Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Oktober 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 330/02

(BPatG: Beschluss v. 27.10.2004, Az.: 32 W (pat) 330/02)

Tenor

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 6. August 2002 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hinsichtlich der Dienstleistungen "Unterhaltung" und "sportliche und kulturelle Aktivitäten" zurückgewiesen wurde.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die am 1. August 2001 angemeldete Wortmarke Casino Bremendie nach Beschränkung im Beschwerdeverfahren nur noch für die Dienstleistungen Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb von öffentlichen Spielcasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionenbeansprucht wird, hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluss vom 12. November 2002 für die vorgenannten Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es, "Casino Bremen" stelle nur eine beschreibende Angabe im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen dar, die typischerweise von einem Casino erbracht würden bzw. mit dem Betrieb eines Casinos verbunden seien. Die angesprochenen Verkehrskreise wüßten nicht, dass es in Bremen nur ein Casino gebe. Die Bezeichnung sei so allgemein gehalten, dass der Gedanke an eine betriebliche Herkunft nicht aufkomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Zur Begründung trägt sie vor, in Bremen gebe es aus Rechtsgründen nur eine staatlich konzessionierte Spielbank. Den angesprochenen Verbrauchern sei bekannt, dass es in Städten üblicherweise nicht mehr als ein Casino gebe. Deshalb sei die Marke unterscheidungskräftig. Die angemeldete Bezeichnung sei für die beanstandeten Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" nicht beschreibend, denn diese Dienstleistungen bildeten nicht den Tätigkeitsschwerpunkt eines Casinos. Im übrigen bestehe wegen der Monopolstellung der Anmelderin kein der Schutzbewilligung entgegenstehendes Freihaltebedürfnis. Bereits im Eintragungsverfahren sei zu prüfen, ob Mitbewerber ggf. auf die Verwendung des angemeldeten Zeichens angewiesen seien. Wenn eine Monopolstellung durch eine staatliche Reglementierung gerade gefördert werden solle, wie dies bei der Vergabe von Spielbankkonzessionen der Fall sei, komme die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zur Anwendung. Im übrigen gebe es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anmelderin die Betriebserlaubnis für das Casino in Zukunft verlieren werde.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Hinsichtlich der Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" stehen einer Eintragung keine Schutzhindernisse entgegen. Bezüglich der Dienstleistung "Betrieb von öffentlichen Spielcasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionen" verbleibt es im Ergebnis bei der Entscheidung der Markenstelle.

1. Für die zuletzt genannte Dienstleistung kann "Casino Bremen" als Merkmalsbezeichnung dienen, so dass die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographische Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64, 65 - INDIVIDUELLE). An solchen Angaben besteht daher ein Allgemeininteresse an ihrer Freihaltung.

In Bezug auf die Dienstleistung "Betrieb von öffentlichen Spielcasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionen" stellt der Begriff "Casino Bremen" eine Angabe dar, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft (Bremen) und der Art der Dienstleistung (Casino) dienen kann. In unmittelbar verständlicher Weise wird die Sachinformation vermittelt, es gehe um den Betrieb eines Spielcasinos in der Stadt Bremen.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin entfällt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hier auch nicht deshalb ausnahmsweise, weil wegen ihrer Monopolstellung mangels ernsthafter Mitbewerber kein sog. Freihaltebedürfnis vorliege. Der im Markengesetz selbst nicht enthaltene Begriff des "Freihaltebedürfnisses" kann nicht als einzelfallbezogenes Korrektiv herangezogen werden. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass zur Bezeichnung von Produktmerkmalen dienliche Angaben von allen frei verwendet werden können. Dieses Allgemeininteresse ist ein abstraktes, das immer zu berücksichtigen ist, wenn Zeichen zur Merkmalsbezeichnung dienen können, unabhängig davon, ob im Einzelfall für Mitbewerber "Bedarf" besteht oder nicht, etwa wegen Monopolstellung oder weil eine beschreibende Angabe durch beliebtere Synonyma überholt ist (vgl. EuGH MarkenR 2004, KPN/Postkantoor Tz 54 ff).

Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann daher nur durch Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden werden. Bei der Verkehrsdurchsetzung handelt es sich um eine durch intensive Benutzung "verdiente" Rechtsposition, während dem gegenüber sich die Monopolstellung der Anmelderin aus der Gesetzeslage ergibt. Der bisherige Vortrag der Anmelderin reicht für die Glaubhaftmachung einer Durchsetzung des Zeichens als Marke der Anmelderin nicht aus.

Abgesehen davon, ist es der Anmelderin auch nicht gelungen nachzuweisen, dass sie eine auch für die Zukunft unanfechtbare Monopolstellung inne hat. Nach § 3 des Bremer Spielbankgesetzes wird die Spielbankkonzession unter dem Vorbehalt der Änderung und des Widerrufs für zehn Jahre erteilt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es künftig einen Wechsel des Casinobetreibers geben wird. Ein solcher durch Ablauf, Verzicht oder Entzug und Neuvergabe der Konzession bewirkter Wechsel stellt keineswegs eine bloß theoretische Möglichkeit dar. Wenn die Marke zugunsten des jetzigen Kasinokonzessionärs eingetragen würde, bestünde nach einem Konzessionswechsel die Möglichkeit, dass sich Konzession und Marke nicht in einer Hand befinden. Dies hätte zur Folge, dass der neue Casinobetreiber gehindert wäre, seine Einrichtung als "Casino Bremen" zu bezeichnen.

Ob hinsichtlich dieser Dienstleistung die angemeldete Marke zusätzlich noch jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), kann dahingestellt bleiben.

2. a) Eine andere Beurteilung ist hinsichtlich der Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" angezeigt. Für diese Dienstleistungen ist "Casino Bremen" keine glatt beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es konnte nämlich nicht festgestellt werden, dass diese Bezeichnung gegenwärtig für diese Dienstleistungen im Verkehr als Merkmalsangabe verwendet wird. Anhaltspunkte dafür, dass "Casino Bremen" künftig als Produktmerkmalsbezeichnung dienlich sein könnte, sind nicht erkennbar.

b) Damit konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Begriff "Casino Bremen" eine im Vordergrund stehende Sachangabe für die Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" ist und der Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Zumindest ein noch maßgeblicher Teil des Verkehrs wird diese Dienstleistungen nicht mit der üblichen Tätigkeit eines Spielcasinos in Verbindung bringen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zur höchstrichterlichen Klärung der Frage zugelassen, ob ein Freihalteinteresse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch unter Berücksichtigung einer Monopolstellung der Anmelderin besteht.

Winkler Richter Sekretaruk ist wegen Abordnung an das LG München an der Unterschrift gehindert.

Winkler Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 27.10.2004
Az: 32 W (pat) 330/02


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