetragen. Ebenso ist die von der Klägerin in Auszügen vorgelegte Marktstudie nicht geeignet, um eine weitergehende Bekanntheit des Produkts der Klägerin zu begründen. Eine konkrete Aussage zu dem Modell "H2" findet sich nur in der Tabelle K 24 (Bl. 296c d. A.); da dort aber direkt nach "H2" (sogar mit einer näheren Beschreibung der Besonderheit) gefragt worden sein soll, ist das Ergebnis nicht aussagekräftig. Soweit sich die Klägerin schließlich auf die Ausstrahlung von TV-Werbespots gestützt hat, fehlt es - wie bereits die Beklagte gerügt hat - an näheren Angaben zu den Einzelheiten der Ausstrahlung und damit der Reichweite dieser Werbespots.
b) Das Landgericht ist von einer "nahezu identischen, zumindest ähnlichen" Übernahme der prägenden Gestaltungsmerkmale des Produkts der Klägerin ausgegangen (S. 11 UA). Aus Sicht des Senats liegt jedoch keine identische oder fast identische Nachahmung, sondern nur eine nachschaffende Nachahmung des Produkts der Klägerin vor. Von einer solchen ist auszugehen, wenn die fremde Leistung als Vorbild benutzt und nachschaffend unter Einsatz eigener Leistung wiederholt wird (BGH, Urteil vom 21. 3. 1991 - I ZR 158/89 - GRUR 1992, 523, 524 - Betonsteinelemente; Senat, Urteil vom 9. 3. 2007 - 6 U 169/06 - MD 2007, 964, 967 - iPod). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit kommt es auf die Gesamtwirkung der sich gegenüberstehenden Produkte an. Dabei ist zu prüfen, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des Produkts ausmachen, für das Schutz beansprucht wird (BGH, Urteil vom 11. 1. 2007 - I ZR 198/04 - GRUR 2007, 795 Tz. 32 - Handtaschen; Urteil vom 15. 4. 2010 - I ZR 145/08 - GRUR 2010, 1125, Tz. 25 - Femur-Teil). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. In diesem Eindruck treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor als die Unterschiede, so dass es maßgeblich nicht so sehr auf die Unterschiede als auf die Übereinstimmungen ankommt (BGH, Urteil vom 11. 1. 2007 - I ZR 198/04 - GRUR 2007, 795 Tz. 34 - Handtaschen; Urteil vom 28. 5. 2009 - I ZR 124/06 - GRUR 2010, 80 Tz. 39 - LIKEaBIKE).
Im vorliegenden Fall sind prägende Merkmale des Produkts der Klägerin - U-förmiger Auslauf kombiniert mit den an einem leicht asymmetrischen Querzylinder angebrachten Bedienelementen unter Verzicht auf sonstige Gestaltungselemente - bei dem Produkt der Beklagten ebenfalls vorhanden. Allerdings weist dieses demgegenüber eine Reihe von im Gesamteindruck bereits erheblichen Unterschieden auf, die die Annahme einer identischen oder fast identischen Übernahme verbieten. Dabei fallen vor allem die Gestaltung des linken Bedienelements (kleiner Hebel bei der Beklagten, Drehknopf bei der Klägerin) sowie die Verbindung des Auslaufs mit dem Bedienelement auf.
Bei dem Produkt der Klägerin wird der Sockel noch über die Bedienelemente hinausgeführt, ehe dann der eigentliche Auslauf mit einem geringeren Durchmesser ansetzt. Die Bedienelemente vermitteln damit einen kreuzförmigen Eindruck. Demgegenüber setzt bei dem Produkt der Beklagten der Auslauf mit geringerem Durchmesser direkt auf dem Querzylinder auf, so dass ein T-förmiger Eindruck der Bedienelemente entsteht. Dieser Eindruck ist auch in der konkreten Einbausituation der Produkte deutlich wahrnehmbar.
