Bundespatentgericht:
Urteil vom 19. Dezember 2007
Aktenzeichen: 4 Ni 71/05
(BPatG: Urteil v. 19.12.2007, Az.: 4 Ni 71/05)
Tenor
1. Das deutsche Patent 199 46 509 wird für nichtig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 28. September 1999 angemeldeten Patents DE 199 46 509 (Streitpatent). Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum telefonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens bei einem Provider und umfasst 4 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Anspruch 1 lautet ohne Bezugszeichen wie folgt:
Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmers bei einem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer und/oder nach dem Mitteilen der PIN und/oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dassdas Aufstocken während des Telephonats erfolgt.
Wegen des Wortlauts der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 wird auf die Streitpatentschrift DE 199 46 509 C2 Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei wegen mangelnder Erfindungshöhe nicht patentfähig. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik seien zum Anmeldezeitpunkt Verfahren mit den Merkmalen des Patentgegenstandes bereits bekannt gewesen, die den Gegenstand des Streitpatents nahe gelegt hätten. Hierzu beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften:
D1 WO 98/21874 A1 D2 WO 98/25237 A1 Die Klägerin beantragt, das Patent DE 199 46 509 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass Patentanspruch 1 ohne Bezugszeichen folgende Fassung erhält (Hauptantrag):
Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmers bei einem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer oder nach dem Mitteilen der PIN oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dassdas Aufstocken während des Telephonats erfolgt.
hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 ohne Bezugszeichen folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 1):
Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
- Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
- Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
- Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
- Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
- Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmers bei einem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
- Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer oder nach dem Mitteilen der PIN oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dass - das Aufstocken während des Telephonats erfolgt,
- sich an das Überprüfen ein Nachprüfen durch den Provider anschließt, ob eine gültige Einzugsermächtigung des Teilnehmers vorliegt und das Aufstocken nur durchgeführt wird, wenn diese Bedingung zusätzlich zu der Bedingung vorliegt, dass die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist, und - das Anrufen und/oder das Mitteilen der Teilnehmernummer und/oder das Mitteilen der PIN automatisch durch eine Telephonkarte mit einem Chip erfolgt, auf dem die jeweiligen Daten gespeichert sind.
weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 ohne Bezugszeichen folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 2):
Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
- Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
- Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
- Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
- Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
- Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmers bei einem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
- Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer oder nach dem Mitteilen der PIN oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dass - das Aufstocken durch den Provider während des Telephonats unmittelbar erfolgt,
- sich an das Überprüfen ein Nachprüfen durch den Provider anschließt, ob eine gültige Einzugsermächtigung des Teilnehmers vorliegt und das Aufstocken nur durchgeführt wird, wenn diese Bedingung zusätzlich zu der Bedingung vorliegt, dass die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist, und - das Anrufen und/oder das Mitteilen der Teilnehmernummer und/oder das Mitteilen der PIN automatisch durch eine Telephonkarte mit einem Chip erfolgt, auf dem die jeweiligen Daten gespeichert sind.
Im Übrigen widerspricht die Beklagte dem Vortrag der Klägerin und hält das Streitpatent wenigstens im verteidigten Umfang für patentfähig.
Gründe
I.
Die zulässige Klage führt zunächst insoweit zum Erfolg, als die Beklagte das Streitpatent nicht mehr verteidigt und sich in zulässiger Weise selbst beschränkt hat (vgl. BGH GRUR 1956, 409 - Spritzgussmaschine I; BGH GRUR 1960, 542 - Flugzeugbetankung).
Die zulässige Klage ist begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist weder in der Fassung nach Hauptantrag noch in der Fassung nach den Hilfsanträgen patentfähig (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Dies gilt auch für die Unteransprüche 2 bis 4.
II.
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum telefonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens bei einem Provider für Telefoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte. Einleitend beschreibt die Streitpatentschrift verschiedene bekannte Verfahren zum Telefonieren mit Telefonkarten. So wird etwa eine vorausbezahlte und mit einem Chip versehene Telefonkarte beschrieben, von der während eines Telefongesprächs Guthabeneinheiten von einem entsprechend ausgerüsteten Automaten heruntergeladen werden, bis das Guthaben erschöpft ist [0002]. Solche Karten weisen den Nachteil auf, nur zur einmaligen Benutzung vorgesehen zu sein.
