Bayerischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 8. Juli 2013
Aktenzeichen: 7 CS 13.929
(Bayerischer VGH: Beschluss v. 08.07.2013, Az.: 7 CS 13.929)
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin stellte mit Bescheid vom 31. Oktober 2011 fest und missbilligte, dass die Antragstellerin (Veranstalterin eines von der Antragsgegnerin rundfunkrechtlich genehmigten bundesweiten Fernsehprogramms) mit der Ausstrahlung von Sponsorhinweisen, Werbespots, Splitscreen-Werbespots und Dauerwerbesendungen für €bet-at-home€ im August und September 2011 gegen das glücksspielrechtlich normierte und rundfunkrechtlich zu beachtende Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen (§ 5 Abs. 3 des Glücksspielstaatsvertrags [GlüStV]) verstoßen habe (Nr. 1 des Bescheids). Sie untersagte der Antragstellerin in Bezug auf den genannten Veranstalter von Sportwetten die weitere Ausstrahlung von Fernsehwerbeformen, insbesondere Spotwerbung, Dauerwerbesendungen, Teleshopping und Sponsorhinweise, sofern von diesen eine Anreizwirkung zur Teilnahme am Glücksspiel ausgehe (Nr. 2 des Bescheids) und ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung an (Nr. 3 des Bescheids), die auf Antrag der Antragstellerin vom Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 21. März 2012 (Az. M 17 S 11.5500) aufgehoben wurde, weil der Anordnung der sofortigen Vollziehung kein Beschluss der rundfunkaufsichtlich zuständigen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zugrunde lag und diese deshalb formell rechtswidrig war.
Die Antragsgegnerin änderte - nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 - den von der Antragstellerin gerichtlich angefochtenen Bescheid vom 31. Oktober 2011 mehrfach (Änderungsbescheide vom 9.7.2012 und vom 23.10.2012) und fasste zuletzt mit Änderungsbescheid vom 23. Oktober 2012 die Untersagungsverfügung neu. Sie untersagte der Antragstellerin €die weitere Ausstrahlung von allen Fernsehwerbeformen (§ 7 RStV) für €bet-at-home€€ und stellte diese Untersagung unter die auflösende €Bedingung der vollziehbaren Erteilung einer glücksspielrechtlichen Fernseh-Werbeerlaubnis€ im Sinn des durch den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag neugefassten § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV (Nr. 2 des Änderungsbescheids vom 23.10.2012). Sie ordnete die sofortige Vollziehung der neugefassten Untersagungsverfügung an (Nr. 3 des Änderungsbescheids vom 23.10.2012).
Das Verwaltungsgericht München hat mit Beschluss vom 11. April 2013 den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (in Bezug auf die €Beanstandung der Ausstrahlung von Sponsorhinweisen, Werbespots, Splitscreen-Werbespots und Dauerwerbesendungen für €bet-at-home€€ sowie in Bezug auf die neugefasste Untersagungsverfügung) abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel (Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage) weiter. Sie gibt zur Begründung ihrer Beschwerde an, die Antragsgegnerin habe die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung rechtsfehlerhaft angeordnet. Die Anordnung selbst sei nur formelhaft begründet worden. Die Entscheidung über die Anordnung leide außerdem an einem Ermessensfehler, weil die Antragsgegnerin verkannt habe, dass es infolge der Neufassung des § 5 Abs. 3 GlüStV zu einer Ausweitung der Werbung für Glücksspiel im Fernsehen kommen werde. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts seien ferner die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren nicht offen. Das glücksspielrechtliche Fernsehwerbeverbot (§ 5 Abs. 3 GlüStV) sei auch nach seiner Neufassung unionsrechtswidrig. Die Begrenzung der Veranstaltung und Bewerbung von Glücksspielangeboten sei nicht kohärent geregelt. Den auf einzelne Medien beschränkten und durch spezifische Besonderheiten nicht gerechtfertigten Werbeverboten stehe eine Angebots- und Werbeausweitung in anderen Medien gegenüber. Der Gesetzgeber habe zur Rechtfertigung seiner Verbotsregelung nicht auf ein spezifisches Gefährdungspotenzial der Fernsehwerbung abgestellt. Es sei deshalb inkohärent, wenn der Gesetzgeber die Medien Internet und Fernsehen einer Beschränkung unterwerfe, zugleich aber das ebenso breitenwirksame Medium Hörfunk von der Beschränkung vollständig ausnehme. Das Fernsehwerbeverbot sei auch nicht geeignet, die Verwirklichung der Ziele des Glücksspielrechts zu fördern. Denn das Werbeverbot in diesem Bereich führe dazu, dass die Werbung in anderen reichweitenstarken, breitenwirksamen und effektiven Medien verstärkt werde. Zudem gelte in Schleswig-Holstein seit dem 1. Januar 2012 ein liberalisiertes Glücksspielrecht, das Werbung für öffentliches (erlaubtes) Glücksspiel auch im Fernsehen ermögliche. Die Inkohärenz der gesetzlichen Regelungen habe der Bundesgerichtshof erkannt und dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens Fragen zur Vereinbarkeit des Neuregelung des Glücksspielrechts mit dem Unionsrecht unterbreitet (BGH, B.v. 24.1.2013 € I ZR 171/10 € ZUM 2013, 395). Auch die Werbepraxis staatlicher Anbieter (Online-Angebote staatlicher Lotteriegesellschaften und entsprechende Bewerbung im Internet) führe zu einer Inkohärenz des streitgegenständlichen Fernsehwerbeverbots. Jugendschutz und Spielsuchtbekämpfung könnten dann nicht mehr erreicht werden, wenn nachhaltig und breitenwirksam für staatliche Glücksspielangebote geworben werde. Das glücksspielrechtliche Fernsehwerbeverbot sei auch deshalb unionsrechtswidrig, weil durch die €verschleppte Konzessionserteilung€ seit Neuregelung des Glücksspielrechts zum 1. Juli 2012 die bisherige unionsrechtswidrige Situation fortbestehe und dies den staatlichen Anbietern erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffe. Die neugefasste Untersagungsverfügung sei schließlich auch im Hinblick auf die auflösende Bedingung der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Fernseh-Werbeerlaubnis ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig. Im Übrigen sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage höher zu gewichten als das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Der Antragstellerin drohten erhebliche existenzbedrohende Nachteile, falls die Untersagungsverfügung vollzogen werde. Diese Nachteile habe das Verwaltungsgericht nicht hinreichend ermittelt. Die €lediglich beiläufig behaupteten Gründe des öffentlichen Vollzugsinteresses€ müssten demgegenüber zurücktreten, zumal die damit verbundenen Ziele (auch im Hinblick auf das Verhalten der staatlichen Anbieter) nicht erreicht werden könnten.
Die Antragsgegnerin tritt dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§ 146 Abs. 4 Satz 6, § 80 Abs. 5 VwGO) rechtfertigt keine vom angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts abweichende Entscheidung. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen jenes Beschlusses (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend zu bemerken:
a) Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung nicht rechtsfehlerhaft angeordnet. Die Anordnung ist weder €nur formelhaft begründet€ noch leidet sie an einem Ermessensfehler.
aa) Die Antragsgegnerin hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen (neugefassten) Untersagungsverfügung ordnungsgemäß schriftlich mit dem Schutz der Fernsehzuschauer vor werblich wirkenden Maßnahmen mit dem Anreiz zur Teilnahme am öffentlichen Glücksspiel begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) und darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin vorangegangene rundfunkaufsichtliche Beanstandungen und Untersagungsverfügungen der Antragsgegnerin (ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung) in Bezug auf das Fernsehwerbeverbot für öffentliches Glücksspiel (§ 5 Abs. 3 GlüStV) nicht durch entsprechende Änderungen ihrer Werbepraxis vollzogen hat. Eine effiziente Durchsetzung des gesetzlichen Fernsehwerbeverbots ist deshalb ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung nicht möglich. Die insoweit gegebene Begründung ist nicht deshalb €formelhaft€, weil die Antragsgegnerin in anderen (vergleichbaren) Fällen ähnliche oder dieselben Formulierungen verwendet.
bb) Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Entscheidung über die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung keineswegs verkannt, dass es infolge der Neufassung des § 5 Abs. 3 GlüStV künftig zu Ausnahmen vom gesetzlichen Werbeverbot für Glücksspiel im Fernsehen kommen wird. Sie hat von Anfang an die Ausstrahlung aller Fernsehwerbeformen untersagt, von denen eine Anreizwirkung zur Teilnahme am Glücksspiel ausgeht. In Bezug auf das fortbestehende grundsätzliche Verbot der Werbung für Glücksspiel im Fernsehen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV) ist dabei keine Änderung eingetreten. Schon bisher hat der glücksspielrechtliche Werbebegriff eine Aufforderung oder einen Anreiz zum Wetten vorausgesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2012 € 7 CS 12.1642 € juris Rn. 13). Dem Umstand, dass künftig die Länder zur besseren Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags Werbung für Sportwetten im Fernsehen unter Beachtung weiterer gesetzlicher Maßgaben erlauben dürfen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV), hat die Antragsgegnerin bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung hinreichend Rechnung getragen. Der Senat hat bereits entschieden, dass es beim (grundsätzlichen) Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen bleibt, solange eine solche Werbeerlaubnis € wie im vorliegenden Fall € noch nicht erteilt ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2012 € 7 CS 12.1642 € juris Rn. 14).