Hinzu kommt noch eine Reihe weiterer Unterschiede, die allerdings insgesamt weniger ins Gewicht fallen:
- Die Bedienhebel rechts sind unterschiedlich ausgestaltet, flach bei der Klägerin, rund bei der Beklagten. Dieser Unterschied fällt bei genaue rer Betrachtung durchaus ins Auge.
- Die Bedienelemente sind bei der Klägerin unterschiedlich lang, bei der Beklagten dagegen gleich lang.
- Der Querzylinder ist bei der Klägerin dicker als der vertikale Zylinder. Auch dieser Unterschied lässt sich bei genauer Betrachtung des Produkts erkennen.
- Ob zur Zeit der Klageerhebung die Produkte der Klägerin nur in glänzender Optik angeboten wurden, ist streitig; die Klägerin hat ihr Produkt auch in "matt gebürstet" vorgelegt. Im Übrigen werden solche Armaturen häufig in verschiedenen Farben und Oberflächengestaltungen angeboten.
- Ob der Gesamteindruck der Armatur der Beklagten wesentlich schlanker ist, mag dahingestellt bleiben. Auf den Abbildungen und bei Betrachtung der Originale fällt dies weniger auf; der Unterschied wird allerdings auf der von der Beklagten vorgelegten Skizze mit eingezeichneten Abmessungen erkennbar (Bl. 382 d. A.).
Insgesamt erwecken die bestehenden Ähnlichkeiten und Unterschiede den Eindruck, dass es sich bei dem Produkt der Beklagten um eine Weiterentwicklung des Produkts der Klägerin handelt, bei der die dort vorhandenen Gestaltungselemente noch stringenter ausgeführt worden sind, so dass das Design insgesamt noch nüchterner und klarer wirkt. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise wirkt das Produkt der Beklagten, als habe sie das Modell "H2" der Klägerin zum Vorbild genommen und unter Einsatz eigener Ideen weiterentwickelt, ohne von dem Vorbild abhängig geblieben zu sein.
c) Liegt es schon wegen des vorbeschriebenen Gestaltungsabstandes fern, dass der Verkehr die Produkte der Parteien demselben Hersteller zuordnet, so ist mit dem Landgericht eine Herkunftstäuschung jedenfalls zu verneinen, da auf den Produkten die jeweilige Herstellerbezeichnung dauerhaft angebracht ist. Auch eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne kann nicht festgestellt werden, da der Verkehr beide Parteien als Hersteller von Sanitärarmaturen kennt. Die Annahme einer Handels- oder Zweitmarke scheidet aus.
Der überzeugenden Bewertung des Landgerichts schließt sich der Senat zustimmend an. Zwar ist die Herstellerkennzeichnung bei dem Produkt der Klägerin sowohl prominent auf dem linken Bedienelement als auch noch einmal auf dem unteren Teil des vertikalen Zylinders angebracht, während sie bei dem der Beklagten nur auf dem Abschluss der Bedienelemente vorhanden ist. Wenn man das Produkt der Beklagten direkt von vorne sieht, ist die Herstellerkennzeichnung daher nicht sichtbar. Da es sich andererseits um hochpreisige Produkte handelt, die nicht im Baumarkt aus dem Regal heraus gekauft werden, ist davon auszugehen, dass sich Interessenten die Produkte genauer ansehen. Dann aber fällt auch die Herstellerkennzeichnung der Beklagten auf. In diesem Zusammenhang bedarf die Frage, wer als Abnehmer der Produkte der Parteien in Betracht kommt, keiner Entscheidung. Aus dem als Anlage K 11 (Bl. 72a d. A.) vorgelegten Prospekt der Beklagten geht hervor, dass sie sich auch direkt an Endverbraucher wendet. Aber selbst unter dieser Voraussetzung scheidet eine Herkunftstäuschung aus, da es sich angesichts des Preissegments um einen anspruchsvollen Verbraucherkreis handelt, der die Kaufentscheidung nicht ohne genaue Betrachtung der Produkte treffen wird.
