Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. März 2009
Aktenzeichen: 7 W (pat) 327/06
(BPatG: Beschluss v. 29.03.2009, Az.: 7 W (pat) 327/06)
Tenor
Das Patent 103 38 170 wird widerrufen.
Gründe
I.
Gegen die am 29. Dezember 2005 veröffentlichte Erteilung des Patents 103 38 170 (StrP) mit der Bezeichnung "Rollfalzeinrichtung und deren Verwendung" ist am 27. März 2006 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Zum Stand der Technik hat die Einsprechende unter anderem die JP 2002 011 525 A mit englischer Maschinenübersetzung (D1), im schriftlichen Verfahren als Schrift D9 zitiert, genannt.
Sie führt unter anderem aus, die Schrift JP 2002 011 525 A (D1) offenbare neuheitsschädlich eine Rollfalzeinrichtung mit einem Greifer, der das vom Greifer gehaltene Werkstück zu einer stationären Falzmaschine mit einem Rollfalzkopf bringe und zwischen den dortigen Rollen so bewege, dass damit der Werkstückrand gefalzt werde. Dieses Verfahren werde dort auch zur Herstellung von gleichartigen Blechteilen bei Kraftfahrzeugen, bspw. Türblechen, verwendet.
Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 103 38 170 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent 103 38 170 mit den Patentansprüchen laut der als Hauptantrag bezeichneten Anlage zum Schriftsatz vom 17. April 2009 (Bl. 67 bis 69) sowie mit der Beschreibung und der Zeichnung laut erteiltem Patent aufrecht zu erhalten.
Hilfsweise beantragt sie:
1.
geltender Hilfsantrag 1 das Patent 103 38 170 mit den Patentansprüchen laut dem als "Hilfsantrag l" bezeichneten, heute überreichten Hilfsantrag sowie mit der Beschreibung und der Zeichnung laut erteiltem Patent beschränkt aufrecht zu erhalten.
2.
geltender Hilfsantrag 2 das Patent 103 38 170 mit den Patentansprüchen laut dem als "Hilfsantrag l" bezeichneten, heute überreichten Hilfsantrag, den dortigen Patentanspruch 1 i) jedoch mit der Änderung, dass es statt "bei dem Abknicken des Werkstückrands (8) mit seinem Innenrand an der Führungsrolle (3) anliegt" heißen muss: "bei dem Abknickendes Werkstückrands (8) mit seinem Innenrand und das Falzbett (10) an der Führungsrolle (3) anliegen", sowie mit der Beschreibung und der Zeichnung laut erteiltem Patent beschränkt aufrecht zu erhalten.
3.
geltender Hilfsantrag 3 das Patent 103 38 170 mit den Patentansprüchen 1 bis 8 laut dem als "Hilfsantrag l" bezeichneten, heute überreichten Hilfsantrag sowie mit der Beschreibung und der Zeichnung laut erteiltem Patent beschränkt aufrecht zu erhalten.
4.
geltender Hilfsantrag 4 das Patent 103 38 170 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
5.
geltender Hilfsantrag 5 das Patent 103 38 170 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: -Patentanspruch 9 laut dem als "Hilfsantrag l" bezeich - Patentanspruch 1 laut dem Patentanspruch 1 im geltenden Hilfsantrag 2
- Patentanspüche 2 bis 8 laut dem als "Hilfsantrag l"
bezeichneten, heuteüberreichten Hilfsantrag - Beschreibung und Zeichnung laut erteiltem Patent.
neten, heute überreichten Hilfsantrag als neuer Patentanspruch 1 -Patentansprüche 2 bis 7 laut der als "Hilfsantrag 2" bezeichneten Anlage zum Schriftsatz vom 17. April 2009 (Bl. 73/74) -Beschreibung und Zeichnung laut erteiltem Patent.
