Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Dezember 2008
Aktenzeichen: 25 W (pat) 14/07
(BPatG: Beschluss v. 12.12.2008, Az.: 25 W (pat) 14/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
Die Wortmarke Dipp-Filmist am 25. Mai 2005 für die Waren
"chemische Erezeugnisse für landwirtschaftliche Zwecke; Euterpflegemittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Salben, Cremes, Lotionen und Emulsionen zur äußerlichen Anwendung, insbesondere Euterpflegemittel"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 5 des DPMA vom 13. Juli 2006 und vom 5. Januar 2007, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wurde die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.
Es handle sich um eine sprachüblich gebildete Wortkombination aus den Begriffen "Dipp" (= Wortstamm des Begriffes "dippen" = in etwas eintauchen, in einen Dip eintauchen) und "Film" (= dünne zusammenhängende Schicht), die durch einen Bindestrich miteinander verknüpft seien. Die Kombination reihe sich sprachlich und begrifflich in zahlreiche ähnlich gebildete Wortzusammensetzungen ein (z. B. Dipp-Karusell, Dippschale, Dippsauce, Wasser-Fett-Film, Ölfilm). Die angemeldete Bezeichnung werde von den angesprochenen Verkehrskreisen, insbesondere dem maßgeblichen Fachverkehr, im Sinne einer dünnen, zusammenhängenden Schicht verstanden, die durch Dippen entstehe. In dieser Bedeutung stelle die Bezeichnung lediglich einen schlagwortartigen beschreibenden Sachhinweis darauf dar, dass die beanspruchten Waren zum Dippen der Zitzen eines Euters nach dem Melken geeignet und bestimmt seien, wobei diese einen Film auf den Zitzen hinterließen. Sie stelle einen unmittelbaren Sachhinweis auf die Art der Anwendung und die Wirkungsweise der beanspruchten Waren dar. Sie besitze lediglich beschreibenden Charakter und es fehle ihr die individualisierende Eigenart. Bei dem Wort "Dippen" handelt es sich um einen geläufigen Fachbegriff. Die dafür verwendeten Emulsionen werden als "Dippmittel" bezeichnet. Moderne Dippmittel bestünden heute aus einer desinfizierenden und einer pflegenden Komponente. Das Dippen erfolge mittels eines Dippoder Tauchbechers, in welche die Zitzen nacheinander eingetaucht würden. Die Art und Weise des Dippens ist den hier maßgeblichen Verkehrskreisen ebenso bekannt wie der Begriff Dippen selbst. Darüber hinaus stehe auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Eintragung entgegen. Es handle sich in Bezug auf die angemeldeten Waren um einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis, für den auch ein Freihaltungsbedürfnis bestehe. Der Erinnerungsprüfer wies zudem darauf hin, dass es sich bei "Dipp" um einen Fachbegriff handle, wobei es nicht darauf ankomme, wie das Dippmittel angebracht werde (Eintauchen oder Sprühen). Das Warenverzeichnis könne zudem auch Mittel zum Eintauchen umfassen. Es sei auch unerheblich, ob die Anmelderin möglicherweise bisher die einzige Anbieterin in Deutschland sei, welche die angemeldete Bezeichnung "Dipp-Film" verwende.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patentund Markenamts für Klasse 5 vom 13. Juli 2006 und vom 5. Januar 2007 aufzuheben.
