Landgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 22. April 2015
Aktenzeichen: 5/12 Qs 1/15
(LG Frankfurt am Main: Beschluss v. 22.04.2015, Az.: 5/12 Qs 1/15)
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 30.10.2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24.09.2014 (AZ.: 913 Ds 7230 Js 252154/11) wird als unbegründet verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Unter dem 06.01.2014 erhob die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Anklage gegen die Angeschuldigten W. und H. mit dem Vorwurf, im Herbst 2009 bei zwei Gelegenheiten als Angestellte (Vertriebsbeauftragter und Vertriebsleiter) der R. V. M. GmbH dem Zeugen G., der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der G. D. GmbH ist, eine Gegenleistung in Höhe von 10.000,- EUR bzw. 20.000,- EUR für den bevorzugten Kauf einer Druckmaschine durch die G. D. GmbH angeboten zu haben, was der Zeuge G. jeweils ablehnte. Mit Beschluss vom 24.09.2014, der der Staatsanwaltschaft unter dem 30.10.2014 zugestellt wurde, lehnte das Amtsgericht Frankfurt am Main die Eröffnung des Hauptverfahrens ab und wies die Anklage mangels hinreichenden Tatverdachts zurück. Nach Auffassung des Amtsgerichts fehlt es im Rahmen des § 299 Abs. 2 StGB am Tatbestandsmerkmal des €Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes€, da der Zeuge G. als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der G. D. GmbH hierunter nicht falle. Dem tritt die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main in ihrer sofortigen Beschwerde vom 30.10.2014 entgegen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 210 Abs. 2, 311 Abs. 1 StPO statthaft und nach § 311 Abs. 2 StPO fristgerecht eingelegt worden.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 24.09.2014 ist rechtmäßig, da die Anklage zutreffend nicht zuzulassen und das Hauptverfahren nicht zu eröffnen war.
Es fehlt an dem hinreichenden Tatverdacht einer Straftat nach § 299 Abs. 2 StGB, da der Zeuge G. als Alleingesellschafter und Geschäftsführer kein €Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes€ ist.
Sowohl Angestellte, d.h. Personen, die in einem weisungsgebundenen Dienstverhältnis zum Inhaber eines Geschäftsbetriebes stehen, als auch Beauftragte, die € ohne Angestellte zu sein € aufgrund ihrer Stellung berechtigt und verpflichtet sind, für den Geschäftsbetrieb zu handeln bzw. betriebliche Entscheidungen zu beeinflussen (vgl. zu den Definitionen Fischer, StGB 62. Aufl. 2015, § 299, Rn. 9 u. 10), sind nach dem Wortlaut der Norm einem Geschäftsbetrieb gegenübergestellt, von diesem unterschieden (sog. Prinzipal € Agent € Beziehung, vgl. MK-Krick, StGB 2. Aufl. 2014, § 299 Rn. 2), weshalb Einigkeit darüber besteht, dass der Betriebsinhaber de lege lata nicht tauglicher Täter bzw. nicht bestochene Person sein kann (m.w.N. MK-Krick, 2. Aufl. 2014, § 299, Rn. 3; LK-Tiedemann, StGB 12. Aufl. 2008, § 299, Rn. 10; feststellend auch Bürger, wistra 2003, S. 130 ff. (132); vgl. auch BGH NZWiSt 2014, 346 € Hochseeschleppergeschäft: betreffend Gesellschafter einer GbR).
Rechtspolitisch wird teils ein Bedürfnis erkannt, diese Privilegierung des Geschäftsherrn vor dem Hintergrund aufzugeben, dass der Schutz des Wettbewerbs vor unlauterer Beeinflussung trotz der Vertragsfreiheit des Betriebsinhabers des Schutzes auch dann bedarf, wenn der Betriebsinhaber sachfremde Entscheidungen trifft. Allein es bräuchte der Gesetzesänderung, wollte man etwaiges Handeln des Betriebsinhabers pönalisieren.
