Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Oktober 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 13/09
(BPatG: Beschluss v. 01.10.2009, Az.: 30 W (pat) 13/09)
Tenor
1.
Auf die Beschwerde der Widersprechenden aus der Marke IR 132 541 werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 vom 7. März 2008 und vom 18. Dezember 2008 insoweit aufgehoben als der Widerspruch hinsichtlich der Waren "kosmetisches Beinpflege-/Hauttonikum zur Unterstützung der Kompressionstherapie; pharmazeutische Präparate für die Behandlung von Venenerkrankungen zur äußeren Anwendung (Salben, Gels etc.); pharmazeutische Präparate für die Hautpflege" zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird die Löschung der angegriffenen Marke 303 42 540 angeordnet.
2.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Eingetragen am 3. Februar 2004 unter der Nummer 303 42 540 für die Waren:
Spezialwaschmittel für Stützund Kompressionsstrümpfe; kosmetisches Beinpflege-/Hauttonikum zur Unterstützung der Kompressionstherapie; pharmazeutische Präparate für die Behandlung von Venenerkrankungen zur inneren und äußeren Anwendung (Tabletten, Kapseln, Salben, Gels etc.); pharmazeutische Präparate für die Hautpflege; Stützund Kompressionsstrümpfe, Anziehhilfen für Kompressionsstrümpfe, nämlich Handschuhe zum leichteren Anziehen der Kompressionsstrümpfe, soweit in Klasse 10 enthalten; elastische Binden; Bandagen; Medizintechnik-Geräte zur Venenbehandlung, soweit in Klasse 10 enthaltenist die Wortmarke Med. by BELSANA.
Widerspruch wurde erhoben aus der prioritätsälteren unter der Nummer IR 132 541 für Produits cosmetiques; Produits pharmaceutiqueseingetragenen Wort/Bildmarkederen Benutzung im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt bestritten wurde. Die Widersprechende hat Benutzungsunterlagen für den Zeitraum 1999 -2003 vorgelegt und eine weitergehende Benutzung nicht beansprucht.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke für "Hautpflegeprodukte wie Hautschutzcremes und Hautpflegemilch" anerkannt.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamt hat in zwei Beschlüssen -einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen -den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Ausgehend von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für "Hautpflegeprodukte wie Hautschutzcremes und Hautpflegemilch" sei selbst bei teilweiser Warenidentität bzw. hochgradiger Ähnlichkeit und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der erforderliche Abstand eingehalten, da die konkrete Ausgestaltung der Vergleichsmarken im Gesamteindruck ausreichend unterschiedlich sei. Im schriftbildlichen Vergleich sorgten die abweichenden Wortlängen und die zusätzliche grafische Gestaltung der Widerspruchsmarke für erkennbare Abgrenzungsmerkmale, auch begrifflich seien keine Übereinstimmungen erkennbar. Auch klanglich unterschieden sich "Med. by BELSANA" und "PELSANO" noch ausreichend voneinander. In der angegriffenen Marke weise die konkrete Art der Markenbildung durch die Verbindung aus "Med.", "by" und dem Firmennamen "BELSANA" eine gewisse Besonderheit auf, die den Verkehr veranlassen werde, "Med. by BELSANA" als Sinneinheit wahrzunehmen und als einheitliche Wortfolge auszusprechen. Die bekannte Abkürzung "med." für "Medizin, medizinisch" werde hier durch den Begriff "by" kennzeichnend benutzt, weil gleichzeitig eine auffällige Abwandlung des bekannten Ausdrucks "made by" (= hergestellt von) erkennbar werde. Diese Abwandlung werde der angesprochene Verbraucher prägnant, doppeldeutig und ungewöhnlich empfinden, so dass vorrangig von einem einheitlichen Markenverständnis ausgegangen werden müsse. Es fehle an besonderen Umständen, welche die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bzw. einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn rechtfertigten.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es liege teils Warenidentität, teils hochgradige Warenähnlichkeit vor. Die angegriffene Marke werde durch den Wortbestandteil "BELSANA" geprägt. Der kennzeichnungsschwache Bestandteil "Med. by" bilde mit "BELSANA" keine optische oder begriffliche Einheit. Die Wortbestandteile "BELSANA" und "PELSANO" seien verwechselbar ähnlich. Sie legt weitere Benutzungsunterlagen für Hautpflegeprodukte für den Zeitraum 2004 bis 2008 vor.
Sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 vom 18. Dezember 2008 aufzuheben.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt zur Begründung aus, selbst bei identischen Waren bestehe keine Verwechslungsgefahr.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache zum Teil Erfolg.
Hinsichtlich der im Tenor genannten Waren besteht zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke IR 132 541 die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr. 2 Markengesetz, so dass die Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war. Dagegen erachtet der Senat für die sonstigen Waren der angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr nicht für gegeben, so dass die Beschwerde der Widersprechenden im Übrigen zurückzuweisen war.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 865, 866 -Mustang; GRUR 2004, 598, 599 -Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 -NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2008, 906 -Pantohexal).
Nach diesen Grundsätzen ist hier die Gefahr von Verwechslungen teilweise zu bejahen.
1. Bei seiner Entscheidung hat der Senat mangels anderer Anhaltspunkte eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt.
Zwar lassen sich in den Bestandteilen der Widerspruchsmarke, die Hautpflegeprodukte beansprucht, entfernt beschreibende Anklänge an "la pelle" (ital. Haut) und "sanus, sano" (lat. gesund) erkennen. Im Arzneimittelbereich und im Gesundheitsbereich allgemein sind jedoch häufig mehr oder weniger deutliche Sachhinweise in den Zeichen enthalten, die aber regelmäßig nicht zu einer Kennzeichnungsschwäche der Gesamtmarke führen, wenn diese insgesamt eine ausreichend eigenständige Abwandlung einer beschreibenden Angabe darstellt (vgl. BGH GRUR 1998, 815 -Nitrangin). Das ist vorliegend der Fall, da die einzelnen Bestandteile in der Widerspruchsmarke so abgewandelt sind und in dieser Kombination insgesamt so phantasievoll zusammengefügt sind, dass hier jedenfalls keine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Gesamtmarke angenommen werden kann.
2. Nachdem die Widersprechende neue Benutzungsunterlagen für den weiteren Zeitraum von 2004 bis 2008 vorgelegt hat und die Inhaberin der angegriffenen Marke eine Benutzung der Widerspruchsmarke für "Hautpflegeprodukte wie Hautschutzcremes und Hautpflegemilch" anerkannt hat, sind nach den Grundsätzen der sogenannten erweiterten Minimallösung "Hautpflegeprodukte" zugrunde zu legen.
Die mit der Widerspruchsmarke "PELSANO" benutzten Waren "Hautpflegeprodukte wie Hautschutzcremes und Hautpflegemilch" lassen sich unter den Begriff "Produits cosmetiques" ihres Warenverzeichnisses subsumieren. Nach ständiger Rechtsprechung wird die Widersprechende im Rahmen der Integrationsfrage dabei einerseits nicht auf das ganz spezielle mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Produkt festgelegt, andererseits aber auch der Rückgriff auf den eingetragenen Oberbegriff hier: "kosmetische Produkte" abgelehnt (vgl. BPatG GRUR 2004, 954, 955 f. -CYNARETTEN/Circanetten; GRUR 2001, 513, 515 -CEFABRAUSE/CEFASEL; Ströbele/Hacker MarkenG, 9. Aufl. § 26 Rdn. 160 ff.
m. w. N.). Vorliegend kann daher auf den Warenbegriff "Hautpflegeprodukte" zurückgegriffen werden. Eine weitergehende Benutzung hat die Widersprechende nicht geltend gemacht.
Danach ist für die Beurteilung der Warenähnlichkeit den von der angegriffenen Marke "Med. by Belsana" beanspruchten Waren die Ware "Hautpflegeprodukte" der Widerspruchsmarke gegenüber zu stellen.