Soweit sich die Klägerin erstinstanzlich darauf berufen hat, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei das Hinzufügen einer eigenen Herkunftsbezeichnung nur "äußerst eingeschränkt" geeignet, um eine Herkunftstäuschung auszuschließen, so tragen die von ihr zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs diese Ansicht nicht. In dem Urteil vom 14. 1. 1999 (I ZR 203/96 - GRUR 1999, 751, 753 - Güllepumpen) heißt es vielmehr, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Annahme naheliege, dass die Verwendung unterscheidender Merkmale, wie beispielsweise die hinreichend sichtbare Anbringung der einer Firmenbezeichnung, durchaus aus dem Bereich der Herkunftstäuschung herausführen könne. Auch in dem Urteil vom 19. 10. 2000 (I ZR 225/98 - GRUR 2001, 443, 445f. - Viennetta) wird angesprochen, dass eine Herstellerkennzeichnung durchaus geeignet sein kann, eine Herkunftstäuschung auszuschließen. In dem Urteil vom 28. 10. 2004 (I ZR 326/01 - GRUR 2005, 166, 170 - Puppenausstattungen) wird ebenfalls die Bedeutung von Produktbezeichnungen und Herstellermarken für die Vermeidung von Herkunftstäuschungen betont. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den fraglichen Herstellern - wie im vorliegenden Fall - jeweils um bekannte Unternehmen handelt.
2. Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht auf §§ 3, 4 Nr. 9 b), 8 Abs. 1 UWG gestützt werden.
a) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landgericht insoweit allerdings nicht gegen § 139 ZPO verstoßen. Anders als die Beklagte vorträgt, hat sich die Klägerin bereits in der ersten Instanz ausdrücklich auf § 4 Nr. 9 b) UWG berufen (Schriftsatz vom 4. 4. 2012, S. 9 ff. = Bl. 141 ff. d. A.). Das Landgericht war daher nicht gehindert, seine Entscheidung auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt zu stützen, der sich im Übrigen auch im Rahmen eines einheitlichen Streitgegenstandes hält. Die Voraussetzungen einer unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts liegen jedoch im Ergebnis nicht vor.
b) aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat, kann eine nach § 4 Nr. 9 b) UWG unlautere Rufausnutzung auch ohne Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen, die eine erkennbare Bezugnahme auf die Produkte des Mitbewerbers erfordert. Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung im Sinn des § 4 Nr. 9 b) UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen. Allerdings reicht es für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden. Dasselbe gilt, wenn der Nachahmende beim Eindringen in den Markt des Originalherstellers die angesprochenen Verkehrskreise durch eine gegenüber dem Original unterscheidbare Kennzeichnung unmissverständlich darüber informiert, dass sich das nachgeahmte Produkt vom Original unterscheidet (BGH, Urteil vom 15. 4. 2010 - I ZR 145/08 - GRUR 2010, 1125 Rn. 42 - Femur-Teil m. w. N.; Senat, Urteil vom 13. 1. 2012 - 6 U 122/11 - BeckRS 2012, 14883 - Einkaufswagen).
§ 4 Nr. 9 b) UWG hat dabei einen eigenständigen Anwendungsbereich in den Fällen, in denen eine Herkunftstäuschung (in denen meist zugleich auch eine Rufausbeutung vorliegen wird) gerade ausgeschlossen ist (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 4 Rn. 9.53). Die zu dieser Vorschrift ergangene Rechtsprechung ist aber nicht so zu verstehen, dass unter bestimmten Voraussetzungen das Merkmal der Herkunftstäuschung ersatzlos entfallen kann; es müssen vielmehr andere Umstände hinzutreten, die geeignet sind, die Unlauterkeit der Nachahmung zu begründen. Andernfalls fehlt es an einer "unangemessenen" Rufausbeutung (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 3. Aufl. 2013, § 4 Rn. 155).
