Bundesgerichtshof:
Urteil vom 22. März 2001
Aktenzeichen: IX ZR 407/98
(BGH: Urteil v. 22.03.2001, Az.: IX ZR 407/98)
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Oktober 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage wegen einer Forderung in Höhe von 548.496,32 DM abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, ist Verwalter in dem am 14. Februar 1996 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH (nachfolgend: GmbH oder Gemeinschuldnerin). Die Beklagte war zuletzt deren "Hauptbankverbindung". Im Mai 1995 kam der Geschäftsbetrieb der GmbH durch ein Großfeuer auf ihrem -gemieteten - Betriebsgrundstück zum Erliegen. Ende Juli 1995 trat die GmbH neben weiteren Forderungen ihre Ansprüche aus der Feuerversicherung bei der Landschaftlichen Brandkasse an die Beklagte ab. Die insgesamt abgetretenen Forderungen mit einem Umfang von nominell über 1,8 Mio. DM stellten nahezu die gesamten Aktiva der Gemeinschuldnerin dar. Zu diesem Zeitpunkt hatte diese bei der Beklagten Kredite in einer Höhe von 423.133,82 DM in Anspruch genommen. Die Brandkasse zahlte an die Beklagte aufgrund eines mit der GmbH abgeschlossenen Vergleichs insgesamt 1.145.883,93 DM aus. Aus dieser Versicherungsleistung wurden die bei der Beklagten bestehenden Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin in Höhe von inzwischen 597.387,57 DM getilgt. Der überschießende Betrag wurde später zur Erfüllung von Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber anderen Gläubigern verwendet.
Am 9. Oktober 1995 beantragte die GmbH bei der Beklagten die Erhöhung des ihr im Juli eingeräumten Kreditrahmens um 600.000 DM. Als dies abgelehnt wurde, stellte die GmbH noch im Oktober 1995 Konkursantrag.
Der Kläger hat am 16. Juli 1996 beim Landgericht Verden einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Anfechtungsklage in Höhe von 548.496,32 DM gestellt. Diesen Antrag hat das Landgericht durch einen Beschluß zurückgewiesen, der dem Kläger am 13. November 1996 zugegangen ist. Am 12. Februar 1997 hat dieser Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat. Im April 1997 hat das Oberlandesgericht dem Kläger unter Beiordnung eines vom Landgericht noch zu benennenden Rechtsanwalts Prozeßkostenhilfe bewilligt. Am 30. April 1997 hat das Landgericht Verden dem Kläger einen Rechtsanwalt beigeordnet.
Daraufhin hat der Kläger durch diesen Rechtsanwalt am 30. Mai 1997 eine Klageschrift eingereicht, mit der die Zahlung von 597.387,57 DM verlangt wurde. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat der Senat bis zum Betrage von 548.496,32 DM angenommen. In Höhe dieses Betrages verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Gründe
Das Rechtsmittel führt im Umfang der Annahme durch den Senat zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Kläger habe die einjährige Anfechtungsfrist gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 KO nicht gewahrt. Diese habe mit Ablauf des 14. Februar 1997 geendet, während die Klage erst am 30. Mai 1997 eingegangen sei.