3. Ausgehend von den als benutzt anzusehenden Waren "Hautpflegeprodukte" der Widerspruchsmarke besteht teils Identität bzw. enge Ähnlichkeit im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu den Waren der angegriffenen Marke.
So umfasst der von der angegriffenen Marke beanspruchte weite Warenoberbegriff "pharmazeutische Präparate für die Hautpflege" auch die "Hautpflegeprodukte" der Widerspruchsmarke, so dass insoweit Identität vorliegt. Identisch hierzu sind auch die weiter von der angegriffen Marke beanspruchten Waren "kosmetisches Beinpflege-/Hauttonikum zur Unterstützung der Kompressionstherapie", da es sich ebenfalls um Hautpflegeprodukte handelt.
Hochgradig ähnlich zu Hautpflegeprodukten sind "pharmazeutische Präparate für die Behandlung von Venenerkrankungen zur äußeren Anwendung (Salben, Gels etc.)". Bei Venenerkrankungen wird die Haut zum einen durch die Stauungen des Blutes und Schwellungen des Gewebes belastet, zum anderen durch die Kompressionstherapie zusätzlich beeinträchtigt, so dass begleitend ein spezieller Hautschutz und eine besondere Hautpflege erforderlich sind. Es besteht insoweit Übereinstimmung in Anwendungsbereich und stofflicher Beschaffenheit der Vergleichswaren.
Da es sich um Produkte handelt, die auch im Wege der Selbstmedikation erworben werden können, sind auch allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt mitzuberücksichtigen. Gleichwohl ist grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 ATTACHÉ/TISSERAND) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl. BGH GRUR 1995, 50 -Indorektal/Indohexal).
4. Unter Berücksichtigung der genannten Umstände sind an den markenrechtlichen Abstand in Bezug auf die identischen und hochgradig ähnlichen Waren hohe Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke nicht gerecht wird.
Soweit Fachleute allein wie Ärzte, Apotheker und deren Hilfspersonal mit den Marken in Berührung kommen, können Verwechslungen zwar eher ausgeschlossen sein, da dieser Personenkreis im Hinblick auf die verschiedenen Arzneiund Heilmittel besondere Fachkenntnisse hat, die ein Auseinanderhalten der Kennzeichnungen eher erleichtern können.
Der Senat hat aber erhebliche Zweifel, dass auch dem Durchschnittsverbraucher trotz der unterstellten größeren Aufmerksamkeit ein sicheres Auseinanderhalten der Markenwörter möglich ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Verwechslungsgefahr grundsätzlich nach dem Gesamteindruck zu beurteilen ist, zu dem in erster Linie die Übereinstimmungen beitragen (vgl. BGH GRUR 2004, 783 -NEURO-FIBRAFLEX/NEURO-VIBOLEX).
a) Die Ähnlichkeit von Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Demzufolge kann auch ein Bestandteil, der einer beschreibenden Angabe entnommen ist, zum Gesamteindruck beitragen. Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen als auf die Unterschiede abzustellen (vgl. BGH a. a. O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).
b) In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich beide Vergleichsmarken aufgrund der besonderen grafischen Ausgestaltung durch die perspektivische Darstellung des Wortelements "PELSANO" sowie des zusätzlichen Bildelements in Form einer Wellenlinie mit dem darin "versinkenden" letzten Buchstaben "-ANO" der Widerspruchsmarke deutlich, da die angegriffene Marke entsprechende Elemente nicht enthält und sich wiederum durch einen zusätzlichen Wortbestandteil "Med. by" von der Widerspruchsmarke unterscheidet.
c) Bei Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, dass der Verkehr beim Zusammentreffen von Wortund Bildbestandteilen in einer Marke in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 905 (Nr. 25) -SIERRA ANTIGUO; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 332 m. w. N.). In ihren Wortbestandteilen "Med. by BELSANA" und "PELSANO" unterscheiden sich die beiden Vergleichsmarken durch das in der angegriffenen Marke vorangestellte zusätzliche Elements "Med. by" gegenüber der Widerspruchsmarke hinsichtlich der Buchstaben-, Silbenund Vokalanzahl deutlich, so dass insoweit sowohl klangliche als auch schriftbildliche Verwechslungsgefahr ausscheiden.
