Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 1. Juli 2002
Aktenzeichen: AnwZ (B) 52/01
(BGH: Beschluss v. 01.07.2002, Az.: AnwZ (B) 52/01)
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und dem Antragsteller die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 12.782,30 = 25.000 DM) festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht. In seinem Briefkopf bezeichnet er sich außerdem als "Mediator". Unter dem 18. Januar 2000 teilte die Rechtsanwaltskammer, welcher der Antragsteller angehört (im folgenden: Antragsgegnerin), dem Antragsteller mit, die Führung der Bezeichnung "Mediator" sei berufsrechtswidrig. Er möge seinen Briefkopf entsprechend korrigieren und dies binnen vier Wochen der Antragsgegnerin nachweisen.
Der Antragsteller hat deswegen um gerichtliche Entscheidung nachgesucht. Mit Beschluß vom 12. Juni 2001 hat der Anwaltsgerichtshof die Verfügung der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2000 aufgehoben. Dagegen wendet sich diese mit ihrer - zugelassenen - sofortigen Beschwerde. Nachdem die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer am 25. April 2002 beschlossen hat, daß sich Rechtsanwälte, die durch eine geregelte Ausbildung nachweisen können, die Grundsätze der Mediation zu beherrschen, als "Mediator" bezeichnen dürfen, hat die Antragsgegnerin "die Hauptsache für erledigt erklärt". Der Antragsteller hat auf einer Entscheidung beharrt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 223 Abs. 1, 42 Abs. 4 Satz 1 BRAO), sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. In Ermangelung einer Erledigungserklärung des Antragstellers ist die entsprechende Erklärung der Antragsgegnerin verfahrensrechtlich unerheblich. Die Antragsgegnerin hätte nur durch eine Rücknahme der Verfügung vom 18. Januar 2000 oder ihrer sofortigen Beschwerde auf den Gang des Verfahrens Einfluß nehmen können. Dies hat sie unterlassen.
2. Der Anwaltsgerichtshof hat die angefochtene Verfügung zu Recht aufgehoben, weil die Nennung der Bezeichnung "Mediator" im Briefkopf des Antragstellers schon vor der Neuregelung durch die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer nicht berufsrechtswidrig war.
a) Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 BORA steht jedenfalls bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der werbenden Angabe der Berufsbezeichnung "Mediator" nicht entgegen.
Unabhängig von der Angabe von Fachanwaltsbezeichnungen gestattet diese Vorschrift lediglich die Benennung von Interessen- und/oder Tätigkeitsschwerpunkten als Teilbereiche der Berufstätigkeit. Die Tätigkeit als Mediator ist -wie der Antragsgegnerin zuzugeben ist -dann, wenn sie von einem Rechtsanwalt vorgenommen wird, als Teilbereich der anwaltlichen Berufstätigkeit anzusehen (ebenso AGH Nordrhein-Westfalen MDR 2000, 611 m. Anm. Schwartz = AnwBl. 2000, 693 m. Anm. Kilian). Schlichten und vermitteln gehört seit jeher zum klassischen Aufgabenbereich des Rechtsanwalts (Holl, in: Hartung/Holl, BORA § 18 Rn. 19).
Andererseits hat die Vorschrift, wenn von "Teilbereichen der Berufstätigkeit" die Rede ist, einzelne Rechtsgebiete im Auge (Feuerich/Braun, BRAO 5. Aufl. § 7 BORA Rn. 7). Die Mediation ist kein Rechtsgebiet, sondern eine alternative Methode der Konfliktlösung. "Mediator" ist also, wenn nicht eine Berufsbezeichnung, so doch die Beschreibung einer Tätigkeit. Auch ist die Mediation nicht den Rechtsanwälten vorbehalten. Diese müssen sich, wenn sie als Mediatoren tätig sind, der Konkurrenz aus anderen Berufen, insbesondere der Psychologen und Therapeuten, stellen. Die Angehörigen dieser Berufe können sich ohne weiteres als "Mediatoren" bezeichnen, weil der Beruf des Mediators noch ungeschützt ist. Wäre den Rechtsanwälten die Führung dieser Bezeichnung verboten, hätten sie dadurch erhebliche Wettbewerbsnachteile.
b) Auch die Vorschrift des § 43 b BRAO stützt das Verbot nicht. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist die Bezeichnung "Mediator" weder unsachlich noch zur Täuschung der Rechtsuchenden geeignet.
Die Gefahr, daß die Führung der Bezeichnung "Mediator" auf einem anwaltlichen Briefkopf bei demjenigen, der anwaltliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen will, die Vorstellung hervorruft, diese Bezeichnung sei einem Rechtsanwaltstitel oder einer Fachanwaltsbezeichnung gleichzusetzen, ist gering. Ihr wirkt schon der Umstand entgegen, daß die Bezeichnung "Mediator" außerhalb des Rechtsanwaltsberufes anstandslos geführt werden kann.
Soweit der Bundesgerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, daß (zusätzliche) Berufsbezeichnungen von Rechtsanwälten nur geführt werden dürfen, wenn ihnen eine rechtsförmlich erworbene Qualifikation zugrunde liegt (vgl. BGHZ 111, 229, 231; BGH, Beschl. v. 8. Februar 1988 -AnwZ (B) 49/87, BGHR BRAO § 7 Nr. 5 -Wiederzulassung 2; v. 7. Oktober 1991 -AnwZ (B) 25/91, BRAK-Mitt. 1991, 228, 229) -über welche Mediatoren nicht verfügen -, ging es um die Selbstbezeichnung als Fachanwalt oder Strafverteidiger, also um die Berühmung besonderer Rechtskenntnisse und/oder Erfahrungen auf bestimmten Rechtsgebieten. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Allerdings kann die Bezeichnung bei dem "gebildeten Durchschnittsbetrachter" (vgl. Eylmann, in: Henssler/Prütting, BRAO § 43 b Rn. 39) die Einschätzung wecken, ein Mediator könne eine besondere Qualifikation vorweisen. Um eine Täuschung der betroffenen Verkehrskreise zu verhindern, ist es deshalb erforderlich, aber auch genügend, daß jemand, der sich "Mediator" nennt, durch eine geregelte Ausbildung nachweisen kann, die Grundsätze der Mediation zu beherrschen. Der Antragsteller hat für seine Person diesen Nachweis geführt.
c) Die Rechtsprechung der Anwaltsgerichte und die überwiegende Meinung im Schrifttum (Feuerich/Braun, § 18 BORA Rn. 4; Henssler, in: Henssler/ Koch, Mediation in der Anwaltspraxis S. 99 f; Kilian AnwBl. 2000, 694; Schwartz MDR 2000, 612; Henssler/Kilian, FuR 2001, 104, 107) hat deshalb bereits vor der Neuregelung der Satzungsversammlung vom 25. April 2002 die Meinung vertreten, die Führung der Bezeichnung "Mediator" im Briefkopf eines Rechtsanwalts sei zulässig.
Überdies macht die Neuregelung deutlich, daß nunmehr auch die Bundesrechtsanwaltskammer davon ausgeht, Rechtsanwälten, die aufgrund einer geregelten Ausbildung als Mediatoren tätig seien, könne es nicht verboten werden, im Rahmen ihrer Außendarstellung darauf hinzuweisen. Da die Rechtslage im übrigen unverändert geblieben ist, kann die Neuregelung nur auf einer geläuterten Rechtsauffassung beruhen.
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BGH:
Beschluss v. 01.07.2002
Az: AnwZ (B) 52/01
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