b) Entgegen der Annahme der Antragstellerin sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren offen. Das die Untersagungsverfügung rechtfertigende glücksspielrechtliche Fernsehwerbeverbot (§ 5 Abs. 3 GlüStV) ist weder offensichtlich unionsrechtswidrig noch ist die neugefasste Untersagungsverfügung im Hinblick auf die ihr beigefügte auflösende Bedingung der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Fernseh-Werbeerlaubnis ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig.
aa) Der Senat hat in seinen den Beteiligten bekannten Entscheidungen vom 29. November 2012 (Az. 7 CS 12.1527 und 7 CS 12.1642), auf welche sich der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts im Wesentlichen stützt, bereits ausgeführt, dass er keinen hinreichenden Grund sieht, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von einer Anwendung des gesetzlichen Verbots der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen abzusehen, obwohl von Seiten der Antragsteller jeweils Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieses gesetzlichen Verbots mit Unionsrecht (Art. 56 AEUV) geltend gemacht worden sind. Der Senat hält an dieser Einschätzung auch im Hinblick auf die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Einwände der Antragstellerin fest.
(1) Der Gesetzgeber hat die Fernsehwerbung für öffentliches Glücksspiel grundsätzlich verboten, weil Werbung in diesem Medium die größte Breitenwirkung erzielt und häufig besonders auf Jugendliche und andere gefährdete Gruppen ausgerichtet ist (vgl. LT-Drs. 15/8486 S. 11). Außerdem soll das Werbeverbot im Fernsehen dazu beitragen, dass keine zusätzlichen werblichen Anreize für ereignisbezogene Wetten unmittelbar vor oder während der Live-Übertragung von Sportereignissen im Fernsehen gesetzt werden (vgl. LT-Drs. 16/11995 S. 26). Dem Einwand der Antragstellerin, die Begrenzung der Bewerbung von Glücksspielangeboten sei nicht kohärent geregelt, weil den auf einzelne Medien beschränkten und durch spezifische Besonderheiten nicht gerechtfertigten Werbeverboten eine Angebots- und Werbeausweitung in anderen Medien gegenüberstehe, ist durch entsprechende tatsächliche Ermittlungen im Hauptsacheverfahren Rechnung zu tragen. Dort wird zu prüfen sein, ob die vom Gesetzgeber angenommene Breitenwirkung und Zielgruppenorientierung der Werbung im Fernsehen das Werbeverbot rechtfertigt oder € wie die Antragstellerin meint € ein €spezifisches Gefährdungspotenzial der Fernsehwerbung€ nicht zu erkennen ist. Ebenso ist zu prüfen, ob aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber für andere Medien (etwa dem Hörfunk) kein Werbeverbot angeordnet hat, folgt, dass das Fernsehwerbeverbot nicht mehr geeignet ist, die Verwirklichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags zu fördern. Gegenwärtig teilt der Senat indes nicht die Einschätzung der Antragstellerin, eine Ausweitung der Werbung in anderen €reichweitenstarken, breitenwirksamen und effektiven Medien€ lasse das Verbot der Fernsehwerbung als sachlich nicht mehr gerechtfertigt erscheinen.
(2) Dem Umstand, dass in Schleswig-Holstein seit dem 1. Januar 2012 (vorübergehend) ein liberalisiertes Glücksspielrecht gegolten hat, das Werbung für öffentliches Glücksspiel auch im Fernsehen ermöglichte, misst der Senat vorliegend keine besondere Bedeutung zu. Ebenso wie der Bundesgerichtshof, der dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens Fragen zur Vereinbarkeit der Neuregelung des Glücksspielrechts mit dem Unionsrecht unterbreitet hat (vgl. BGH, B.v. 24.1.2013 € I ZR 171/10 € ZUM 2013, 395), geht der Senat davon aus, dass sich die - durch den mittlerweile erfolgten Beitritt Schleswig-Holsteins zum Glücksspielstaatsvertrag zwischenzeitlich ohnehin beseitigten - glücksspielrechtlichen Sonderregelungen in einem Bundesland auf die Anwendung der in den anderen Bundesländern geltenden Bestimmungen voraussichtlich nicht entscheidungserheblich auswirken.