Vorliegend sei der Fachverkehr daran gewöhnt, dass im Zusammenhang mit den Waren, für die hier Schutz beansprucht werde, vergleichbare Zeichen, d. h. Zeichen mit dem Bestandteil "Dipp" benutzt würden, die alle sehr wohl als unterscheidungskräftig zu erachten seien. Es habe sich in dem konkreten Warenbereich eine beachtliche Auswahl an Bezeichnungen für Zitzenmittel mit dem Bestandteil "Dipp" entwickelt. Sie seien auf dem Markt in Benutzung und müssen unterscheidungskräftig sein, da die Wettbewerber hierauf sonst verzichten würden. Nach Art. 6 Buchstabe C I PVÜ seien bei der Würdigung der Schutzfähigkeit alle Tatumstände zu berücksichtigen, insbesondere auch die Dauer des Gebrauchs der Marke. Somit sei hier zu beachten, ob und in welchem Umfang die Marke bereits benutzt werde und der Verkehr sich hierdurch unter Umständen gewöhnt habe, durch das Zeichen Produkte eines Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Ein Fachzeitschriftenartikel aus dem Jahr 2003 zeige das Produkt der Anmelderin. Aktuell werde es über Fachhändler im Internet unter www.schaette.de umfangreich beworben und vertrieben. Seit 2003 seien keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass bei Mitbewerbern ein besonderes Bedürfnis an der Bezeichnung bestehe. Der Verkehr sei in dieser Branche an schwach unterscheidungskräftige Bezeichnungen gewöhnt. Die übliche Bezeichnung wäre "Dippmittel-Film. Der erforderliche Grad der Abweichung vom Üblichen sei gegeben. Zu vernachlässigen sei auch nicht der Bindestrich. Außerdem habe die Markenstelle die Marke 1114929 "DIPPER" eingetragen. Insoweit sei ein einheitlicher Maßstab anzusetzen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen die Vorschriften des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 39).
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen ist.
Auch wenn nach Ansicht der Anmelderin seit 2003 keine Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass für Mitbewerber ein besonderes Bedürfnis an der Bezeichnung Dipp-Film bestehe, da die übliche Bezeichnung "Dippmittel-Film" sei, ändert dies nichts daran, dass für die einschlägigen Verkehrskreise, hier insbesondere Fachkreise aus dem landwirtschaftlichen Bereich, ein Verständnis des angemeldeten Zeichens in rein beschreibendem Sinne dahingehend nahe liegt, dass es sich bei den Waren um Dippmittel handelt, welche einen Film erzeugen bzw. die Waren für solche Dippmittel bestimmt sind. Dippmittel werden entweder zur Hautpflege und/oder zur Desinfektion und Mastitisbekämpfung entweder durch Eintauchen oder durch Sprühen auf die Zitzen der Kühe nach dem Abnehmen des Melkzeuges angebracht. Wie die Markenstelle bereits ausgeführt hat, ist das Dippen der Zitzen von Kühen nach dem Melken im einschlägigen Fachverkehr bekannt. Der Verkehr wird in der schlagwortartigen Bezeichnung "Dipp-Film" lediglich eine beschreibende Angabe in Bezug auf die angemeldeten Waren sehen, nicht jedoch einen betrieblichen Herkunftshinweis. Die angemeldeten Waren können dazu dienen, durch Dippen einen schützenden bzw. desinfizierenden Film auf das Euter von Kühen anzubringen. So können "Euterpflegemittel" und "Salben, Cremes, Lotionen und Emulsionen zur äußerlichen Anwendung, insbesondere Euterpflegemittel" Dippmittel sein. Gleiches gilt hinsichtlich der Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege". Auch "chemische Erzeugnisse für landwirtschaftliche Zwecke" können dazu geeignet und bestimmt sein, im Zusammenhang mit Dippmitteln verwendet zu werden.
Die Bezeichnung "Dipp-Film" ist sprachüblich gebildet. So spricht man z. B. von einem "Sprühfilm", wenn ein Film durch Sprühen entsteht. Entsprechend dieser Wortbildung ist ein "Dipp-Film", einer, der durch Dippen bzw. wie durch Dippen erzeugt wird. Dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, dies zu beschreiben (hierz. B. "Dippmittelfilm"), ändert nichts an der beschreibenden und sprachüblich gebildeten Sachaussage der vorliegenden Bezeichnung.
