Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. September 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 179/02
(BPatG: Beschluss v. 24.09.2002, Az.: 33 W (pat) 179/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 19 vom 9. April 2002 aufgehoben.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 3. Juni 2000 die Wort/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür folgende Waren zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
Klasse 1:
Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke;
Klasse 2:
Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Beschichtungen, Haftvermittler und Grundierungen für Baustoffe, Rolladenkästen, Dämmplatten und Bauplatten;
Klasse 19:
Rolladenkästen, Rolladenkasten-Rohlinge, Baumaterialien (nicht aus Metall), insbesondere Außenwanddämmungen, Leichtbauplatten, Dämmbauplatten, Bauplatten und Putzsysteme.
Die Markenstelle für Klasse 19 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 9. April 2002 gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, die sprachüblich gebildete Wortfolge habe insgesamt die Bedeutung von "Spitzenpreis, Spitzenwert" und diene damit lediglich zur näheren Charakterisierung der Waren selbst. Auch die graphische Ausgestaltung könne die Schutzfähigkeit nicht begründen, da sie keine über das Werbeübliche hinausgehende Originalität aufweise.
Der Anmelder beantragt mit seiner Beschwerde sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Er trägt vor, daß die Markenstelle eine unzulässig zergliedernde Betrachtungsweise zugrundegelegt habe. Es sei darüber hinaus nicht sprachüblich, Wörter aus verschiedenen Fremdsprachen miteinander zu kombinieren. Die Verwendung des französischen Wortes "prix" im Sinne von "Verkaufspreis" sei im deutschen Sprachraum ungewöhnlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteinhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Wort-/Bildmarke entgegen der Beurteilung der Markenstelle für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegen.
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel - verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den Wörtern "TOP" und "PRIX" getrennt durch einen senkrechten Strich zusammen. "Top" bedeutet im Englischen als Substantiv neben "Spitze", "Gipfel", "oberes Teil" insbesondere auch "Spitzenposition", "hohe Stellung", "höchster Grad", "höchster Punkt", "höchster Stand", "Auslese", "Auswahl" und als Adjektiv "oberster", "oben befindlicher", aber auch "größter", "höchster", "bester", "erstklassig", "ausgezeichnet", "Haupt-", "Spitzen-" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch Englisch-Deutsch 1999, S 670 - vgl. auch HABM, R 0690/99-3, 20.12.2000 - TOP-LINE). Im Französischen wird mit "top" ein "Zeitzeichen" benannt (Langenscheidts Handwörterbuch Französisch, 2000, S 721). Das Wort gehört seit langer Zeit als eingedeutschter Begriff zum allgemeinen Sprachgebrauch und wird regelmäßig zu Werbezwecken eingesetzt (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Auflage, Mannheim 2001 [CD-ROM]; vgl zB auch BPatG 24 W (pat) 214/97 - TOP ACTION).
Das französische Wort "prix" wird mit "Preis" oder auch "Wert" übersetzt (Langenscheidts Handwörterbuch Französisch aaO S 581). Im deutschen Sprachgebrauch ist der Begriff "Prix" allerdings nicht im Sinne der Summe, die für eine bestimmte Ware zu bezahlen ist, sondern nur im Sinne einer Auszeichnung oder Belohnung die errungen werden kann, aus Wortzusammensetzungen wie "Grand Prix" (zB aus dem Motorsport) bekannt (vgl Duden aaO unter "Prix").
Das Gesamtzeichen ist nach Auffassung des Senats von interpretationsbedürftiger Mehrdeutigkeit. Es bedürfte einer analysierenden Betrachtung, damit die angesprochenen Verkehrskreise - hier neben Fachkreisen auch das allgemeine Publikum - in dem Gesamtzeichen etwa einen Hinweis auf einen besonders günstigen Preis oder auf eine Auszeichnung mit einem ersten Preis erkennen können. Dies ergibt sich zum einen aus der unüblichen Verbindung von Begriffen aus verschiedenen Sprachen - hier aus der englischen und der französischen Sprache - im Gesamtzeichen. Der unklare und verschwommene Inhalt der Gesamtbezeichnung wird andererseits aber auch durch die graphische Ausgestaltung der Marke verstärkt, nämlich durch den zwischen den Wörtern "TOP" und "PRIX" befindlichen senkrechten Strich, der fraglich erscheinen läßt, ob die Einzelwörter überhaupt einen Gesamtbegriff bilden sollen.
Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr die angemeldete Marke im Sinne einer eindeutig beschreibenden, schlagwortartigen Aussage über bestimmte Eigenschaften oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Waren werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen wird.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 Marken sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 366 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).
Solche Umstände werden durch die angemeldete Wort/Bildmarke "TOP/PRIX" nicht klar und eindeutig verständlich genannt. Eine Verwendung der Gesamtbezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren ist nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig ist zu erwarten, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.
v. Zglinitzki Kätker Dr. Hock Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20728.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 24.09.2002
Az: 33 W (pat) 179/02
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