Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. März 2003
Aktenzeichen: 9 W (pat) 56/01

(BPatG: Beschluss v. 31.03.2003, Az.: 9 W (pat) 56/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelder wird der angefochtene Beschluß aufgehoben und die Patentanmeldung zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse B 60 T des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluß vom 19. Juni 2001 die unter Inanspruchnahme der inneren Prioritäten der Anmeldungen DE 195 45 951.2 vom 8. Dezember 1995, DE 195 44 110.9 vom 27. Dezember 1995, DE 196 05 176.2 vom 13. Februar 1996, DE 196 21 377.0 vom 15. April 1996, DE 196 19 378.8 vom 14. Mai 1996 und DE 196 38 525.3 vom 20. September 1996 am 10. Oktober 1996 eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Stufenloses Getriebe, insbesondere mit Leistungsverzweigung"

aus Gründen des Bescheids vom 22. Dezember 1999 zurückgewiesen, zu dem sich der damalige Anmelder nicht geäußert hat. In diesem Bescheid hat sie zum Stand der Technik folgende Entgegenhaltungen genannt:

1. EP 0 280 757 A1, 2. EP 0 599 263 A2, 3. DE 195 10 179 A1, 4. DE 44 17 335 A1 und ua ausgeführt, aus Entgegenhaltung 2 sei ein stufenloses Getriebe bekannt, demgegenüber dem Gegenstand des Hauptanspruchs die Neuheit fehle. Patentanspruch 1 sei deshalb nicht gewährbar. Zu den in den Kennzeichenteilen der Unteransprüche 2 bis 12 genannten Merkmalen hat sie auf die Entgegenhaltungen 2 bis 4 verwiesen, aus denen die genannten Merkmale bekannt, zumindest jedoch nahegelegt seien.

Gemäß den Ansprüchen 13 und 14 sei eine Vorrichtung beansprucht, die primär auf die Steuerung eines Getriebes nach einem Bremsvorgang gerichtet sei. Der Anspruch 17 behandle mit den nachfolgenden Ansprüchen 18 bis 21 eine Steuerung eines hydrostatischmechanischen Leistungsverzweigungsgetriebes. Patentanspruch 1 betreffe dagegen die Steuerung eines Hydrostat-Retarders in Verbindung mit einer Betriebsbremsanlage. Die Anmeldung umfasse somit mehrere Gegenstände, die nicht zur Lösung eines einheitlichen Problems dienten. Es sei die nach § 35 Absatz 1 Satz 2 PatG geforderte Einheitlichkeit nicht gewahrt. Die Anmeldung sei auf einen der genannten Gegenstände zu beschränken. Geschehe dies nicht, müßte die Anmeldung wegen mangelnder Einheitlichkeit zurückgewiesen werden.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Sie verzichten auf die Weiterverfolgung der Patentansprüche 1 bis 12 und verfolgen die Patenterteilung in beschränktem Umfang weiter.

Der Vertreter der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Prüfungsverfahren unter Zugrundelegung der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche fortzusetzen.

Er regt an, die Anmeldung zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Stufenloses Getriebe mit hydrostatischer Leistungsverzweigung mit zugeordneter Bremsanlage verschiedener Ausführungsform für KFZ, dadurch gekennzeichnet, daß nach einem Bremsvorgang nach Loslassen der Bremse die Getriebeübersetzung automatisch um ein definiertes Maß zurückgeregelt wird".

Diesem Patentanspruch folgt Patentanspruch 2, der auf Patentanspruch 1 zurückbezogen ist.

Der geltende Patentanspruch 3 lautet:

"Stufenloses hydrostatischmechanisches Leistungsverzweigungsgetriebe für Kraftfahrzeuge mit einem oder mehreren Schaltbereichen, bei dem innerhalb eines Schaltbereiches der Hydrostat von einer positiven zu einer negativen Verstellgröße oder umgekehrt verändert wird, wodurch ein "Null-Durchgang" der Drehzahl der Hydrostatwelle der zweiten Hydrostateinheit (B) entsteht, dadurch gekennzeichnet, daß die Drehzahl "Null" der zweiten Hydrostateinheit (B) automatisch gemieden wird, so daß eine Mindestdrehzahl in der Nähe der Verstellgröße "Null" bzw der Drehzahl "Null" einer Hydrostatwelle (7 c) aufrechterhalten bleibt oder eingeregelt wird".

Rückbezogene Patentansprüche 4 bis 15 sind dem Patentanspruch 3 nachgeordnet.

1. Die Patentansprüche 1 bis 15 sind zulässig, denn sie sind aus den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 13, 14 und 17 bis 29 herleitbar.

2. Zu den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 13, 14 und 17 bis 29 hat das Deutsche Patent- und Markenamt festgestellt, daß sie nicht zur Lösung eines einheitlichen Problems dienten und deshalb die nach § 35 Absatz 1 Satz 2 PatG georderte Einheitlichkeit nicht gewahrt sei.

2.1 Zur Frage der Einheitlichkeit Die vorliegende Patentanmeldung ist als Zusatz zur Patentanmeldung P 196 14 724.7 beantragt. Nach § 16 Absatz 1 Satz 2 PatG kann die Erteilung eines Zusatzpatents beantragt werden, wenn eine Erfindung die Verbesserung oder weitere Ausbildung einer anderen, dem Anmelder durch ein Patent geschützten Erfindung bezweckt. Eine Verbesserung oder weitere Ausbildung ist gegeben, wenn die Zusatzanmeldung zumindest den Anforderungen an einen entsprechenden Unteranspruch des Hauptpatents entspricht, vgl Schulte Patentgesetz, 6. Auflage § 16 Rdn 27. Eine Nebenordnung zum Hauptpatent ist zulässig, weil Inhalt der Zusatzanmeldung alles sein kann, was zusammen mit dem Hauptpatent hätte angemeldet werden können, vgl Schulte Patentgesetz 6. Auflage § 16 Rdn 28. Die Einheitlichkeit zwischen Haupt- und Zusatzanmeldung muß gegeben sein. Die Zusatzanmeldung muß theoretisch Inhalt der Hauptanmeldung sein können, vgl Schulte § 16 Rdn 29.

Ob in diesem Sinne die nunmehr weiterverfolgten Patentansprüche Inhalt des Hauptpatents sein können und die Zusatzanmeldung insofern in sich und zum Hauptpatent einheitlich ist, kann erst beantwortet werden, wenn feststeht, was Gegenstand des Hauptpatents ist und welches Problem dadurch gelöst werden soll. Da in der Hauptanmeldung zwar schon am 27. Oktober 1997 von einem Dritten Prüfungsantrag gestellt, bisher aber noch nicht einmal ein Prüfungsbescheid ergangen ist, kann über die Einheitlichkeit beim jetzigen Verfahrensstand noch nicht entschieden werden.

2.2 Zur Frage der Patentfähigkeit Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Patentfähigkeit der Gegenstände nach den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 13, 14 und 17 bis 29, die den Gegenständen nach den nunmehr weiterverfolgten Patentansprüchen 1 bis 15 entsprechen, noch nicht untersucht. Insofern ist eine abschließende Prüfung und Sachentscheidung über die Patentfähigkeit dieser Gegenstände auch noch nicht ergangen. Da das Deutsche Patent- und Markenamt mit dem ihm zur Verfügung stehenden Prüfstoff diese Prüfung sachgerecht besser durchführen kann als das Bundespatentgericht, ist im Sinne der Beschlußformel zu erkennen.

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BPatG:
Beschluss v. 31.03.2003
Az: 9 W (pat) 56/01


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