Betriebsinhaber ist, wer Eigentümer des Unternehmens ist, dieses betreibt und mithin betriebliche Entscheidungen im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 StGB in eigener Verantwortung frei treffen kann (vgl. Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, S. 88 ff.). Als Alleingesellschafter der Gärtner GmbH ist der Zeuge Gärtner in diesem Sinne Betriebsinhaber, mithin nicht taugliche bestochene Person nach § 299 Abs. 2 StGB.
Fraglich ist, ob etwas anderes gilt, weil der Zeuge G. hier zugleich Geschäftsführer der von ihm als natürliche Person zu unterscheidenden juristischen Person GmbH ist. Entweder ist der Zeuge G. mittels Geschäftsführervertrages bei der GmbH angestellt und damit Angestellter eines geschäftlichen Betriebes (so m.w.N. für die h.M. SK-Rogall, StGB 2012, § 299, Rn. 27), oder jedenfalls € mit der Staatsanwaltschaft € aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer Beauftragter (so auch HH-Momsen, StGB 2010, § 299, Rn. 11). Formal betrachtet, liegt daher ein Agent € Prinzipal € Verhältnis vor. Zweifel entstehen deshalb, weil es sich tatsächlich betrachtet um ein und dieselbe Person handelt. Ob der geschäftsführende Alleingesellschafter tauglicher Täter der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bzw. Bestochener sein kann, ist in der Tat bislang höchstrichterlich nicht entschieden.
Überwiegend wird vertreten, der geschäftsführende Alleingesellschafter stehe faktisch einem Betriebsinhaber gleich, da er nicht weisungsgebunden, mithin ebenso wie dieser frei in seinen Entscheidungen über den Bezug von Waren bzw. gewerblichen Leistungen sei (so SCH/SCH-Heine/Eisele, StGB 29. Aufl. 2014, § 299, Rn. 7a; ebenso mit weiteren Nachweisen LK-Tiedemann, StGB 12. Aufl. 2008, § 299, Rn. 14 und SK-Rogall, StGB 2012, § 299 Rn. 28 sowie MK-Krick, StGB 2. Aufl. 2014, § 299, Rn. 4).
Nach anderer Ansicht, ist auf die rechtliche Selbstständigkeit der juristischen Person €GmbH€ und der Person des für die GmbH €Handelnden€ abzustellen (vgl. Fischer, StGB 62. Aufl. 2015, § 299, Rn. 8a; Bürger, wistra 2003, S. 130 ff.; Pragal, Die Korruption innerhalb des privaten Sektors und ihre strafrechtliche Kontrolle durch § 299 StGB, Diss. 2006, S. 163 f.).
Letztere Ansicht betont die rechtliche Selbstständigkeit der GmbH im Sinne von § 13 Abs. 1 GmbHG einschließlich voneinander zu trennender Vermögensmassen und verweist darauf, dass die nach § 37 Abs. 1 GmbHG weisungsabhängigen Geschäftsführer, seien sie Eigen- oder Fremdgeschäftsführer, Pflichten nach § 43 Abs. 1 GmbHG gegenüber der GmbH treffen. Damit ist es möglich, dass u.U. auch der geschäftsführende Alleingesellschafter zivilrechtlich haftet und demzufolge stimmig, dass sich gegebenenfalls eine Strafbarkeit wegen Untreue ergeben kann. Dann liegt es nach dieser Ansicht wegen der Einheit der Rechtsordnung und des Gleichlaufs der Strafbarkeit des geschäftsführenden Alleingesellschafters bei Untreue und Bestechung/Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr auf der Hand, den geschäftsführenden Alleingesellschafter tatbestandlich bei § 299 StGB zu erfassen. Dem stehen nach Ansicht der Kammer aber die unterschiedlichen Schutzzwecke beider Normen entgegen.
