Landgericht Köln:
vom 11. März 2004
Aktenzeichen: 22 O 487/03

(LG Köln: v. 11.03.2004, Az.: 22 O 487/03)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zeugnis zu erteilen, welches sich auf Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses sowie Führung und Leistung erstreckt.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage wehrt sich der Kläger gegen die Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten sowie gegen die fristlose Kündigung seines Anstellungsvertrages. Gesellschafterin der Beklagten ist die I AG. Diese ist ebenfalls Alleinaktionärin der F AG. Der Kläger war seit 1995 bis 2003 für die AG (im folgenden: F) in deren Vorstand tätig. Die Beklagte wurde 2002 gegründet, um einen zwischen der L GmbH und der F geschlossenen Gastronomievertrag zu übernehmen.

Der letzte Anstellungsvertrag zwischen der F und dem Kläger datiert vom 4.5.2000. Der Aufsichtsrat der F bestellte ihn mit Beschluss vom 26.11.1999 zudem mit Wirkung zum 1.7.2000 für weitere 5 Jahre zum Mitglied des Vorstands.

§ 3 dieses Anstellungsvertrages regelt die Alterversorgung. Danach sollte der Kläger zusätzlich zu seiner Vergütung einen Betrag in Höhe von 400.000,00 DM als Altersvorsorge erhalten. Dieser sollte in Jahresraten zu je 57.600,00 DM bzw. 54.400,00 DM, beginnend ab dem 31.5.2001, gezahlt werden.

In diesem Zusammenhang schlossen die F und der Kläger am 12.4./4.5.2000 einen Darlehensvertrag (Anlage B 5). Die F stellte dem Kläger den gesamten Betrag in Höhe von 400.000,00 DM zu einem Zinssatz von 5,5 % p.a. darlehensweise zur Verfügung. Die Tilgung sollte über eine Verrechnung mit den Raten für die Altersversorgung stattfinden. Soweit dieser Betrag zum Ausgleich der Zinsen nicht ausreiche, sollte der Kläger die Differenz in bar zahlen. Der Ausichtsrat der F Aufsichtsrat stimmte dem Darlehensvertrag zu. Hintergrund dieser Vereinbarung war, dass der Kläger angeführt hatte, dass er das Geld besser als die F anlegen könne. Zahlungen des Klägers auf Zinsen erfolgten jedoch in der Folgezeit nicht.

§ 9 der Satzung der F sieht unter Nr.3 vor, dass die Aufnahme von langfristigen Krediten der Zustimmung des Aufsichtsrates bedarf. Wegen weiterer Einzelheiten der Satzung der F wird auf die Anlage B 3 verwiesen.

Am 15.6.2001 fand eine Aufsichtsratssitzung der F statt. Es wird auf das Protokoll dieser Sitzung, Anlage B 6, verwiesen. Die Beteiligten erörterten, dass der Aufsichtsrat dem Kläger im Juni 2000 die Genehmigung zur Aufnahme eines Bankkredites über 5 Mio DM erteilt hatte und dass der Kläger daraufhin diesen Kredit aufgrund eines Rahmenvertrages für Finanztermingeschäfte mit der E AG vom 26.6.2000 als Swap, einem Fremdwährungsgeschäft, ausgestaltet hatte.

Am 5.12.2001 fand die nächste Aufsichtsratssitzung der F statt. Es wird auf das Protokoll dieser Sitzung, Anlage B9, verwiesen. Der Kläger berichtete über das Geschäftsjahr 2001 und gab an, dass auch im Jahr 2002 - trotz stattfindender Umsatzrückgänge in der Branche - Gewinne gemacht werden würden.

Ferner wurde erörtert, dass die F die Messegastronomie der L übernehmen könne. Letzteres führte dazu, dass die F, vertreten durch den Kläger, im Februar 2002 mit der L GmbH einen Gastronomievertrag abschloss (Anlage B 10). Danach sollte die F die Messegastronomie betreiben. Diese Dienstleistung sollte zunächst im Wege eines Pachtvertrages abgewickelt werden. Der Gastronomievertrag enthielt zudem die Option, ab dem 1.7.2004 den Pachtvertrag in einen "Managementvertrag", welcher die Durchführung der Leistungen gegen ein jährliches "Management fee" beinhaltet, umzuwandeln. Dies hätte zur Folge gehabt, dass das wirtschaftliche Risiko wieder auf die L zurückfiele.

