Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 28. August 2012
Aktenzeichen: I-4 U 100/12

(OLG Hamm: Urteil v. 28.08.2012, Az.: I-4 U 100/12)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 26. April 2012 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin handelt seit 2006 im Internet mit Bekleidung. Sie ist nach ihrem Vortrag Rechtsnachfolgerin der E Ltd., T-Straße, ...5 S3, die zunächst als Klägerin auftrat. Die E Ltd. war nach der vorgelegten Markeninformation (Anlage K 1 Bl.9) im Juli 2011 Inhaberin der deutschen Wortmarke „Iced Out“ mit der Nr. 302010043924 mit Priorität vom 21. Juli 2010. Diese Marke ist u.a. auch eingetragen für Bekleidungsstücke. Die Marke ist zwischenzeitlich, nämlich am 8. Februar 2012 auf die Klägerin übertragen worden.

Der Beklagte handelt seit dem 1. April 2009 mit Textilien verschiedener Hersteller und vertreibt diese auch über die Auktionsplattform eBay. Am 4. Juli 2011 bot der Beklagte bei eBay unter der Artikelnummer 120738849486 eine Hose wie folgt an: „NEU - W2 Iced Out Money On My Mind Jeans grau W 34“. Unter den Artikelmerkmalen war als Zustand „Neu mit Etikett“, als Farbe „grau“, als Stil „Hip-Hop/Baggy“, als Marke „W2“ und als Hosengröße „34“ angegeben. Im Angebot X ferner Fotos der Hose und das W2-Logo einbezogen (Internetauszug Bl. 11 ff.).

Die E Ltd. mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 20. Juli 2011 (Bl.15 ff.) ab, weil sie in diesem Angebot eine Verletzung ihrer Wortmarke „Iced Out“ sah. Sie forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen nicht ausgleichsfähigen Anwaltskosten, die sie nach einem Streitwert von 4.000,-- € mit 189,51 EUR bezifferte (vgl. Kostenrechnung Bl.19). Der Beklagte stellte eine Markenverletzung in Abrede, forderte seinerseits Erstattung seiner Anwaltskosten mit Schreiben vom 2. November 2011 (Bl.37) und bot denselben Artikel am 5. Dezember 2011 in unveränderter Form an (Bl.22).

Mit der am 7. Dezember 2011 eingegangenen Klage hat die E Ltd. die Unterlassung der Benutzung des Zeichens „ICED OUT“ im geschäftlichen Verkehr in Zusammenhang mit Bekleidungsstücken, insbesondere Hosen, sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 189,51 € und von Auskunftskosten in Höhe von 15,00 € verlangt. Sie hat gemeint, ihr stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil der Beklagte ohne ihre Zustimmung die Bezeichnung „ICED OUT“ markenmäßig zur Kennzeichnung eines Bekleidungsstücks schlagwortartig hervorgehoben nach Art einer Marke benutzt habe, und zwar ohne jeden warebeschreibenden Bezug. Da der Beklagte schuldhaft gehandelt habe, müsse er auch ihren Schaden in Form der entstandenen Anwaltskosten nach § 14 Abs. 6 MarkenG ersetzen.

Der Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Er hat zunächst behauptet, dass er ausschließlich Originalware der Klägerin vertreibe, die er legal auf dem Markt erworben habe und in Bezug auf die Erschöpfung eingetreten sei. Er hat später richtig gestellt, dass sich die beanstandeten Angebote auf Ware der Firma W2 mit Sitz in den USA bezogen hätten. Sie trage ersichtlich die Marke des Herstellers „W. Da die Hose mit einem in der Hip-Hop-Szene üblichen Schriftzug über der Gesäßtasche verziert sei, der im US-Slang „Iced Out“-Schriftzug genannt werde, sei der Begriff in der Artikelbezeichnung mit benutzt worden.

Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2012 hat die E Ltd. als Klägerin mitgeteilt, dass sie ihre Firma in E GmbH geändert und ihren Sitz verlegt habe (Bl.43).

Das Landgericht hat daraufhin das Rubrum im Sitzungstermin nach Erörterung entsprechend geändert und in der Folge die E GmbH als Klägerin behandelt. Dem hat der Beklagte erstinstanzlich nicht widersprochen.

