Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 7. Dezember 2011
Aktenzeichen: 12 O 193/10
(LG Düsseldorf: Urteil v. 07.12.2011, Az.: 12 O 193/10)
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,
beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern über kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen folgende (oder inhaltsgleiche) Klausel in neue Versicherungsverträge einzube- ziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf eine solche Klausel zu berufen:
Nach Vereinbarung können sie Jahresbeiträge auch in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen (Ratenzahlungen); hierfür werden Ratenzuschläge erhoben.
2.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das unter 1. genannte Unterlassungsgebot ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
3.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger € 214,00 an zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.03.2010 zu zahlen.
4.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 500.000,00.
Tatbestand
Der Kläger beanstandet mit seiner Klage nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten über Ratenzahlung ohne Angabe des effektiven Jahreszinssatzes.
Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 4 UKlaG.
Die Beklagte bietet als Versicherungsgesellschaft Verbrauchern kapitalbildende Versicherungen aller Art an.
Die Beklagte verwendet Allgemeine Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung des Gewinnverbands A. (Anlage K 1b) und Allgemeine Bedingungen für die Rentenversicherung des Gewinnverbands B. - Unterverband C. oder D. (Anlage K 2b), die sie in Verträge über kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen einbezieht. Gleichlautende Versicherungsbedingungen ver- wendet sie auch in anderen kapitalbildenden Lebensversicherungen.
In den "Unverbindlichen Anfragen" gemäß Anlagen B 3 und B 4 heißt es unter der Überschrift "Unterzeichnung" u. a.: "Die Versicherungsbedingungen und die übrigen Verbraucherinformationen stellen wir Ihnen mit dem Vertragsangebot (Versiche- rungsurkunde) zur Verfügung". Unter "Info für unsere Kunden heißt es weiter "Es gelten die Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen (AVB)".
In keiner der zur Verfügung gestellten Unterlagen ist ein effektiver Jahreszins für eine Ratenzahlung angegeben. Dies gilt auch für die vom Kläger vorgelegten Versicherungsurkunden gemäß Anlagen K 1a und K 2a. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Anlagen verwiesen.
§ 3 der eingangs erwähnte Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten lautet:
§ 3 Was haben Sie bei der Beitragszahlung zu beachten€
1. Die Beiträge zu ihrer Lebensversicherung können Sie je nach Vereinbarung in einem einzigen Betrag (Einmalbetrag) oder durch jährliche Beitragszahlungen (Jahresbeiträge) entrichten. Die Jahresbeiträge werden zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres fällig.
2. Nach Vereinbarung können sie Jahresbeiträge auch in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen (Ratenzahlungen); hierfür werden Ratenzuschläge erhoben.
Der Kläger mahnte die Beklagte wegen der Verwendung dieser Klauseln mit Schreiben vom 20.02.2010 (Anlage K 7a) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Die Beklagte wies die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15.03.2010 zurück.
Der Kläger ist der Auffassung, die angegriffenen Klauseln verstießen gegen verbraucherschützende Vorschriften des Preisangabenrechts und des Verbraucher- kreditrechts sowie gegen § 5a UWG.
Die Beklagte habe gemäß § 6 Abs. 1 PAngV die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen seien (Endpreise). Werde der Preis einer Versicherung als Jahresprämie kalkuliert, dem Versicherungs- nehmer aber die Wahlmöglichkeit eröffnet, die eigentlich zu Jahresbeginn fällige Prämie in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zu zahlen, liege eine sogenannte unechte unterjährige Prämienzahlung vor. Dabei bilde der jeweils noch nicht eingeforderte Teil der Jahresprämie den Gegenstand eines Kredits. Bei Krediten seien jedoch gemäß § 6 Abs. 1 PAngV als Preis die Gesamtkosten als jährlicher Vomhundertsatz des Kredits anzugeben und als "effektiver Jahreszins" oder, wenn die Änderung des Zinssatzes oder anderer preisbestimmender Faktoren vorbehalten sei, als "anfänglicher effektiver Jahreszins" zu bezeichnen.
Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass die Beklagte nach § 499 Abs. 1, Abs. 2 BGB a. F. bzw. § 506 Abs. 1, Abs. 3 BGB n. F. den effektiven Jahreszins angeben müsse. Wenn eine Jahresprämie nicht sofort in voller Höhe eingefordert werde, sondern dem Prämienschuldner gegen Entgelt ("Zuschlag") das Recht zur Ratenzahlung eingeräumt werde, handele es sich um eine entgeltliche Finanzierungshilfe oder ein Teilzahlungsgeschäft gemäß § 499 Abs.1, Abs. 2 BGB a. F. bzw. § 506 Abs. 1, Abs. 3 BGB n. F. Die Vereinbarung der unechten unterjährigen Zahlung mit Ratenzuschlag sei ein Kredit i. S. v. § 6 PAngV und ein Teilzahlungsgeschäft i. S. v. § 507 BGB (n. F.). Die Motive des (deutschen) Gesetzgebers und europarechtliche Regelungen stünden dieser Einordnung nicht entgegen. Die Interessenlage des Versicherungsnehmers sei vergleichbar mit dem Kauf eines Kühlschranks mit Bar- oder Ratenzahlung.
Der Kläger beantragt (wobei nur die im Folgenden fett gedruckten Teile der AVB beanstandet werden):
die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern über kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen folgende (oder inhaltsgleiche) Klausel in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf eine solche Klausel zu berufen,
(die nachstehend kursiv und den eckigen Klammern abgedruckten Textbestandteile sind nicht Gegenstand des Verbots, sondern diene nur seinem besseren Verständnis):
"[§ 3 Was haben Sie bei der Beitragszahlung zu beachten€
1. Die Beiträge zu ihrer Lebensversicherung können Sie je nach Vereinbarung in einem einzigen Betrag (Einmalbetrag) oder durch jährliche Beitragszahlungen (Jahresbeiträge) entrichten. Die Jahresbeiträge werden zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres fällig.
2.] Nach Vereinbarung können sie Jahresbeiträge auch in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen (Ratenzahlungen); hierfür werden Ratenzuschläge erhoben."
2.
zur Erstattung der auf Klägerseite vorgerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten € 214,00 an den Kläger zu bezahlen, dies zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins ab dem 16.03.2010.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die angegriffene Klausel regele unmittelbar Art und Umfang der Vergütung und sei deshalb als unmittelbare Abrede über den Gegenstand des Vertrages gemäß § 307 Abs. 3 BGB einer Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen.
Die Beklagte ist der Ansicht, mit den angegriffenen Klauseln werde kein Zahlungsaufschub vereinbart. Weder werde ein Entgelt vereinbart, noch werde eine Zahlung gestundet. Es fehle auch an der nötigen Vorleistungsverpflichtung des Versicherers, da § 6 Abs. 1 ihrer Versicherungsbedingungen eine unmittelbar mit den kürzeren Zahlungsperioden verknüpfte Kündigungsmöglichkeit festlege. Mit der Vereinbarung unterjähriger Prämienraten werde auch die Laufzeit der Versicherung verkürzt. So müsse im Falle der Kündigung oder des Ablebens des Versicherungsnehmers ab dem betreffenden Monat keine Prämie mehr gezahlt werden, während eine anteilige Rückzahlung im Falle der Zahlung einer Jahresprämie in einem solchen Fall nicht erfolge.
Sie verweist darauf, dass die verbraucherkreditrechtlichen Preisangabenvorschriften auf der europäischen Richtlinie 2008/48/EG beruhen, die in Art. 3 lit. c regelt, dass Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet, ausgenommen sind. Auch seien Versicherungsverträge durch den 12. Erwägungsgrund, welcher lautet "Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung bzw. Lieferung Teilzahlungen leistet, können sich hinsichtlich der Interessenlage der Vertragspartner und hinsichtlich der Art und Weise und der Durchführung der Geschäfte erheblich von den unter diese Richtlinie fallenden Kreditverträgen unterscheiden. Deshalb sollte klargestellt werden, dass derartige Verträge nicht als Kreditverträge im Sinne der Richtlinie gelten. Zu derartigen Verträgen würde zum Beispiel ein Versicherungsvertrag gehören, bei dem für die Versicherung monatliche Teilzahlungen erbracht werden.", aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen.
