Landgericht Hamburg:
Urteil vom 7. Juli 2006
Aktenzeichen: 406 O 275/05

(LG Hamburg: Urteil v. 07.07.2006, Az.: 406 O 275/05)

Tenor

I. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

verboten

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken

1. zum Abschluss von Fernabsatzverträgen Artikel des Sortiments unter Angabe von Preisen zu bewerben, ohne in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich zugeordneten oder anderweitig hervorgehobenen Weise darauf hinzuweisen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen und/oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten, wie unter www.j....de am 9. September 2005 geschehen, und/oder

2. für Film- und Fotogeräte mit Hinweisen auf Testergebnisse zu werben, ohne gleichzeitig die vollständige Fundstelle des Tests einschließlich des Monats und des Jahres der Erstveröffentlichung anzugeben, wie unter www.j....de am 9. September 2005 geschehen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 686,30 (in Worten: EURO sechshundertsechsundachtzig 30/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29. November 2005 zu zahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der Kostenquote zu zahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziff. I.1. erste Alternative und Ziff. 2. benannten Verletzungshandlungen seit dem 9. September 2005 entstanden ist und noch entsteht.

V. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 9. September 2005 Wettbewerbshandlungen gemäß Ziff. I.1. erster Alternative und Ziff. 2. begangen hat, aufgeschlüsselt nach Datum, Zugriffszahlen und Internetseite.

VI. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VII. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziff. I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,- hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

und beschließt:

Der Streitwert wird auf € 23.606,75 festgesetzt. Davon entfallen je € 10.000,- auf die Unterlassungsanträge zu I.1. und I.2. sowie je € 1.000,- auf die Klaganträge zu IV. und V. (Schadensersatzfeststellung und Auskunft. Auf den Klagantrag zu II) entfallen € 1.606,75 und auf den Klagantrag zu III) € 0,-.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach vorangegangenem Verfahren der einstweiligen Verfügung zum Az. 406 O 175/05 mit der vorliegenden Hauptsacheklage auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft in Anspruch.

Die Beklagte warb am 9. September 2005 im Internet in der aus Anlage JS 1 und JS 2 ersichtlichen Weise, wobei hinsichtlich der Anlage JS 2 zwischen den Parteien streitig ist, ob diese Anlage die Werbung vollständig wiedergibt. Anlage JS 1 enthält keine Hinweise auf Mehrwertsteuer, Preisbestandteile oder Versandkosten. Auch in den aus Anlage JS 3 ersichtlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten finden sich keine bezifferten Hinweise zu Versandkosten.

Die Klägerin macht geltend, die Werbung der Beklagten sei unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung sowie wegen des fehlenden Hinweises auf die Fundstelle des Testergebnisses, mit dem in Anlage JS 2 geworben wird, unlauter.

Die Klägerin beantragt,

I., III., IV., V. wie erkannt,

II. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.606,75 nebst Zinsen gemäß § 288 Abs. 2, hilfsweise gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

Klagabweisung

Die Beklagte macht geltend, die vorliegende Klage sei rechtsmissbräuchlich. Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liege im Übrigen nicht vor. Der Verbraucher rechne damit, dass zu den beworbenen Preisen noch Versandkosten hinzutreten. Entsprechendes habe der BGH erst kürzlich entschieden. Auf die Fundstelle des Testergebnisses, mit dem in Anlagen JS 2 und JS 4 geworben wurde, habe die Beklagte in ihrer damaligen Werbung hingewiesen. Der Hinweis habe sich unmittelbar an den Text angeschlossen, der als Anlage JS 4 zu den Gerichtsakten gereicht wurde. Bei dem von der Beklagten vorgelegten Ausdruck JS 2 und JS 4 handele es sich nur um einen Teilausdruck des damals durch €Scrollen€ für den Betrachter ersichtlichen Fließtextes.

Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist im wesentlichen begründet, hinsichtlich der mit dem Klagantrag zu II. geltend gemachten Kosten jedoch nur in Höhe von € 686,30 nebst Zinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Zur Begründung wird zunächst auf den gerichtlichen Hinweis vom 14. März 2006 verwiesen.