Das Landgericht hat der E GmbH als neuer Klägerin die geltend gemachten Ansprüche zugesprochen, allerdings die Unterlassung auf die Benutzung des Zeichens „Iced Out“ bezogen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch bestehe aus §§ 4, 14 Abs. 5 MarkenG. Der Beklagte bewerbe eine Jeans mit der Bezeichnung „W2 Iced Out Money On My Mind Jeans“ und benutze damit den markenrechtlich zugunsten der Klägerin geschützten Begriff „Iced Out“. Da es sich dabei nicht um Originalware, sondern um Ware der Fima „W handele, liege eine Markenverletzung vor. Die Benutzung des Zeichens erfolge in dem Bereich der Bekleidungsstücke, für den der Markenschutz der Klägerin bestehe. Somit liege Warenidentität vor. Die Zeichenbenutzung begründe eine Verwechslungsgefahr, da die Marke „Iced Out“ unverändert übernommen werde, auch wenn davor und dahinter andere Begriffe gestellt würden. Es sei unschädlich, dass der Begriff „W vorangestellt worden sei und eine Aneinanderreihung englischer Worte nachfolge, deren Sinn sich dem Verbraucher nicht erschließe. Die sich im vorderen Bereich befindliche Bezeichnung „Iced Out“ sei vielmehr prägend.

Es sei auch unerheblich, ob diese Bezeichnung in der Hip-Hop-Szene eine bestimmte Bedeutung habe und ob der Aufdruck im „Iced Out Style“ angefertigt sei. Eine Erschöpfung könne nicht eingetreten sein, weil die Hose nicht von der Klägerin auf den Markt gebracht worden sei. Da die Abmahnung rechtmäßig gewesen sei, könne die Klägerin aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag auch die Freistellung in Bezug auf die geltend gemachten Kosten verlangen.

Der Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an. Er rügt zunächst, dass das Urteil gegen § 308 ZPO verstoße. Das Landgericht habe der E GmbH die Ansprüche zugesprochen, die ursprünglich die E Ltd verfolgt habe. Die E Ltd existiere aber nach wie vor (Anlage BK 1 Bl.126). Sie habe nicht umfirmiert in E GmbH. Diese eigenständige Firma sei am 7. Oktober 2011 gegründet worden und bestehe neben der E Ltd. Die nach § 319 Abs. 1 ZPO erfolgte Rubrumsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit sei somit zu Unrecht erfolgt, weil es nicht um die unrichtige Bezeichnung identischer Parteien gegangen sei, sondern weil es sich um unterschiedliche Parteien gehandelt habe. Das ergebe sich auch aus einem aktuellen Registerauszug in Bezug auf die Klagemarke. Daraus folge, dass es in Bezug auf die Klagemarke einen Inhaberwechsel gegeben habe, dessen Eintragung mit dem Formular W 7616 beantragt worden sei, dass der alte und der neue Markeninhaber hätten unterschreiben müssen. Hätte es sich um eine bloße Firmenänderung gehandelt, hätte diese dagegen mit dem Formular W 7614 beantragt werden müssen und insoweit hätte eine Unterschrift des identischen Markeninhabers genügt. Dies alles zeige, dass es sich in Wirklichkeit um eine Auswechselung der Klägerin gehandelt habe, ohne dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten. Das Urteil sei zugunsten einer Partei ergangen, die mangels der dafür erforderlichen Prozesshandlung nie Partei des Rechtsstreits geworden sei. Schon deshalb sei das Urteil aufzuheben, wobei die E GmbH die richtige Berufungsbeklagte sei, weil sie als vermeintliche Klägerin über den Titel verfüge.

Der E GmbH stehe der Unterlassungsanspruch auch nicht zu, weil sie zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung nicht Markeninhaberin gewesen sei.