Zunächst trifft es mit der Staatsanwaltschaft zwar zu, dass § 299 StGB neben dem lauteren Wettbewerb und der Chancengleichheit der Mitbewerber und deren Vermögen (vgl. LK-Tiedemann, 12. Aufl. 2008, § 299 Rn. 1) auch dem Schutz des Vermögens des Geschäftsherrn des Bestochenen dient (vgl. BGH NJW 1983, 1919 ff. (1920); MK-Krick, StGB 2. Aufl. 2014, § 299 Rn. 2), wobei hier im Einzelnen streitig ist, in welchen Rangverhältnissen die Schutzgüter stehen (vgl. dazu SK-Rogall, StGB 2012, § 299, Rn. 11 u. 14). Das Korrumpieren eines Angestellten/Beauftragten birgt nämlich die Gefahr eines Vermögensnachteils auf Seiten seines Geschäftsherrn, womit die Norm einen vorverlagerten Vermögensschutz erreicht und in dieser Lesart als abstraktes Gefährdungsdelikt eingeordnet wird (LK-Tiedemann, StGB 12. Aufl. 2008, § 299, Rn. 6; MK-Krick, StGB 2. Aufl. 2014, § 299 Rn. 3). Daher läge es zunächst nahe, wie bei der Untreue nach § 266 StGB zu verfahren. Dort kann sich auch der geschäftsführende Alleingesellschafter strafbar machen, wenn er ihm obliegende Vermögensbetreuungspflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt und hierdurch einen Vermögensschaden der Gesellschaft verursacht. Zwar ließe sich zunächst parallelisieren, dass es sich unter Betonung der rechtlichen Selbstständigkeit des Vermögensinhabers/Betriebsinhabers und des für diesen handelnden Geschäftsführers um €fremdes Vermögen€ bei § 266 StGB und um einen €fremden Geschäftsbetrieb€ bei § 299 StGB handelt. Bei dieser formalen Betrachtung kann es allerdings nicht bleiben. Der Untreuetatbestand dient unmittelbar dem Vermögensschutz, der beschriebene Unwert liegt in einer vermögensbezogenen Pflichtverletzung gegenüber dem Vermögensinhaber, der sich dieses Individualschutzes durch Einwilligung begeben kann, was die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lässt. Ausnahmsweise hindert die Einwilligung, die im Falle eines geschäftsführenden Alleingesellschafters mutmaßlich im Zeitpunkt seines Handelns als Geschäftsführer vorliegt, nach Rechtsprechung und herrschender Literatur dann nicht die Annahme einer Pflichtwidrigkeit, wenn das Stammkapital oder die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft in anderer Weise gefährdet wird (vgl. BGH 49, 147, 157 f.; m.w.N. Fischer, StGB 62. Aufl. 2015, § 266 Rn. 96). In diesem Fall sind die Vermögensinteressen der Gläubiger des Vermögensinhabers in den Schutzbereich des § 266 einbezogen. Diese Interessen schützt § 299 StGB jedoch soweit ersichtlich einhellig nicht. Außerdem ist die Bestechung/Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nicht auf eine vermögensbezogene Pflichtverletzung ausgerichtet. Die Unlauterkeit kann zwar ebenso in einer solchen Pflichtverletzung liegen, muss sie aber nicht. Nach h.M. ist es nicht erforderlich, dass überhaupt eine Pflichtverletzung im Verhältnis Agent € Prinzipal vorliegt (vgl. Fischer, StGB 62. Aufl. 2015, § 299, Rn. 16; dazu auch Bürger, wistra 2003, S. 130 ff. (133); s. bereits RG 48, 291 € €Korkengeldfall€). Wenn man mit dieser Auffassung aber der Meinung ist, dass es der umfassende Schutz des freien Wettbewerbs gebiete, auch denjenigen nach § 299 StGB zu bestrafen, der mit der Kenntnis und Billigung des Geschäftsherrn handelt, so bedeutet dies zugleich, dass eine Einwilligung des Geschäftsherrn, die € von Ausnahmen abgesehen € grundsätzlich die