Selbst wenn die Anmelderin damit wirbt, dass ihr Dippmittel nach dem Melken mit der Sprühflasche auf die Zitzen aufgebracht wird, ändert dies schon deshalb nichts an der Schutzunfähigkeit der vorliegenden Markenanmeldung, weil im Warenverzeichnis die Begriffe auch Dippmittel umfassen, die durch Eintauchen des Euters in das Dippmittel angebracht werden. Außerdem ist die angemeldete Bezeichnung "Dipp-Film" schlagwortartig verkürzt, so dass auch die Bedeutung "Film wie beim Dippen" mit umfasst ist. Hinzu kommt, dass das Mittel der Anmelderin offensichtlich in Kanistern vertrieben wird, so dass es dem Anwender letztlich anheimgestellt bleibt, ob er das Mittel durch Eintauchen der Zitzen in das Dipp-Mittel oder durch Aufsprühen mittels der offensichtlich mitgelieferten Sprühflasche anbringt. Jedenfalls wird der Verkehr nicht nur in der Angabe "Dippmittel-Film", sondern auch in der Angabe "Dipp-Film" lediglich eine Sachangabe in Bezug auf die angemeldeten Waren sehen. Ob es sich dabei um eine von der Anmelderin "erfundene" Wortneubildung handelt, kann dahingestellt bleiben, da die "Neuheit" einer Marke für sich gesehen keine Unterscheidungskraft begründet und für die Annahme eines Schutzhindernisses kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich ist, dass die Angabe im Verkehr bereits bekannt ist oder verwendet wird (Ströbele/Hacker, Markengesetz 8. Aufl. § 8 Rdn. 89).
Der Umstand, dass andere Mitbewerber in ihren Produkt-Bezeichnungen den Wortbestandteil "Dip" verwenden, lässt nicht den Schluss zu, dass dieser Bestandteil unterscheidungskräftig ist, da die weiteren Bestandteile der Bezeichnungen oder die jeweiligen Gesamtzeichen unterscheidungskräftig sein können. Die Voreintragung des Wortes "DIPPER" aus dem Jahr 1987, auf die die Anmelderin hinweist, lässt nicht erkennen, aus welchen Gründen damals eine Eintragung erfolgt ist. Außerdem sagt sie nichts aus über die Schutzfähigkeit im heutigen Zeitpunkt. Hinzu kommt, dass Voreintragungen ohnehin keinen Anspruch auf Eintragung eines neu angemeldeten Zeichens begründen (vgl. BPatG GRUR 2007,333 Papaya).
Auch soweit die Anmelderin in der Beschwerdebegründung meint, die Trennung der Bezeichnung mittels eines Bindestrichs sei nicht zu vernachlässigen und es komme auf die konkrete Ausgestaltung an, ist darauf hinzuweisen, dass die Verwendung eines Bindestrichs in Wortzusammensetzung nicht ungewöhnlich ist (vgl.
z. B. "Wasser-Fett-Film") und daraus keine Eintragbarkeit folgt.
Als sprachüblich gebildete, unmittelbar beschreibende Sachangabe hinsichtlich der angemeldeten Waren steht der Eintragung der Bezeichnung "Dipp-Film" auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Im Allgemeinen bleibt die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst für diese Merkmale beschreibend, auch wenn sie eine sprachliche Wortneuschöpfung darstellt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Postkantoor; EUGH GRUR 2004, 680, 681 BIOMILD). Ob eine beschreibende Wortkombination bereits im Verkehr von anderen verwendet wird, ist für die Frage der Schutzfähigkeit nicht von entscheidender Bedeutung. Die Argumentation, da eine beschreibende Benutzung der fraglichen Angabe nicht feststellbar sei, scheide ein aktuelles Freihaltungsbedürfnis aus, trägt weder Wortlaut noch Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 hinreichend Rechnung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 260). Für das Vorliegen des Schutzhindernisses genügt, dass die Angabe zur Beschreibung geeignet ist.
Soweit die Anmelderin mit Bezug auf Art. 6 Buchstabe C I PVÜ, gemeint hat sie offenbar Art. 6 quinquies Buchstabe C I PVÜ, darauf hinweist, dass die Dauer des Gebrauchs zu berücksichtigen sei und dass sie die Bezeichnung seit 2003 in Gebrauch habe, rechtfertigt dies noch nicht die Eintragbarkeit. In welcher Form die Würdigung der Dauer des Gebrauchs zu berücksichtigen ist, bleibt dem nationalen Recht vorbehalten. Um ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zu überwinden, reicht nicht der Hinweis auf einen mehrjährigen Gebrauch der Bezeichnung, sondern es müsste sich die Bezeichnung vielmehr im Verkehr gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG für die Anmelderin durchgesetzt haben. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Allein der mehrjährige Gebrauch einer beschreibenden Angabe durch die Anmelderin führt noch nicht dazu, dass die Angabe als Marke aufgefasst wird.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Kliems Merzbach Bayer Na
BPatG:
Beschluss v. 12.12.2008
Az: 25 W (pat) 14/07
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