Auch der E Ltd stehe der Unterlassungsanspruch nicht zu. Das gelte schon deshalb, weil deren Abmahnung vom 20. Juli 2011 rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Der entsprechende Einwand könne auch im Markenrecht erhoben werden. Er rechtfertige sich daraus, dass die E-Gesellschaften für sich zahlreiche kennzeichnungsschwache und beschreibende Marken hätten eintragen lassen wie etwa neben der Klagemarke auch die deutsche Wortmarke „Bling Bling“. Sie hätten durch ihren Prozessbevollmächtigten dann wegen angeblicher Verletzung dieser Marken umfangreich abmahnen lassen. So habe eine Google-Suche unter „abmahnung I Iced out“ 513 Ergebnisse gebracht. Von denen legt der Beklagte die ersten drei ausgedruckten Seiten als Anlage BK 4 vor. Der Umfang dieser Abmahntätigkeit stehe in keinem Verhältnis zur Geschäftstätigkeit der E Ltd, die mit einem Geschäftskapital von einem britischen Pfund ausgestattet sei. Deren Abmahnung vom 20. Juli 2011 enthalte verschiedene Elemente, die für einen Rechtsmissbrauch sprächen. So gehe der Unterlassungsanspruch weit über die konkrete Verletzungshandlung hinaus und fordere generell ein Verbot der Benutzung der Bezeichnung „Iced Out“ sogar auch für Schuhwaren und Kopfbedeckungen. Es werde auch der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs verlangt. Für den Eingang der Unterlassungserklärung und die Zahlung der Abmahngebühr werde dieselbe Frist gesetzt und für den Fall des Fristablaufs mit gerichtlichen Schritten gedroht. In der vorformulierten Unterlassungserklärung werde im Rahmen der Kostenerstattung die Umsatzsteuer verlangt, obwohl die E Ltd. vorsteuerabzugsberechtigt sei.

Unabhängig davon habe das Landgericht auch zu Unrecht eine Markenrechtsverletzung angenommen. Es fehle schon an einer markenmäßigen Benutzung von „Iced Out“, weil die Verwendung der Bezeichnung in den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Herkunftshinweis verstanden werde. Diese Kreise seien es gewohnt, die wichtigste Information über Qualität, Image und Wert einer Jeans durch die Marke zu erhalten, die fast immer zuerst genannt werde und auch hier in der konkreten Benutzungsform mit „W als erste genannt worden sei. Anschließend würden dann die Aufmachung oder andere Ausstattungsmerkmale wie „burned out“ oder „stone washed“ oder „bleached out“ angeführt. Als solcher die Ausstattung beschreibender englischer Begriff im past particle sei hier für die angesprochenen Verbraucher der Hip-Hop oder Rap-Szene „Iced out“ gebraucht worden. Dieser Begriff stamme aus der Hip-Hop Szene und habe ursprünglich auf eine protzige Ausstattung mit Diamanten und Juwelen hingewiesen. Für die unterschiedliche Bedeutung von „W und „Iced Out“ spreche hier auch, dass in der folgenden Artikelbeschreibung die Hose als „mega coole Baggy Pant der Marke „W beschrieben würde. Danach sei vollkommen klar, dass es um eine Hose der Marke „W ging, die eben „Iced Out“ war. Vorsorglich führt der Beklagte dann noch aus, dass auch im Falle einer markenmäßigen Benutzung jedenfalls keine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen begründet worden wäre. Dabei sei die Wechselwirkungslehre zu berücksichtigen und auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen seien. Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei hier wegen ihres beschreibenden Anklangs allenfalls unterdurchschnittlich und schwach. Der Schutzumfang sei gering. Unter Berücksichtigung dessen fehle eine hinreichende Ähnlichkeit der Zeichen. Dabei seien „Iced out“ und „W2 Iced Out Money On My Mind Jeans” zu vergleichen. Das letztere Zeichen trete dem Betrachter dabei als Ganzes entgegen. Es werde nicht allein durch „Iced Out“ geprägt, so dass gerade nicht „Iced out“ und „Iced Out“ zu vergleichen seien, wie es das Landgericht getan habe. Vielmehr sehe der angesprochene Verkehr die am Anfang stehende Bezeichnung „W als den prägenden Bestandteil an. Danach folgten noch sieben weitere jeweils beschreibende englischsprachige Begriffe, die nicht auseinandergerissen werden dürften. Nur darunter sei auch „Iced Out“ als Beschreibung der Ausgestaltung der Jeans zu finden. Berücksichtige man dieses, so wichen die Zeichen in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht ebenso wie im Sinngehalt so stark voneinander ab, dass eine Verwechslung nicht möglich sei. Die Tatsache, dass das Landgericht die falschen Zeichen miteinander verglichen habe, zeige sich auch daran, dass es schon nicht auf die richtige Antragstellung hingewirkt habe, nämlich das Verbot der konkreten Benutzungsform.

