Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 20. August 1999
Aktenzeichen: 6 U 102/97

(OLG Köln: Urteil v. 20.08.1999, Az.: 6 U 102/97)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 6. Mai 1997 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln -81 O 179/96- wird zurück- gewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 30.000.- ab- wenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, diese Sicherheit in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruf- lichen, selbstschuldnerischen, schriftlichen Bürg- schaft einer deutschen Großbank oder öffentlich- rechtlichen Sparkasse zu erbringen. Die mit diesem Urteil für die Klägerin verbundene Beschwer wird auf DM 200.000.- festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind Pharmaunternehmer, die sich u. a.damit befassen, über Krankenhausapotheken oder krankenhausversorgende Apotheken Krankenhäuser mit Arzneimitteln zu beliefern, wobei sie - ebenso wie andere Pharmaunternehmen - den Krankenhäusern beim Bezug ihrer Arzneimittel Mengenrabatte gewähren.

Die Beklagte stellt ein unter dem Handelsnamen ZIENAM in den Verkehr gebrachtes Breitband-Antibiotikum mit den zur Gruppe der Carbapeneme gehörenden Wirkstoffen Imipenem/Cilastatin her. Zugelassenes Anwendungsgebiet von ZIENAM sind schwere bzw. lebensbedrohliche, durch imipenemempfindliche Erreger verursachte Infektionen. Zum Einsatz gelangt ZIENAM insbesondere bei der Behandlung von Nosokomialinfektionen, die im Rahmen von Krankenhausaufenthalten auf Intensivstationen, bei Transplantationspatienten und bei onkologischen Patienten - beispielsweise durch unzureichende Beachtung der Hygienevorschriften - auftreten können.

Die Beklagte bot Krankenhäusern die Lieferung ihres Antibiotikums ZIENAM auf der Grundlage eines Vertrages "über Rabattgewährung durch Beteiligung am Erfolgsrisiko beim initialen Einsatz von ZIENAM" an. Gemäß den §§ 3 und 4 des Vertragstextes, hinsichtlich dessen Wortlauts auf Bl. 3 - 12, 90 - 94 d. A. Bezug genommen wird, sollte die sog. "Erfolgsrisikobeteiligung" vor dem Hintergrund einer im einzelnen festzulegenden Mindestabnahmemenge des Antibiotikums als "Sonderrabatt" dergestalt gewährt werden, daß eine kostenlose Ersatzlieferung von ZIENAM für die Fälle des "Therapieversagens", nämlich dann eintrete, wenn sich der initiale Einsatz von ZIENAM innerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs bei im einzelnen festzulegenden Infektionen ( "Zieldiagnosen" ) anhand wiederum im einzelnen definierter Parameter als erfolglos erweise, wobei die Ersatzlieferung selbst nach Genehmigung eines Abschlußberichts durch das "Review-Board" gemäß § 6 des Vertrages erfolgen solle.

Die Klägerin beanstandet das Angebot und die Gewährung der vorbezeichneten Erfolgsrisikobeteiligung unter verschiedenen Gesichtspunkten als wettbewerblich unzulässig:

