Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2005
Aktenzeichen: 34 W (pat) 336/03

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2005, Az.: 34 W (pat) 336/03)

Tenor

Das Patent wird aufrechterhalten.

Gründe

I Der Einsprechende ist der Auffassung, die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 des erteilten Patents beruhten im Hinblick auf den aufgezeigten Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs 1 Nr 1 PatG). Für den Fall, dass sich der Senat dieser Auffassung nicht anschließen sollte, macht er hilfsweise widerrechtliche Entnahme (§ 21 Abs 1 Nr 3 PatG) geltend.

Zur Begründung stützt er sich auf folgende Druckschriften:

E0 DE 44 27 911 C1 E1 DE 91 02 036 U1 E2 US 4 815 581 und E3 DE 44 42 629 C2.

Im Erteilungsverfahren sind außer der E0 noch die Druckschriften DE 44 33 912 C2, DE 196 36 086 A1 und DE 39 03 389 A1 berücksichtigt worden.

Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Fördereinrichtung für Schnittholz mit einer Dicke, das aufliegend auf einer Ebene auf ein Förderband (3) gelangt, an das mit Hilfe von durch dieses hindurch wirkendem Unterdruck das Schnittholz angezogen und mit dem an dieses anliegend das Schnittholz transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Fördereinrichtung in einer Keilzinkenanlage verwendet wird, dass die Schnitthölzer an ihren beiden Stirnseiten Keilzinken aufweisen, dass die Ebene oberhalb des Förderbandes (3) angeordnet ist, dass der Abstand der Ebene der Schnitthölzer von der Ebene zum Förderband (3) kleiner ist als die Dicke der Hölzer, dass die Hölzer auf der Ebene in Paketen parallel ausgerichtet im Hinblick auf die Förderrichtung (1) angeordnet sind und vereinzelt auf das Förderband (3) fallen unddass sich die Hölzer auf der Ebene in einer aufrechten Stellung und auf dem Förderband (3) in einer flach aufliegenden Stellung befinden."

Diesem Anspruch ist Anspruch 2 nachgeordnet.

Der Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten.

Sie sieht die Patentfähigkeit als gegeben an, nicht aber den Tatbestand einer widerrechtlichen Entnahme.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Der Einspruch ist zulässig, aber nicht begründet.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist unbestritten neu und gewerblich anwendbar; er beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Gegenüber dem in der Patentschrift vorausgesetzten Stand der Technik nach der Druckschrift E0 sowie gegenüber der neu eingeführten Druckschrift E1 unterscheidet sich die patentierte Fördervorrichtung für Schnittholz nach dem Anspruch 1 dadurch, dass das Schnittholz von durch das Förderband wirkendem Unterdruck gegen das Förderband angezogen wird [Merkmal h) nach der Merkmalsgliederung des Einsprechenden].

Bei der hier zugrunde liegenden Aufgabenstellung, eine bekannte Fördereinrichtung [mit den Merkmalen a) bis g) der Merkmalsgliederung] dahingehend auszugestalten, dass der Vorgang der Übernahme einzelner Schnitthölzer aus Paketen, bestehend aus Schnitthölzern, in der Aufnahmestation der Fördereinrichtung im Hinblick auf eine höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit in einer Keilzinkenanlage verbessert wird (vgl Streitpatentschrift Abs 0009), lag es nicht nahe, das Förderband, auf das die Hölzer in einer flach aufliegenden Stellung vereinzelt fallen, als Unterdruck-Förderband auszubilden.

Die einschlägigen Druckschriften des Standes der Technik (E0 und E1) geben ersichtlich keinen Hinweis in diese Richtung.