Im Übrigen würde es sich hier auch um den Fall einer nach § 23 Nr. 2 MarkenG erlaubten Markenbenutzung handeln.

Mangels Unterlassungsanspruch sei schließlich auch der Freistellungsanspruch nicht gegeben.

Der Beklagte hat seinen Prozessbevollmächtigten in der ersten Instanz, und zwar der Anwaltsgesellschaft S & S H und den beiden Anwälten S 1und S 2 Streit verkünden lassen. Die streitverkündete Anwaltsgesellschaft ist dem Rechtstreit auf Seiten des Beklagten beigetreten. Die Anwälte selbst sind nicht beigetreten.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und meint, das Landgericht habe ihr genau das zugesprochen, was sie beantragt habe, nicht mehr und nicht weniger.

Die E GmbH sei am 20. Juli 2011 gegründet und am 7. November 2011 in das Handelsregister des Amtsgerichts S2 eingetragen worden. Sie, die Klägerin, habe ausweislich der Gewerbe-Anmeldung nach § 14 GewO bei der Stadt S3 die E Ltd zum 1. Januar 2012 übernommen. Der Betrieb der Ltd sei erloschen. Sie, die Klägerin, habe mit Kaufvertrag vom 22. Dezember 2011 u.a. die Marke „Iced Out“ von der Ltd erworben. Demzufolge sei sie am 8. Februar 2012 als neue Markeninhaberin im Markenregister des DPMA eingetragen worden.

Die Klägerin stellt ein missbräuchliches Vorgehen in Abrede und lässt durch ihren Prozessbevollmächtigten anwaltlich versichern, dass sie im Jahre 2011 zwei und im Jahre 2012 drei Abmahnungen habe aussprechen lassen. Sie meint, aus der Trefferanzahl bei Google könne nicht auf Art und Umfang juristischer Tätigkeiten geschlossen werden.

Die Klägerin verneint schließlich auch eine lediglich unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft ihrer Marke und bestreitet, dass ein Zeichen dem Betrachter stets als Ganzes entgegenstehe. Der mündige Verbraucher achte vielmehr bei einer Kombination von Markenname und ggf. ergänzenden und beschreibenden Bestandteilen in erster Linie auf den Markennamen, in diesem Fall auf den Namen „Iced out“.

II.

Die Berufung ist begründet, weil der Klägerin weder ein Unterlassungsanspruch wegen Markenverletzung noch ein Freistellungsanspruch gegen den Beklagten zusteht.

1) Gegen die Zulässigkeit der Berufung des Beklagten bestehen keine Bedenken. Dieser ist durch die Verurteilung beschwert und muss sich gegen die nunmehrige Klägerin als derjenigen, der die Ansprüche zugesprochen worden sind, in jedem Fall zur Wehr setzen können.

2) Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass die frühere Klägerin E Ltd in erster Instanz objektiv unrichtig vorgetragen hat, als sie ihre eigene Umfirmierung in E GmbH behauptet hat. Zum Zeitpunkt des betreffenden Vortrags am 23. Februar 2012 bestanden vielmehr die E Ltd als damalige Klägerin und die jetzige Klägerin als unterschiedliche Rechtspersonen nebeneinander. Das ergibt sich bereits eindeutig aus dem Registerauszug vom 12. Juni 2012 (Anlage BK 1). Eigene Angaben der Klägerin in einer Gewerbeanmeldung können den Registerstand nicht ändern. Es kam somit aufgrund der unrichtigen Angabe zu einem Austausch zweier Gesellschaften nach Rechtshängigkeit, dem der Beklagte nicht zugestimmt hat. Eine Sachdienlichkeitserklärung des Landgerichts fehlt gleichfalls. Aber unabhängig davon, ob rechtlich die Voraussetzungen für eine zulässige subjektive Klageänderung vorlagen, hat das Landgericht in seinem Urteil die E GmbH als Klägerin angesehen und deren Parteistellung mit keinem Wort in Frage gestellt. Damit hat das Landgericht die E GmbH faktisch zur Partei gemacht, auch wenn es die beiden Gesellschaften für identisch gehalten hätte. Diese Entscheidung kann der Beklagte nach § 268 ZPO auch zusammen mit der Hauptsacheentschei­dung nicht mehr anfechten, und zwar ganz gleich, ob darin eine Berichtigung einer Parteibezeichnung nach § 264 ZPO oder eine nach § 263 ZPO sachdienliche Klageänderung zu sehen sein sollte (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1084, 1085).