Am 17.4.2002 wurde daraufhin die Beklagte gegründet, welche zunächst im Innenverhältnis zur F die Leistungen des Gastronomievertrages übernahm. Eine Übernahme des Gastronomievertrages im Außenverhältnis war ebenfalls geplant. Der Kläger wurde zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Am 25.4.2002 fand eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der F statt, in welcher die Einzelheiten des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit dem Kläger, insbesondere die Vergütungsregelungen, besprochen wurden. Der Anstellungsvertrag wurde daraufhin am 24.6.2002 unterzeichnet (Anlage B 14). Ergänzend hierzu erteilte die GmbH dem Kläger ebenfalls am 24.6.2002 eine Pensionszusage.

Wegen weiterer Einzelheiten des Geschäftsführeranstellungsvertrages wird auf die Anlage 2 zur Klageschrift (Bl.22 ff.GA) verwiesen.

Am 13.5.2002 schloss der Kläger für die F einen Kreditvertrag mit der S1 AG über 1,533 Mio DM ab. Das Darlehen sollte langfristig ab dem 1.6.2002 zu monatlichen Zins- und Tilgungsraten in Höhe von 9.581,25 EUR zurückzuzahlen sein und wurde mit einer schon bestehenden Eigentümergrundschuld besichert.. Als Verwendungszweck des Darlehens benennt der Darlehensvertrag die "Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen". Es wird auf die Anlage B 23 verwiesen. Der Kläger informierte den Aufsichtsrat der F von diesem Vorgang nicht.

Am 11.7.2002 fand sodann die nächste Aufsichtsratssitzung der F statt. Es wird auf das Protokoll, Anlage B 15, verwiesen. Der Jahresabschluss 2001, welcher - entgegen aller Ankündigungen - mit einem Verlust in Höhe von 2,25 Mio DM endete, wurde erörtert. Der Kläger gab an, dass sich die Bankschulden auf 10,3 Mio DM beliefen. Er wurde aufgefordert, in der nächsten Sitzung eine Mehrjahresplanung, welche er in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer zu fertigen habe, vorzulegen.

In der nächsten - kurzfristig anberaumten - Aufsichtsratssitzung vom 5.9.2002 legte der Kläger eine Unternehmensplanung für die Jahre 2002 bis 2007 vor. Unter Punkt 2. wird im Protokoll aufgeführt, dass der Kläger berichte, " dass sich die Verschuldung gegenüber der E AG als der einzigen finanzierenden Bank derzeit auf rund 5,5 Mio belaufe, davon

- "SWAP" EUR 2,5 Mio. - Darlehn EUR 1,0 Mio. - Kontokorrentlinie EUR 1,3 Mio. - Überziehungslinie EUR 0,7 Mio"

In Bezug auf den Swap teilte der Kläger mit, dass ihm von Seiten der E AG mündlich ein Sonderkündigungsrecht zugesichert worden sei. Der Aufsichtsrat fasste den Beschluss, dass der Swap in ein Darlehen auf Eurobasis umgewandelt werden solle, sobald dies im Hinblick auf die Wechselkurse "opportun" sei. Die übrigen Bankverbindlichkeiten bei der E AG sollten auf ein Darlehen der EuroHyp umgeschuldet werden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sitzungsprotokolles vom 5.9.2002 wird auf die Anlage B 17 verwiesen. Die von dem Kläger vorgelegte Mehrjahresplanung (Anlage B 16) legt die Bankverbindlichkeiten der F im einzelnen nicht ausdrücklich dar. Nach unbestrittenem Klägervortrag sind jedoch die Raten auf das Darlehen bei der S1 AG in dem Posten "Zinsaufwendungen" enthalten.