Die vereinbarten Zuschläge seien kein Entgelt für einen Zahlungsaufschub, sondern Ausdruck der Prämiengerechtigkeit innerhalb der Versichertengemeinschaft und versicherungsmathematisch begründet. Sie dienten der Kompensation des verzögerten Sparvorgangs, des höheren Aufwands und des höheren Risikos.
Die Beklagte meint, da im Versicherungsvertragsrecht der Verbraucher bereits durch das Widerrufsrecht der §§ 8, 152 VVG geschützt sei, könnten die §§ 506 ff. BGB für Versicherungsverträge nicht gelten. Dies ergebe auch die historische und teleologische Auslegung der verbraucherkreditrechtlichen und der versicherungsvertraglichen Regelungen.
Schließlich bestehe kein Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11, 5a UWG. Die Vorschriften der PAngV seien keine gesetzlichen Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Die Beklagte verwende die fragliche Klausel bereits seit den 80er Jahren. Daher sei davon auszugehen, dass der Kläger seit mehr als drei Jahren Kenntnis habe.
Es bestehe keine Wiederholungsgefahr für Neu- oder Bestandsverträge. Die streitgegenständliche Klausel werde seit dem 1.1.2008 nicht mehr verwendet. Bei Bestandsverträgen berufe sich der Beklagte nicht auf die Klausel, weil sich der konkret zu bezahlende Beitrag aus dem Versicherungsantrag ergebe.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wurde gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG gehört. Sie hat sich in ihrer Stellungnahme darauf beschränkt, mitzuteilen, dass sie für die Überwachung der Einhaltung von Preisangabenvorschriften nicht zuständig sei.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2011 verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt, da keine alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, vorliegt, sondern es sich bei der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt.
Sie ist auch in der Sache begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 1 UKIaG i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 1 Abs. 1 PAngV, es zu unterlassen, die beanstandeten Teile der angegriffenen Klauseln zu verwenden und sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf sie zu berufen. Die Klauseln halten insoweit der Inhaltskontrolle nicht stand, da sie gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweichen, denn sie stehen in Widerspruch zu den zwingenden Vorschriften des Preisangaberechts.
Der Kläger ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG anspruchsberechtigt (§ 3 UKlaG).
Bei der Bestimmung in § 3 Abs. 2 der streitgegenständlichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 1 UKIaG; zugleich enthalten diese ein Angebot im Sinne von § 1 Abs. 1 PAngV. Der Begriff des Anbietens im Sinne der vorzitierten Norm umfasst neben Vertragsangeboten i.S.d. § 145 BGB jede Erklärung eines Unternehmers, durch die über Vertragsanträge im Sinne des § 145 BGB hinaus der Kunde rechtlich zwar noch unverbindlich, tatsächlich aber schon gezielt auf den Kauf einer Ware, die Abnahme einer Leistung oder die Inanspruchnahme eines Kredits angesprochen wird (BGH GRUR 1980, 304 [305f.] - Effektiver Jahreszins). In Abgrenzung zur bloßen Werbung muss die Erklärung jedoch ihrem Inhalt nach so konkret gefasst sein, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht des Kunden ohne weiteres zulässt (BGH GRUR 2003, 971 [972]). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte erklärt in ihren AVB die Bereitschaft, eine Ratenzahlung zu vereinbaren, auch wenn zunächst die Höhe der Raten nicht genannt wird. Weitere Verhandlungen oder Ergänzungen sind diesbezüglich gerade nicht notwendig. Diese tatsächliche Bereitschaft kann der Versicherungsnehmer in seinem Vertragsantrag in Anspruch nehmen, in dem dann auch die vom Versicherungsnehmer gewählte Form der Ratenzahlung mit dem Zahlbetrag eingetragen wird. Die Höhe der Ratenzuschläge oder gar Effektivzinssätze sind weder in der streitgegenständlichen Klausel noch in den restlichen Vereinbarungen der AVB genannt; sie unterliegen auch keiner individuellen Vereinbarung, denn die Beklagte berechnet bei dem Wunsch des Versicherungsnehmers, Ratenzahlung zu vereinbaren, die von ihr abstrakt festgelegten Zuschläge.