3) Der Klägerin steht der von ihr verfolgte markenrechtliche Unterlassungsanspruch aus §§ 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegen den Beklagten entgegen der Einschätzung des Landgerichts nicht zu.

a) Bedenken bestehen gegen das angestrebte Verbot, das auf die Benutzung des Zeichens „ICED OUT“ gerichtet ist. Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch ist grundsätzlich darauf gerichtet, dass die konkrete Benutzungsform verboten wird, etwa weil sie verwechslungsfähig mit dem geschützten Zeichen ist. Dem ist der Antrag nicht gerecht geworden. Das Zeichen „ICED OUT“ hat der Beklagte so, nämlich in Großbuchstaben, überhaupt nicht benutzt. Es fehlt somit erkennbar an einer Wiederholungsgefahr. Abweichend vom Antrag hat das Landgericht dann die Benutzung des geringfügig abgeänderten Zeichens „Iced Out“ verboten, wie es der Beklagte als Zeichenbestandteil in der konkreten Verletzungsform benutzt hat. Auch insoweit hat eine Benutzung in Alleinstellung aber nicht stattgefunden. Es ist dafür keine konkrete Verletzungshandlung vorgetragen. Verboten werden könnte vielmehr allein die angeblich verletzende Benutzungsform in ihrer Gesamtheit (vgl. BGH GRUR 2011, 1140, 1141 -Schaumstoff Lübke), also die Benutzung des Zeichens „W2 Iced Out Money On My Mind Jeans“ im geschäftlichen Verkehr.

b) Es fehlt bereits an einer Verletzung des seit dem 8. Februar 2012 bestehenden Markenrechts der Klägerin. Sowohl die beanstandete Zeichenbenutzung vom 4. Juli 2011 als auch die erneute Benutzung dieses Zeichens am 5. Dezember 2011 fanden zu einer Zeit statt, als die E Ltd. noch Markeninhaberin war. Dafür, dass es auch nach dem Rechtsübergang noch zu einer gleichartigen Verletzungshandlung gekommen ist, ist nichts vorgetragen.

c) Unabhängig davon liegt auch keine markenmäßige Benutzung des in der Verletzungsform enthaltenen Zeichenbestandteils „Iced Out“ durch den Beklagten vor und dieser hat durch die Benutzung des Gesamtzeichens „W2 Iced Out Money Of My Mind Jeans“ keine Verwechslungsgefahr mit der Marke der Klägerin begründet.