5. Somit kommt Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn der in der angegriffenen Marke enthaltene Wortbestandteil "BELSANA" die angegriffene Marke allein kollisionsbegründend prägt, indem er eine selbständig kennzeichnende Funktion aufweist, und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2000, 233, 234 RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2004, 778, 779 -URLAUB DIREKT; GRUR 2004, 865, 866 -Mustang; Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl., § 9 Rdn. 279 ff. m. w. N.).
a) Dabei würde sich bei der Beurteilung der prägenden Bedeutung eines Markenteils zunächst die Frage stellen, ob für den Verkehr überhaupt Veranlassung besteht, sich nur an einem einzelnen Markenbestandteil zu orientieren. Wie die Markenstelle festgestellt hat, müsste das insbesondere bei Marken verneint werden, die sich als einheitliche Gesamtbegriffe darstellen (vgl. BGH GRUR 2004, 598 -Kleiner Feigling; EuG GRUR Int. 2005, 940, 942 (Nr. 47) -Biker Miles), wobei dieser Eindruck durch verschiedene Umstände hervorgerufen werden kann. Die Vorstellung eines Gesamtbegriffes kann u. a. gefördert werden durch die sprachliche Ausgestaltung der Kombinationsmarke, die eine begriffliche Verbindung zwischen den Zeichenteilen herstellt oder durch die besondere räumliche Anordnung der Einzelbestandteile innerhalb der Gesamtmarke (vgl. BGH a. a. O. Kleiner Feigling; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 311 m. w. N).
Entgegen der Ansicht der Markenstelle liegen derartige besondere Umstände in der Markenbildung hier aber nicht vor, so dass in der angegriffenen Marke keine derartige gesamtbegriffliche Einheit zu sehen ist. Sie setzt sich aus den Elementen "Med. by" und "BELSANA" zusammen, in denen der Verkehr im Zusammenhang mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten medizinischen Produkten unschwer die damit im Vordergrund stehende, allgemein gebräuchliche Abkürzung für "Medizin, Medizinisch" sowie die Bedeutung "von" erkennen wird und der Gesamtmarke daher den Sinngehalt "Medizin von BELSANA" entnehmen wird. Die aneinandergereihte Wortfolge gibt zwar eine Sachaussage in der Art eines Werbeslogans, bildet aber keinen Gesamtbegriff im obengenannten Sinn. Die bloße grammatikalischformale Aneinanderreihung der Markenbestandteile in einer schlagwortartigen Wortfolge ohne besondere Verbindung wie z. B. durch Zusammenschreibung oder Bindestrich führt nämlich nicht zu einer Verklammerung der Sinngehalte zu einem einheitlichen Gesamtbegriff. Dagegen spricht zudem die Hervorhebung des weiteren Bestandteils "BELSANA" durch seine Großschreibung. Da die Wortfolge "Med. by BELSANA" keine untrennbare in ihrem Sinn aufeinanderbezogene Einheit bildet, wird der Verkehr daher die Einzelelemente der angegriffenen Marke nicht als zusammengehörig erkennen (vgl. BGH WRP 2006, 277 -Malteserkreuz).
b) Einer Prägung durch den Markenbestandteil "BELSANA" steht auch nicht entgegen, dass der Verkehr aufgrund der Art der Markenbildung durch das vorangestellte "by" annehmen könnte, es handle sich bei "BELSANA" um einen Firmennamen. Zwar ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass bei zusammengesetzten Marken ein Bestandteil, der zugleich ein bekanntes oder für den Verkehr als solches erkennbares Unternehmenskennzeichen ist, im Allgemeinen in der Bedeutung für den Gesamteindruck zurücktritt, weil der Verkehr die eigentliche Produktkennzeichnung in dem oder den anderen Markenbestandteilen sieht (vgl. BGH GRUR 2001, 164, 166 -Wintergarten, Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 316 m. w. N). Gleichwohl ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls ein von diesem Erfahrungssatz abweichendes Ergebnis möglich. So kann insbesondere nicht von einem kennzeichnungsmäßigen Zurücktreten des Firmennamens hinter dem anderen Bestandteil ausgegangen werden, wenn diesem nur eine geringe Kennzeichnungskraft zukommt (vgl. BGH GRUR 1998, 927, 929; GRUR 2002, 342, 345 -ASTRA/ESTRA-PUREN).
