Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 18. Dezember 2009
Aktenzeichen: 1 AGH 56/09
(AGH des Landes Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 18.12.2009, Az.: 1 AGH 56/09)
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen
der Antragsgegnerin werden dem Antragsteller auferlegt.
Der Gegenstandswert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wurde am 02.12.1998 bei dem Amtsgericht Köln und bei dem Landgericht Köln zur Anwaltschaft zugelassen.
Mit Bescheid vom 09.07.2009 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung zur Anwaltschaft gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls und verwies zur Begründung auf die Eintragung im Schuldnerverzeichnisses des Amtsgerichts L, nach der ein Haftbefehl des AG L vom 08.01.2009 auf der Grundlage einer Forderung des W der Rechtsanwälte im Lande NRW in Höhe von 12.542,68 € verzeichnet war. Die Antragsgegnerin verwies ferner auf die dem Widerrufsbescheid beigefügte Forderungsaufstellung, aus der sich eine Gesamthöhe noch offener Verbindlichkeiten des Antragstellers von 26.466,17 € ergab.
Die Widerrufsverfügung ist dem Antragsteller unter dem 11.07.2009 zugestellt worden.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 09.08.2009, eingegangen beim Anwaltsgerichtshof am 10.08.2009.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2009 trägt der Antragsteller vor, dass der Forderung des W eine fehlerhafte Beitragsbemessung zugrunde läge, so dass lediglich eine Beitragsschuld von 8.876,83 € verbleibe. Er verweist in diesem Zusammenhang auf beigefügte Steuerbescheide der Jahre 2004 bis 2006. Der Antragsteller trägt weiter vor, dass zwischenzeitlich mit dem W eine Einigung dahingehend erzielt sei, dass Maßnahmen der Beitreibung unterbleiben. Hinsichtlich der in der Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin als offen angeführten Forderungen PA Nr. 6 (672,26 €) und PA Nr. 7 (1.025,36 €)
- hinsichtlich derer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt waren - verweist der Antragsteller darauf, dass diese Forderungen beglichen seien. Nachweise hierfür
legt er nicht vor.
Gleiches gilt hinsichtlich der Forderungen PA Nr. 12 (752,51 €) und PA 19
(500,00 €), die ebenfalls ausgeglichen seien, ohne dass insoweit Nachweise vorgelegt werden.
Die Forderung PA 21 (2.762,24 €) bestreitet der Antragsteller mit dem Hinweis, dass es sich hierbei um ein Versäumnisurteil handele, gegen das er Einspruch eingelegt habe.
Die Forderung PA Nr. 10 sei weitgehend durch Aufrechnung erloschen, es verbleibe lediglich ein Rest in Höhe von 1.139,74 €. Die Forderung PA Nr. 9 sei ihm unklar.
Der Antragsteller nimmt ferner Bezug auf eine Mitteilung des W vom 20.07.2009, aus der sich die Erklärung des W hinsichtlich einer einvernehmlichen Tilgung des Beitragsrückstandes ergibt, wobei der Beitragsrückstand mit 19.267,46 € beziffert wird. Dem Schreiben ist weiter zu entnehmen, dass das W mit einer Tilgung im laufenden Jahr 2009 mit jeweils 250,00 € einverstanden ist und hinsichtlich des Beitragsrückstands von dann verbleibenden 17.767,46 € eine weitere Abstimmung bis spätestens 22.12.2009 begehrt.
Der Antragsteller beantragt,
den Widerrufsbescheid der Antragsgegnerin
vom 09.07.2009 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung
kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt ergänzend vor, dass neben dem Haftbefehl des AG L vom 08.01.2009 (Forderung des W) ein weiterer Haftbefehl vom 03.09.2009 (Haftbefehl der Antragsgegnerin) im Schuldnerregister eingetragen sei. Sie übereicht überdies eine weitere Forderungsaufstellung, die sich insgesamt auf 11.694,71 € beläuft.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, insbesondere fristgerecht gestellt, hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.
Die Antragsgegnerin hat die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft zu Recht widerrufen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 II Nr. 7 BRAO angenommen; diese Voraussetzungen sind auch im Nachhinein nicht entfallen.
Gemäß § 14 II Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch das Interesse der Rechtsuchenden nicht gefährdet ist.
Ein Vermögensverfall liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn.
Gemäß § 14 II Nr. 7 BRAO wird dies vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis gemäß § 915 ZPO eingetragen ist.
Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung vor. Es bestanden eine Vielzahl von titulierten Forderungen gegen den Antragsteller, er war ferner mit einem Haftbefehl im Schuldnerverzeichnis eingetragen, so dass die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls gegeben war, dieser jedoch auch im Hinblick auf
die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen selbst wegen kleinerer Beträge auch positiv festzustellen war.
Der Antragsteller befand sich mithin zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung im Vermögensverfall.
Dieser Vermögensverfall ist auch in der Folgezeit nicht zweifelsfrei entfallen. Erledigt haben sich aus der Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin lediglich einzelne Positionen, verblieben sind hingegen folgende Forderungen:
PA Nr. 7 1.025,36 €
PA Nr. 10 1.030,60 €
PA Nr. 21 2.762,24 €
Hinsichtlich der Forderung des W trägt der Antragsteller zwar mit Schriftsatz vom 28.10.2009 vor, dass er zwischenzeitlich eine Einigung mit dem W erzielt habe. Danach werde vom dem Haftbefehl solange kein Gebrauch gemacht, wie er die Tilgungsraten bediene. Das beigefügte Anschreiben des W vom 22.10.2009 enthält indes lediglich die Bitte um Bestätigung der Ratenzahlungsvereinbarung, die angebliche Einigung mit dem W ist nicht nachgewiesen.
Der Senat hatte Termin zur mündlichen Verhandlung zunächst auf den 19.11.2009 anberaumt. Zu diesem Termin hat der Antragsteller eine ärztliche Bescheinigung
vorgelegt, wonach er in der Zeit vom 18.11. bis 20.11.2009 verhandlungsunfähig sei.
Erneuter Termin zur mündlichen Verhandlung ist daraufhin auf den 18.12.2009 bestimmt worden. Zu diesem Termin ist der Antragsteller nicht erschienen. Die erforderlichen Nachweise hinsichtlich einer Konsolidierung mit Blick auf die noch offenen titulierten Forderungen und den weiter bestehenden Haftbefehl des W hat er mithin weder im Termin zur mündlichen Verhandlung noch in schriftlicher Form erbracht. Von einer zweifelsfreien Konsolidierung kann derzeit mithin nicht die Rede sein.
Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer möglichen Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Anhaltspunkte dafür, dass dies hier ausnahmsweise nicht der Fall ist, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin ist demgemäß zu Recht ergangen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 201 I BRAO, die Entscheidung über den Ersatz der notwendigen Auslagen beruht auf § 13 a FGG.
AGH des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 18.12.2009
Az: 1 AGH 56/09
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