Strafbarkeit wegen Untreue entfallen lässt, den Tatbestand des § 299 StGB nicht berührt. Dann aber liegt es nach Auffassung der Kammer eher fern, für die Frage, ob der geschäftsführende Alleingesellschafter wie der Betriebsinhaber zu behandeln ist, mit der Parallele zum Vermögensdelikt des § 266 StGB zu argumentieren. Daher verfängt auch das Argument der Staatsanwaltschaft nicht, dass den Eigengeschäftsführer nach dem GmbHG dieselben Pflichten treffen, wie den Fremdgeschäftsführer, letzterer von § 299 StGB erfasst ist und daher auch der Eigengeschäftsführer und Alleingesellschafter vom Tatbestand erfasst wird. Aber auch der Erst-Recht-Schluss, den das Amtsgericht zieht, vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Das Gericht konstatiert in dem angefochtenen Beschluss, dass ausgehend von der o.g. Einschränkung der Dispositionsbefugnis des Geschäftsherrn bei Existenz gefährdenden Eingriffen zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger in anders gelagerten Fällen mit der Einwilligung des Vermögensinhabers € mithin auch der des Alleingesellschafters € die Pflichtwidrigkeit und damit die Tatbestandsverwirklichung nach § 266 StGB entfällt. Wenn aber in letzterem Fall bereits keine Untreue verwirklicht sei und es bei der Bestechung/Bestechlichkeit lediglich um die Verhinderung von Expektanzen, nicht aber um Existenzgefährdungen gehe, müsse eine Einwilligung des Alleingesellschafters hier erst recht zur Tatbestandslosigkeit führen. Der Schluss lässt sich jedoch nach Ansicht der Kammer nicht ziehen, da § 299 StGB € im Unterschied zur Amtsträgerbestechung € gerade nicht an einer Pflichtverletzung anknüpft, vielmehr darüber hinausgeht. Außerdem betrifft die mit der Unrechtsvereinbarung verursachte abstrakte Gefahr eines Vermögensschadens beim Betriebsinhaber nicht notwendig nur verhinderte Expektanzen, vielmehr nicht selten Vermögensminderungen durch (vielfache) Einrechnungen von Schmiergeldern in den den Betriebsinhaber bindenden Auftrag. Ferner hat zwar wie oben geschildert eine Einwilligung des Vermögensinhabers im Rahmen des Untreuetatbestands wegen des zu schützenden Individualrechtsguts Vermögen Relevanz, ob eine solche jedoch € wie die Staatsanwaltschaft zutreffend anmerkt € bereits mit Blick auf das u.a. vom Tatbestand des § 299 StGB geschützte Allgemeinrechtsgut des freien Wettbewerbs tatbestandsausschließend wirken kann, ist fraglich (s. oben u.a. RG 48, 291 € €Korkengeldfall€).
Im Ergebnis ist aber dem Amtsgericht zuzustimmen. Denn anders als bei der Untreue ist der Schutz des Vermögens des Betriebsinhabers bei § 299 StGB vorverlagert und knüpft an eine Beeinflussung der Kommunikationsebene zwischen Agent und Prinzipal an, durch die € neben der Gefährdung des freien Wettbewerbs € die abstrakte Gefahr von Vermögensschäden des Prinzipals verbunden ist.
Der Gesetzgeber hat sich mit dem Wortlaut des vormaligen § 12 UWG und nach Überleitung der Norm ins StGB mit dem Wortlaut des § 299 StGB ausdrücklich dagegen entschieden, den Geschäftsherrn tatbestandlich zu erfassen. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass der Geschäftsinhaber innerhalb der der Vertragsfreiheit gesetzten Grenzen Verträge nach Belieben schließen und dabei auch Anbieter gegenüber Mitbewerbern bevorzugen und sich von unsachlichen Motiven leiten lassen darf (vgl. m.w.N. Odenthal, wistra 2005, S. 170 ff. (171)).
