Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Mai 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 92/02

(BPatG: Beschluss v. 14.05.2003, Az.: 28 W (pat) 92/02)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung ins Markenregister ist die Wortmarkefleisch24 und zwar für die Waren und Dienstleistungen

"Fleisch; Vertrieb von Fleisch und Fleischprodukten, auch über das Internet; Einkaufen, Präsentieren und veräußern von Fleisch und Fleischprodukten für Dritte, auch über das Internet; Dienstleistungen einer Datenbank".

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Beanstandung die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung weise lediglich beschreibend darauf hin, dass es sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um Produkte und Leistungen handele, die rund um die Uhr (24 Stunden am Tag) in Anspruch genommen werden könnten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die rügt, dass die Markenstelle ihr zum einen kein ausreichendes rechtliches Gehör gewährt und zum anderen in der Sache vor allem die Vielzahl von Eintragungen vergleichbar gebildeter Marken mit der Zahlenangabe 24 ignoriert habe. Entgegen der Ansicht der Markenstelle besitze das angemeldete Zeichen bei dem gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstab sehr wohl Unterscheidungskraft, zumal es an einem eindeutigen Sachbezug zu den Waren und Dienstleistungen fehle.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats der Eintragung das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.

Unterscheidungskraft ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt.

Danach sind insbesondere solche Zeichen nicht unterscheidungskräftig, bei denen es sich für den Verkehr in Bezug auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres erkennbar um unmittelbar beschreibende Angaben im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG handelt. Allerdings kann auch sonstigen Zeichen, welche dem Schutzhindernis als beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht unterfallen und auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörter der Alltagssprache zählen, jegliche Unterscheidungskraft fehlen. Denn aus der Sicht des Verkehrs kann es zahlreiche - im Einzelfall zu untersuchende - Gründe geben, in einem Zeichen keinen herkunftsbezogenen Hinweis zu sehen - wie zB bei nur mittelbar beschreibenden Bezeichnungen bzw solchen mit lediglich assoziativer Verbindung zur Ware oder Dienstleistung oder Werbeschlagwörtern (vgl hierzu eingehend BPatG MarkenR 2002, 201, 205-207 - BerlinCard - mwH). Deshalb haben die Vorschriften des § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG trotz möglicher Überschneidungen ihren eigenen Anwendungsbereich (vgl auch EuG MarkenR 2002, 88, 90 Tz 25 b - EUROCOOL - zu Art 7 Abs 1 Buchstaben b und c GMV). Dies gilt auch dann, wenn man die in § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG genannten "sonstigen" Merkmalsangaben in zutreffender Weise nicht zu einschränkend auslegt. Insoweit hat der Bundesgerichtshof auch klargestellt, dass die Formulierung des Fehlens "jeglicher" Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG im Lichte der Anforderungen an die Unterscheidungskraft als Marke zu beurteilen ist und nicht auf die (geringeren) Anforderungen an die Unterscheidungskraft abzustellen ist, wie sie für Werktitel gelten (BGH MarkenR 2001, 368, 370 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten - mwN). Ohnehin steht der von der Anmelderin beanspruchte "großzügige Prüfungsmaßstab" bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht (mehr) im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die für den Senat verbindlich ist (vgl. EuGH Urteil vom 6.5.2003 "orange", C-104/01).

Wie der Senat der Anmelderin bereits im Wege eines Zwischenbescheids mitgeteilt hat, wird die Zahl "24" gegenwärtig in den unterschiedlichsten Wortzusammenstellungen und Bereichen des täglichen Lebens als Kürzel und Synonym für "rund um die Uhr" bzw "24 Stunden", insbesondere eine rund um die Uhr bestehende Internet-Präsenz und damit eine rund um die Uhr bestehende Verfügbarkeit der im Internet angebotenen Waren und Dienstleistungen, verwendet. Einschlägige Beispiele hierzu finden sich in den der Anmelderin zur Kenntnis gebrachten Entscheidungen des BPatG zu "beauty 24" (25 W 207/01) und "alarm 24" (25 W 280/01), die von ihr nicht in Zweifel gezogen worden sind. Der Verwendung und dem Verständnis der beanspruchten Wort-Zahlen-Kombination als Sachangabe steht auch nicht entgegen, dass es sich in einigen der angeführten Beispiele über die Verwendung der Zahl "24" um eigentliche Domainnamen (Second-Level-Domains) handelt, da auch Sach- oder Gattungsbegriffe zur Bildung von Internetadressen und zur Beschreibung von Teilnetzen oder als Suchhilfen zur Eingrenzung von Themenkreisen durchaus üblich sind (vgl auch BPatG BlPMZ 2000, 294 - http://www.cyberlaw.de) und an der Registrierung derartiger beschreibender Domainnamen sogar ein erhebliches wirtschaftliches Interesse besteht (vgl zB auch OLG München WRP 2002, 111, 112 - www.champagner.de). Der Domainname dient deshalb häufig nur dem schnelleren, zielgerichteten Zugriff auf Sachinformationen und muss auch keine Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG aufweisen, weil eine Internetkennung nach bisheriger Praxis in ihrer Gesamtheit nur einmal vergeben wird und deshalb eine technische Adressfunktion aufweist (vgl hierzu auch Fezer, Die Kennzeichenfunktion von Domainnamen, WRP 2000, 669, 670-671; BGH MarkenR 2001, 475, 478 - Mitwohnzentrale.de). Bezeichnenderweise verfügt auch die Anmelderin bereits über eine entsprechende Internetadresse (www.fleisch24.de). Die angesprochenen Verkehrskreise werden damit auch in der verkürzten Bezeichnung "fleisch24" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen Hinweis auf einen Internetauftritt und damit verbunden ausschließlich einen beschreibenden Sachhinweis sehen, dass es sich um ein Waren- und Dienstleistungsangebot handelt, welches das Thema "Fleisch" betrifft und rund um die Uhr verfügbar bzw online abrufbar ist. Ein solches Verständnis ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich hierbei um eine allgemeine Angabe handelt und der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen möglicherweise nicht im Einzelnen weiß, welche Leistungsinhalte sich hinter einem so bezeichneten Angebot verbergen. Denn auch die mit einer verallgemeinernden Aussage einhergehende Unbestimmtheit einer Angabe oder die Unkenntnis der durch den Begriff im Einzelfall repräsentierten tatsächlichen Inhalte muss einem Verständnis als bloße Sachangabe - wie auch der Beurteilung als freihaltebedürftiger Sachbegriff - nicht entgegenstehen, zumal wenn es sich wie vorliegend um ein Wort der Umgangssprache mit einem unzweideutigen Aussagegehalt handelt.

Das Begehren der Anmelderin auf Eintragung lässt sich schließlich wegen des aufgezeigten Einzelfallcharakters jeder Anmeldung auch nicht über eine angeblich gleichgelagerte Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts rechtfertigen, abgesehen davon, dass diese Praxis ersichtlich nicht einheitlich ist und eine Gleichbehandlung im Unrecht ohnehin nicht verlangt werden kann.

Da das angemeldete Zeichen sich wegen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als nicht als schutzfähig erweist, bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob der Eintragung ggfls. auch das weitere absolute Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht. Gleichermaßen war nicht zu entscheiden, ob das Verzeichnis der beanspruchten Dienstleistungen ggfls. unzulässige Angaben ("retail services") enthält und die Anmeldung auch schon deshalb zurückzuweisen wäre.

Die Beschwerde der Anmelderin erweist sich nach alledem als unbegründet und war zurückzuweisen.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Bb






BPatG:
Beschluss v. 14.05.2003
Az: 28 W (pat) 92/02


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