Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2007
Aktenzeichen: 27 W (pat) 38/06

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2007, Az.: 27 W (pat) 38/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Widersprechende hat gegen die am 20. August 2004 veröffentlichte Eintragung der am 1. Juni 2004 angemeldeten, für

"Parfüm; Anzeigekarten/Bilder; Handtaschen; Möbel; Textilhandtücher/Bettwäsche; Bekleidungsstücke"

geschützten Marke Nr. 304 31 852 Wiedergabe der Marke Widerspruch eingelegt aus ihren international registrierten Marken 1.

bicoseit 13. März 2002 eingetragen unter Nr. IR 777 238 für

"Klasse 10: Alèses;

Klasse 20: Meubles, lits, ch‰lits, matelas et sommiers et parties des produits precites; literie et meubles rembourres.

Klasse 24: Protègematelas, housses pour matelas, molletons, draps et taies d'oreillers, housses d'edredons, couvertures de lit."

2.

BICO seit 31. Oktober 1998 eingetragen unter Nr. IR 531 360 für

"Klasse 20: Matelas, lits et parties des produits precites; literie et meubles rembourres.

Klasse 24: Protègematelas et leurs parties."

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 25. Januar 2006 die Widersprüche zurückgewiesen, weil ungeachtet der Frage einer von der Inhaberin der angegriffenen Marke bestrittenen rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken die durch die Buchstabenfolge "lli" in der angegriffenen Marke bewirkten Unterschiede im Gesamteindruck der gegenüberstehenden Marken so prägnant seien, dass eine Verwechslungsgefahr ausscheide. Auch eine von der Widersprechenden behauptete mittelbare Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil der Verkehr keine Veranlassung habe, die angegriffene Marke nur als Verkleinerungsform der Widerspruchsmarken anzusehen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält eine Verwechslungsgefahr weiterhin für gegeben. Der übereinstimmende Wortanfang "bico" sei betont, die abweichende Endung "lli" nicht prägnant und unbetont. Auch schriftbildlich kämen sich die Marken sehr nahe. Ferner werde der Verkehr die angegriffene Marke nur als Verkleinerungsform der Widerspruchsmarken ansehen. Darüber hinaus sei auch eine assoziative Verwechslungsgefahr gegeben, weil die Widersprechende über eine Zeichenserie verfüge (IR 744 327 "BICO BELLO", IR 425 335 "bico-Noblesse", IR 531 361 "BICOFLEX", IR 592 725 "bico mobiletto", IR R 744 326 "BICOLINO"), so dass der Verkehr auch die angegriffene Marke der Widersprechenden zuordnen werde. Der Einwand der Inhaberin der angegriffenen Marke, es gebe Drittmarken, stehe dabei nicht entgegen, denn nur wenige Drittmarken seien auf den hier relevanten Warengebieten geschützt und zudem sei über ihre Benutzung nichts dargetan.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 25. Januar 2006 aufzuheben und die angegriffene Marke für die Waren der Klassen 20 und 24 zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält eine Verwechslungsgefahr aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses für ausgeschlossen. Auch eine assoziative Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil der Bestandteil "BICO" in zahlreichen Drittmarken vorhanden sei.

In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende ihren Widerspruch auf die angegriffenen Waren der Klassen 20 und 24 beschränkt; im Übrigen haben die Beteiligten ihren jeweiligen Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II. A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch wegen mangelnder Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.

Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), ist der Grad der Markenähnlichkeit ungeachtet der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken selbst unter Zugrundelegung normaler Kennzeichnungskraft zu gering, um eine Verwechslungsgefahr zwischen ihnen und der angegriffenen Marke selbst auf dem beiderseits identischen Warengebiet zu begründen.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden beschränkt sich die Übereinstimmung zwischen den gegenüberstehenden Marken allein auf die identische Buchstabenfolge "bico". Für den Verkehr besteht dabei keine Veranlassung, die weiteren Buchstaben "-lli" in der angegriffenen Marke außer acht zu lassen, weil sie für sich keinen Sinn ergeben und damit in den Augen des Verkehrs zusammen mit der vorangehenden Buchstabenfolge eine nicht auflösbare Einheit ergeben, so dass die angegriffene Marke ihnen nicht als mehrgliedriges, sondern als einheitliches Wort entgegentritt, aus dem nicht einzelne Buchstaben herausgegriffen werden können. Gegenüber dieser eher zufälligen Übereinstimmung in der Buchstabenfolge "bico" fallen dem Verkehr bei den gegenüberstehenden Marken sehr viel stärker die bestehenden Unterschiede auf, nämlich die abweichende Silbenzahl, Vokalfolge, Betonung und Wortlänge. Hierdurch erhält die angegriffene Marke ein gegenüber den Widerspruchsmarken völlig andersartiges optisches und akustisches Erscheinungs- und Klangbild, das die angesprochenen Verkehrskreise - dies sind nach der Art der jeweils beanspruchten Waren alle Inlandsverbraucher - ohne jede Mühe von den Widerspruchsmarken unterscheiden können.

Wegen ihrer Wahrnehmung als einheitliches, gerade nicht aus mehreren Bestandteilen bestehendes Wort scheidet auch eine assoziative Verwechslungsgefahr aus, weil der Verkehr in der jüngeren Marke einen aus der Buchstabenfolge "bico" gebildeten Stammbestandteil nicht erkennen kann, so dass für ihn auch keine Veranlassung besteht, die angegriffene Marke irrtümlich der aus einem solchen Stammbestandteil und unterschiedlichen zusätzlichen Elementen gebildeten Markenfamilie der Widersprechenden zuzuordnen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Widersprechende Inhaberin der IR-Marke 744 326 "BICOLINO" ist; denn diese wird der Verkehr ohne Weiteres als italienische Verkleinerungsform des Wortes "bico" ansehen, weil ihm die zur Bezeichnung einer Verkleinerung gebräuchliche italienische Wortendung "-lino" geläufig ist; demgegenüber vermag er in den zusätzlichen Buchstaben "-lli" keine vergleichbare Bedeutung zu erkennen, so dass er auch keine Veranlassung hat, die angegriffene Marke in irgendeine Beziehung zu den Widerspruchsmarken und der weiteren Marke der Widersprechenden "bicolino" zu setzen und damit letzterer irrtümlich zuzuordnen.

Da die Markenstelle somit die Widersprüche zu Recht zurückgewiesen hat, war der hiergegen gerichteten Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg zu versagen.

B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 24.04.2007
Az: 27 W (pat) 38/06


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