Unter Punkt 4. der Sitzung wurde auch die Situation der Beklagten erörtert. Der Kläger berichtete über entstandene Anlaufkosten und erneute Verhandlungen mit der L. Im Protokoll wurde festgehalten, dass darüber diskutiert werde, dass die L sich an Verlusten der Beklagten beteilige und dass der erstmögliche Termin zur Ausübung der Option zur Umwandlung in den Managementvertrag auf den 1.1.2005 verschoben werden solle. Es wird auf die Seiten 6 und 7 des Protokolles zur Sitzung vom 5.9.2002 verwiesen.

In der nächsten Aufsichtsratssitzung der F vom 29.11.2002 legte der Kläger einen Geschäftsbericht des Vorstandes (Anlage B 19) vor.

Am 26.2.2003 vereinbarte der Kläger, als Vertreter der F, mit der L GmbH eine Änderung des Gastronomievertrages. Danach wurde die Pacht erhöht und der Zeitpunkt der Umwandlung in einen Managementvertrag auf den 1.1.2005 verschoben. Ferner sollte die L einen Betrag in Höhe von 200.000,00 EUR auf die Anlaufkosten zahlen. Der Aufsichtsrat der F erfuhr von dieser Vereinbarung erst nach dem 24.6.2003.

Am 2.5.2003 teilte der Wirtschaftsprüfer der F in einer Besprechung zum Jahresabschluss 2002 dem Aufsichtsratsvorsitzenden mit, dass die F in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei und dass der Verdacht von Manipulationen in der Buchhaltung der F bestünde. In einer weiteren Besprechung am 21.5.2003 teilte der Wirtschaftsprüfer dem Aufsichtsratsvorsitzenden mit, dass sich die Verluste der Beklagten voraussichtlich auf 1,881 Mio EUR belaufen würden. Der Aufsichtsratsvorsitzende berief sofort für den 12.6.2003 eine außerordentliche Sitzung ein, welche mit einem umfassenden Schreiben des Wirtschaftsprüfers vom 4.6.2003 vorbereitet wurde. In diesen Unterlagen des Wirtschaftsprüfers vom 4.6.2003 (Anlage B 21) wird erstmalig ausdrücklich der Kredit bei der S1 AG erwähnt.

In der Aufsichtsratssitzung am 12.6.2003 wurde der Kläger damit konfrontiert, dass er in der Sitzung vom 5.9.2002 das Darlehen bei der S1 AG nicht erwähnt habe und dass er den "Swap" bislang immer noch nicht abgelöst habe. Der Kläger gab nunmehr an, dass die E AG die vorzeitige Kündigung des "Swap" von einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 300.000,00 EUR abhängig mache.

Schließlich wurden in dieser Sitzung die Unzulänglichkeiten der Buchhaltung und Reisespesen des Klägers im Zusammenhang mit zwei Reisen nach Venedig erörtert. Der Kläger und seine Ehefrau hatten jeweils im Mai 2002 und im Mai 2003 den Geburtstag des Klägers mit einem befreundeten Ehepaar in Venedig gefeiert. Die Kosten für Flüge und Unterkunft in Höhe von 7.097,10 EUR und 9.235,66 EUR hatte der Kläger über die F abgerechnet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll zu der Aufsichtsratssitzung vom 12.6.2003, Anlage B 22, verwiesen.

Am 18.6.2003 fand sowohl eine Aufsichtsratssitzung als auch eine Hauptversammlung der F statt. Die Hauptversammlung entzog dem Kläger das Vertrauen, der Aufsichtsrat beschloss die Abberufung des Klägers sowie die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund. Diese Vorgänge sind Gegenstand des Verfahrens mit dem Az. 22 O 488/03, Landgericht Köln.

Außerdem fand am 18.6.2003 eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt. Die Gesellschafterin beschloss die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund.

Im Rahmen der nunmehr angestellten Nachforschungen in der Buchhaltung der F erfuhr der Aufsichtsrat weiter, dass der Kläger entgegen der Vereinbarung auf das Darlehen betreffend seine Altersvorsorge keine Zinsen gezahlt hatte.