(3) Soweit die Antragstellerin ihren Einwand wiederholt, die Werbepraxis staatlicher Anbieter (vorrangig im Internet) führe zu einer Inkohärenz des streitgegenständlichen Fernsehwerbeverbots, weil Jugendschutz und Spielsuchtbekämpfung dann nicht mehr erreicht werden könnten, wenn nachhaltig und breitenwirksam für staatliche Glücksspielangebote (im Internet) geworben werde, hält der Senat an seiner Ansicht fest, dass die Beantwortung der Frage, ob das grundsätzliche Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot entspricht, erst nach entsprechenden tatsächlichen Ermittlungen im Rahmen des Hauptsacheverfahrens möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2012 € 7 CS 12.1642 € juris Rn. 17). Nach Einschätzung des Senats besteht kein hinreichender Grund zur Annahme, das Werbeverbot im Fernsehen, das sich auf private und staatliche Sportwettanbieter gleichermaßen bezieht, könne im Hinblick auf eine etwaige strukturelle Duldung von Verstößen gegen Werbeverbote (im Internet) zur Verwirklichung der mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele tatsächlich nicht mehr beitragen.
(4) Der weitere Einwand der Antragstellerin, das glücksspielrechtliche Fernsehwerbeverbot sei schon deshalb unionsrechtswidrig, weil durch die €verschleppte Konzessionserteilung€ seit der Neuregelung des Glücksspielrechts zum 1. Juli 2012 die bisherige unionsrechtswidrige Situation fortbestehe und dies den staatlichen Anbietern erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffe, ist nicht begründet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar € ausweislich der von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zuletzt genannten Pressemitteilung vom 20. Juni 2013 € in mehreren noch nicht veröffentlichten Entscheidungen vom 20. Juni 2013 (Az. BVerwG 8 C 10.12 u.a.) festgestellt, dass das frühere (bis zum Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag geltende) Sportwettenmonopol gegen die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verstoßen hat, weil es nicht kohärent und systematisch dazu beitrug, die gesetzlichen Monopolziele der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes zu verwirklichen. Die Inkohärenz des (früheren) Sportwettenmonopols hat jedoch € wie der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden hat € nicht zur Folge, dass das unabhängig davon geltende gesetzliche Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen nicht mehr anwendbar wäre (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2012 € 7 CS 12.1527 € juris Rn. 26; BVerwG, B.v. 17.10.2012 € 8 B 47.12 € NVwZ-RR 2013, 97 Rn. 13 m.w.N.; U.v. 1.6.2011 € 8 C 5/10 € BVerwGE 140, 1 Rn. 13). Der Umstand, dass der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag das bisherige staatliche Glücksspielmonopol zu Gunsten privater Anbieter öffnet und der Werbepartner (Veranstalter von Sportwetten) der Antragstellerin möglicherweise eine Konzession für Sportwetten erhalten wird, ist daher für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung unerheblich. Selbst wenn dem Werbepartner der Antragstellerin die Veranstaltung von Sportwetten schon jetzt erlaubt wäre, würde für ihn unverändert das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen gelten (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV), solange ihm eine die Werbung im Fernsehen ermöglichende Erlaubnis nicht erteilt ist (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV).
bb) Die (durch Änderungsbescheid vom 23.10.2012) neugefasste Untersagungsverfügung ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Hinblick auf die beigefügte auflösende Bedingung der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Fernseh-Werbeerlaubnis weder ermessensfehlerhaft noch unverhältnismäßig. Der Änderungsbescheid vom 23. Oktober 2012 hat vielmehr die seit dem 1. Juli 2012 geltende Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags aufgegriffen, nach der nunmehr das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen nicht mehr ausnahmslos gilt. Werbung für Sportwetten im Fernsehen kann künftig unter Beachtung der Werbegrundsätze nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV erlaubt werden (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Solange eine solche Werbeerlaubnis € wie vorliegend € nicht erteilt wurde, hat es allerdings € wie bereits ausgeführt € mit dem Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen sein Bewenden (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV). Die €auflösende€ Bedingung der vollziehbaren Erteilung einer glücksspielrechtlichen Fernseh-Werbeerlaubnis stellt demgegenüber klar, dass die Untersagungsverfügung außer Kraft tritt, sobald die Werbeerlaubnis erteilt wird, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere die Wirkung der Werbung auf jugendliche sowie problematische und pathologische Spieler zu beachten hat (§ 5 Abs. 4 Satz 2 GlüStV).
c) Entgegen der Annahme der Antragstellerin ist ihr Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht höher zu gewichten als das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. BayVGH. B.v. 29.11.2012 € 7 CS 12.1527 € juris Rn. 34), ist den gesetzlichen (und mutmaßlich erreichbaren) Zielen des Glücksspielstaatsvertrags generell ein höherer Stellenwert beizumessen als den wirtschaftlichen Interessen der Rundfunkveranstalter oder ihrer Werbepartner. Auf die Frage, welche finanziellen Nachteile der Antragstellerin im Einzelnen entstehen, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Bayerischer VGH:
Beschluss v. 08.07.2013
Az: 7 CS 13.929
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