Die Klageeinreichung sei nicht deshalb rechtzeitig und fristwahrend, weil die Ausschlußfrist zwischenzeitlich durch das Prozeßkostenhilfeverfahren gehemmt gewesen sei. Zwar habe der am 16. Juli 1996 beim Landgericht gestellte Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gemäß §§ 203, 205 BGB die Hemmung der Anfechtungsfrist zur Folge gehabt, jedoch nur ab 14. August 1996; denn gemäß § 203 Abs. 1 BGB sei lediglich der Zeitraum innerhalb der letzten sechs Monate der Frist zu berücksichtigen. Die Hemmung habe hier bereits mit Zugang der erst später mit der Beschwerde angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung am 13. November 1996 geendet. Der Kläger sei gehalten gewesen, binnen einer Überlegungsfrist von zwei Wochen gegen die Entscheidung des Landgerichts Beschwerde einzulegen. Durch die vom Kläger nicht plausibel erläuterte Untätigkeit von fast drei Monaten bis zur Einlegung der Beschwerde am 12. Februar 1997 sei das Verfahren in Stillstand geraten. Die vom Kläger zu vertretende Verfahrensverzögerung habe zur Folge, daß dem Beschwerdeverfahren insgesamt keine Hemmungswirkung mehr zukomme. Demgemäß seien lediglich knapp drei Monate Fristhemmung - vom 14. August bis zum 13. November 1996 -der Anfechtungsfrist hinzuzurechnen. Diese sei deshalb bereits Mitte Mai 1997 abgelaufen, so daß die am 30. Mai 1997 eingereichte Klage nicht mehr fristwahrend gewirkt habe.
II.
Demgegenüber rügt die Revision: Dem Kläger sei es nicht zuzumuten gewesen, binnen zwei Wochen gegen den -die Prozeßkostenhilfe verweigernden -erstinstanzlichen Beschluß Beschwerde einzulegen. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts benachteilige die unvermögende gegenüber der vermögenden Partei. Hätte der Kläger über ausreichende Mittel verfügt, so hätte er am Tage des Fristablaufs Klage einreichen und im Falle von deren Abweisung durch das Landgericht Berufung einlegen und die Rechtsmittelfristen mit der Möglichkeit der Verlängerung ausschöpfen können, ohne daß ihm dies zum Nachteil gereicht hätte. Daher sei es geboten, Klage und Prozeßkostenhilfegesuch gleichzustellen und die Rechtsmittelfrist bei der Anwendung von § 203 BGB an der Berufungsfrist zu orientieren. Dann sei die Klage innerhalb der Frist erhoben worden.
Mit dem Ausspruch, der Kläger habe seine Untätigkeit nicht plausibel erklärt, habe das Berufungsgericht gegen die Hinweispflicht nach § 139 ZPO verstoßen. Hätte das Berufungsgericht nämlich den Kläger darauf hingewiesen, daß es die Anfechtungsfrist als abgelaufen ansah, hätte der Kläger dargelegt, daß er nach dem ablehnenden Beschluß des Landgerichts zunächst versucht habe, die Gläubiger und den Gläubigerausschuß zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses zu bewegen. Erst als von den Gläubigern keine Reaktion gekommen sei, habe er die Beschwerde eingereicht.
Schutzwürdige Belange der Beklagten seien durch die Einreichung der Klage am 30. Mai 1997 nicht verletzt worden. Denn der Kläger hätte den Antrag auf Prozeßkostenhilfe auch am Tag des Fristablaufs einreichen und damit den Lauf der Frist hemmen können. Es sei kein Grund ersichtlich, warum eine -nach dem Gesetz nicht fristgebundene - Beschwerde verspätet sein solle, ein Antrag auf Prozeßkostenhilfe jedoch nicht.
III.
Das Berufungsgericht hat -im Gegensatz zum Landgericht -nicht berücksichtigt, daß es für eine Hemmung gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 KO i.V.m.
§ 203 Abs. 2 BGB genügt, wenn ein vollständig und ordnungsgemäß begründetes Gesuch um Prozeßkostenhilfe am letzten Tage der Verjährungsfrist bei Gericht eingeht (BGHZ 70, 235, 237 ff; BGH, Urt. v. 29. Januar 1981 -III ZR 168/79, NJW 1981, 1550 f).