Mit Schreiben vom 24.6.2003 erklärten die F und die Beklagte gegenüber dem Kläger die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung beider Anstellungsverträge, die fristlose Kündigung des Darlehensvertrages und den Widerruf der Pensionszusage. Wegen weiterer Einzelheiten des Kündigungsschreibens, insbesondere wegen der dort aufgeführten Kündigungsgründe, wird auf die Anlage 1 zur Klageschrift (Bl.10 ff.GA) verwiesen.

Mit der Klage wendet der Kläger sich u. a. gegen seine Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten, die fristlose Kündigung seines Anstellungsvertrages und den Widerruf der von der Beklagten erteilten Pensionszusage.

Der Kläger behauptet, dass er den "Swap" nicht ohne zusätzliche Kosten hätte ablösen können. Er behauptet zudem, dass er die Ablösung des "Swap" aufgrund der Kündigungen nicht mehr habe veranlassen können.

Der Kläger behauptet, die Änderung des Gastronomievertrages, insbesondere die Verschiebung des Termines zur erstmaligen Ausübung der Option, sei aus damaliger Sicht für die Beklagte bzw. die F vorteilhaft gewesen.

Der Kläger weist im übrigen darauf hin, dass sich die Nichtzahlung der Zinsen auf das Darlehen zur Altersvorsorge - unstreitig - aus den Buchhaltungsunterlagen der F ergibt.

Der Kläger hat ursprünglich noch beantragt, die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung festzustellen. Diesen Antrag hat er in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2003 zurückgenommen. Daraufhin haben die Parteien hinsichtlich des Antrages zu 6. aus der Klageschrift, gerichtet auf Weiterbeschäftigung des Klägers, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr,

festzustellen, dass seine Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten vom 18.6.2003 unwirksam ist und seine Bestellung als Geschäftsführer unverändert weiter fortbesteht;

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die von der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18.6.2003 beschlossene fristlose Kündigung vom 24.6.2003 beendet ist noch durch die fristlose Kündigung vom 18.07.2003 beendet ist.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 24.6.2003 hinaus ungekündigt fortbesteht;

festzustellen, dass der Widerruf der erteilten Pensionszusage vom 24.6.2003 unwirksam ist;

5. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, welches sich auf Art und Dauer des Anstellungsverhältnisses sowie Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2003 den Antrag zu Ziffer 5. (Antrag zu 7. aus der Klageschrift) anerkannt.

Im übrigen beantragt sie,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe im Hinblick auf die mit der Beklagten laufenden Gehaltsverhandlungen in den Aufsichtsratssitzungen am 15.6.2001 und am 5.12.2001 die Finanzlage der F wesentlich besser dargestellt, als sie tatsächlich war. Erst am 11.7.2002 habe er einräumen müssen, dass große Verluste bestünden. Insbesondere die Prognosen des Klägers seien zu positiv gewesen.

Die Beklagte behauptet, die Änderung des Gastronomievertrages mit der L habe letztlich einen Nachteil von mindestens 440.000,00 EUR verursacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist überwiegend unbegründet.

Der Antrag zu Ziffer 5. (Nummerierung entsprechend Tatbestand) ist aufgrund des erklärten Anerkenntnisses begründet.

Im übrigen ist die Klage unbegründet:

1.

Die Anträge zu den Ziffern 2. und 3. sind unbegründet, da bereits die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages vom 24.6.2003 wirksam war. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers besteht daher nicht.

Zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung der Gesellschafterversammlung der Beklagtenlagen lagen wichtige Gründe zur Kündigung des Klägers vor. Gemäß § 626 Abs.1 BGB kann ein Dienstverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (Palandt-Putzo, § 626 Rdnr.37 ff.). Im Fall der Kündigung leitender Angestellte ist ferner zu berücksichtigen, dass deren Anstellungsverhältnis von besonderem Vertrauen des Dienstherren getragen werden muss, da diese Personen erhöhte Rechenschafts-, Prüfungs-, Warn- und Überwachungspflichten treffen. Insofern können sich verhältnismäßig kleine Dienstverfehlungen im Rahmen der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung schon zu Lasten des Gekündigten auswirken (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 28.6.2001, Az.:1 U 132/00; Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 1.12.1998, Az. 5 U 1501/97).