aa) Bei dem in der beanstandeten konkreten Verletzungsform benutzten Zeichen hat der Beklagte entgegen dem Klägervortrag den Bestandteil „Iced Out“ nicht markenmäßig benutzt. Es handelt sich um ein Gesamtzeichen aus acht Wortbestandteilen, zu denen auch „Iced Out“ gehört. Wieso im Rahmen der Benutzung des Gesamtzeichens zur Kennzeichnung des angebotenen Produkts ausgerechnet dieser Bestandteil auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinweisen soll, wird nicht konkret vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Gerade dem Anfang eines aus mehreren Bestandteilen bestehenden Zeichens kommt im Allgemeinen eine besondere Bedeutung zu. Das Gesamtzeichen beginnt hier mit dem Wort „W. Damit wird vorab die Marke der Hose genannt in dem Sinne, dass sie aus dem Unternehmen der amerikanischen Firma „W stammt. Diese ist den angesprochenen Verbrauchern in Form der Internetnutzer, die sich für Jeans im Hip-Hop Style interessieren, sicherlich auch als Anbieterin bekannt. Es kommt hinzu, dass „W im Rahmen der Artikelmerkmale auf derselben Seite ausdrücklich als Marke bezeichnet worden ist (Bl.22). Die Artikelbeschreibung auf der Folgeseite beginnt mit „“mega coole Baggy Pant der Marke W (Bl.82). Dem Bestandteil „Iced Out“ kommt im Rahmen der Gesamtbezeichnung die Aufgabe zu, die Art der Ausstattung der Jeans, die über ein großes aufwendig aufgebrachtes Brandlogo verfügt, schlagwortartig zu kennzeichnen wie etwa „Branded Out“ oder besser bekannt „Stone Washed“. Auch das ist bei den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt. Von „Iced Out“ als Marke oder Herkunftshinweis ist nirgendwo die Rede und auch nirgendwo etwas zu sehen. Dem gegenüber sind auf der Jeans selbst gut erkennbar das V-Logo von W2 und die Bezeichnung „W aufgenäht (Bl.12). Am Ende des Angebots sind dann Logo und Marke noch einmal gesondert abgedruckt (Bl.13). Dafür dass neben der für die Herkunftskennzeichnung bestimmten Marke „W auch noch „Iced Out“ als Herkunftshinweis auf einen anderen Hersteller mit dieser Marke angesehen werden könnte, spricht nichts. Dies gilt umso mehr, als auch die weiteren Bestandteile des Verletzerzeichens „Money On My Mind“ in diesem Zusammenhang nicht schlechthin vernachlässigt werden können. Auch sie beschreiben nicht die Ware als solche. Das gilt nur für das Wort „Jeans“ am Ende, das erkennbar und konkret auf die angebotene Ware Bezug nimmt.

bb) Selbst wenn man aber annähme, dass jedenfalls das Gesamtzeichen ohne den Bestandteil „Jeans“ markenmäßig benutzt worden sein könnte, besteht angesichts des zu großen Unterschieds der Zeichen keine Verwechslungsgefahr. Es stehen sich dann „Iced out“ und „W2 Iced Out Money On My Mind“ gegenüber. Diese Zeichen werden von den angesprochenen Verbrauchern nicht in der Weise verwechselt, dass sie auf eine Herkunft aus dem gleichen Betrieb oder aus wirtschaftlich miteinander verflochtenen Betrieben hindeuten. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind die Umstände des Einzelfalls umfassend zu betrachten. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, dem Grad der Ähnlichkeit der Zeichen und der Kennzeichnungskraft der Klagemarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2008, 1002, 1004 Rdn. 23 -Schuhpark).