aa) Im vorliegenden Fall mag bereits zweifelhaft sein, ob eine besondere Wertschätzung des Produkts der Klägerin dargelegt worden ist, die als Grundlage für seinen "guten Ruf" im Sinn von positiven Assoziationen der potenziellen Käufer im Hinblick auf die Qualität dienen könnte (zu dieser Voraussetzung Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 4 Rn. 9.52). Aus der "Marktstudie", auf die sich die Klägerin beruft, und die sie auszugsweise vorgelegt hat, kann dies jedenfalls nicht abgeleitet werden. Eine konkrete Aussage zu dem Modell "H2" findet sich nur in der Tabelle K 24 (Bl. 296c d. A.); da dort aber direkt nach "H2" (sogar mit einer näheren Beschreibung der Besonderheit) gefragt worden sein soll, ist das Ergebnis nicht aussagekräftig.
bb) Jedenfalls steht der Annahme einer unangemessenen Rufausbeutung im Streitfall entgegen, dass es sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um eine identische oder fast identische, sondern lediglich um eine nachschaffende Nachahmung handelt, die zwar bei einigen Abnehmern Assoziationen an das Produkt der Klägerin erwecken mag, insgesamt jedoch einen erheblichen Gestaltungsabstand einhält. Eine Rufübertragung kann unter diesen Umständen nicht angenommen werden.
cc) Schließlich sind auch die Voraussetzungen einer "unangemessenen" Rufausbeutung nicht ersichtlich. Eine solche kann beispielsweise vorliegen, wenn der angesprochene Verkehr Qualitätsvorstellungen des Originalprodukts auf ein technisch minderwertiges Nachahmerprodukt überträgt (BGH, Urteil vom 15. 4. 2010 - I ZR 145/08 - GRUR 2010, 1125 Rn. 51 - Femur-Teil; Senat, Urteil vom 17. 3. 2006 - 6 U 158/05 - GRUR-RR 2006, 278, 280 - Arbeitselement für Resektoskopie). Dass es sich bei den Produkten der Beklagten um technisch minderwertige Produkte handelt, behauptet auch die Klägerin nicht; vielmehr gesteht sie zu, dass die Beklagte "erstklassige" Produkte anbietet und einen entsprechenden Ruf genießt. Zwar finden sich in der Rechtsprechung auch Aussagen, dass es im Rahmen der Rufausbeutung auf die technische Minderwertigkeit der Nachahmerprodukte nicht ankomme; dies bezieht sich aber auf Fälle, in denen sich die Unangemessenheit aus anderen Umständen, beispielsweise aus dem Eindringen in einen vom Hersteller des Originals erst geschaffenen Markt, ergibt (so Senat, Urteil vom 13. 1. 2012 - 6 U 122/11 - BeckRS 2012, 14883 - Einkaufswagen). Soweit in den Entscheidungsgründen des Landgerichts erwähnt wird, bei dem Produkt der Beklagten handele es sich um eine "günstigere" Nachahmung des Produkts der Klägerin, so findet diese Aussage keine hinreichende Stütze im Sachvortrag der Parteien. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Produkte beider Parteien zu vergleichbaren Preisen angeboten werden.
Eine unlautere Rufausbeutung wird ferner dann angenommen, wenn Dritte, die die Produkte bei den Käufern sehen, zu irrigen Vorstellungen über die Echtheit der Produkte verleitet werden (BGH, Urteil vom 8. 11. 1984 - I ZR 128/82 - GRUR 1985, 876, 878 - Tchibo/Rolex; Urteil vom 11. 1. 2007 - I ZR 198/04 - GRUR 2007, 795 Rn. 48 - Handtaschen; Senat, Urteil vom 9. 3. 2007 - 6 U 169/06 - MD 2007, 964, 969 - iPod; OLG Düsseldorf, Urteil vom 31. 1. 2012 - 20 U 175/11 - GRUR-RR 2012, 200, 210 - Tablet-PC). Auch dies ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Dritte, die sich für die Armaturen interessieren, werden auch die Herstellerkennzeichen wahrnehmen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass beide Parteien bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen vergleichbar guten Ruf genießen. Es ist auch nicht erkennbar, dass gerade das Produkt der Klägerin einen solchen herausragenden Ruf wie die Produkte der Firmen Rolex oder Apple hat.