Sie widerspricht der Einsprechenden in allen Punkten und führt in der mündlichen Verhandlung über das schriftsätzlich Vorgetragene hinaus im Wesentlichen aus, dem Fachmann werde aus der Schrift JP 2002 011 525 A (D1) nicht gelehrt, ein Werkstück beim Bearbeiten an Falzbett und Führungsrolle abzustützen und somit ein "Ausbeulen" beim Falzvorgang zu verhindern. Außerdem sei das Rollwalzverfahren nach dieser Schrift nicht zur Herstellung eines Schiebedachrahmens geeignet und offenbare auch kein umlaufendes Falzbett wie das Streitpatent, das schnell abnehmbar am Greifer des Roboters befestigt sei und eine einfache Anpassung der Spannvorrichtung an das Werkstück erlaube.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
Rollfalzvorrichtung mit a) einem Greifer (6) zum Halten eines einen falzbaren Werkstückrand (8) aufweisenden Werkstückes (7), b) einem einstückig mit dem Greifer (6) ausgeführten oder als Einlegestück ausgeführten, am Greifer (6) zusammen mit dem Werkstück (7) gehaltenen Falzbett (10) für das Werkstück (7)
c) und wenigstens einem Rollfalzkopf (1) mit einem Rollenpaar (2), d) wobei zum Rollfalzen des Werkstückrandes (8) der Greifer
(6) und der Rollfalzkopf (1) programmgesteuert relativ zueinander bewegbar sind, e) der Rollfalzkopf (1) stationär angeordnet ist f) und der Greifer (6) an einem programmgesteuerten Roboterarm befestigt ist, der den Greifer (6) relativ zum Rollfalzkopf (1) im Raum bewegt, g) wobei das Rollenpaar (2) aus einer zylindrischen Führungsrolle (3) und einer Druckrolle (4) besteht, die den Werkstückrand (8) um einen voreingestellten Anstellungswinkel
(5) abknickt, dadurch gekennzeichnet, dass h) die Rollfalzvorrichtung zum Rollfalzen eines Rahmens eines Schiebedachs verwendet wird, der das Werkstück (7) bildet und einen senkrecht zur Haupterstreckung des Rahmens aufgestellten Innenrand mit dem abzuknickenden Werkstückrand (8) aufweist, i) und der wenigstens eine Rollfalzkopf (1) und der Greifer (6) bei dem Rollfalzen so zueinander ausgerichtet sind, dass das Werkstück (7) bei dem Abknicken des Werkstückrands
(8) mit seinem Innenrand an der Führungsrolle (3) anliegt, so dass das Werkstück (7) von der Führungsrolle (3) geführt und abgestützt wird.
Der nebengeordnete Patentanspruch 9 nach Hauptantrag lautet:
Rollfalzvorrichtung mit a) einem Greifer (6) zum Halten eines einen falzbaren Werkstückrand (8) aufweisenden Werkstückes (7), b) einem Falzbett (10) für das Werkstück (7), c) und wenigstens einem Rollfalzkopf (1) mit einem Rollenpaar
(2), d) wobei zum Rollfalzen des Werkstückrandes (8) der Greifer
(6) und der Rollfalzkopf (1) programmgesteuert relativ zueinander bewegbar sind, e) der Rollfalzkopf (1) stationär angeordnet ist f) und der Greifer (6) an einem programmgesteuerten Roboterarm befestigt ist, der den Greifer (6) relativ zum Rollfalzkopf
(1) im Raum bewegt, dadurch gekennzeichnet, dassg) das Falzbett (10) als ein Einlegestück ausgeführt ist, das am Greifer (6) zusammen mit dem Werkstück (7) gehalten wird.