Im vorliegenden Fall ist jedoch bereits von groben Pflichtverletzungen des Klägers gegenüber der Schwestergesellschaft auszugehen:

Zum einen hat der Kläger gegen § 9 Ziffer 3. der Satzung der F verstoßen, indem er die Genehmigung des Aufsichtsrates zur Eingehung des Kredites bei der S1 AG nicht eingeholt hat. Unstreitig liegt bis heute kein Genehmigungsbeschluss vor. Die Eingehung der Kreditverpflichtung über immerhin 1,53 Mio DM war - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht durch den Umstand genehmigt, dass die F bereits über eine Eigentümergrundschuld in dieser Höhe verfügte. Denn immerhin mußte die Grundschuld noch aktiviert und auf die S1 übertragen werden. Die Verbindlichkeiten der F sind durch die Vertragsabschlüsse des Klägers im Mai 2002 in jedem Fall um 1,53 Mio DM gestiegen. § 9 Ziffer 3. der Satzung enthält insofern eine klare Regelung, deren Sinn und Zweck auf der Hand liegt.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieser Pflichtverstoß der eigenmächtigen Eingehung von Kreditverbindlichkeiten durch die von dem Kläger behauptete Notsituation im April/Mai 2002 gerechtfertigt gewesen sein sollte. Denn, selbst wenn die Beschaffung von Liquidität eilbedürftig gewesen sein sollte, hätte der Aufsichtsrat mindestens kurzfristig im Nachhinein informiert werden müssen und die Genehmigung hätte nachträglich eingeholt werden müssen. Auch dies ist nicht geschehen. Es stellt sich zudem die Frage, warum denn der Kläger den Aufsichtsrat nicht umgehend von dem von ihm behaupteten Umstand, die E AG habe die Gehälter nicht auszahlen wollen, informiert hat, wie es seine Pflicht gewesen wäre. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass noch am 25.4.2002 eine Aufsichtsratssitzung stattgefunden hat. Ferner stellt sich die Frage, warum der Verwendungszweck des Darlehens in dem Vertrag mit der S1 AG mit "Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen" angegeben wird, obwohl doch nach Angaben des Klägers mit der Valuta eine Insolvenz abgewendet werden sollte. Ebenso ist unerheblich, dass der weitere Vorstand der F, Herr S2, von der Kreditaufnahme Kenntnis gehabt haben soll. Denn § 9 Ziffer 3 der Satzung sieht ausdrücklich die Kenntnis und die Genehmigung durch den Aufsichtsrat vor.

Eine nachträgliche Zustimmung des Aufsichtsrates zu dem Vertrag vom 13.5.2002 ist auch nicht in dem Umstand zu sehen, dass die Zinsaufwendungen für das Darlehen in der vom Kläger am 5.9.2002 vorgelegten Merhjahresplanung enthalten waren. Denn es nicht ersichtlich, dass durch diese Erwähnung der Zinsen das Gremium über den Bestand des konkreten Vertrages informiert wurde. Eine ausdrückliche Genehmigung des Aufsichtsrat kann jedoch nur angenommen werden, wenn feststeht, dass sämtlichen Mitgliedern des Gremiums die zu genehmigenden Verträge auch bekannt sind.

