Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 211/03
(BPatG: Beschluss v. 28.04.2004, Az.: 32 W (pat) 211/03)
Tenor
1. Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 20. November 2001 und vom 17. April 2003 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Dienstleistungen "Online-Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Waren- und Dienstleistungspräsentationen, Bestellannahme und Lieferauftragsservice sowie Rechnungsabwicklung, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere über sog. Oneline-Shops; Bereitstellung einer E-Commerce-Plattform im Internet sowie Aufbau einer Internet-Plattform für den elektronischen Handel" zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die zunächst für die Waren und Dienstleistungen Elektronische Erzeugnisse, insbesondere CD-Rom; Druckerzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Online-Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Ware- und Dienstleistungspräsentationen, Bestellannahme und Lieferauftragsservice sowie Rechnungsabwicklung, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere über sogenannte Online-Shops; Bereitstellung einer E-Commerce-Plattform im Internet sowie Aufbau einer Internet-Plattform für den elektronischen Handel; Erziehung, Ausbildung und Fortbildung (auch mittels/über Internet)
anmeldete Wortmarke BILDUNGSHAUS hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts mit einem ersten Beschluss vom 20. November 2001 von der Eintragung zurückgewiesen.
BILDUNGSHAUS bezeichne ein Haus im Sinne einer Einrichtung oder Anstalt, in der bzw. durch die Bildung vermittelt werde. Die Marke gebe daher unmittelbar die Beschaffenheit und Bestimmung der Waren und Dienstleistungen an. Sie sei nicht unterscheidungskräftig und als unmittelbar beschreibende Bezeichnung im Interesse der Mitbewerber von der Eintragung ausgeschlossen. Hinzu komme, dass BILDUNGSHAUS auch umfänglich zur Bezeichnung von Einrichtungen, welche Bildungszwecken dienten, verwendet werde (unter Hinweis auf beigefügte Internet-Seiten).
Die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 17. April 2003 zurückgewiesen. Das Markenwort werde - wie eine erneute Internet-Recherche ergeben habe - in seinem gegenständlichen Sinn, nämlich einem Haus, das Bildung anbiete und in dem Bildung stattfinde, von unterschiedlichen Anbietern vielfältig verwendet. Es sei somit für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht schutzfähig. Elektronische Erzeugnisse und Druckerzeugnisse (Medien) berichteten über Angebote von Bildungshäusern, Lehr- und Unterrichtsmittel würden in diesen eingesetzt. Erziehung, Ausbildung und Fortbildung werde in Bildungshäusern erbracht. Auch die Online-Dienstleistungen würden mit dem Markenwort unmittelbar beschrieben; sie könnten als Angebot eines (virtuellen) Bildungshauses verstanden werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie legt ein neugefasstes Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen vor, welches die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung und Fortbildung (auch mittels/über Internet)" nicht mehr enthält.
Ihr Tätigkeitsfeld habe mit einem Bildungshaus im herkömmlichen Sinn nichts zu tun. Sie betreibe einen Online-Buchversand der auf Schulmaterial spezialisiert sei. Ihr BILDUNGSHAUS sei somit ein virtuelles Dienstleistungsportal, welches sie nutze um verschiedene Verlage vorzustellen und Unterrichtsmaterialien in Form von Schulbüchern, Tonbändern, Computerprogrammen u.a. zu vertreiben. Zusätzlich werde Beratung für Lehrpersonal zur Verfügung gestellt. Fortbildungsveranstaltungen oder gar Bildung würde dort jedoch nicht angeboten. Aufgrund dieses Tätigkeitsfeldes sei die angemeldete Marke kein Synonym für ihr Dienstleistungsprogramm.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist teilweise, im Umfang der in der Beschlussformel genannten Dienstleistungen, begründet. Im übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, welche im Verkehr u.a. zur Bezeichnung von Art, Beschaffenheit oder Bestimmung der betreffenden Waren und Dienstleistungen dienen könne. Voraussetzung ist, dass mit dem angemeldeten Zeichen ein Merkmal der beanspruchten Erzeugnisse und Dienstleistungen unmittelbar beschrieben wird.
a) Das Wort BILDUNGSHAUS ist in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 9 und 16 geeignet, als Merkmalsbezeichnung zu dienen, denn der Begriff BILDUNGSHAUS ist - wie bereits die Markenstelle ausreichend belegt hat - ein gängiger, vielfältig verwendeter Ausdruck für eine Bildungseinrichtung, nämlich eine Stätte, in der Unterrichts-, Bildungs- oder Fortbildungsveranstaltungen für ganz unterschiedliche Zwecke angeboten werden und stattfinden. Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, kirchliche und private Einrichtungen bedienen sich dieser Bezeichnung für Tagungs- und Fortbildungsstätten. In einem Bildungshaus kommen Lehr- und Unterrichtsmittel aller Art, sowohl herkömmliche Druckerzeugnisse (Bücher, Broschüren, Hefte) als auch elektronische Datenträger, Bild- und Tonträger zum Einsatz. Mit BILDUNGSHAUS für z.B. eine CD-Rom oder ein Buch wird die Herkunft der Produkte aus einem solchen oder ihre Bestimmung für den Einsatz in einem Bildungshaus bezeichnet. Diese Etablissementbezeichnung kann deshalb für diese Waren nicht zugunsten eines einzelnen Unternehmens monopolisiert werden.
b) Ob dem Zeichen auch vom allgemeinen Verkehr, insbesondere den Besuchern von Bildungshäusern jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt, kann daher dahingestellt bleiben.
2. a) Hingegen ist die Marke "BILDUNGSHAUS" nicht geeignet, als Merkmalsbezeichnung für die in der Beschlussformel genannten verbleibenden Dienstleistungen zu dienen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass für Dienstleistungen über ein virtuelles Portal gegenwärtig eine Etablissementbezeichnung "BILDUNGS-HAUS" gebräuchlich ist. Anhaltspunkte dafür, dass "BILDUNGSHAUS" künftig als Produktmerkmalsbezeichnung dienlich sein könnte, waren nicht erkennbar.
b) Damit konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Begriff "BILDUNGSHAUS" eine im Vordergrund stehende Sachangabe für noch beanspruchte Dienstleistungen ist und der Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Zumindest ein noch maßgeblicher Teil des Verkehrs wird die betreffenden, über ein virtuelles Dienstleistungsportal angebotenen Dienstleistungen nicht mit der üblichen Tätigkeit eines gegenständlichen Bildungshauses in Verbindung bringen.
Winkler Viereck Sekretaruk Cl
BPatG:
Beschluss v. 28.04.2004
Az: 32 W (pat) 211/03
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