Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Januar 2006
Aktenzeichen: 21 W (pat) 49/03

(BPatG: Beschluss v. 05.01.2006, Az.: 21 W (pat) 49/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Patentanmeldung wurde am 6. März 1998 unter der Bezeichnung "Röntgendiagnostikgerät, insbesondere für einen digitalen Lungenarbeitsplatz" beim Patentamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 16. September 1999.

Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat mit Beschluss vom 11. Juni 2003 die Anmeldung unter Verweis auf den Bescheid vom 16. Februar 2001 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Die Anmelderin verfolgt ihr Patentbegehren mit in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß Haupt- und Hilfsantrag weiter.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

Röntgendiagnostikgerät, das zum Voreinstellen der für eine Aufnahme erforderlichen Blendeneinstellung eine Steuereinheit aufweist, die mit einer Recheneinheit versehen ist, die aufgrund von patientenbezogenen Daten eine Berechnung in Hinsicht auf eine dem Patienten angepasste Voreinstellung vornimmt, wobei die Steuereinheit mit einem direkten Zugriff auf die patientenbezogenen Daten versehen ist und einen Organprogrammspeicher mit Standardwerten der Blendeneinstellung enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit aus den zumindest Körpergröße und Gewicht umfassenden patientenbezogenen Daten und unter Verwendung des Organprogrammspeichers die Größe eines zu untersuchenden Organs oder einer zu untersuchenden Körperregion als optimalen Blendenwert ermittelt und unter Verwendung dieses Größenwertes selbsttätig motorisch den Blendenwert einstellt, indem die Steuereineinheit, insbesondere der Organprogrammspeicher, eine Datei erhält, die jedem Wert der Körpergröße mehrere Gewichtswerte zuordnet und für jedes die Körpergröße und das Gewicht umfassende Wertepaar einen zugeordneten Blendenwert bereitstellt.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:

Röntgendiagnostikgerät, das zum Voreinstellen der für eine Aufnahme erforderlichen Blendeneinstellung eine Steuereinheit aufweist, die mit einer Recheneinheit versehen ist, die aufgrund von patientenbezogenen Daten eine Berechnung in Hinsicht auf eine dem Patienten angepasste Voreinstellung vornimmt, wobei die Steuereinheit mit einem direkten Zugriff auf die patientenbezogenen Daten versehen ist und einen Organprogrammspeicher mit Standardwerten der Blendeneinstellung enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit aus den zumindest Körpergröße und Gewicht umfassenden, bei der Aufnahme des Patienten im Rahmen einer Patientenregistrierung erfassten, patientenbezogenen Daten und unter Verwendung des Organprogrammspeichers die Größe eines zu untersuchenden Organs oder einer zu untersuchenden Körperregion als optimalen Blendenwert ermittelt und unter Verwendung dieses Größenwertes selbsttätig motorisch den Blendenwert einstellt, indem die Steuereineinheit, insbesondere der Organprogrammspeicher, eine Datei erhält, die jedem Wert der Körpergröße mehrere Gewichtswerte zuordnet und für jedes die Körpergröße und das Gewicht umfassende Wertepaar einen zugeordneten Blendenwert bereitstellt.

Im Verfahren ist u. a. folgende Druckschrift:

(D3) DE 42 10 120 C1 Die Anmelderin hält die Gegenstände der Patentansprüche für neu und erfinderisch. Sie führt insbesondere aus, dass aus der Druckschrift D3 die Berücksichtigung der Körpergröße und des Gewichts eines Patienten als Wertepaar zur Einstellung der Blendenwerte nicht bekannt sei.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hauptantrag, sowie Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag, sämtliche überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung, Spalte 1 und 2 mit handschriftlichen Änderungen, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen gemäß Offenlegungsschrift, 6 Blatt Zeichnungen Figuren 1 bis 7 gemäß Offenlegungsschrift.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet, denn die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß dem Haupt- und Hilfsantrag sind im Hinblick auf den Stand der Technik nicht patentfähig, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§ 4 PatG).

Die geltenden Ansprüche sind formal zulässig. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ergibt sich aus den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 1, 2 und der Fig. 7 mit zugehöriger Beschreibung. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 2, der Fig. 7 mit zugehöriger Beschreibung, aus Spalte 1, Zeilen 59 bis 66 und Spalte 2, Zeilen 50 bis 56 der Offenlegungsschrift. Die Unteransprüche 2 gemäß Haupt- und Hilfsantrag ergeben sich aus Spalte 2, Zeilen 2 bis 9 und die Unteransprüche 3 entsprechen dem ursprünglichen Patentanspruch 3.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, ein Röntgendiagnostikgerät der eingangs genannten Art so auszugestalten, dass möglichst ohne besonderen Eingriff und besondere manuelle Eingaben durch das Bedienpersonal von vorne herein eine optimale selbsttätige Einstellung der Blende, bezogen auf den jeweiligen Patienten erfolgen kann (siehe Offenlegungsschrift Spalte 1, Zeilen 44 bis 50).

Als zuständiger Durchschnittsfachmann ist hier aufgrund der zu beachtenden Strahlenphysik ein Diplom-Physiker anzusehen, der in der Entwicklung von Röntgendiagnostikgeräten berufserfahren ist.