Zum Wortlaut der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 nach Hauptantrag wird auf die Akte (GA S. 68 bis 69) verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:
Rollfalzvorrichtung mita) einem Greifer (6) zum Halten eines einen falzbaren Werkstückrand (8) aufweisenden Werkstückes (7), b) einem einstückig mit dem Greifer (6) ausgeführten oder als Einlegestück ausgeführten, am Greifer (6) zusammen mit dem Werkstück (7) gehaltenen Falzbett (10) für das Werkstück (7)
c) und wenigstens einem Rollfalzkopf (1) mit einem Rollenpaar (2), d) wobei zum Rollfalzen des Werkstückrandes (8) der Greifer
(6) und der Rollfalzkopf (1) programmgesteuert relativ zueinander bewegbar sind, e) der Rollfalzkopf (1) stationär angeordnet istf) und der Greifer (6) an einem programmgesteuerten Roboterarm befestigt ist, der den Greifer (6) relativ zum Rollfalzkopf
(1) im Raum bewegt, g) wobei das Rollenpaar (2) aus einer zylindrischen Führungsrolle (3) und einer Druckrolle (4) besteht, die den Werkstückrand (8) um einen voreingestellten Anstellungswinkel (5) abknickt, dadurch gekennzeichnet, dass h) die Rollfalzvorrichtung zum Rollfalzen eines Rahmens eines Schiebedachs verwendet wird, der das Werkstück (7) bildetund einen senkrecht zur Haupterstreckung des Rahmens aufgestellten Innenrand mit dem abzuknickenden Werkstückrand (8) aufweist, i) der wenigstens eine Rollfalzkopf (1) und der Greifer (6) bei dem Rollfalzen so zueinander ausgerichtet sind, dass das Werkstück (7) bei dem Abknicken des Werkstückrands (8) mit seinem Innenrand an der Führungsrolle (3) anliegt, so dass der Greifer (6) und damit das Werkstück (7) von der Führungsrolle (3) geführt und abgestützt wird, j) die Druckrolle 4 doppelkegelstumpfförmig ist, k) und die Achse der Druckrolle (4) senkrecht zur Achse der Führungsrolle (3) ausgerichtet ist.
Der nebengeordnete Patentanspruch 9 nach Hilfsantrag 1 lautet:
Rollfalzvorrichtung mita) einem Greifer (6) mit einer Spannvorrichtung (9) zum Halten eines einen falzbaren Werkstückrand (8) aufweisenden Werkstückes (7), b) einem Falzbett (10) für das Werkstück (7), c) und wenigstens einem Rollfalzkopf (1) mit einem Rollenpaar (2), d) wobei zum Rollfalzen des Werkstückrandes (8) der Greifer
(6) und der Rollfalzkopf (1) programmgesteuert relativ zueinander bewegbar sind, e) der Rollfalzkopf (1) stationär angeordnet istf) und der Greifer (6) an einem programmgesteuerten Roboterarm befestigt ist, der den Greifer (6) relativ zum Rollfalzkopf
(1) im Raum bewegt, dadurch gekennzeichnet, dassg) das Falzbett (10) als ein Einlegestück ausgeführt ist, das am Greifer (6) zusammen mit dem Werkstück (7) von der Spannvorrichtung (9) gehalten wird.
Zum Wortlaut der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen, in der mündlichen Verhandlung übergebenen Ansprüche 2 bis 8 nach Hilfsantrag 1 wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29. April 2009 verwiesen.
Der Anspruch 1 des geltenden Hilfsantrags 2 entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, jedoch mit der Änderung im Merkmal i), dass es dort statt "bei dem Abknicken des Werkstückrands (8) mit seinem Innenrand an der Führungsrolle (3) anliegt" heißen muss: "bei dem Abknicken des Werkstückrands (8) mit seinem Innenrand und das Falzbett (10) an der Führungsrolle (3) anliegen". Der nebengeordnete Anspruch 9 entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1. Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 entsprechen den Ansprüchen 2 bis 8 nach Hilfsantrag 1.
Der Anspruch 1 des geltenden Hilfsantrags 3 entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1. Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 entsprechen den Ansprüchen 2 bis 8 nach Hilfsantrag 1.
Der Anspruch 1 des geltenden Hilfsantrags 4 entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2. Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 entsprechen den Ansprüchen 2 bis 8 nach Hilfsantrag 1.
Der Anspruch 1 des geltenden Hilfsantrags 5 entspricht dem Anspruch 9 des Hilfsantrags 1. Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Ansprüchen 2 bis 7 laut der als "Hilfsantrag 2" bezeichneten Anlage zum Schriftsatz vom 17. April 2009 (GA Bl. 73/74).
Dem Patent liegt die Aufgabe zugrunde (Beschr. Abs. [0006]), eine Rollfalzvorrichtung der eingangs genannten Art (mit feststehendem Werkstück und bewegtem Werkzeug) zu schaffen, die ohne weiteres in eine Montagelinie mit kurzen Taktzeiten integriert werden kann.
Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der -mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten -Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG noch auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG analog zuständig (vgl. BGH GRUR 2009, 184, 185 -Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. -Informationsübermittlungsverfahren II).
III.
Der fristund formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig und auch begründet.
