Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Juni 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 162/02
(BPatG: Beschluss v. 16.06.2003, Az.: 30 W (pat) 162/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Mai 2002 aufgehoben, soweit der anmeldeten Marke die Eintragung versagt worden ist.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung ALCEA für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 32, 41 und 42.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung teilweise zurückgewiesen. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt, daß die Marke lediglich beschreibend darauf hinweise, daß die Produkte Bestandteile von Alcea enthielten bzw Alcea thematisch Gegenstand der Dienstleistungen sei.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Mit näheren Ausführungen hält sie Schutzhindernisse, die die Anmeldung von der Eintragung ausschließen könnten, nicht für gegeben. Sie bezieht sich insbesondere darauf, daß angesichts von zumindest sechzig Arten im Bereich der Gattung "Malvacea" die Angabe der konkreten Alcea-Art zur Beschreibung erforderlich sei, zB Alcea baldshuanica, Alcea biennis, Alcea ficifolia, Alcea rosea, Alcea nudiflora, Alcea pallida, Alcea setora, Alcea cretica, Alcea sulphurea.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 im Umfang der Zurückweisung aufzuheben.
Hilfsweise hat sie Einschränkungen des Warenverzeichnisses angeboten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den angefochtenen Beschluß und den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Auch in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ist nicht ersichtlich, daß die angemeldete Marke als Angabe über ihre wesentlichen Eigenschaften dienen könnte.
"Alcea" ist im Bereich der Botanik die - synonym neben dem Wort "Althaea" oder auch "Althea" - verwendete Bezeichnung für die Gattung der Stockrosen aus der Pflanzenfamilie der Malvengewächse (Malvaceae); sie ist mit mehr als zwanzig Arten in Eurasien vertreten (vgl Brockhaus, Die Enzyklopädie, 20. Aufl 1. Band S 455; 14. Band S 128). Im Handwörterbuch der Pflanzennamen (Zander, 17. Aufl S 165) sind zum Beispiel "Alcea ficifolia", "Alcea pallida", "Alcea rosea" (= Althaea rosea"), "Alcea rugosa" (= "Althaea rugostellulata") und "Alcea sulphurea" verzeichnet, unter dem synonym verwendeten Begriff "Althaea" ferner die botanischen Bezeichnungen ""Althaea cannabina", "Althaea hirsuta" und "Althaea officinalis" (S 173) sowie unter "Malva" die Bezeichnung "Malva alcea" (S 557). Stockrosen sind beliebte Gartenzierpflanzen, verschiedene Vertreter der Stockrosen haben aber auch im Bereich Medizin und Kosmetik Interesse gefunden (vgl Brockhaus, Biologie Band 1 S 530, 531 unter dem Stichwort "Malvengewächse" zu "Stockrose"). Soweit ersichtlich werden als Arzneidrogen "Alcea rosea nigra", "Alcea flos" ua als Teeaufguß bei Entzündungen der Atemwege, des Magen-Darm-Trakts und der Harnwege sowie äußerlich bei Entzündungen und Geschwüren verwendet (vgl Pschyrembel, Wörterbuch Naturheilkunde 2. Aufl S 348) und im Bereich der Kosmetik ua als Hautpflegemittel "Althaea officinalis" und "Athaea rosea" (vgl Springer, Lexikon der Kosmetik und Körperpflege S 19, 20).
Die zurückgewiesenen Waren könnten zwar - jedenfalls ganz überwiegend - Bestandteile von Stockrosengewächsen enthalten bzw die Dienstleistungen unter Bezug zu diesen Gewächsen erbracht werden. Nach den obigen Ausführungen sind indessen keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß es sich bei dem Wort ALCEA in Alleinstellung im Bereich der hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen um einen beschreibenden freihaltebedürftigen Begriff handelt. "Alcea" ist - wie ausgeführt - in der Botanik die Bezeichnung für eine Gattung mit mehr als zwanzig Arten, darunter neben Ziergewächsen auch verschiedene Arzneipflanzen. Abgesehen vom wissenschaftlichen Namen der Gattung wird aber - wie schon ausgeführt - dem Gattungsnamen die Bezeichnung der konkreten Art hinzugefügt, wenn es um den Anbau der Pflanze oder ihre Verwendung im Bereich der Kosmetik oder Pharmazie geht. Wer sich, zB als Pharmazeut, im Fachverkehr oder gegenüber dem allgemeinen Publikum wissenschaftlich präzise ausdrücken will, ist deshalb genötigt, die jeweilige Stockrosenart konkret zu bezeichnen. Der allgemeine Gattungsname "Alcea" eignet sich insoweit nicht zur Beschreibung der einschlägigen Waren und Dienstleistungen. Die nicht sachbezogene Verwendung dieses Wortes in Alleinstellung zeigt sich auch daran, daß "Alcea" keine INCI-Bezeichnung darstellt (Bezeichnung aus der International Nomenclature of Cosmetic Ingredients, die zur Deklaration aller für die Herstellung verwendeten und im Fertigprodukt vorhandenen Bestandteile auf der Verpackung vorgeschrieben ist); in dieser Liste sind vielmehr die Begriffe "Althea officinalis" und "Althea rosea" sowie "Malva sylvestris" verzeichnet (abgedruckt ua im vom Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V. herausgegebenen Buch "Kosmetika-Inhaltsstoffe-Funktionen", S 12, 47). Ebensowenig ist "Alcea" im "Pharmazeutischen Wörterbuch" (Hunnius, 8. Aufl) in Alleinstellung aufgeführt; erwähnt ist nur "Alcea rosea" bzw "Althaea rosea" (S 36, 52). Diese Bezeichnung findet sich darüberhinaus auch im Internet nicht als Inhaltsstoff von Kosmetika und Arzneimitteln zum Hinweis auf die Verwendung von Stockrosenbestandteilen im Allgemeinen. Die angemeldete Marke, die in Alleinstellung im Bereich beanspruchter Waren und Dienstleistungen nicht verwendet wird, ist damit nicht geeignet, deren Eigenschaften zu beschreiben (vgl auch die Entscheidungen 24 W (pat) 72/00 - Avena und 24 W (pat) 105/00 - QUERCUS, veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM).
Der angemeldeten Marke kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Wenn ALCEA die Waren und Dienstleistungen nicht beschreibt, so gibt es keinen Anhalt dafür, daß dem Zeichen die Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl zB BGH GRUR 2001, 1150 - LOOK; GRUR 2002, 64 - INDIVIDU-ELLE mwN). Es fehlt an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr, wenn er die Kennzeichnung auf der Ware erblickt, diese nicht als Kennzeichnungsmittel verstehen wird.
Winter Schramm Hartlieb Hu
BPatG:
Beschluss v. 16.06.2003
Az: 30 W (pat) 162/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bb4de6e3000f/BPatG_Beschluss_vom_16-Juni-2003_Az_30-W-pat-162-02