Saugförderbänder gehören, wie die Druckschriften E2 und E3 zeigen, zum Stand der Technik. Diese bekannten Fördereinrichtungen zur Vereinzelung von zB Schokoladenriegeln wegen Überführung in eine Verpackungsmaschine (E2) bzw zum Transport eines Stromes aus Bögen, ausgehend von einem Stapel zu einer Bogenrotationsdruckmaschine (E3), stehen jedoch in keiner Beziehung zu einer Keilzinkenanlage und dem Problem des Vereinzelns von in einer aufrechten Orientierung auf einer Ebene befindlichem Fördergut, das in einer flach aufliegenden zweiten Orientierung auf einem Förderband zu vereinzeln und auf diesem zu transportieren ist. Ein Hinweis darauf, durch Unterdruckwirkung eine Lagestabilisierung von auf das Förderband kippenden Schnitthölzern und damit eine Steigerung der Verarbeitungsgeschwindigkeit zu erreichen, konnte der Fachmann diesem Stand der Technik nicht entnehmen.

Der Senat schließt sich hiermit der Auffassung der Patentinhaberin an, die sie in ihrem Schriftsatz vom 23. Januar 2004 ausführlich dargelegt hat und die von dem Einsprechenden (vgl dessen Schriftsatz vom 18. Mai 2004) kommentarlos hingenommen wurde.

Der übrige im Verfahren zu berücksichtigende Stand der Technik kommt dem Gegenstand des Anspruchs 1 weder einzeln noch in einer Zusammenschau mit anderen näher.

3. Der untergeordnete Anspruch 2 betrifft eine vorteilhafte Ausgestaltung des Gegenstandes nach Anspruch 1 und hat mit diesem ebenfalls Bestand.

4. Der Tatbestand einer widerrechtlichen Entnahme liegt nicht vor.

Der Einsprechende hat nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen des hilfsweise geltend gemachten Widerrufsgrundes der wiederrechtlichen Entnahme vorliegen. Insbesondere kann der Senat nicht erkennen, dass der Einsprechende im erforderlichen Erfindungsbesitz war, also über die Erfindung tatsächlich so verfügt hat, dass er sie zum Patent hätte anmelden können. Auch nach seinem Vortrag handelt es sich um eine Diensterfindung. Erst wenn diese frei geworden wäre, käme eine widerrechtliche Entnahme durch die Patentinhaberin in Betracht. Eine Freigabe nach ArbnErfG § 8 Abs 1 Nr 3 hätte aber zur Voraussetzung, dass der Einsprechende die Erfindung ordnungsgemäß nach ArbnErfG § 5 Abs 1, 2 gesondert in schriftlicher Form gemeldet hätte. Das trägt der Einsprechende nicht vor. Dass die Patentinhaberin auf die Schriftform verzichtet hätte, ist ebenfalls nicht vorgetragen. Gespräche des Einsprechenden mit den Konstrukteuren Rauen und Obenauer sowie mit dem Firmeninhaber Greten über seine Idee, einen Vakuumförderer einzusetzen, stellen keine ordnungsgemäße Meldung gemäß ArbnErfG § 5 Abs 1, 2 dar, die die viermonatige Frist zur Inanspruchnahme gemäß ArbnErfG § 6 Abs 2; 8 Abs 1 Nr 3 in Gang hätte setzen können. Auch eine etwaige Kenntnis des Arbeitgebers von der Erfindung befreit den Diensterfinder nicht von der Meldepflicht (BGH Mitt. 1996, 16 - Gummielastische Masse).

Es kann offen bleiben, ob die Patentinhaberin die Diensterfindung durch entsprechende Erklärung gegenüber dem Einsprechenden nach Einlegung des Einspruchs noch wirksam in Anspruch genommen hat. Denn eine Entnahmehandlung muss zeitlich vor der Anmeldung liegen, auf sie haben dann spätere Ereignisse keinen Einfluss mehr.

Im übrigen wäre die Erfindung auch in diesem Fall nicht frei, der Einsprechende nicht im Erfindungsbesitz.

5. Das Patent war daher aufrechtzuerhalten.

Dr. Ipfelkofer Hövelmann Dr. Barton Dr. Frowein Bb






BPatG:
Beschluss v. 17.10.2005
Az: 34 W (pat) 336/03


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