Die Angabe eines effektiven Jahreszinses ist gemäß § 6 Abs. 1 PAngV erforderlich, da die Einräumung der Ratenzahlungsmöglichkeit einen Kredit im Sinne der Vorschrift darstellt.
Unter einem Kredit im Sinne von § 6 PAngV ist eine entgeltliche Finanzierungshilfe zu verstehen, die in Gestalt eines entgeltlichen Darlehens (§§ 488 ff. BGB), eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs (§ 506 Abs. 1 BGB) oder einer sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfe (§ 506 Abs. 1, 2 BGB) erfolgen kann (Köhler in: Köhler/ Bornkamm, UWG, 29. Aufl. 2011, § 6 PAngV Rn 3). Hier handelt es sich um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub i. S. d. § 506 Abs. 1 BGB. Zahlungsaufschub liegt vor, wenn die vereinbarte Fälligkeit der vom Verbraucher geschuldeten Zahlung abweichend vom dispositiven Recht gegen Entgelt hinausgeschoben wird, um dem Verbraucher die Zahlung des vereinbarten Preises zu erleichtern (BGH NJW 2006, 904, 906; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, Vorbem. § 506 BGB Rn 3).
Nach dem Wortlaut der angegriffenen Klausel können Beiträge zu den Versicherungen je nach Vereinbarung in einem einzigen Betrag (Einmalbetrag) oder durch jährliche Beitragszahlungen (Jahresbeiträge) entrichtet werden. Die Jahresbeiträge werden zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres fällig. Von dieser dispositiven Fälligkeitsbestimmung wird dem Versicherungsnehmer ein Aufschub gewährt, indem die Versicherungsnehmer gemäß § 3 Abs. 2 AVB nach Vereinbarung Jahresbeiträge auch in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen können, wofür Ratenzuschläge erhoben werden.
Aufgrund der vertraglichen Bestimmungen besteht grundsätzlich eine Vorleistungspflicht des Versicherungsnehmers. Dies folgt ohne weiteres aus dem Wortlaut der Klausel in ihrer von der Beklagten gewählten Formulierung, die Grundlage der Beurteilung ist. Diese bestimmt eindeutig, dass es sich um zu Beginn des Versicherungsjahres fällige Jahresbeiträge handelt (§ 3 Abs. 1 AVB). Zwar besteht gemäß § 5 Abs. 1 AVB die Möglichkeit, die Versicherung mit einer Frist von einem Monat "zum Schluss eines jeden Beitragszahlungsabschnitts" beitragsfrei zu stellen und gemäß § 6 Abs. 1 AVB eine Kündigungsmöglichkeit mit derselben Frist; ebenso sind gemäß § 3 Abs. 2 AVB die nach dem Todesfall fälligen Raten nicht mehr zu zahlen. Dies betrifft indes Sonderfälle, die sich nicht auf einen regulär laufenden Vertrag beziehen und die keinen Einfluss auf die ausdrücklich geregelte Fälligkeit der jährlichen Prämien ("Jahresbeiträge") zum Beginn eines jeden Versicherungsjahres haben.
Der Zahlungsaufschub ist entgeltlich. Für eine Entgeltlichkeit genügt jede Art von Gegenleistung, auch eine nur geringfügige, insbesondere Zinsen, Teilzahlungszuschlag oder Kosten. Auf die Bezeichnung kommt es nicht an, wohl aber darauf, dass der Teilzahlungspreis höher ist als der Barzahlungspreis (Weidenkaff aaO., Rn. 6).
Dies ist hier der Fall, denn die Summe der in einem Jahr zu entrichtenden Beiträge einschließlich Ratenzuschlägen ist höher als der in einer Summe fällig Jahresbeitrag.
Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Ratenzahlungszuschläge seien finanz- mathematisch begründet und dienten der Gleichbehandlung der Versichertengemeinschaft, indem sie den verzögerten Sparvorgang, den höheren Aufwand und das höhere Risiko ausglichen, ändert dies nichts daran, dass es sich um eine Gegenleistung des Verbrauchers für das zeitweilige Nichteinfordern des geschuldeten Geldbetrages handelt, sondern betrifft lediglich dessen Begründung und Bemessung. Auch der Umstand, dass das BAV zu Zeiten des regulierten Versicherungsmarktes Zuschläge in Höhe bestimmter Mindestsätze, die die Beklagte nach ihrem Vortrag weiterhin in Ansatz bringt, für geboten hielt, rechtfertigt keine anderweitige Beurteilung der Entgeltlichkeit des Zahlungsaufschubes.