Die geltenden, auf eine Rollfalzeinrichtung gerichteten Ansprüche 1 nach Hauptantrag oder den Hilfsanträgen 1 bis 5 sind zulässig und in den ursprünglichen Unterlagen auch als erfindungswesentlich offenbart. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt jedoch in keiner der verteidigten Fassungen der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag oder den Hilfsanträgen 1 bis 5 eine patentfähige Erfindung i. S. d. §§ 1 bis 5 PatG dar. Die offensichtlich gewerblich anwendbaren Gegenstände der Ansprüche 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 5 mögen neu sein, sie beruhen jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.
Als hier zuständiger Fachmann ist ein Maschinenbauingenieur anzusehen, der Berufserfahrung auf dem Gebiet der Bearbeitung von Karosserie-Blechteilen durch die Verwendung von Industrierobotern und eine mehrjährige praktische Erfahrung in der spanlosen Blechumformung, insbesonders der Herstellung von Falzverbindungen besitzt.
Zum Hauptantrag Aus der Druckschrift JP 2002 011 525 A mit englischer Maschinenübersetzung (D1), Abs. [0016] bis [0026] ist eine Rollfalzvorrichtung mit Greifern (clamps 17) zum Halten eines einen falzbaren Werkstückrand (A) aufweisenden Werkstückes
(W)
und einem einstückig mit den Greifern ausgeführten oder als Einlegestück ausgeführten, am Greifer zusammen mit dem Werkstück gehaltenen Falzbett (frame 16 und back plate 13) für das Werkstück bekannt (Merkmale a) und b)). Weiterhin weist diese Rollfalzvorrichtung einen Rollfalzkopf (pedestal 2) mit einem aus einer zylindrischen Führungsrolle und einer darüber angeordneten Druckrolle
(7 bzw. 9) bestehenden Rollenpaar auf, wobei zum Rollfalzen des Werkstückrandes der an einem programmgesteuerten Roboterarm (20) befestigt Greifer
(17)
und der stationäre Rollfalzkopf (2) programmgesteuert relativ zueinander räumlich bewegbar sind (Merkmale c) bis g)).
Diese bekannte Rollfalzvorrichtung wird auch zum Rollfalzen eines Kfz-Türblechs oder einer Haube verwendet (Beschr. S. 3, Abs. [0017]), so dass auch hier ein Kfz-Blechteil analog zum streitigen Schiebedachrahmen hergestellt wird und Rollfalzkopf und Greifer beim Rollfalzen so zueinander ausgerichtet sind, dass das Werkstück beim Abknicken des Werkstückrands an der Führungsrolle anliegt und von der Führungsrolle geführt und abgestützt wird (Merkmale h) bis i)).
Die bei der Anordnung der Druckund Führungsrollen beim Rollfalzkopf und der Ausbildung des Werkstückrands bestehenden Unterschiedsmerkmale können eine erfinderische Tätigkeit der Lehre des angefochtenen Anspruchs 1 nicht stützen. Denn die Anordnung und genaue Ausbildung der Druckund Führungsrollen wählt der Fachmann im Rahmen fachnotorischer Abwägungen der Vorund Nachteile der jeweiligen baulichen Alternativen, die im vorliegenden Fall einfach überschaubar sind, zweckmäßig aus. Die genaue Ausbildung des Werkstücks vor und nach dem Rollfalzen beim Streitpatent mit einem hier senkrecht zur Haupterstreckung des Rahmens aufgestellten Innenrand impliziert die darauf abgestimmte Anordnung und Form der Druckund Führungsrollen sowie des Falzbettes als Halteund Spannvorrichtung für den Fachmann. Aufgrund seines technischen Wissens kann der Fachmann auch die Vorzüge und Nachteile einer mit der Druckrolle umlaufenden Führungsrolle (unbezifferter zylindrischer Rollenteil unmittelbar unter den Druckrollen, Ziff. 7 und 9 in Fig. 3 und 4 der D1) und einer Führung der Werkstückfalzkanten am inneren oder äußeren Werkstückrand eines Werkstücks bzw. an der Radialfläche (Flanke) einer Führungsrolle entsprechend den Anforderungen an das Werkstück überschauen und bewerten. Wenn z. B. aufgrund einer mit der Druckrolle einstückigen Führungsrolle die Oberflächengüte der geführten Fläche am Werkstück nicht ausreicht, wird er deshalb auch eine an sich von Kopierarbeitsgängen bekannte, technisch aufwändigere, von der Drehzahl der Druckrolle unabhängige und damit reibungsärmere Führungsrolle mit Führung des Werkstücks am Außenmantel (wie beim Streitpatent) vorsehen, ohne dazu erfinderisch tätig werden zu müssen.