cc) Entscheidend für eine fehlende Verwechslungsgefahr ist hier die nicht hinreichende Zeichenähnlichkeit. Die Wortmarke „Iced out“ der Klägerin unterscheidet sich in ihrem Gesamteindruck ganz erheblich vom möglichen Verletzerzeichen. Maßgeblich ist auch hier die Sichtweise der angesprochenen Verkehrskreise. Somit kommt es auf die Vorstellung der Verbraucher an, an die sich die Parteien wenden, insbesondere die Mitglieder der Hip-Hop oder Rapszene, die ihre Zugehörigkeit zur Szene auch durch entsprechende Kleidung dokumentieren wollen. Diese erkennen ohne Weiteres bei der Klagemarke die beschreibenden Anklänge in dem Begriff „Iced Out“, der ursprünglich einmal die besondere Ausstattung mit funkelnden Diamanten und Juwelen beschreiben wollte. Das Zeichen wird gleichermaßen durch die beiden englischsprachigen Bestandteile „Iced“ und „out“ geprägt, die in der Zusammenfassung „Iced out“ eine hinreichende Unterscheidungskraft auch für Bekleidungsstücke aufweisen, selbst wenn sie in der Hip-Hop-Szene die Bedeutung haben können, dass damit eine besondere Ausgestaltung der Verzierung etwa im Bereich der Gesäßtaschen einer Jeans beschrieben werden kann. Wie oben schon ausgeführt, wird dagegen das Gesamtzeichen des Beklagten am ehesten von der Marke „W geprägt, die an erster Stelle steht und auf den Hersteller der Hose hinweist. Nähme man insoweit eine alleinige Prägung an, würde jede Verwechslungsgefahr zwischen „Iced out“ und „W sofort ausscheiden. Selbst wenn man aber darauf abstellen würde, dass die Durchschnittsverbraucher ein Zeichen regelmäßig als Ganzes wahrnehmen und nicht so sehr auf die verschiedenen Einzelbestandteile achten, fehlt es an einer hinreichenden Zeichenähnlichkeit. Zu deren Beurteilung ist unter Berücksichtigung der Art der betreffenden Waren zu bewerten, welche Bedeutung den einzelnen Elementen beizumessen ist (vgl. EuGH GRUR 2007, 700 -Limoncello). Selbst wenn man daher annähme, dass „Iced Out“ ebenso wie auch die anderen Zeichenbestandteile mit Ausnahme der Warenbezeichnung „Jeans“ das angegriffene Zeichen mitprägen könnte, käme dem Bestandteil „Iced Out“ jedenfalls kein bestimmender Einfluss auf das Gesamtzeichen zu. Denn eher beschreibende Angaben wie „Iced Out“ versteht der Verkehr gerade innerhalb von Zeichen, die aus mehreren Bestandteilen bestehen, nach der Lebenserfahrung viel eher als Sachhinweis. Das gilt insbesondere dann, wenn sich eine solche beschreibende Funktion auch aus der Stellung der beschreibenden Angabe im Gesamtzeichen neben einer ausdrücklichen Markenangabe ergibt (vgl. BGH GRUR 2004, 949, 950 -Regiopost/Regional Post). Berücksichtigt man alle genannten Bestandteile im Gesamtzeichen aber gleichermaßen, würde es sich beim beanstandeten Zeichen im Vergleich mit der Klagemarke um ein schriftbildlich, klanglich und auch dem Sinne nach völlig unterschiedliches Zeichen handeln. Das dann erheblich längere Zeichen des Beklagten sieht anders aus und klingt schon völlig anders, auch wenn sich die Worte „Iced Out“ unter vielem anderen darin wiederfinden. Während „Iced out“ sich auch von seinem Sinn her ausschließlich an der protzigen Ausstattung orientiert, die gleichsam zum alleinigen Markenzeichen wird, erhält das angebliche Verletzerzeichen nicht nur durch den Zusatz von „W, sondern auch durch die etwas verrückten Bestandteile „Money On My Mind“ im Gesamteindruck einen anderen Sinn, bei dem das Verrückte neben dem Protzigen seinen Q-Platz findet. Jedenfalls wird der Sinn des Gesamtzeichens bei weitem nicht so klar festgelegt wie bei der Klagemarke.

dd) Berücksichtigt man zudem die Wechselwirkung auch im Hinblick auf die relativ schwache Kennzeichnungskraft der Marke der Klägerin, die sich aus ihrem stark beschreibenden Charakter ergibt, so ist diese selbst bei der hier gegebenen Identität der geschützten Waren nicht in der Lage, die erheblichen Unterschiede der Zeichen auszugleichen. Die Eintragung als Marke spricht auch nicht zwangsläufig für eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Auch nur schwach kennzeichnungskräftige Marken werden eingetragen, wenn sie in Bezug auf die im Schutzbereich liegenden Waren und Dienstleistungen nur nicht rein beschreibend sind. Gerade im Fall von Marken, die sich als Wortmarken an eine beschreibende Angabe anlehnen und nur wegen der besonderen Verfremdung als Marke eingetragen werden konnten, ist der Schutzumfang der eingetragenen Marke aber gerade sehr eng zu bemessen, und zwar nach Maßgabe der Eigenprägung und auch der Unterscheidungskraft, die dem Zeichen die Eintragungsfähigkeit verleiht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei, also hier der Klägerin aufzuerlegen, soweit diese nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Deshalb hat die Klägerin hier auch die Kosten der beigetretenen Streitverkündeten zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 28.08.2012
Az: I-4 U 100/12


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