Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. März 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 136/00

(BPatG: Beschluss v. 26.03.2001, Az.: 30 W (pat) 136/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland ersucht die IR-Marke 655 901 siehe Abb. 1 am Endeals Kennzeichnung für die Waren

"Desodorisants pour pièces".

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren Marke 2 051 304 siehe Abb. 2 am Endedie unter anderem für die Waren

"desodorierende Erzeugnisse; Desinfektionsmittel"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent(- und Marken)amts hat in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, auch bei angenommener Warenidentität reiche der Markenabstand in jeder Hinsicht aus. In der Widerspruchsmarke trete die Bilddarstellung neben den Wortelementen deutlich zurück, und der Verkehr werde das Bild nicht zur Zeichenbenennung verwenden. Die Marke werde vielmehr durch die Wortverbindung geprägt, mit der die jüngere Marke aber nicht verwechselt werden könne.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben. Sie ist der Ansicht, eine Kombinationsmarke könne schon dann durch einen einzelnen Bestandteil geprägt werden, wenn dieser den Gesamteindruck wesentlich mitbestimme. Die geschützten Waren würden vorwiegend auf Sicht gekauft, somit gelte nicht der Erfahrungssatz, wonach eine Wortbildmarke in erster Linie durch das Kennwort bestimmt werde. Der Bildbestandteil in der älteren Marke sei deutlich und größer als die Einzelbuchstaben, der Wortbestandteil weise auf Skandinavien und Norwegen hin, womit dem Bildzeichen in der Gesamtmarke eine selbständig kollisionsbegründende Stellung zukomme.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die IR-Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, für die kollisionsbegründende Stellung eines Markenteils genüge nicht das bloße Mitprägen des Gesamteindrucks, notwendig sei vielmehr, daß die Marke allein durch den fraglichen Markenbestandteil bestimmt werde. Davon könne bei dem Bildbestandteil in der Widerspruchsmarke nicht die Rede sein.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien, die patentamtlichen Beschlüsse sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist ohne Erfolg, denn zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 107, 114, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Auch bei identischen Waren haben die Marken genügend Abstand, um eine Verwechslungsgefahr in bildlicher oder gedanklicher Hinsicht ausreichend sicher zu verhindern. Ein Verwechseln beim Betrachten der Zeichen käme nur in Betracht, wenn der Gesamteindruck der älteren Marke allein durch das Bild, einer im wesentlich naturgetreuen Abbildung eines Blattes (bei dem es sich möglicherweise um ein Ahornblatt handelt) derart geprägt wird, daß der Rest der Marke zurücktritt und vernachlässigt wird. Voraussetzung für eine solche kollisionsbegründende Stellung ist, daß der fragliche Markenteil - entgegen dem Grundsatz, wonach ein Zeichen von all seinen Bestandteilen bestimmt wird - ausnahmsweise derart in den Vordergrund tritt, daß die weiteren Bestandteile für den Verkehr an Bedeutung verlieren und in den Hintergrund treten (stRspr zB BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Dabei genügt nicht, wie die Widersprechende zutreffend ausführt, das bloße Mitprägen, notwendig ist vielmehr, daß der Gesamteindruck der Marke in seiner kennzeichnenden Funktion allein durch den betreffenden Teil derart beeinflußt wird, daß der Verkehr die Marke mit eben diesen Bestandteil benennen wird (BGH MarkenR 2000, 321 - PAPPAGALLO). Besteht eine Marke aus einem Wort- und Bildbestandteil, so orientiert sich der Verkehr nach der Lebenserfahrung ohnehin eher am Wortbestandteil, denn diesen kann er sofort benennen; für das Bild muß er erst den passenden Namen finden. Nur bei einer besonderen Fallgestaltung (zB wenn der Bildbestandteil blickfangmäßig hervorgehoben ist und das Kennwort wegen seiner beschreibenden Bedeutung zur Produktkennzeichnung wenig geeignet ist) kann allein das Bild den Gesamteindruck einer Marke ausmachen (vgl BGH MarkenR 1999, 297 - HONKA). Dafür fehlen hier ausreichend sichere Anhaltspunkte. Schon größenmäßig ist das Blatt (oder Blättchen) deutlich untergeordnet. Es handelt sich um die eher naturgetreue als stilisierte Abbildung eines Blattes. Derartige Motive sind auf dem betreffenden Warengebiet als ganz allgemeiner Hinweis auf "Natur, Frische" überaus beliebt; der Verkehr wird darauf nur wenig achten. Viel geeigneter zur Kennzeichnung des Produkts ist das Kennwort "ULTRA NORSK", das zwar im weitesten Sinn auf Skandinavien, Norwegen und unberührte Natur hindeuten mag, ein direkt warenbeschreibender Bezug ist aber für den deutschen Verbraucher nicht erkennbar. Er hat einen phantasievollen Begriff vor sich, an dem er sich als Produktkennzeichnung orientieren wird. Wenn sich also ein Teil der Gesamtmarke zur Alleinprägung eignet, dann ist es dieser; der Bildbestandteil ist es jedenfalls nicht, so daß eine Verwechslungsgefahr mit der jüngeren Marke ausgeschlossen ist.

Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie scheitert schon daran, daß die Abbildung eines Blattes, die ganz überwiegend der natürlichen Vorgabe folgt, nur einen geringen Schutzumfang von Haus aus besitzt und nicht Stammbestandteil einer Markenserie sein kann.

Die Beschwerde ist demnach ohne Erfolg.

Für die Kosten gilt § 71 Abs 1 MarkenG, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat. Gründe, daß hier der Markeninhaberin, die noch dazu im Verfahren obsiegt hat, aus Billigkeitsgründen die Kosten zu überbürden sind, sind nicht ersichtlich.

Dr. Buchetmann Winter Schwarz-Angele Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)136-00.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)136-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 26.03.2001
Az: 30 W (pat) 136/00


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