Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 209/00
(BPatG: Beschluss v. 13.11.2002, Az.: 29 W (pat) 209/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Bezeichnung W@P ist für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.
Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).
Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen.
Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.
am 14. Juli 1999 als Wortmarke zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 13. März 2000 nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Zeichenfolge W@P werde wie WAP wiedergegeben. Es handele sich um die geläufige Abkürzung des Fachbegriffs "Wireless Application Protocol". Hierunter verstehe man eine kabellose Datenübertragung, die es ermögliche, Inhalte aus dem World Wide Web über mobile Endgeräte abzurufen. Die angemeldete Marke weise lediglich darauf hin, daß es sich bei den Waren und Dienstleistungen der Anmeldung um WAP-fähige Geräte, WAP-Betriebssoftware und auf dem WAP-Standard basierende Datenfernübertragung handele. Daran ändere die Verwendung des Sonderzeichens "@" nichts. Es sei werbeüblich, dieses auch in beschreibenden Texten oder Begriffen als bildlichen Hinweis auf einen informationstechnischen Zusammenhang zu verwenden. Hierzu hat die Markenstelle dem Beschluß eine Auswahl von Belegbeispielen beigefügt.
Die Anmelderin hat gegen die Zurückweisung der Anmeldung Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, daß es sich bei der angemeldeten Marke nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache handele. Es könne der angemeldeten Marke auch kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden. Die angemeldete Marke sei schon wegen der verschiedenen Lesearten "W at P", "web/wab" oder "W" und "P" unterscheidungskräftig und werde zudem entsprechend einer email Adresse als Herstellungshinweis verstanden. Vor allem sei die Wortfolge "Wireless Application Protocol" dem deutschen Verbraucher völlig ungeläufig. Sie ergebe selbst in der Übersetzung als "kabelloses Antragsprotokoll" keine konkret beschreibende Aussage der beanspruchten Waren und Dienstleistungen und werde als fremdsprachige Abkürzung auch nicht als Sachhinweis erfaßt. Außerdem bestehe kein Freihaltungsbedürfnis.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der angemeldeten Marke steht das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung ua der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Entscheidend ist, ob sich die angemeldete Bezeichnung in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für eine beschreibende Verwendung eignet (vgl BGH GRUR 1996, 770, 771 - MEGA). Diese Voraussetzungen sind bei der als Wortmarke angemeldeten Bezeichnung W@P gegeben, weil die angemeldete Marke im Verkehr auf dem betroffenen Waren/Dienstleistungsgebiet mit dem Fachbegriff WAP gleichgesetzt wird.
Wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, ist WAP die Abkürzung für "Wireless Application Protocol", was wörtlich "Anwendungsprotokoll für drahtlose (Geräte)" bedeutet. Es handelt sich dabei um ein Übertragungsprotokoll zur drahtlosen Übermittlung von speziell konzipierten Internet-Inhalten, um diese auf Geräten mit kleinen Displays darzustellen, wie sie bei Mobiltelefonen, PTAs, Navigationsgeräten oder ähnlichen Geräten üblich sind. Das gemeinsam von verschiedenen Herstellern von Mobilfunkgeräten seit Mitte 1997 entwickelte Protokoll wurde als XML-basierter Standard unter der Kurzbezeichnung WAP vorgestellt. Erste Handys mit einem WAP-fähigem Browser kamen Ende 1999 auf den Markt. Dem Vorteil des mobilen Internetzugangs stehen Nachteile beim Benutzungskomfort sowie der im Vergleich zum Surfen per Modem oder ISDN langsameren Datenübertragung gegenüber, die durch die UMTS Netze künftig überwunden werden sollen (vgl Irlbeck/Langenau/Mayer Computer-Lexikon, 4. Aufl, 911; Klußmann Lexikon der Kommunikations- und Informationstechnik, 3. Aufl, 1078 f; Microsoft Press Computer Lexikon Fachwörterbuch Ausgabe 2002, 786; Kreutz/Gieseke, Das große Internet Lexikon 619, 520).