Da somit der Anspruch1 nicht rechtsbeständig ist, konnte der Hauptantrag insgesamt keinen Erfolg haben.
Zum Hilfsantrag 1 Die Merkmale a) bis h) des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 entsprechen den Merkmalen a) bis h) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag. Zudem ist im geltenden Anspruch 1 beansprucht, dass -i) der wenigstens eine Rollfalzkopf und der Greifer bei dem Rollfalzen so zueinander ausgerichtet sind, dass das Werkstück (7) bei dem Abknicken des Werkstückrands (8) mit seinem Innenrand an der Führungsrolle (3) anliegt, so dass der Greifer (6) und damit das Werkstück (7) von der Führungsrolle (3) geführt und abgestützt werden,
-j) die Druckrolle (4) doppelkegelstumpfförmig ist, und -k) die Achse der Druckrolle (4) senkrecht zur Achse der Führungsrolle (3) ausgerichtet ist.
Diese Merkmale können jedoch eine erfinderische Tätigkeit bei der Lehre des Anspruchs 1 nicht stützen. Aus der Schrift JP 2002 011 525 A (D1), Fig. 4 ist es für den Fachmann zumindest nahegelegt, das Werkstück beim Rollfalzen an dem unter der Druckrolle (9) angebrachten, als Führungsrolle wirkenden unbezifferten Rollenteil aufzulegen und damit beim Abknicken bzw. Rollfalzen des Werkstückrandes das Werkstück und damit zwangsläufig auch den Greifer mit dieser Führungsrolle zu führen und abzustützen (Merkmal i)).
Auch die weiteren Merkmale j) und k), die Anordnung und genaue Ausbildung der Druckund Führungsrollen (also hier auch der Verwendung einer doppelkegelstumpfförmigen Druckrolle) und deren Achslage entscheidet der Fachmann im Rahmen fachnotorischer Abwägungen anhand der durch das Ausgangswerkstück und das fertige Profil vorgegebenen Umformvorgänge, die letztendlich die notwendige Rollenform und damit die Werkzeugform sowie auch die Anordnung der einzelnen Achsen bestimmen. Somit kann auch in der Kombination dieser fachmännischen Maßnahmen mit einer Rollfalzvorrichtung mit den Merkmalen a) bis h) nach Anspruch 1 nichts Erfinderisches gesehen werden.
Da über einen Antrag nur ganzheitlich entschieden werden kann, konnte nach Fallen des Anspruchs 1 dem Hilfsantrag 1 nicht stattgegeben werden.
Zum Hilfsantrag 2 Die Merkmale a) bis h) und j) bis k) des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 entsprechen den Merkmalen a) bis h) und j) bis k) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag. Für die nachfolgende Erörterung der erfinderischen Tätigkeit wird deshalb darauf verwiesen. Im Unterschied dazu wird nun beim Merkmal i) beansprucht, dass -i) der wenigstens eine Rollfalzkopf und der Greifer bei dem Rollfalzen sozueinander ausgerichtet sind, dass das Werkstück (7) bei dem Abknickendes Werkstückrands (8) mit seinem Innenrand und das Falzbett (10) an der Führungsrolle (3) anliegen, so dass der Greifer (6) und damit das Werkstück (7) von der Führungsrolle (3) geführt und abgestützt werden.