Insofern hat der Kläger seinen Plichtverstoß, welcher in der ungenehmigten Kreditaufnahme liegt, noch vertieft, indem er den Sachverhalt dem Aufsichtsrat bis zum 12.6.2003 verschwiegen hat. Dies wiegt umso schwerer, als er am 5.9.2002 ausdrücklich auf Bankverbindlichkeiten der F angesprochen wurde. Es wäre seine Pflicht gewesen, die Verträge mit der S1 AG ausdrücklich offen zu legen. Dieser Verpflichtung ist er unstreitig nicht nachgekommen. Selbst wenn die Behauptung des Klägers, das Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 5.9.2002 sei insofern falsch, als er nicht gesagt habe, die E sei die einzige finanzierende Bank, zutrifft, führte dies immer noch nicht zu der Annahme, der Kläger habe den Aufsichtsrat über die Kreditverträge mit der S1 AG aufgeklärt.

Die Kammer verkennt nicht, dass der Kläger diese Pflichtverletzung ausschließlich zum Nachteil der Schwestergesellschaft der Beklagten begangen hat, nicht aber gegenüber der Beklagten. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Geschäftsführerposition des Klägers bei der Beklagten im engen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der F stand. Dies beruht nicht allein auf dem Umstand, dass die Alleingesellschafterin der Beklagten auch Alleinaktionärin der F ist, so dass der Dienstherr auf dieselbe (juristische) Person zurückzuführen ist und dass somit das Vertrauensverhältnis auch durch Verfehlung gegenüber der F gestört werden konnte. Hinzu kommt vorliegend, dass die Beklagte auch ausschließlich für die Erfüllung des Gastronomievertrages zwischen der F und der L GmbH zuständig war, die Beklagte mithin die vertraglichen Verpflichtungen der F verrichtete. Der enge Zusammenhang zwischen den beiden Gesellschaften wird insbesondere dadurch deutlich, dass die Belange der Beklagten Thema der Aufsichtsratssitzungen der F waren und dass insbesondere die Vergütungsregelungen des hier streitgegenständlichen Geschäftsführervertrages in einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrates der F vom 25.4.2002 ausgehandelt worden sind. Diese Aufsichtsratsitzung steht im übrigen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme des Kredites bei der S1 AG am 13.5.2002. Insofern bleibt festzustellen, dass das Verhalten des Klägers gegenüber der F geeignet war, das Vertrauen zur Gesellschafterversammlung der Beklagten zu zerstören.

Ein weiterer Pflichtverstoß des Klägers ist in der Nichteinhaltung der Weisung des Aufsichtsrates aus der Sitzung vom 5.9.2002 betreffend den "Swap" zu sehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits in der Aufnahme des "Swap" eine Kompetenzüberschreitung des Klägers gelegen hat, da der Aufsichtsrat bereits seit dem 15.6.2001 Kenntnis von diesem Vorgang hatte. Jedenfalls aber liegt in dem Aufsichtsratsbeschluss vom 5.9.2002 eine klare Anweisung dahingehend, dass der Kläger den "Swap" abzulösen habe, sobald dies opportun ist. Diese Weisung beruhte auf den damaligen Angaben des Klägers, die E AG habe ihm mündlich ein kostenloses Sonderkündigungsrecht zugesagt. Die Darlegungen des Klägers hinsichtlich seiner Aktivitäten zur Erfüllung der Weisung des Aufsichtsrates reichen vorliegend nicht aus, um von einem pflichtgemäßen Verhalten des Klägers auszugehen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger ab dem 5.9.2002 ernsthafte, nachhaltige Bemühungen zu einer Ablösung des "Swap" unternommen hat. Sofern er schließlich am 12.6.2003 mitteilte, die E AG verlange nunmehr eine Vorfälligkeitsentschädigung, hätte er dieses Hinderniss dem Aufsichtsrat bereits vorher mitteilen können und müssen. Der Kläger hat zu keiner Zeit offengelegt, welche konkreten Vereinbarungen er im einzelnen mit der E AG getroffen haben will.