Als weitere bekannte Variante schildert die Streitpatentschrift Prepaid- Telefonkarten, die ein vorgegebenes Guthaben aufweisen, das innerhalb einer bestimmten Frist abtelefoniert werden muss. Nach Erschöpfung des Gesprächguthabens kann zwar der auf einer solchen Karte befindliche Chip in einem entsprechenden Geschäft umprogrammiert und damit mit einem neuen Gesprächsguthaben versehen werden, dieser Prozess sei aber sehr aufwändig [0003].
Schließlich sei aus der EP 0 623 903 A2 eine Smart Card bekannt, die nicht nur zum Telefonieren einzusetzen ist und deren Chip an einem Terminal aufgeladen werden könne, wozu das Terminal mit einer Datenbank kommuniziert, etwa über die Telefonleitung. Hierbei sei aber nachteilig, dass sich das Guthaben unmittelbar in der Smart Card befinde und daher bei deren Verlust auch verloren sei [0004].
2. Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Streitpatentschrift als zu lösendes technisches Problem, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, durch das ein vereinfachtes bargeldloses Nachladen des Gesprächsguthabens möglich ist [0005], wobei die Aufladung des Gesprächsguthabens während eines Telefonats und in Kombination mit einem Telefongespräch möglich sein soll [0006].
3. Daher lehrt das Streitpatent in seinem Anspruch 1 gemäß erteilter Fassung (ohne Bezugszeichen) ein Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmers bei einem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer und/oder nach dem Mitteilen der PIN und/oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dassdas Aufstocken während des Telephonats erfolgt.
Zum Hauptantrag:
4. Der Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der hier einschlägige Durchschnittsfachmann, ein Diplomingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet der Abrechnungsverfahren von Telefongebühren, zum Anmeldezeitpunkt aufgrund seines allgemeinen Fachwissens und in Kenntnis des in das Verfahren eingeführten Standes der Technik in der Lage war, das streitpatentgemäße Verfahren in nahe liegender Weise aufzufinden.
a) Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet folgendermaßen (ohne Bezugszeichen, Gliederungszeichen a bis j hinzugefügt):
Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabensa) bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
b) Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
c) Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
d) Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
e) Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
f) Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmers bei einem Providerg) um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
h) Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, i) wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer oder nach dem Mitteilen der PIN oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dassj) das Aufstocken während des Telephonats erfolgt.
b) Die Entgegenhaltung D2, vgl. Seite 4 Zeilen 12 bis 22, Seite 7 Zeile 17 bis Seite 8 Zeile 13, weiter die Figuren 6 und 7 und die zu diesen Figuren gehörigen Beschreibungsteile Seite 13 Zeile 1 bis Seite 15 Zeile 9 und Seite 15 Zeile 10 bis Seite 17 Zeile 2, beschreibt ein Verfahren zum telefonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens. Das Nachladen erfolgt bei einem Provider für Telefoneinheiten einer Prepaidkarte, Seite 4 Zeilen 12 bis 22 - Merkmal a. Bei dem bekannten Verfahren des Nachladens erfolgt in einem ersten Schritt das Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer, Seite 13 Zeilen 1 bis 9, Figur 6, Block 602, i. V. m. Seite 7 Zeilen 17 bis 22 - Merkmal b. Darauf folgend teilt der Teilnehmer an den Provider eine Teilnehmernummer (authorization code) mit, Seite 13 Zeilen 9 bis 17, Figur 6, Block 604, i. V. m. Seite 7 Zeilen 17 bis Seite 8 Zeile 2 - Merkmal c.
Während bei dem Verfahren nach D2 zum Autorisieren des Nachladens providerseitig nur die Teilnehmernummer genannt ist, Seite 13 Zeile 18 bis Seite 14 Zeile 3, Figur 6, Block 606,- Teil des Merkmals e, ist dem Fachmann in Zusammenhang mit dem in D2 beschriebenen Arten von Guthabentransfers von der dort beispielhaft benutzten Kreditkarte auch das Mitteilen einer PIN oder auch allgemein einer "identification number" bekannt, Seite 14 Zeilen 1 bis 11, Figur 6, Block 610 ff., i. V. m. Seite 7 Zeile 10 bis Seite 9 Zeile 4 und weiter i. V. m. Seite 8 Zeile 24 bis Seite 9 Zeile 4, Seite 10 Zeilen 15 bis 18, Seite 12 Zeilen 17 bis 18, und u. a. Seiten 18 und 19, Ansprüche 3 und 5 - Merkmal d. Nachdem der Fachmann aufgrund seines Fachwissens bestrebt ist, den Transfer eines Gesprächsguthabens möglichst sicher zu machen, nutzt er zusätzlich zur Teilnehmernummer eine PIN zur Überprüfung, ob der Teilnehmer zum Nachladen des Gesprächsguthabens berechtigt ist, und führt somit das Verfahren zum telefonischen Nachladen des Gesprächsguthabens mit Schritten gemäß den Merkmalen d und e. Ergänzend wird zu dem vorstehend genannten Fachwissen verwiesen auf die Druckschrift D1, Seite 13 Zeilen 9 bis 17, Seite 14 Zeile 25 bis Seite 15 Zeile 13.