Die dort zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung steht entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht im Widerspruch zur Entscheidung des BGH vom 5. Oktober 2005. Letztere betraf die BGB-Info-VO, im Rahmen derer es ausreicht, dass die erforderlichen Angaben zumindest vor Abgabe der Bestellung des Kunden erfolgen. Die Preisangabenverordnung fordert demgegenüber in § 1 Abs. 6, dass der Gewerbetreibende die notwendigen Angaben dem Angebot bzw. der Werbung eindeutig zuordnet (vgl. auch § 4 Abs. 4 Preisangabenverordnung sowie OLG Hamburg, MD 2005, 1197).

Zur Überzeugung des Gerichtes (§ 286 ZPO) enthielt jedenfalls die streitgegenständliche Werbung gemäß Anlage JS 2 nicht den erforderlichen Hinweis auf die Fundstelle des Testergebnisses, mit dem dort geworben wurde. Die Beklagte hat hierzu geltend gemacht, sie habe in ihrer damaligen Werbung den erforderlichen Hinweis unmittelbar im Anschluss an den aus Anlage JS 4 ersichtlichen Text veröffentlicht. Dies kann jedenfalls für die aus Anlage JS 2 ersichtlichen Werbung nicht zutreffen. Denn dort befindet sich im Anschluss an den Text, mit dem die Anlage JS 4 endet, kein Hinweis auf die Fundstelle des Testes, sondern eine Preisangabe und eine Auflistung der technischen Daten des Gerätes. Der Klägervertreter hat hierzu erklärt, dass er die Anlagen JS 2 und JS 4 selbst gefertigt habe und dass die Anlage JS 2 die ausgedruckte Seite vollständig wiedergebe. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht hinsichtlich der Anlage JS 2 nicht substantiiert dargelegt. Insbesondere bleibt unklar, an welcher Stelle der Anlage JS 2 der angebliche Hinweis auf die Testveröffentlichung zu finden gewesen sein soll. Der Hinweis auf die Notwendigkeit, den Text zu €Scrollen€ deutet darauf hin, dass der Hinweis sich noch unterhalb des ausgedruckten Textes befindet und damit in einem Bereich, in dem der Leser einen Hinweis auf die Testveröffentlichung nicht mehr erwartet, zumal sich im Zusammenhang mit der werblichen Erwähnung des Testes kein Sternchenhinweis oder eine ähnliche Form der Fußnote befindet. Insgesamt hat die Beklagte trotz des Hinweises vom 14. März 2006 auf die fehlende Substantiierung des Vortrages zur Fundstellenangabe hinsichtlich der Testwerbung auch in ihrem weiteren schriftlichen Vorbringen keinen hinreichenden substantiierten und präzisierten Lebenssachverhalt dazu vortragen können, wo genau in der Anlage JS 2 sich ein Hinweis auf die Fundstelle des Testergebnisses befunden haben soll. Vor diesem Hintergrund würde die Anhörung der benannten Zeugen, soweit sich deren Benennung auch auf die Anlage JS 2 bezieht, einen unzulässigen Ausforschungsbeweis beinhalten.

Die Beklagte hat auch ihr Vorbringen zum Vorliegen eines Rechtsmissbrauches im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ungeachtet des diesbezüglichen gerichtlichen Hinweises vom 14. März 2006 nicht weiter substantiieren können. Dabei ist es dem Gericht durchaus bekannt, dass die Klägerin und die mit ihr konzernverbundenen Unternehmen in einer Vielzahl von Fällen Abmahnungen ausgesprochen und Gerichtsverfahren wegen unlauterer Wettbewerbshandlungen eingeleitet haben. Das begründet allerdings nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauches. Hierzu wäre substantiierter Sachvortrag erforderlich, dass die vorliegende Rechtsverfolgung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere das sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Derartiger Sachvortrag fehlt vorliegend völlig.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 07.07.2006
Az: 406 O 275/05


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