1. Als ein solches, selbständiges Gesuch ist auch eine beim zuständigen erstinstanzlichen Gericht eingereichte Beschwerdeschrift gegen eine frühere, ablehnende Prozeßkostenhilfeentscheidung zu werten, welcher dieses Gericht gemäß § 571 ZPO abhelfen kann. Eine solche - vollständig und ordnungsgemäß begründete -Beschwerde erfüllt prozessual denselben Zweck wie das erstinstanzliche Gesuch. Der Gegner ist davon in gleicher Weise zu unterrichten, so daß auch seine Interessen nicht berührt werden. Das mag im Hinblick auf die durch § 203 Abs. 1 BGB begrenzte Dauer der Hemmung dann besonders bedeutsam sein, wenn die angefochtene Entscheidung mehr als sechs Monate zurückliegt, ist aber nicht auf derartige Fälle beschränkt.
Daß der Antragsteller mit der Beschwerde mehr als zwei Wochen seit dem früheren, abweisenden Gerichtsbeschluß gewartet hat, ist insoweit unerheblich. Denn Zweck des § 203 BGB ist es nicht, Säumigkeit selbständig zu sanktionieren, sondern erhebliche Hinderungsgründe im Bereich des Berechtigten zu dessen Gunsten beim Verjährungsablauf hemmend zu berücksichtigen. Der Berechtigte ist nicht allein deswegen schlechter zu stellen, weil er frühzeitig Prozeßkostenhilfe beantragt, sein Begehren aber nicht durchgehend nachhaltig verfolgt hat. Soweit Hemmungsgründe nicht vorliegen -insbesondere weil der Berechtigte nicht alles Zumutbare unternommen hat, um das Hindernis zu beseitigen -, wird in diesem Umfang der Ablauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt; der Berechtigte kann also nicht die volle, bis zu sechs Monaten mögliche Fristerstreckung nach § 203 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen. Das bedeutet aber nicht etwa umgekehrt, daß die Ablaufhemmung dem Berechtigten nicht wenigstens insoweit zugute kommt, als er sich später -und immer noch rechtzeitig - im gebotenen Maße bemüht hat und dementsprechend nach allgemeinen rechtlichen Maßstäben eine Verhinderung anzuerkennen ist. Dies trifft für eine innerhalb der Verjährungsfrist eingelegte und ordnungsgemäß begründete Beschwerde ebenso zu wie für das entsprechende erstinstanzliche Gesuch.
2. Die mit der rechtzeitigen Einreichung der Beschwerde eingetretene Hemmung der Verjährung dauert grundsätzlich fort, bis die bedürftige Partei nach der Entscheidung über das Prozeßkostenhilfe-Gesuch bei angemessener Sachbehandlung in der Lage ist, ordnungsgemäß Klage zu erheben (BGHZ 70, 235, 239).
Danach war hier die Anfechtungsfrist bis zur Einreichung der Klageschrift am 30. Mai 1997 nicht abgelaufen.
a) Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde des Klägers am 15. April 1997 stattgegeben, ohne daß dieser zuvor Änderungen oder Ergänzungen hätte vornehmen müssen. Vor der Beiordnung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts war der Kläger weiterhin nicht zur Klageerhebung in der Lage. Dieser Hinderungsgrund entfiel nicht vor der Beiordnung durch das Landgericht und der zugleich an den Kläger gerichteten Aufforderung, über den beigeordneten Rechtsanwalt eine Klageschrift einzureichen. Es steht nicht fest, daß der Kläger den Beschluß mit der Aufforderung vor dem 13. Mai 1997 erhalten hat; dieses Datum gesteht die Revisionsbegründung -im Anschluß an den nachgereichten Schriftsatz des Klägers vom 5. Oktober 1998 -zu. Es ist auch damit vereinbar, daß zur Absendungsverfügung des Landgerichts vom 6. Mai 1997 ein Kanzleivermerk vom 9. Mai 1997 (Freitag) angebracht ist.
b) Nach Zugang des Beschlusses über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat der Berechtigte noch eine kurz bemessene Frist, die bei der gebotenen zügigen Sachbehandlung nötig ist, um eine ordnungsmäßige Klage zu erheben.