Gerätehersteller und Mobilfunkanbieter werben im Internet für den maßgeschneiderten Zugang zum Internet mit WAP-fähigen Handys und deutschsprachigen WAP-Portalen (zB debitel "WAP bringt Ihnen das Internet auf's Handy"; Der neueste Communicator aus dem Hause Nokia zieht Daten in Höchstgeschwindigkeit aus dem Internet für den Internet- und WAP-Browser .... WAP Konfiguration: Hier wird ihr WAP Handy automatisch per SMS konfiguriert) Wap Dienste und WAP Resources werden angeboten (beispielsweise "Bei Anruf: Job-Unser Wap-Service am Handy. Bei Anruf Job "jobpilot" ist als erster Internet-Stellenmarkt WAP-fähig; WAP Portal Tin.it der Telecom Italia net; We've merged our WAP Events and Wireless Events pages von palowireless-Wireless Resource Center; ASPwebServer: The Wireless FAQ[WAP/WML] Everything you wanted to know about Wap, Wml and many other wireless devices; WAP-Resources: information on sites, devices, gateways, employment, browsers and wml; WAP Overview). Dabei wird die Abkürzung WAP sowohl in Versalien wie in Kleinbuchstaben und in der angemeldeten Schreibweise verwendet (vgl zB WAP Forum, WAP browser, Nokia-WAP on Web, WAP Solutions für Mobile Business, WAP applications, WAP downloads; www.wap.atyour personal wap experience. Ein personalisierbares, von Betreibern unabhängiges wap-Portal ....; Financial Times Deutschland: Die Wap-Ausgabe über das Handy abzurufen. Ob als SMS, mit WAP oder als Hörbeitrag ...., Information and resources for wap guidewww.wapguide.com; W@P Awards Introduction: Best use of WAP in a Business Application; HJS Computer W@P; Yo! W@P HIT PARADE).
Der Begriff WAP ist nicht nur allgemein im Internet, sondern gerade auch auf deutschsprachigen Seiten anzutreffen. So gibt es beispielsweise eine Übersicht von WAP-Suchdiensten, weil sich viele reguläre Suchmaschinen dem Trend angeschlossen haben und ein spezielles Angebot für WAP-Nutzer über WAP-Inhalte, deutsche WAP-Angebote etc bieten, das von WAP-fähigen Geräten genutzt werden kann (www.atweb.de/wap/wapsuchmaschinen.htm).
Die zahlreichen Verwendungsbeispiele zeigen, daß die Fachabkürzung bereits als Bezeichnung zur Beschreibung von Waren- und Dienstleistungseigenschaften in bezug auf die WAP-Fähigkeit der beanspruchten Geräte und Dienste dient. Da es sich um eine geläufige Abkürzung handelt, die vom Fachpublikum sowie von fachlich interessierten Laien wie die vergleichbaren Bezeichnungen UMTS, ISDN, DSL, SMS etc als Standard für den mobilen Internetzugang erfaßt wird, kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die angesprochenen Verkehrskreise die Langfassung und deren wörtliche Übersetzung kennen oder verstehen. Aus diesen Gründen kommen die Grundsätze zur Berücksichtigung fremdsprachiger Marken sowie von Abkürzungen nicht zum Tragen, nach denen letztere als bloßen sprachlichen Hilfsmitteln nicht dieselbe Bedeutung wie der korrekten vollständigen Wiedergabe des fremdsprachigen Fachausdrucks zukommt (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl § 8 Rdn 100, 102; BPatG GRUR 99, 330, 331 - "CT"). Denn im vorliegenden Fall stellt die Abkürzung selbst die beschreibende Sachangabe dar, während die Langfassung nur erläuternde Bedeutung hat.
Die Fachbezeichnung WAP wird von Mitbewerbern auch in der angemeldeten Schreibweise benötigt. Denn der Verkehr ist mittlerweile daran gewöhnt, das im Telekommunikations- und Datenverarbeitungsbereich gängige und zentrale Zeichen der Computersprache "@" im Worttext als Buchstabe "a" zu lesen und als zusätzlichen Hinweis auf den Zugang zum Internet, zu Online-Diensten bzw zum sog. eshopping zu verstehen (vgl Beschluß BPatG 29 W (pat) 7/00 v. 29.11.2000 - WebTr@iner; 29 W (pat) 226/99 v. 6.12.2000 - Netk@uf m.w.N.; SZ v. 15.6.1998 - Aktuelles Lexikon Klammeraffe @). Dies verdeutlichen auch die Belege, die die Markenstelle dem angegriffenen Beschluß bereits beigefügt hatte.
Die angemeldete Marke ist auch nicht wie eine email Adresse gebildet, so daß sie schon von daher nicht auf einen einzelnen Hersteller bzw. ein Unternehmen hinzuweisen geeignet ist und damit vom Verkehr nicht als Herstellerhinweis verstanden wird.
Grabrucker Richter Baumgärtner ist in Urlaub und kann daher nicht unterzeichnen Grabrucker Pagenberg Cl
BPatG:
Beschluss v. 13.11.2002
Az: 29 W (pat) 209/00
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