Dass der Kläger letztlich darauf hinweist, dass er zur Ablösung des "Swap" aufgrund seiner Entlassung nicht mehr gekommen sei, ist unerheblich, da die Weisung des Aufsichtsrates vom 5.9.2002 stammt, die Kündigung jedoch erst am 24.6.2003 erfolgte. Der Kläger hatte 9 Monate Zeit, sich zumindest nachhaltig um die Ablösung des "Sap" zu bemühen. Dass der Kläger sich jedch nicht an die entsprechenden Weisungen des Aufsichtsrates gehalten hat, begründet die Unzumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit zwischen dem Kläger als Vorstandsmitglied und dem Aufsichtsrat der F. Ebenso war dieser Pflichtverstoß gegenüber der F geeignet, das Vertrauen zu der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu zerstören. Der Kläger hat hierdurch gezeigt, dass er einer Weisung eines Kontrollorganes nicht pflichtgemäß und sorgfältig nachgekommen ist. Eine solche Verhaltensweise ist auch in der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Geschäftsführung der Beklagten nicht zu tolerieren.

Ein weiterer Pflichtverstoß des Klägers ist in der Nichtzahlung der Zinsen auf das Darlehen vom 12.4./4.5.2000 zu sehen. Der Darlehensvertrag sieht ausdrücklich vor, dass der Kläger die Zinsen jeweils zum 31.12. bar auszugleichen habe. Indem der Kläger dies unterlassen hat, hat er konkludent den - vom Aufsichtsrat genehmigten - Darlehensvertrag geändert. Gemäß § 89 Abs.1 Satz 1 AktG bedarf die Gewährung von Krediten an Vorstandsmitglieder jedoch grundsätzlich der Genehmigung des Aufsichtsrates. Somit hätte auch eine Änderung des Vertrages vom 12.4./4.5.2000 nochmals genehmigt werden müssen. Die Kammer verkennt zwar nicht, dass der jährliche Zinsbetrag unter dem in § 89 Abs.1 Satz 3 AktG genannten Betrag liegen dürfte. Jedoch ist in jedem Fall dann die Genehmigung des Aufsichtsrates für eine Änderung eines Darlehensvertrag erforderlich, wenn der Aufsichtsrat zunächst den ursprünglichen Vertrag genehmigt hat. Es kann nicht angehen, dass vom Aufsichtsrat geprüfte und genehmigte Darlehensverträge vom Vorstand eigenmächtigt geändert werden. Indem der Kläger sich nicht an die Vereinbarung vom 12.4./4.5.2000 gehalten hat, hat er ebenfalls das Vertrauensverhältnis sowohl zum Aufsichtsrat der F als auch zur Gesellschafterversammlung der Beklagten zerstört. Es ist nachvollziehbar, dass die Beklagte angesichts dieser Einstellung des Klägers zu Vereinbarungen mit der F und zu deren Vermögen kein Vertrauen in die weitere Tätigkeit des Klägers für die Beklagte haben konnte.

Die Kündigungserklärung der Beklagten vom 24.6.2003 erfolgte auch noch fristgerecht i.S.d. § 626 Abs.2 BGB. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2002, 173 ff.; WM 2000, 573 ff; WM 1998, 1537 ff.) ist für den Fristbeginn der außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs.2 BGB grundsätzlich die Kenntnis der Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung maßgeblich. Darüber hinaus setzt der Beginn der Frist eine sichere und umfassende Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenen Tatschen voraus.

Unstreitig erhielten die Aufsichtsratsmitglieder der F erst mit dem Schreiben des Wirtschaftsprüfers vom 4.6.2003 Kenntnis von dem Kreditvertrag mit der S1 AG. Erst in der Aufsichtsratssitzung vom 12.6.2003 wurde erstmalig der konkrete Kreditvertrag erörtert. Es ist unschädlich, dass die Zinsaufwendungen zuvor bereits in Unterlagen erwähnt wurden, da hieraus nicht zwangsläufig auf die Kenntnis von den Verträgen vom 13.5.2002 für jedes Aufsichtsratsmitglied geschlossen werden kann. Ebenfalls erst in der Sitzung vom 12.6.2003 machte der Kläger dürftige Angaben zu seinen Bemühungen zur Ablösung des "Swap". Die Ausführungen des Klägers in der Sitzung vom 12.6.2003 betreffend den "Swap" waren geeignet, erstmalig daran zu zweifeln, dass der Kläger sich nicht ernsthaft und nachhaltig um die Erfüllung der Weisungen des Aufsichtsrat bemüht habe. Schließlich sind auch die Nichtzahlung der Zinsen und die Entnahme der Vorschüsse im einzelnen erst nach dem 12.6.2003 dem Aufsichtsrat zur Kenntnis gelangt. Es ist auch hier unschädlich, dass sich diese Fakten aus der Buchhaltung der Beklagten ergeben haben, da es auf die genaue Kenntnis des Aufsichtsrates von allen Tatsachen ankommt.