Dies ist vorliegend der Fall. Der Bestandteil "Med. by" in der Bedeutung "Medizin von" ist ein erkennbar beschreibender Hinweis auf Art und Inhalt der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden steht im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren die Bedeutung "Medizin, Medizinisch" neben anderen möglichen Bedeutungen deutlich im Vordergrund. Zudem können auch mögliche Bedeutungsvarianten nicht zur Schutzfähigkeit bzw. Kennzeichnungskraft führen, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr eine Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH, GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 222 -BIOMILD; BGH, GRUR 2008, 397, 398 -SPA II). Die nahezu klangliche Identität des Bestandteils "Med. by" zu dem Hinweis "made by" kann keine Kennzeichnungskraft begründen, da dies, falls es den angesprochenen Verkehrskreisen überhaupt auffällt, nur als Wortspiel eingestuft wird, nicht jedoch als betrieblicher Herkunftshinweis.
c) Somit stehen sich die Wortelemente "BELSANA" und "PELSANO" gegenüber. Unter den obengenannten Voraussetzungen kommt die angegriffene Marke angesichts der bestehenden klanglichen Übereinstimmungen der Widerspruchsmarke zu nahe.
Die beiden Marken stimmen in ihrer Silbenanzahl, der Silbengliederung und ihrer Betonung überein. Hinsichtlich der Buchstabenfolge besteht Übereinstimmung in der Abfolge der beiden ersten Vokale, sowie bis auf eine Abweichungen auch in der Konsonantenfolge. Dabei liegen die Übereinstimmungen in den ersten zwei Silben "-ELSAN-" am Wortanfang, dem der Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig größere Beachtung schenkt (vgl. BGH WRP 1998, 875, 876 -salvent/Salventerol). Die Vokalabweichung dagegen liegt am Ende der letzten Silbe am weniger beachteten Wortende, wobei es sich zudem um zwei jeweils dunkle und klangähnliche Vokale "A" und "O" handelt. Die weitere Abweichung liegt zwar im Anfangskonsonanten, wobei es sich bei "B" und "P" aber um nur in ihrer Intensität, jedoch nicht in ihrem Klangcharakter als Sprenglaute unterschiedliche Konsonanten handelt. Diese Abweichungen sind damit hier nicht deutlich genug, um den übereinstimmenden klanglichen Gesamteindruck beeinflussen zu können. Wenn man zudem berücksichtigt, dass Marken nicht nebeneinander aufzutreten pflegen und in der oft ungenauen Erinnerung Gemeinsamkeiten stärker im Gedächtnis bleiben als die Unterschiede (vgl. BGH a. a. O. -Indorektal/Indohexal; GRUR 2003, 1044, 1046 -Kelly; GRUR 2004, 235, 237 -Davidoff II;
a. a. O. -NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX), so kann hier die eine Marke leicht für die andere gehalten werden.
Wegen des hohen Maßes an Übereinstimmungen besteht somit eine nicht unerhebliche klangliche Zeichenähnlichkeit. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die zwischen den Vergleichsmarken bestehende klangliche Ähnlichkeit durch erkennbare begriffliche Unterschiede neutralisiert wird.
