Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 65/05

(BPatG: Beschluss v. 04.04.2007, Az.: 32 W (pat) 65/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Psychologieist für Waren der Klasse 16 sowie für Dienstleistungen der Klassen 38 und 41 zur Eintragung in das Register angemeldet.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 12. Mai 2005 größtenteils, nämlich für folgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:

"Druckereierzeugnisse; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Übermittlung von Informationen an Dritte über das Internet, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze, Content-Provider-Dienste, nämlich Bereitstellung von Plattformen oder Informationen im Internet, Ausstrahlung von Rundfunk- und (Kabel-) Fernsehprogrammen; Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung, Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten), Veröffentlichung und Herausgabe von Verlagserzeugnissen in Print- und elektronischer Form mit redaktionellen Inhalten und Werbemittel im Off- und Online-Bereich (richtig: -Betrieb), eines Verlagsgeschäfts, sportliche und kulturelle Aktivitäten".

Die angemeldete Marke sei insoweit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, da sie lediglich den Inhalt bzw. das Thema der Waren und Dienstleistungen beschreibe. Darüber hinaus fehle der angemeldeten Bezeichnung insoweit die zur Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft. Sie erschöpfe sich in der Beschreibung des inhaltlichen Bezugs der Waren und Dienstleistungen und enthalte keine darüber hinausgehende individualisierende Eigenart. Entgegen der Auffassung des Anmelders weise das Markenwort keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit auf.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Die angemeldete Bezeichnung sei unterscheidungskräftig. Sie stelle auch in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen keine rein beschreibende Angabe dar, sondern sei interpretations- und ausfüllungsbedürftig, woraus eine gewisse Kennzeichnungskraft resultiere. Potentielle Kunden erhielten mit der Angabe "Psychologie" keinen eindeutigen Aufschluss über den Inhalt. Hinter der angemeldeten Bezeichnung könnten sich wissenschaftliche Informationen zum Thema "Psychologie" verbergen. In Betracht kämen aber auch Detektivgeschichten oder Tipps zum Umgang mit Menschen im Alltag und in besonderen Situationen. Die angemeldete Marke könne daher in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für verschiedene Inhalte auf unterschiedlichem Niveau und für ganz unterschiedliche Publikumsgruppen - vom Berufspsychologen über den wissenschaftlichen Laien bis hin zum Krimi-Leser - stehen. Aufgrund der sich hieraus ergebenden Mehrdeutigkeit sei die angemeldete Bezeichnung auch nicht freihaltebedürftig.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die Markenstelle hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung als Marke ausgeschlossen ist.

Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014 [Nr. 27 ff.] - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850, 854 [Nr. 18] - FUSSBALL WM 2006).

1. Enthält eine angemeldete Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, ist ihr die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

Mit dem Begriff "Psychologie", der in wörtlicher Übersetzung "Lehre von der Seele" bedeutet, wird die Wissenschaft von den bewussten und unbewussten psychischen Vorgängen und Zuständen sowie deren Ursachen und Wirkungen in Bezug auf das Erleben und Verhalten des Menschen bezeichnet (Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006, Stichwort: Psychologie).

a) In Bezug auf die Dienstleistungen

"Erziehung, Ausbildung und sportliche Aktivitäten"

weist der Begriff "Psychologie" den angesprochenen Verkehr lediglich auf ein Fachgebiet hin, das bei der Erbringung dieser Dienstleistungen von Bedeutung ist. Erzieher/innen und Ausbilder/innen werden regelmäßig auf diesem Gebiet geschult, da psychologische Aspekte bei Erziehung und Ausbildung eine nicht unwichtige Rolle spielen. Sportler, vor allem Profisportler, werden außer von einem für die sportlichen Leistungen zuständigen Trainer häufig auch von Sportpsychologen betreut. Die Annahme, der Verkehr werde den Begriff "Psychologie" als einen individuellen Hinweis auf einen bestimmten Dienstleistungsanbieter auffassen, liegt daher ersichtlich fern.

b) Bei einem weiteren Teil der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen handelt es sich um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können. Insoweit ist - unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG, für den geringere Anforderungen gelten - die markenrechtliche Unterscheidungskraft auch dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung nach Art eines Sachtitels geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; GRUR 2003, 342 - Winnetou).

Nach diesen Grundsätzen muss der angemeldeten Marke auch hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden:

"Druckereierzeugnisse; Übermittlung von Informationen an Dritte über das Internet, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze, Content-Provider-Dienste, nämlich Bereitstellung von Plattformen oder Informationen im Internet, Ausstrahlung von Rundfunk- und (Kabel-) Fernsehprogrammen; Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung, Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten), Veröffentlichung und Herausgabe von Verlagserzeugnissen in Print- und elektronischer Form mit redaktionellen Inhalten und Werbemittel im Off- und Online-Betrieb eines Verlagsgeschäfts; kulturelle Aktivitäten".

Denn insoweit gibt die angemeldete Bezeichnung lediglich darüber Auskunft, dass die Waren und Dienstleistungen sich mit dem Thema "Psychologie" befassen. Entgegen der Auffassung des Anmelders führen die unterschiedlichen Vorstellungen, die sich der Verkehr von der "Psychologie" möglicherweise macht, ebenso wenig zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit wie die unterschiedlichen Möglichkeiten der Behandlung dieses Themas in den Print- oder elektronischen Medien. Der Umstand, dass Fragen der Psychologie entweder streng wissenschaftlich, populärwissenschaftlich oder auch in unterhaltender Form vermittelt werden können, ändert nichts am Charakter der Bezeichnung "Psychologie" als Sachhinweis und rechtfertigt daher nicht die Annahme, dass die so gekennzeichneten Medienprodukte vom Verkehr einem bestimmten individuellen Anbieter zugerechnet werden (BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 58).

2. Die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, fehlt auch solchen Angaben, die die betreffenden Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar beschreiben, aber aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2006, 850, 854 [Nr. 28 f.] - FUSSBALL WM 2006; Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 110 f.).

Bei dem Begriff "Psychologie" handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, nämlich um ein - wie auch eine Reihe anderer Bezeichnungen für Wissenschaften - aus dem Griechischen abgeleitetes, in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenes Fremdwort zur Bezeichnung der Wissenschaft von den bewussten und unbewussten psychischen Vorgängen und Zuständen. Auch wenn ein großer Teil des Verkehrs möglicherweise nicht genau definieren kann, was der Begriff "Psychologie" im Einzelnen umfasst, wird er diese Bezeichnung doch lediglich als Fachausdruck für eine bestimmte Wissenschaft wahrnehmen. Die Annahme, der Verkehr werde darin zugleich einen individuellen Hinweis auf einen bestimmten Anbieter erkennen, liegt dementsprechend auch in Bezug auf solche Waren und Dienstleistungen, diekeinen unmittelbaren Bezug zur "Psychologie" haben, fern. Die Markenstelle hat daher zu Recht die Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung auch hinsichtlich der "Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation" verneint.






BPatG:
Beschluss v. 04.04.2007
Az: 32 W (pat) 65/05


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