Auch diese handwerkliche Variation kann eine erfinderische Tätigkeit bei der Lehre des Anspruchs 1 nicht stützen. Wie beim Hilfsantrag 1 ausgeführt, ist es aus der Schrift JP 2002 011 525 A (D1), Fig. 4 bekannt, das Werkstück beim Rollfalzen an der unter der Druckrolle 9 als Führungsrolle wirkenden unbezifferten Rolle aufzulegen und somit beim Abknicken des Werkzeugrandes Greifer und damit das Werkstück an dieser Führungsrolle zu führen und abzustützen. Wenn nun durch die Form des Falzes bzw. die Labilität des Werkstücks eine Abstützung durch das Falzbett zur sicheren Führung des Werkstücks am Rollfalzkopf notwendig oder sinnvoll ist, entspricht es nur selbstverständlichem fachmännischem Handeln, ggf. das Falzbett, das ja das Werkstück stützt, ebenfalls an der Führungsrolle abzustützen und zu führen, um eine größere Anlageund Führungsfläche zu erhalten. Somit kann auch in der Kombination dieser einfachen "Stütz"-Maßnahme mit einer Rollfalzvorrichtung mit den Merkmalen a) bis h) und j) bis k) des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nichts Erfinderisches gesehen werden.
Dem Hilfsantrag 2 konnte somit ebenfalls nicht stattgegeben werden.
Zum Hilfsantrag 3 Zum Hilfsantrag 3, dessen Anspruch 1 dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 entspricht, gilt das dort Gesagte, mit der Folge, dass er ebenfalls keinen Erfolg haben konnte.
Zum Hilfsantrag 4 Zum Hilfsantrag 4, dessen Anspruch 1 dem nicht erfinderischen Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 entspricht, gilt das dort Ausgeführte. Auch ihm konnte deshalb nicht stattgegeben werden.
Zum Hilfsantrag 5 Die Merkmale c) bis f) des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 entsprechen den Merkmalen c) bis f) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag. Mit den weiteren Merkmalen a), b) und g) wird nun eine Rollfalzeinrichtung beansprucht mita) einem Greifer mit einer Spannvorrichtung zum Halten eineseinen falzbaren Werkstückrand (8) aufweisenden Werkstü
ckes (7), b) einem Falzbett (10) für das Werkstück (7), wobeig) das Falzbett (10) als ein Einlegestück ausgeführt ist, das am Greifer (6) zusammen mit dem Werkstück (7) von der Spannvorrichtung (9) gehalten wird.
Die Merkmale a) und b) sind aus der Schrift JP 2002 011 525 A (D1) bekannt: Auch dort werden (vgl. Fig. 1 und 2a, b sowie Beschreibung Abs. [0018]) Spannvorrichtungen (clamps 17) und ein Falzbett im Sinne des Streitpatents (back plate 13) verwendet, um das Werkstück W festzuhalten und zu spannen.
Auch das Merkmal g) kann eine erfinderische Tätigkeit bei der Lehre des Anspruchs 1 nicht stützen: In der gesamten Streitpatentschrift sowie auch in den ursprünglich eingereichten Unterlagen ist nicht definiert, was unter einem "Einlegestück" verstanden wird, ob dieses z. B. einoder mehrteilig ausgeführt ist und wie dieses gehalten bzw. befestigt ist. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte keine einvernehmliche Klärung erreicht werden. Ohne eine derartige Auslegungshilfe wird der Fachmann deshalb in sachdienlicher Weise als Einlegestück wohl jede werkstückspezifische (also an die Form des Werkstücks angepasste), das Werkstück teilweise oder ganz umfassende, lose oder zumindest einfach lösbare Haltevorrichtung ansehen.
Eine solche ist jedoch (als "back plate"13) aus der Schrift D1 bekannt, in der weiter aufgezeigt wird, dass die "back plate" gemäß Fig. 1 und Beschreibung, Abs.
[0017] und [0018] von der Spannvorrichtung 17 zusammen mit dem Werkstück W bzw. an einem Rahmen 16 durch Klammern (brackets 15), also einfach lösbar, festgehalten wird. Deshalb kann auch in der Ausgestaltung einer derartigen, in üblicher Weise aus Einlegestück und Spanner bestehenden Spannvorrichtung und deren Kombination mit einer Rollfalzvorrichtung mit den Merkmalen c) bis f) des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 nichts Erfinderisches gesehen werden.
Dem Hilfsantrag 5 konnte somit ebenfalls nicht stattgegeben werden.
Nach alledem war das angefochtene Patent zu widerrufen.
Tödte Frühauf Schwarz Schlenk Hu
BPatG:
Beschluss v. 29.03.2009
Az: 7 W (pat) 327/06
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