aa) Diese Frist wird ganz überwiegend, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 234 Abs. 1 ZPO, mit "zumindest" zwei Wochen bestimmt (MünchKomm-BGB/von Feldmann, 3. Aufl. § 203 Rn. 7; Soergel/Niedenführ, BGB 13. Aufl. § 203 Rn. 7; Staudinger/Peters, BGB 13. Bearb. § 203 Rn. 22, letzter Absatz). Ob sie in Einzelfällen auch länger sein kann, hat der Bundesgerichtshof bisher offengelassen (BGHZ 70, 235, 240; Urt. v. 29. Januar 1981 -III ZR 168/79, aaO S. 1551), aber ausdrücklich eine Hemmung für "eine angemessene Zeit" nach Abschluß des Bewilligungsverfahrens bejaht (Beschl. v.
8. Februar 1995 -XII ZR 24/94, aaO; Urt. v. 24. März 1987 -VI ZR 217/86, VersR 1987, 820).
bb) Für den vorliegenden Fall erachtet der Senat siebzehn Tage noch als angemessen. Denn es besteht die Besonderheit, daß der Beiordnungsbeschluß mit der Aufforderung des Landgerichts, eine Klageschrift "über den beigeordneten Rechtsanwalt" einzureichen, an den in Hamburg ansässigen Kläger persönlich übermittelt wurde, dieser aber vor dem Prozeßgericht nicht postulationsfähig war. Er hatte auch keinen beim Landgericht in Verden zugelassenen Rechtsanwalt benannt gehabt. Vielmehr mußte er nach Empfang des Beschlusses erst den beigeordneten Rechtsanwalt bevollmächtigen und umfassend informieren. Die Klage war entscheidend auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH im Zeitpunkt der Abtretung gestützt; dazu wurden umfangreiche Anlagen beigefügt.
Der hierfür zusätzlich nötige Zeitbedarf ist nicht in der zweiwöchigen Regelfrist enthalten. Vielmehr stellt eine Zweiwochenfrist -wie nach § 234 Abs. 1 ZPO -die kürzeste aller in der Zivilprozeßordnung üblichen Antragsoder Rechtsbehelfsfristen dar. Soweit sie eingreift, ist meist entweder eine Begründung nicht erforderlich (§ 577 Abs. 2, § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), oder die Frist zur Begründung kann bei Bedarf verlängert werden (§ 274 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 227 Abs. 1 und 2, § 339 Abs. 1 i.V.m. § 340 Abs. 2 Satz 2, § 697 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 ZPO). Überwiegend sieht die Zivilprozeßordnung hingegen eine Monatsfrist vor, wenn eine Begründung nötig ist (§ 519 Abs. 2 Satz 2, § 554 Abs. 2 Satz 2 -jeweils auch i.V.m. § 621e Abs. 3, § 629a Abs. 2 Satz 1 oder § 1065 Abs. 2 Satz 2 -, §§ 556, 586 Abs. 1, 629a Abs. 3, § 647 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 656 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Sonderregelung des § 234 Abs. 1 ZPO, die keine Verlängerung, sondern allenfalls eine erneute Wiedereinsetzung (§ 233 ZPO) ermöglicht, rechtfertigt sich daraus, daß in den erfaßten Fällen der Antragsteller bereits innerhalb eines Gerichtsverfahrens eine Notfrist oder eine vergleichbare prozessuale Frist versäumt hat. Solche Fristen ergeben sich ohne weiteres aus der Zivilprozeßordnung (§ 224 Abs. 2 Satz 2). Zudem sind innerhalb der Zweiwochenfrist meist nur diejenigen Umstände darzulegen, welche die Wiedereinsetzung als solche begründen sollen. Lediglich wenn schon zuvor eine Begründungsfrist selbst (§§ 519, 554, 621e, 629a Abs. 2 ZPO) versäumt worden ist, muß diese Begründung gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ebenfalls innerhalb von zwei Wochen nachgeholt werden; dann ist aber jeweils schon zuvor eine aus dem Gesetz ersichtliche Monatsfrist versäumt worden.