Die Gesellschafterversammlung der Beklagten wurde sodann für den 18.6.2003, mithin unverzüglich einberufen. In dieser Versammlung ist es dann aufgrund der kürzlich erlangten Kenntnisse zu einer gemeinsamen Willensbildung gekommen. Anhaltspunkte für Verzögerungen sind in keiner Weise ersichtlich.

Der Antrag zu Ziffer 1. ist ebenfalls unbegründet. Wie oben dargestellt lagen sachliche Gründe zur Abberufung des Klägers als Geschäftsführer vor.

2.

Letztlich ist auch der Antrag zu Ziffer 4. unbegründet. Der Widerruf der Pensionszusage erfolgte zu Recht. Die Pensionszusage hat Entgeltcharakter und kann daher nach Treu und Glauben bei schweren Verfehlungen des Dienstverpflichteten widerrufen werden. Die Kammer verkennt nicht, dass nach gefestigter BGH-Rechtsprechung für einen Widerruf von Versorgungsbezügen nicht jeder wichtige Grund ausreicht, sondern dass aufgrund der hohen Bedeutung der Altersvorsorge für den Gekündigten eine Abwägung sämtlicher Umstände erfolgen muss (BGH, WM 1997, 68 ff; Lutter/Hommelhoff, Anh § 6 Rdnr.38 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ergibt eine Abwägung der Gesamtumstände jedoch, dass auch hier der Widerruf der Pensionszusage angesichts der Verfehlungen des Klägers ausnahmsweise gerechtfertigt war:

Zu berücksichtigen ist, dass der Kläger lediglich ca. 1 Jahr lang für die Beklagte tätig war. Ferner war er zum Zeitpunkt des Widerrufes 54 Jahr alt und verfügte über bereits erdiente Altersbezüge aus seiner Tätigkeit als Vorstand der F. Der Entzug der - relativ geringen - Altersbezüge hat somit für den Kläger keine existenzielle Bedeutung. Die Vergütungs- und Pensionszusage der Beklagten stellte zudem nicht die einzige Einnahmequelle des Klägers dar. Dieser Bedeutung der Pensionszusage für den Kläger stehen dessen erhebliche Pflichtverletzungen gegenüber. Hier fällt ganz entscheidend ins Gewicht, dass der Geschäftsführervertrag mit der Beklagten im Frühjahr/Sommer 2002 ausgehandelt wurde. Insbesondere im Rahmen der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der F vom 25.4.2002 wurden die Modalitäten von Vergütung und Altersvorsorge ausgehandelt. Nur kurze Zeit vorher, am 13.5.2002, hat der Kläger den ungenehmigten Kredit für die F aufgenommen, welchen er in der Folgezeit verschwiegen hat. Es muss im vorliegenden Fall berücksichtigt werden, dass somit die Pensionszusage von der Gesellschafterversammlung nicht in voller Kenntnis der wirtschaftlichen Situation der F erteilt wurde. Die wirtschaftliche Situation der F war jedoch auch für Beklagte von erhöhter Relevanz, da schließlich die F Vertragspartei des Gastronomievertrages mit der L GmbH war.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 6.2.2004 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 91 a, 92 Abs. 2, 269 Abs.3, 709 ZPO.

Streitwert: bis zum 11.12.2003: bis 200.000,00 EUR

(wegen des Antrags zu 3.)

danach: bis 25.000,00 EUR.






LG Köln:
v. 11.03.2004
Az: 22 O 487/03


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