Die Beurteilung als Kredit im Sinne von § 6 PAngV entspricht auch der gebotenen (Köhler aaO., Rn 2) europarechtsfreundlichen Auslegung unter Berücksichtigung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG. Diese bezweckt innerhalb ihres Anwendungsbereichs eine Vollharmonisierung (Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie; vgl. auch Schürnbrand, WM 2011, 481 [484] mwN); die von der Beklagten herangezogene Bekundung in Erwägungsgrund 12 der RL 2008/48/EG rechtfertigt indes aus mehreren Gründen keinen Ausschluss von unechten unterjährigen Versicherungs- prämien aus deren Anwendungsbereich. Erwägungsgrund 12 stellt ab auf "Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen (...), bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung (...) Teilzahlungen leistet," die "sich hinsichtlich der Interessenlage der Vertragspartner und hinsichtlich der Art und Weise und der Durchführung der Geschäfte erheblich von den unter diese Richtlinie fallenden Kreditverträgen unterscheiden [können]", weshalb "klargestellt werden [sollte], dass derartige Verträge nicht als Kreditverträge im Sinne der Richtlinie gelten", wobei "[zu] derartigen Verträgen zum Beispiel ein Versicherungsvertrag gehören [würde], bei dem für die Versicherung monatliche Teilzahlungen erbracht werden". Diese Äußerungen sind vom verpflichtend umzusetzenden Inhalt der Richtlinie nicht erfasst, da sie sich außerhalb der der verfügenden Bestimmungen der Richtlinie finden; bereits der Wortlaut der vorstehend wiedergegebenen Formulierungen lässt erkennen, dass es sich keineswegs um zwingenden Regelungsgehalt handelt. Zum anderen stehen diese einer überschießenden Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber nicht entgegen (Schürnbrand aaO.).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch eine Betrachtung als Rabattgewährung bezogen auf die Zahlung des Jahresbeitrages in einem Betrag gegenüber der unterjährigen Zahlung nicht möglich, da die Beklagte eine solche Gestaltung gerade nicht gewählt hat.
Die durch die Verwendung der Klausel begründete Wiederholungsgefahr hat die Beklagten nicht ausgeräumt; die bloße Aufgabe der Verwendung schließt es nicht aus, dass diese Klausel in Zukunft wieder verwendet wird. Die Abgabe einer zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr geeigneten strafbewehrten Unterlassungser- klärung hat die Beklagte abgelehnt.
Die Ansprüche sind nicht verjährt. Die streitgegenständlichen Klauseln werden bis heute verwendet und bei der Abwicklung bestehender Verträge bemüht.
Ob dem Versicherungsnehmer aufgrund des Vorliegens eines Zahlungsaufschubes ein Widerrufsrecht nach BGB zusteht und dieses möglicherweise mit den versicherungsvertragsrechtlichen Vorschriften über den Widerruf in Konflikt steht, hat die Kammer nicht zu beurteilen, da dies nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist.
Der Zahlungsanspruch steht dem Kläger aus §§ 5 UKlaG, 12 UWG zu, da die Abmahnung nach den vorstehenden Ausführungen berechtigt war. Die Kammer schätzt die Höhe des Anspruchs auf der Grundlage der Darlegungen des Klägers sowie vergleichbarer vor der Kammer geführter Verfahren auf den geltend gemachten Betrag von € 214,00.
Der Zinsanspruch ist berechtigt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB.
Die Ordnungsmittelandrohung findet ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Die von der Beklagten beantragte Abwendung der Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung gemäß § 712 ZPO war nicht zu gewähren. Hiergegen spricht schon das überwiegende Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung des Verbots von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, § 712 Abs. 2 ZPO. Außerdem ist nicht dargelegt, welchen nicht zu ersetzenden Nachteil die Vollstreckung dem Schuldner bringt.
Streitwert: 25.000,00 €.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 07.12.2011
Az: 12 O 193/10
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