Damit ist die Hemmung einer Verjährungsfrist nur eingeschränkt vergleichbar: Da sie gemäß § 203 Abs. 2 BGB "höhere Gewalt" voraussetzt, ist derjenige, der sich auf einen solchen Hemmungsgrund berufen will, zwar gehalten, alles in seiner Kraft Stehende zu unternehmen, um das Hindernis zu beseitigen. Das gilt auch für die unvermögende Partei. Jedoch war es gerade eine Folge des wirtschaftlichen Unvermögens, daß sie während der Beschränkung der anwaltlichen Zulassung auf nur ein einziges Landgericht (§ 18 BRAO a.F.) nicht ohne weiteres einen auswärtigen Rechtsanwalt mit der Prozeßführung beauftragen konnte. Die Möglichkeit einer solchen Beauftragung hing vielmehr von der Beiordnung im Wege der Prozeßkostenhilfe ab. Dem beigeordneten Prozeßbevollmächtigten, der den anschließenden Prozeß eigenverantwortlich betreibt, muß aber wenigstens eine zweiwöchige Frist zur Begründung der Klage nach Maßgabe des § 253 Abs. 2 ZPO verbleiben. Die für die erstmalige Unterrichtung durch die Partei unbedingt nötige Zeit ist darauf nicht anzurechen. Auch unter Berücksichtigung der gebotenen Beschleunigung sind drei Werktage für eine solche Information noch als erforderlich anzusehen.
Das Streben nach einer angemessenen Beschleunigung gebietet es der bedürftigen Partei auch nicht etwa, bereits innerhalb der Anfechtungsfrist ihren Anspruch im Wege des Mahnverfahrens selbst geltend zu machen. Denn schon dafür fallen Kosten an, die sie möglicherweise nicht vorzuschießen vermag. Ferner war der Kläger nicht gehalten, von Anfang an in dem fremden Gerichtsbezirk einen (ausschließlich) dort zugelassenen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung schon des Prozeßkostenhilfe-Verfahrens zu beauftragen. Vielmehr durfte er, wie jede Partei, dieses Verfahren noch selbst betreiben. Der mit der Einschaltung eines weiteren Rechtsanwalts verbundene Aufwand war erst nach einer Bewilligung der Prozeßkostenhilfe geboten.
cc) Berechtigte Belange der Beklagten als Anfechtungsgegnerin werden hierdurch nicht verletzt. Denn sie war schon durch das Begehren des Klägers um Prozeßkostenhilfe über den angekündigten Klageantrag unterrichtet. Nach der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten für die Gegenseite mußte sie wenigstens noch eine angemessen kurze Zeit lang mit der Klageerhebung und der dadurch eintretenden Unterbrechung der Anfechtungsfrist rechnen. Ein solcher Zeitraum ist hier mit siebzehn Tagen nicht überschritten.
Danach ist die Klage am 30. Mai 1997 noch rechtzeitig beim Landgericht eingegangen.
dd) Diesem Ergebnis stehen nicht die Erkenntnisse des Bundesgerichtshofs entgegen, daß dem Anspruchsteller zur Einlegung einer Beschwerde gegen eine ablehnende Entscheidung im Prozeßkostenhilfe-Verfahren eine Frist von "höchstens" zwei Wochen zusteht (BGH, Urt. v. 9. Januar 1991 -XII ZR 85/90, NJW-RR 1991, 573, 574; vgl. KG NJW-RR 1999, 1297, 1298; Palandt/ Heinrichs aaO; Soergel/Niedenführ aaO Rn. 7; dagegen für eine Monatsfrist entsprechend § 516 ZPO Staudinger/Peters aaO Rn. 21 d). Denn der zurückweisende Beschluß im Prozeßkostenhilfe-Verfahren ist dem Antragsteller zu übermitteln, der in aller Regel auch selbst befugt ist, die Beschwerde dagegen einzulegen (§§ 127 Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Deshalb entfällt schon mit dem Zugang bei ihm der Hemmungsgrund.