Die Unangemessenheit kann sich auch daraus ergeben, dass der Nachahmer ohne nennenswerte eigene Investitionen eine Leistung, die der Hersteller des Originals mit hohem Aufwand geschaffen hat, übernimmt (BGH, Urteil vom 6. 5. 1999 - I ZR 199 / 96 - GRUR 1999, 923, 927- Tele-Info-CD; Senat, Urteil vom 15. 1. 2010 - 6 U 131/09 - NJOZ 2010, 1130, 1132 - Der Eisbär hustet nicht). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die Nachahmung des Designs des Produkts der Klägerin nennenswerte Ersparnisse erzielt hat, oder ohne eigene Leistung an erheblichen Werbeaufwendungen der Klägerin partizipieren möchte.
Schließlich wird eine unlautere Rufausbeutung angenommen, wenn sich der Nachahmer an den Erfolg eines schon sehr bekannten und auf dem Markt geschätzten Systems anhängt, um von dem Ansehen, das der Originalhersteller für seine Erzeugnisse in jahrzehntelanger Markttätigkeit gewonnen hat, unmittelbar zu profitieren, womit diesem ein Teil seines Markterfolgs in anstößiger Weise genommen werde (BGH, Urteil vom 2. 12. 2004 - I ZR 30/02 - GRUR 2005, 349, 352 f. - Klemmbausteine III; Senat, Urteil vom 13. 1. 2012 - 6 U 122/11 - BeckRS 2012, 14883 - Einkaufswagen). Der Nachahmer kann allerdings dem Vorwurf der Unlauterkeit begegnen, wenn er klarstellt, dass es sich um verschiedene Produkte handelt (BGH a. a. O. S. 353). Die Klägerin stützt sich zwar im vorliegenden Fall darauf, sie habe durch ihr neuartiges Produkt erst einen entsprechenden Markt erschlossen, da es vergleichbare Armaturen bis dahin nicht gegeben habe. Die zitierten Entscheidungen betreffen allerdings andere Sachverhalte: Dort hatten die Originalhersteller mit ihren Produkten einen Markt für Ergänzungs- und Ersatzprodukte geschaffen, der allein auf der Durchsetzung der Originalprodukte und dem hierdurch hervorgerufenen Ergänzungs- und Ersatzbedarf aufbaute. Der vorliegende Fall ist anders gelagert: Selbst wenn die Klägerin mit ihrem Produkt eine neue Marktnische eröffnet haben sollte, so steht der Absatz des Produktes der Beklagten in keinem Abhängigkeitsverhältnis von dem der Klägerin. Es handelt sich vielmehr um den normalen Fall zweier im Wettbewerb stehender Produkte.
dd) Bei dieser Sachlage vermag der Senat daher keine unlautere Ausbeutung eines guten Rufs der Klägerin im Sinn des § 4 Nr. 9 b) UWG zu erkennen. Eine Beeinträchtigung eines solchen Rufs (§ 4 Nr. 9 b 2. Alternative) liegt ebenfalls nicht vor.
ee) Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 26. 7. 2013 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
3. Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Die maßgeblichen Rechtsfragen hinsichtlich der Anwendung des § 4 Nr. 9 a) und b) UWG sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 150.000 EUR festgesetzt.
OLG Köln:
Urteil v. 02.08.2013
Az: 6 U 214/12
Link zum Urteil:
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