Vorteilsversprechen und -zuwendungen an den Geschäftsinhaber sind insoweit nicht unlauter, weil es in § 299 StGB de lege lata um die vom Betriebsinhaber selbst gehegte Erwartung auf Unterlassung unsachgemäßer Einwirkung auf ihn durch seine Angestellten und Beauftragten geht. Durch das Korrumpieren seiner Mitarbeiter besteht die Möglichkeit, dass Entscheidungen, die ausschließlich im betrieblichen Interesse zu entscheiden wären, durch sachfremde persönliche Interessen des von ihm eingesetzten Sachwalters beeinflusst sein können, was letztlich den fairen Wettbewerb beeinträchtigt (s. Odenthal, wistra 2005, 170 ff.). Geht es bei der Amtsträgerbestechung um die Lauterkeit der Amtsführung, ist durch das Korrumpieren von Angestellten/Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes die Lauterkeit der Dienstführung in Gefahr. So versteht auch Pragal die Nichtkäuflichkeit übertragener oder sonst fremdverantwortlicher Entscheidungsmacht und das entsprechende Vertrauen der Allgemeinheit als strafrechtlich geschütztes Rechtsgut in § 299 StGB (sog. Prinzipal-Agent-Konflikt, Pragal, Die Korruption innerhalb des privaten Sektors und ihre strafrechtliche Kontrolle durch § 299 StGB, Diss. 2006, S. 146 ff.) Der Schutz des fairen Wettbewerbs, wie ihn der Gesetzgeber hier gewähren wollte, indem er den Geschäftsinhaber aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgenommen hat, beschreibt den Unwert korruptiven Handelns als wettbewerbswidrige/ marktregelwidrige Beeinflussung der innerbetrieblichen Willensbildung eines Marktteilnehmers dadurch, dass den entscheidungsbefugten bzw. entscheidungsbeeinflussenden Mitarbeitern Vorteile versprochen bzw. gewährt werden. Der Betriebsinhaber wird durch das Korrumpieren des Angestellten/Beauftragten nicht nur vermögensbezogen, sondern zudem in seiner wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit getroffen (so SK-Rogall, StGB 2012, § 299 Rn. 12). Gerade (auch) in diesem Sinne zählt der Betriebsinhaber zum geschützten Personenkreis von § 299 StGB, so dass er nicht zugleich Täter sein kann, was nach Blessing (Müller-Guggenberg/Bieneck-Blessing, WirtschaftsStrR 5. Aufl. 2011, S. 1731) tatsächlich betrachtet auch dann der Fall ist, wenn er förmlich in einem Anstellungsverhältnis zum Geschäftsbetrieb steht, etwa der Geschäftsführer einer GmbH, der gleichzeitig Alleingesellschafter ist oder der tatsächliche Geschäftsinhaber, wenn er sich eines Strohmanns ohne eigene Entscheidungsbefugnisse bedient.
Demnach kann nach Ansicht der Kammer das formale Agent € Prinzipal € Verhältnis bei dem geschäftsführenden Alleingesellschafter nicht genügen. Es handelt sich bei derjenigen Person, die für den Geschäftsbetrieb handelt, um ein und dieselbe Person, die deren Willen bildet (so die h.M. begründend SK-Rogall, StGB 2012, § 299 Rn. 28).