Gleiches gilt für die Rechtsprechung zur Hemmung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG. Auch dazu hat der Bundesgerichtshof offengelassen, ob eine zweiwöchige Frist in Einzelfällen überschritten werden kann (BGHZ 98, 295, 301). Nur für eine Beschwerde unmittelbar gegen die Ablehnung eines Antrags auf Prozeßkostenhilfe hat er die Frist auf "höchstens" zwei Wochen begrenzt (BGH, Urt. v. 6. Juni 1990 -IV ZR 262/89, VersR 1990, 882, 883).
c) Die Einreichung der Klageschrift wahrte gemäß § 270 Abs. 3 ZPO die Frist des § 41 Abs. 1 Satz 1 KO. Die Klage wurde zwar erst am 4. Juli 1997 zugestellt. Doch beruhte dies allein darauf, daß das Gericht die Zustellung nicht vor dem 1. Juli 1997 verfügte. Versäumnisse des Klägers waren für diese Verzögerung nicht ursächlich.
d) Endlich steht der verjährungshemmenden Wirkung des Prozeßkostenhilfe-Gesuchs (§ 203 Abs. 1 BGB) im Umfang der Annahme durch den Senat nicht die fehlerhafte Berechnung des Klageanspruchs durch den Kläger im Prozeßkostenhilfe-Verfahren entgegen. Zwar hatte die Beklagte aus der Brandschadensversicherung insgesamt 597.387,57 DM zur Tilgung eigener Forderungen verwendet; in diesem Umfang blieb sie selbst um den Erlös "bereichert". Der Kläger hat statt dessen das Prozeßkostenhilfe-Gesuch auf 548.496,32 DM begrenzt; dies war gerade derjenige Betrag, der -nach Tilgung der eigenen Forderung der Beklagten -an andere Insolvenzgläubiger geflossen ist. Damit war aber, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht etwa ein insgesamt anderer Streitgegenstand festgelegt.
Als anfechtbare Rechtshandlung war von Anfang an die Abtretung des Anspruchs auf die Brandschadensversicherung als solche und in vollem Umfang bezeichnet. Nachdem die Forderung gegen den Versicherer eingezogen worden war, sollte für sie gemäß § 37 Abs. 1 KO Wertersatz geleistet werden. Dafür, daß der Kläger die "Bereicherung" der Beklagten in denjenigen Beträgen gesehen hätte, die gerade anderen Gläubigern überlassen wurden, besteht und bestand kein Anhaltspunkt. Bei sinnentsprechendem Verständnis konnte von vornherein kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß der Kläger nur die Beträge verwechselt hat und denjenigen (höheren) Betrag -wenigstens teilweise - beanspruchen wollte, der bei der Beklagten selbst verblieben war.
IV.
Das Berufungsurteil beruht danach auf einem Rechtsfehler. Es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO). Vielmehr ist die Klage gemäß § 31 Nr. 1 KO schlüssig:
Die Geschäftsführer der GmbH haben der Beklagten am 24. Juli 1995 alle Ansprüche aus der Brandschadensversicherung in Höhe der Versicherungssumme von 1,8 Mio. DM abgetreten. Die Abtretung diente zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Beklagten gegen die GmbH aus der Geschäftsverbindung. Die Abtretung benachteiligte die Konkursgläubiger im allgemeinen, weil ihnen der Gegenwert der Forderung entging.