Nach der Überprüfung der Autorisierung des Teilnehmers erfolgt nach dem aus D2 als bekannt entnehmbaren Verfahren das Aufstocken des Gesprächsguthabens bei dem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider, Seite 14 Zeile 1 bis Seite 15 Zeile 5, Figur 6, insbesondere Blöcke 606 bis 620 - Merkmale f und g. Nachdem das bekannte Verfahren mittels eines Hostcomputers und einer Datenbank des Providers durchgeführt wird, erfolgt das Aufstocken des Gesprächsguthabens bei dem Provider und durch den Provider, vgl. u. a. Seite 3 Zeilen 10 bis 18.
Die vorstehend abgehandelten Verfahrensschritte zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabens gemäß der D2 können in derselben Weise auch während eines Telefonats abgearbeitet werden, vgl. Seite 4 Zeilen 12 bis 22, Seite 15 Zeile 10 bis Seite 16 Zeile 17 i. V. m. Figur 7. Das Einleiten eines Telefonats erfolgt wie üblich durch Wählen einer Telefonnummer, dies kann gemäß der D2 nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer geschehen, Seite 7 Zeile 17 bis Seite 8 Zeile 12 - Merkmal h und erste "oder"-Alternative des Merkmals i. Nur am Rande und ergänzend sei zu den weiters in Merkmal i genannten "oder"-Alternativen ebenfalls auf das Fachwissen verwiesen. Nachdem es dem Fachmann überlassen ist, wie er den Ablauf des Verfahrens bzgl. der Autorisierung des Teilnehmers gestaltet, vgl. dazu einmal mehr die D1, Seite 14 Zeile 26 bis Seite 15 Zeile 13, obliegt es auch der Wahl des Fachmannes, wann er das Einleiten eines Telefonats zulässt.
Das Aufstocken des Gesprächsguthabens erfolgt schließlich während des Telefonats, Seite 16 Zeilen 3 bis 12, Figur 7 Block 714 - Merkmal j. Insbesondere wird das Aufstocken des Gesprächsguthabens vorgenommen, ohne die bestehende Telefonverbindung zu unterbrechen, Seite 4 Zeilen 12 bis 22, Seite 15 Zeilen 10 bis 12, Seite 16 Zeilen 15 bis 17.
Damit ist der Fachmann ohne erfinderische Überlegungen zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag gelangt.
c) Die Beklagte hat argumentiert, dass das Verfahren gemäß Streitpatent das Nachladen des Gesprächsguthabens ohne Unterbrechung eines laufenden Telefonats ermögliche und ohne Aufbau einer weiteren Verbindung. Somit könne das Nachladen ohne Zeitverlust erfolgen. Bei den aus dem Stand der Technik als bekannt entnehmbaren Verfahren sei dies nicht möglich, nach der D1 werde das Gespräch unterbrochen, bei der D2 werde eine parallele Verbindung aufgebaut. Auch stelle das Verfahren nach D2 auf die Nutzung einer Kreditkarte o. ä. ab, deshalb müsse ein Geldtransfer sofort erfolgen und führe so zu einer Verzögerung bei einer bestehenden Verbindung.
Der Argumentation der Beklagten bzgl. des aus der Druckschrift D1 als bekannt entnehmbaren Verfahrens mag zwar beizupflichten sein, jedoch beschreibt, wie unter Abschnitt a) dargelegt, D2 ein Verfahren, das das Nachladen des Gesprächsguthabens ohne Unterbrechung eines laufenden Telefonats ermöglicht, auch wird keine zusätzliche, parallele Verbindung aufgebaut, sondern das Nachladen wird während der ohnehin bestehenden Verbindung zum Provider über diese vorgenommen. Die Nutzung einer Kreditkarte wird in der D2 nur beispielhaft genannt, vgl. Seite 7 Zeilen 6 bis 9, auch wird die Nutzung einer Kreditkarte - oder auch eines Kreditkartenkontos - durch das Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag zumindest nicht ausgeschlossen.