Dies wird auch deutlich an der Konstellation, die Grützner, Momsen und Behr (NZWiSt 2013, S. 88 ff.) skizzieren. Geht das Vorteilsverlangen vom Betriebsinhabers selbst bezüglich seines eigenen Betriebes aus oder wird ihm insoweit selbst ein Vorteil versprochen oder zugewendet, ist dieser als Betriebsinhaber straflos und in seinem Entschluss über die Verwendung des Vorteils als Betriebsvermögen, ob für sich, den Betrieb oder Dritte, frei. Weiterführend kann der geschäftsführende Alleingesellschafter in der umgekehrten Situation, wenn er eine Unrechtsvereinbarung in der Stellung des Geschäftsführers schließt, nicht zugleich von seiner Stellung als Betriebsinhaber und damit nicht vom Treffen einer Unrechtsvereinbarung als Alleingesellschafter und Betriebsinhaber abstrahieren. Auch liegt darin zugleich die Beeinflussung seiner Willensbildung für die betriebliche Entscheidung. Es liefe auf eine Art Selbstschädigung in dem Sinne hinaus, dass der geschäftsführende Alleingesellschafter sich seiner eigenen Entscheidungsfreiheit begibt, was letztlich mit der Bestechung/Bestechlichkeit des Betriebsinhabers deckungsgleich wäre. Auch aus Sicht des Bestechenden stellt sich dies so dar; sein Vorteilsversprechen bzw. -gewähren ist gegenüber einem geschäftsführenden Alleingesellschafter nicht darauf gerichtet, auf den Alleingesellschafter dadurch Einfluss zu nehmen, dass seine Dienstführung als Geschäftsführer unterlaufen wird, vielmehr darauf, dass seine tatsächlich durch ihn angestellte Willensbildung für die betriebliche Entscheidung beeinflusst wird.
Aus demselben Grund werden auch die tatsächlichen Betriebsinhaber bei Einschaltung von Strohmännern ohne eigene Entscheidungsbefugnis nicht von § 299 StGB erfasst (vgl. HH-Momsen, StGB 2010, § 299, Rn. 11.1; SCH/SCH-Heine/Eisele, StGB 29. Aufl. 2014, § 299, Rn. 7a).
Anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft auch nicht daraus, dass zunächst das geschützte Rechtsgut des freien Wettbewerbs für eine weite Auslegung des Tatbestandes und eine Erfassung des geschäftsführenden Alleingesellschafters spricht und auch bei Entscheidungen des Alleingesellschafters die Gefahr sachfremder Erwägungen entgegen den Interessen der GmbH für den Fall persönlicher Vorteilszuwendungen besteht. Dies zielt im Ergebnis auf eine Argumentation, mit der jedweder Betriebsinhaber u.U. tatbestandlich zu erfassen wäre (allein mit dieser Argumentation aber betreffend den geschäftsführenden Alleingesellschafter zustimmend Pragal, Die Korruption innerhalb des privaten Sektors und ihre strafrechtliche Kontrolle durch § 299 StGB, Diss. 2006, S. 164), was sich mit dem derzeitigen Wortlaut der Norm nicht vereinbaren lässt und daher nur dort Platz greift, wo de lege ferenda mit Blick auf etwaig weitergehenden Schutz der Wettbewerbsfreiheit im UWG oder entsprechende europäische Maßnahmen der Betriebsinhaber zum tauglichen Täter bzw. zum tauglichen Bestochenen i.S.v. § 299 StGB gemacht werden soll (vgl. auch Bürger, wistra 2003, 130 ff.).
Ob es dann, wenn man wie hier auf die unlautere Beeinflussung der Kommunikation zwischen Agent und Prinzipal abstellt, noch gerechtfertigt wäre, im sogenannten €Korkengeldfall€ dem Reichsgericht zu folgen oder etwa nur in dem Fall unzureichender Dokumentation bzw. Transparenz der Billigung des Geschäftsherrn, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls die Frage, ob der geschäftsführende Alleingesellschafter dem Betriebsinhaber gleichzustellen ist, ist mit Blick darauf, dass § 299 StGB sowohl nach seinem Wortlaut, als auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auf Fälle der unlauteren Beeinflussung der Kommunikation zwischen Agent und Prinzipal abzielt, de lege lata zu bejahen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Rechtsauffassung der Kammer von der derzeitigen Gesetzeslage war die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO.
LG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 22.04.2015
Az: 5/12 Qs 1/15
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