Der Kläger behauptet, die Geschäftsführer der GmbH hätten in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt und der zuständige Geschäftsstellenleiter der Beklagten habe dies gewußt. Im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung sei der zu sichernde Kredit in Höhe von insgesamt 423.133,82 DM bereits in Anspruch genommen gewesen. Am 20. Juli 1995 sei schon ein Wechsel über fast 54.000 DM von der Beklagten nicht eingelöst worden. Die GmbH habe nicht mehr beabsichtigt, ihren Betrieb nach dem Brand wieder aufzunehmen. Vielmehr sei Personal entlassen worden. Am 27. Juli 1995 habe die GmbH zudem ihre noch vorhandenen Fertigungsmaschinen verkauft. Seine Behauptung stützt der Kläger endlich auf den unstreitigen Umstand, daß fast gleichzeitig mit der angefochtenen Abtretung fünf weitere Ansprüche der GmbH in Höhe von zusammen mehr als 70.000 DM an die Beklagte abgetreten wurden. Damit waren fast die gesamten freien Aktiva der GmbH sicherungshalber der Beklagten überlassen worden.
Gegen die Annahme, daß die Insolvenzmasse ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen, spricht eine tatsächliche Vermutung, weil das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet worden ist (vgl. Senatsurt. v. 13. März 1997 -IX ZR 93/96, ZIP 1997, 853, 854 f m.w.Nachw.).
Ferner schließt sogar eine mögliche Absicht der Beklagten, den von ihr nicht benötigten Teil der Versicherungssumme letztlich anderen Gläubigern der GmbH zu überlassen, nicht die gewollte Benachteiligung der sonstigen, nicht berücksichtigten Insolvenzgläubiger aus.
V.
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Beklagte bestreitet das Klagevorbringen in erheblicher Weise, nämlich insbesondere eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin sowie eine eigene, entsprechende Kenntnis.
Die Beklagte hat dargelegt, die GmbH habe bei ihr einen Betriebsmittelkredit (Nr. 61.353) mit einem Limit von 200.000 DM unterhalten, der zum 30. Juni 1994 befristet und dessen Verlängerung beantragt gewesen sei. Zusätzlich habe die GmbH zur Überbrückung der durch den Brand verursachten Betriebspause -unstreitig -einen Kredit von weiteren 200.000 DM bis längstens 30. November 1995 beantragt. Schon bei der Vereinbarung der beiden neuen Darlehen -förmlich wurden beide Kredite mit Schreiben vom 4. August 1995 eingeräumt [Bl. 124 f Bd. I GA] - sei die Abtretung insbesondere des Anspruchs auf die Brandschadensversicherung vereinbart gewesen. Trifft dies zu, dann hätte die GmbH mit einer nachträglichen oder gleichzeitigen Abtretung eine solche schuldrechtliche Verpflichtung in kongruenter Weise erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers begründet allein eine mögliche Übersicherung noch keine Inkongruenz, solange die zugrunde liegende schuldrechtliche Verpflichtung dazu nicht aus diesem oder anderen Gründen nichtig oder selbst wieder erfolgreich angefochten ist: Eine Sicherung, die der Gläubiger genauso zu beanspruchen hatte, ist nicht inkongruent (vgl. § 30 Nr. 2 KO). Die Vereinbarung einer zweifelsfreien, erkennbaren Übersicherung kann nur allgemein bei der Würdigung erheblich sein, ob die Beteiligten eine Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger erkannten und wollten.
Die Beklagte bestreitet eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht außerdem, indem sie geltend macht, im Zeitpunkt der Abtretung habe die GmbH noch die Betriebsfortführung beabsichtigt; derartige Pläne hätten sich erst zerschlagen, als der Brandversicherer 600.000 DM weniger auszahlte als erwartet. Entgegen der Auffassung des Klägers ist hier auf den Zeitpunkt der Abtretung abzustellen, weil in diesem Augenblick die abgetretene Versicherungsforderung bereits bestand; nur wenn eine erst künftige Forderung im voraus abgetreten wird, ist der Zeitpunkt ihres Entstehens maßgeblich.
VI.
Der Rechtsstreit ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die Berechtigung der Anfechtung gemäß § 31 Nr. 1 KO (s.o. IV und V) zu prüfen haben.
BGH:
Urteil v. 22.03.2001
Az: IX ZR 407/98
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