Insoweit ist die Beschwerde der Widersprechenden begründet und sind die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
6. Hinsichtlich der übrigen Waren der angegriffenen Marke, die sämtlich keine Warenähnlichkeit oder einen lediglich geringen Grad der Warenähnlichkeit zu den Widerspruchswaren "Hautpflegemittel" aufweisen, ist der erforderliche Abstand der Marken eingehalten.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebsoder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrer Nutzung, ihrer Eigenart als einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein können, sie stammten aus demselben Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 -Ferrari-Pferd; GRUR 2004, 600, 601 -dcfix/CD-FIX). Dabei reicht der Umstand, dass sich die Waren in irgendeiner Hinsicht ergänzen können, zur Feststellung der Ähnlichkeit noch nicht aus. Vielmehr ist eine gegenseitige Ergänzung in dem Sinne notwendig, dass dadurch die Annahme gemeinsamer oder doch miteinander verbundener Ursprungsstätten nahegelegt wird und damit auch der Kontrolle und Qualitätsverantwortung desselben Unternehmens (vgl. BPatG GRUR 2002, 345, 347 -ASTRO BOY/Boy). Daher liegt eine Warenähnlichkeit dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betroffenen Waren aus demselben Unternehmen oder ggf. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Dabei ist für die Ähnlichkeit der Waren nicht die Feststellung gleicher Herkunftsstätten entscheidend, sondern die Erwartung des Verkehrs von einer Verantwortlichkeit desselben Unternehmens für die Qualität der Waren (vgl. BGH, GRUR 1999, 731 -Canon II).
Hinsichtlich der Waren "pharmazeutische Präparate für die Behandlung von Venenerkrankungen zur inneren Anwendung (Tabletten, Kapseln)" bestehen schon Unterschiede in der Indikation, Darreichungsform und Art der Anwendung, so dass lediglich eine geringe Warenähnlichkeit besteht.
Bei den Waren "Stützund Kompressionsstrümpfe, Anziehhilfen für Kompressionsstrümpfe, nämlich Handschuhe zum leichteren Anziehen der Kompressionsstrümpfe, soweit in Klasse 10 enthalten; elastische Binden; Bandagen" handelt es sich um medizinische Hilfsmittel, die zwar im Rahmen einer Kompressionstherapie bei Venenerkrankungen Verwendung finden und mittelbar auch auf die Haut einwirken, jedoch nicht zu deren Schutz oder Pflege bestimmt sind. Zudem liegt ein wesentlicher Unterschied in der stofflichen Beschaffenheit der Vergleichswaren vor. Im Gegensatz zu Wirkstoffpflastern enthalten elastische Binden und Bandagen, die Stützund Fixierungsfunktion haben, keine Wirkstoffe, die über die Haut aufgenommen werden sollen, so dass insgesamt keine Warenähnlichkeit mehr vorliegt. Hinsichtlich der Waren "Medizintechnik-Geräte zur Venenbehandlung, soweit in Klasse 10 enthalten; Spezialwaschmittel für Stützund Kompressionsstrümpfe" bestehen Unterschiede hinsichtlich Verwendungszweck und stofflicher Beschaffenheit, so dass ebenfalls keine Warenähnlichkeit vorliegt.
Damit besteht bei grundsätzlich ähnlichen Waren ein Warenabstand, der eine erhebliche Verringerung der Anforderungen an den Markenabstand rechtfertigt. Auch wenn eine klangliche Annäherung beider Marken nicht zu verkennen ist, so reicht im Bereich geringer Warenähnlichkeit der durch die obengenannte klangliche Abweichung hervorgerufene Unterschied im Gesamtklangbild beider Marken aus, um auch bei Berücksichtigung einer nicht zeitgleichen oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge erfolgenden Wahrnehmung und eines erfahrungsgemäß häufigen undeutlichen Erinnerungsbildes (vgl. dazu EuGH MarkenR 1999, 236, 239 -Lloyd/Loints) und geringer Anforderungen an den Markenabstand eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlich relevanten Umfang auszuschließen.
In schriftbildlicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken im Bereich geringer Warenähnlichkeit in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen noch ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 954 -ACELAT/Acesal), so dass die Zusätze "med. by" in der angegriffenen Marke ein sicheres Auseinanderhalten ermöglichen.
Insoweit ist die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Dr. Vogel von Falckenstein Paetzold Hartlieb Cl
BPatG:
Beschluss v. 01.10.2009
Az: 30 W (pat) 13/09
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