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet mit Merkmalsgliederung:

M1 Röntgendiagnostikgerät, M2 das zum Voreinstellen der für eine Aufnahme erforderlichen Blendeneinstellung eine Steuereinheit aufweist, M3 die mit einer Recheneinheit versehen ist, die aufgrund von patientenbezogenen Daten eine Berechnung in Hinsicht auf eine dem Patienten angepasste Voreinstellung vornimmt, M4 wobei die Steuereinheit mit einem direkten Zugriff auf die patientenbezogenen Daten versehen ist und M5 einen Organprogrammspeicher mit Standardwerten der Blendeneinstellung enthält, dadurch gekennzeichnet, dass M6 die Steuereinheit aus den zumindest Körpergröße und Gewicht umfassenden patientenbezogenen Daten und unter Verwendung des Organprogrammspeichers die Größe eines zu untersuchenden Organs oder einer zu untersuchenden Körperregion als optimalen Blendenwert ermittelt und M7 unter Verwendung dieses Größenwertes selbsttätig motorisch den Blendenwert einstellt, M8 indem die Steuereineinheit, insbesondere der Organprogrammspeicher, eine Datei erhält, die jedem Wert der Körpergröße mehrere Gewichtswerte zuordnet und für jedes die Körpergröße und das Gewicht umfassende Wertepaar einen zugeordneten Blendenwert bereitstellt.

Aus der D3 (siehe insbesondere die Fig. 1 und 2 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein M1 = Röntgendiagnostikgerät (siehe Titel) bekannt, M2 = das zum Voreinstellen der für eine Aufnahme erforderlichen Blendeneinstellung (siehe Anspruch 1) eine Steuereinheit 8 aufweist, M3 = die mit einer Recheneinheit 10 versehen ist, die aufgrund von patientenbezogenen Daten eine Berechnung in Hinsicht auf eine dem Patienten angepasste Voreinstellung vornimmt (siehe Seite 5, Zeilen 57 bis 60), M4 = wobei die Steuereinheit mit einem direkten Zugriff auf die patientenbezogenen Daten versehen ist (siehe Datenspeicher 27 in Fig. 2) und M5 = einen Organprogrammspeicher 27 mit Standardwerten der Blendeneinstellung enthält, wobei M6 = die Steuereinheit aus den Körpergröße und Gewicht umfassenden patientenbezogenen Daten und unter Verwendung des Organprogrammspeichers die Größe einer zu untersuchenden Körperregion als optimalen Blendenwert ermittelt (siehe Anspruch 1) und M7 = unter Verwendung dieses Größenwertes selbsttätig motorisch den Blendenwert einstellt (siehe Einblendvorrichtung 2 in Fig. 1 und 2).

Gemäß der Druckschrift D3 wird der Blendenwert aus den patientenbezogenen Daten Größe, Gewicht und Gestalt berechnet (siehe Anspruch 1; Seite 2, Zeilen 64 bis 66 und Seite 5, Zeilen 57 bis 60). Auf Seite 6 wird zur Berechnung der Blendenwerte ein Ausführungsbeispiel beschrieben, bei dem lediglich einem Parameter, nämlich der Gestalt, durch eine Tabelle ein Blendenwert zugeordnet wird. Um die körperliche Belastung und Strahlenbelastung des Patienten bei einer Aufnahme zu reduzieren (siehe Aufgabe in Druckschrift D3, Seite 2, Zeilen 27 bis 29) wird der Fachmann möglichst viele Parameter wie z. B. Körpergröße und Gewicht berücksichtigen, um so die zu untersuchende Körperregion genauer beschreiben und damit die Blenden optimaler einstellen zu können. Für die Berechnung der Blendenwerte bei mehreren Parameter, wie es aus der Druckschrift D3 allgemein bekannt ist, wird der Fachmann entsprechend mehrdimensionale Tabellen oder bei zwei Parametern Wertepaare als Datei ablegen.

Der Fachmann gelangt somit auch in naheliegender Weise zu den Merkmalen in Merkmalsgruppe M8.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lediglich durch den Zusatz in Merkmalsgruppe M6, wonach die patientenbezogenen Daten bei der Aufnahme des Patienten im Rahmen einer Patientenregistrierung erfasst werden.

Aus der Druckschrift D3 ist bekannt, dass die patientenbezogenen Daten im Rahmen einer Patientenregistrierung durch eine Bedieneinheit 9 erfasst werden (siehe Fig. 2 und Seite 2, Zeile 64 bis 66). Diese Daten können gespeichert werden und für spätere Untersuchungen des Patienten auch wieder verwendet werden (siehe Seite 3, Zeilen 26 bis 29). Die Erfassung der Daten bei "der Aufnahme" des Patienten stellt eine rein organisatorische Maßnahme dar, die auf die Vorrichtungsmerkmale des Röntgendiagnostikgerätes gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag keine Auswirkungen hat. Sachpatente sind lediglich durch die räumlichkörperlichen Merkmale ihrer Gegenstände gekennzeichnet und werden von Angaben nicht eingeschränkt, die keine unmittelbare Auswirkung auf die räumlichkörperliche Ausgestaltung eines Konstruktionselementes haben (siehe BGH GRUR 1979, 149, Ls. - Schießbolzen; BGH GRUR 1991, 436, Ls. 3 - Befestigungsvorrichtung II).

Der Fachmann gelangt somit auch in naheliegender Weise zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag.

Mit den nicht gewährbaren Patentansprüchen 1 gemäß dem Haupt- und Hilfsantrag fallen aufgrund der Antragsbindung auch die weiteren untergeordneten Patentansprüche (vgl. BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät). Insoweit bedurfte es keiner gesonderten Erörterung der weiteren Patentansprüche.

Im Übrigen hat eine Überprüfung des Senats ergeben, dass auch diese Ansprüche nicht patentfähig sind.






BPatG:
Beschluss v. 05.01.2006
Az: 21 W (pat) 49/03


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