Zum Hilfsantrag 1:
5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
a) Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet in den Merkmalen a bis j wie Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, am Ende sind weitere Merkmale hinzugefügt. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat somit die folgende Fassung (ohne Bezugszeichen, Änderungen gegenüber Hauptantrag unterstrichen, Gliederungszeichen k und l hinzugefügt):
Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabensa) bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
b) Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
c) Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
d) Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
e) Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
f) Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmersg) bei einem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
h) Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, i) wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer oder nach dem Mitteilen der PIN oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dassj) das Aufstocken während des Telephonats erfolgt, k) sich an das Überprüfen ein Nachprüfen durch den Provider anschließt, ob eine gültige Einzugsermächtigung des Teilnehmers vorliegt und das Aufstocken nur durchgeführt wird, wenn diese Bedingung zusätzlich zu der Bedingung vorliegt, dass die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist, undl) das Anrufen und/oder das Mitteilen der Teilnehmernummer und/oder das Mitteilen der PIN automatisch durch eine Telephonkarte mit einem Chip erfolgt, auf dem die jeweiligen Daten gespeichert sind.
b) Zu dem Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hilfsantrag 1, insbesondere zu den Merkmalen a bis j, gelten die zu Anspruch 1 nach Hauptantrag unter den Abschnitten 4a) bis 4c) dargelegten Ausführungen in gleicher Weise.
Merkmal k präzisiert das Überprüfen gemäß Merkmal e, dass die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist, dahingehend, dass sich daran ein Nachprüfen durch den Provider anschließt, ob eine gültige Einzugsermächtigung des Teilnehmers vorliegt, und dass das Aufstocken nur durchgeführt wird, wenn diese Bedingung zusätzlich zu der Bedingung vorliegt, dass die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist. Wie bereits zu Merkmal e des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ausgeführt, vgl. ebenfalls Abschnitt 4b), ist der Fachmann bestrebt, den Transfer eines Gesprächsguthabens möglichst sicher zu machen. Neben einer Überprüfung der Autorisierung eines Teilnehmers mittels Teilnehmernummer und PIN sind dem Fachmann, der mit der Abwicklung von Guthabentransfers betraut ist, auch weitere, bei Bankgeschäften allgemein übliche Maßnahmen geläufig. Nachdem gemäß dem aus D2 als bekannt entnehmbaren Verfahren Konten für Gesprächsguthaben geführt werden, die mittels Guthabentransfers von bspw. Kreditkarten o. ä. aufgestockt werden, sieht sich der Fachmann veranlasst, neben der Autorisierung des jeweiligen Teilnehmers auch die Konten-Deckung der bei den Guthabentransfers beteiligten Konten zu überprüfen, vgl. D2, Seite 12 Zeilen 3 bis 23, insbesondere Zeile 14 "current balance", i. V. m. Seite 3 Zeilen 15 bis 16 "funds source". Der Fachmann subsumiert unter die zu den vorgenannten Überprüfungen in D2 aufgeführten Daten auch die mit Merkmal k geforderte Nachprüfung, ob eine gültige Einzugsermächtigung vorliegt. Das in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 aufgenommene Merkmal k kann somit die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Anspruches 1 nach Hilfsantrag 1 nicht stützen.
Des Weiteren soll gemäß dem in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 aufgenommenen Merkmal l das Anrufen und/oder das Mitteilen der Teilnehmernummer und/oder das Mitteilen der PIN automatisch durch eine Telephonkarte mit einem Chip erfolgen, auf dem die jeweiligen Daten gespeichert sind. Die aus der D2 als bekannt entnehmbare Prepaidkarte weist einen Barcode, Magnetstreifen o. ä. auf, die es ermöglichen, automatisch anzurufen und die Teilnehmernummer mitzuteilen, vgl. D2, Seite 8 Zeilen 6 bis 11 und Seite 13 Zeilen 13 bis 17. Unter die in der D2 genannten Möglichkeiten der Datenspeicherung, wie Barcodes, Magnetstreifen u. ä. subsumiert der Fachmann aufgrund des ihm zuzurechnenden Fachwissens ohne weiteres auch Chips, auf denen die entsprechenden Daten gespeichert sind (BGH GRUR 1995, 330 - Elektrische Steckverbindung). Im Übrigen nennt auch das Streitpatent zum Stand der Technik so genannte Smart Cards, bei denen Chips zur Datenspeicherung verwendet werden, vgl. unter Abschnitt 1). Auch das in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 aufgenommene Merkmal l kann somit die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Anspruches 1 nach Hilfsantrag 1 nicht stützen.
Zum Hilfsantrag 2:
6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
a) Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet in den Merkmalen a bis i und k bis l wie Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1, Merkmal j ist geändert. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 hat somit die folgende Fassung (ohne Bezugszeichen, Änderungen gegenüber Hilfsantrag 1 in kursiv):
Verfahren zum telephonischen Nachladen eines Gesprächsguthabensa) bei einem Provider für Telephoneinheiten eines Teilnehmers einer Prepaidkarte mit folgenden Schritten:
b) Anrufen eines Providers durch den Teilnehmer;
c) Mitteilen einer Teilnehmernummer des Teilnehmers an den Provider;
d) Mitteilen einer PIN des Teilnehmers an den Provider;
e) Überprüfen durch den Provider, ob die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist;
f) Aufstocken des Gesprächsguthabens des Teilnehmers bei einem Providerg) um einen bestimmten Betrag durch den Provider;
h) Einleiten eines Telephonats durch Wählen einer Telephonnummer, i) wobei dies nach dem Mitteilen der Teilnehmernummer oder nach dem Mitteilen der PIN oder nach dem Überprüfen geschehen kann, dadurch gekennzeichnet, dassj) das Aufstocken durch den Provider während des Telephonats unmittelbar erfolgt, k) sich an das Überprüfen ein Nachprüfen durch den Provider anschließt, ob eine gültige Einzugsermächtigung des Teilnehmers vorliegt und das Aufstocken nur durchgeführt wird, wenn diese Bedingung zusätzlich zu der Bedingung vorliegt, dass die PIN der Teilnehmernummer zugeordnet ist, undl) das Anrufen und/oder das Mitteilen der Teilnehmernummer und/oder das Mitteilen der PIN automatisch durch eine Telephonkarte mit einem Chip erfolgt, auf dem die jeweiligen Daten gespeichert sind.
b) Zu dem Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hilfsantrag 1, insbesondere zu den Merkmalen a bis i und k bis l, gelten die zu Anspruch 1 nach Hauptantrag unter den Abschnitten 4a) bis 4c) und die zu Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unter den Abschnitten 5a) und 5b) dargelegten Ausführungen in gleicher Weise.
Gemäß dem geänderten Merkmal j erfolgt nunmehr das Aufstocken durch den Provider während des Telephonats unmittelbar. Wie bereits zu den Merkmalen f und g des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ausgeführt, vgl. Abschnitt 4b), erfolgt nach der Überprüfung der Autorisierung des Teilnehmers nach dem aus D2 als bekannt entnehmbaren Verfahren das Aufstocken des Gesprächsguthabens bei dem Provider um einen bestimmten Betrag durch den Provider, Seite 14 Zeile 1 bis Seite 15 Zeile 5, Figur 6, insbesondere Blöcke 606 bis 620 - Merkmale f und g. Nachdem das bekannte Verfahren mittels eines Hostcomputers und einer Datenbank des Providers durchgeführt wird, erfolgt das Aufstocken des Gesprächsguthabens bei dem Provider und durch den Provider, vgl. u. a. Seite 3 Zeilen 10 bis 18. Dieses Vorgehen gilt ebenso für das Aufstocken des Gesprächsguthabens während des Telephonats, vgl. D2 Seite 16 Zeilen 3 bis 12, Figur 7 Block 714. Auch während des Telephonats erfolgt das Aufstocken des Gesprächsguthabens durch den Provider. Weiterhin wird gemäß D2 das Aufstocken des Gesprächsguthabens vorgenommen, ohne die bestehende Telefonverbindung zu unterbrechen, Seite 4 Zeilen 12 bis 22, Seite 15 Zeilen 10 bis 12, Seite 16 Zeilen 15 bis 17, somit erfolgt das Aufstocken des Gesprächsguthabens auch unmittelbar während des Telephonats. Auch die in Merkmal j vorgenommenen Änderungen können somit die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruches 1 nach Hilfsantrag 2 nicht begründen.
7) Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
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BPatG:
Urteil v. 19.12.2007
Az: 4 Ni 71/05
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