Zum einen, so hat die Klägerin geltend gemacht, handele es sich hierbei um eine gemäß § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG irreführende und daher gemäß § 1 UWG zu unterlassende Werbung, weil die Beklagte mit dem Versprechen der Erfolgsrisikobeteiligung, das der Sache nach auf eine Zusage des Inhalts "bei Mißerfolg Geld zurück" hinauslaufe, den Eindruck vermittle, daß sie für den Erfolg einstehe. Denn Werbeaussagen, die für den Fall des Mißerfolgs oder bei Nichtgefallen den Kunden von Kosten freistellen, seien für den Werbenden ein typisches Mittel, Nutzen und Erfolg der angebotenen Leistung als sicher hinzustellen. Erfahrungsgemaäß werde das Publikum eine solche Werbung dahin auffassen, daß es sich bei der angekündgten Leistung um ein besonders gutes und im Hinblick auf den zu erreichenden Erfolg sicheres Angebot handele, weil es keinem Kaufmann möglich sei, das Risiko der Rückerstattung des Leitungsentgelts - abgesehen von nicht in´s Gewicht fallenden Einzelfällen - gegenüber einer Vielzahl von Kunden zu tragen. Diese, von der Rechtsprechung anhand der an das Laienpublikum addressierten Heilmittelwerbung entwickelten Grundsätze griffen, so hat die Klägerin vertreten, im gegebenen Fall ungeachtet des Umstands, daß sich die Beklagte vorliegend mit ihrer Erfolgsrisikobeteiligung an Fachleute, nämlich Krankenhausapotheker und mittelbar auch an die in den Krankenhäusern tätigen Ärzte wende. Denn selbst wenn Ärzten und Apothekern grundsätzlich die Kenntnis zu unterstellen sei, daß ein 100-prozentiger Erfolg bei einem Arzneimittel in keiner Weise eintreten könne, vermittle die von der Beklagten vorgesehene Vertragsgestaltung den Eindruck, als böte das Antibiotikum ZIENAM mehr als andere Antibiotka. Zum anderen, so hat die Klägerin weiter vorgebracht, begründe die "Erfolgsrisikobeteiligung" bzw. die damit bewirkte wirtschaftliche Risikolosigkeit eines therapeutisch fehlgeschlagenen Einsatzes von ZIENAM die Gefahr, daß sich die behandelnden Ärzte auch in den Fällen vorab und außerhalb therapeutischer Notwendigkeiten zum initialen Einsatz dieses Breitbandantibiotikums verleiten ließen, in denen dies nicht angezeigt, sondern in denen ein anderes Arzneimittel besser geeignet sei, für welches man allerdings keine Erfolgsrisikobeteiligung vereinbart habe. Mit Blick auf die in den Krankenhäusern herrschenden ökonomischen Zwänge sei das Vertragsangebot der Beklagten daher in jeder Weise geeignet, die Therapiefreiheit des verordnenden Krankenhausarztes insbesondere auf der Intensivstation in gefährlicher Weise einzuengen. Vor dem Hintergrund der bei einem inadäquatem Antibiotikaeinsatz zu besorgenden Gefahr eines Resistenzanstiegs und damit einhergehend der Forderung nach einer besonderen therapeutischen Sorgfalt in der Auswahl von Antibiotika im Rahmen der Anfangstherapie, erweise sich die beklagtenseits mit der Erfolgsrisikobeteiligung geschaffene besondere Absatzkonstruktion ihres Mittels ZIENAM nicht nur unter Aspekten der Volksgesundheit als bedenklich, sondern auch als wettbewerblich unlauter im Sinne von § 1 UWG. Denn die vorwiegend ökonomisch begründete Verleitung der Krankenhausapotheker und im weiteren auch der klinisch tätigen Ärzte, den Wirkstoff Imipenem/Cilastatin (ZIENAM) umfangreich in der kalkulierten Anfangstherapie bei nosokomialen Infektionen im Krankenhaus und auch bei ambulant erworbenen Infektionen einzusetzen, führe dazu, daß ZIENAM in größerem Umfang als bisher zu Lasten anderer, für mäßig schwere bis mittelgradig schwere Infektionen geeignete Antibiotika initial eingesetzt werde. Die Beklagte propagiere damit den Einsatz eines hochwirksamen Arzneimittels auch für minderschwere Fälle, d.h. für andere als Ausnahmesituationen, was über die damit einhergehende Problematik einer Resistenzbildung letzlich dazu führen könne, das Mittel ZIENAM seines therapeutischen Stellenwertes als bedeutsames Reserveantibiotikum für lebensbedrohliche Infektionen zu berauben.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zwecks Meidung eines

für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden

Ordnungsgeldes bis zu 500.000.- DM zu unterlassen,

Krankenhäusern, vertreten durch die jeweiligen Kranken-

hausapotheken, beim Bezug von Arzneimitteln eine Rabatt-

gewährung durch Beteiligung am Erfolgsrisiko beim

Einsatz von Arzneimitteln nach Maßgabe des nachfolgenden

Vertrags dadurch zu geben, daß bei einem Therapie-

versagen bei Behandlung mit einem Arzneimittel der

Beklagten diese dem Krankenhaus eine kostenlose

Ersatzlieferung der Vertragsprodukte für alle Fälle

des Therapieversagens innerhalb des Bezugszeitraums

gewährt:

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der streitgegenständliche Vertrag, so hat die Beklagte vertreten, suggeriere keineswegs, daß bei der Verwendung von ZIENAM ein Therapieerfolg mit Sicherheit erwartetet werden könne; ein Verstoß gegen die heilmittelwerberechtliche Vorschrift des § 3 Satz 2 Ziff 2 a HWG scheide deshalb aus. Die von der hier fraglichen Vertragskonstruktion ausschließlich angesprochenen Fachkreise, die mit dem angebotenen Mittel ZIENAM bereits seit langem vertraut seien, nähmen nicht an, daß bei Einsatz von ZIENAM ein Behandlungserfolg mit Sicherheit zu erwarten sei. Aber auch ein Verstoß gegen § 1 UWG wegen angeblicher Einschränkung der Therapiefreiheit der Ärzte könne ihr, der Beklagten, nicht angelastet werden. Die von der Klägerin zum Ausdruck gebrachte Vorstellung, Arzneimittelspreisvorteile bei größeren Abnahmemengen seien geeignet, die Therapie zu Lasten des Patienten zu beeinflussen, gehe schon im Ansatz fehl. Daß sich die behandelnden Ärzte allein wegen der ökonomischen Vorteile des "Risk-Sharing-Programms", das wirtschaftlich einen Mengenrabatt darstelle, vorab und außerhalb therapeutischer Notwendigkeiten dem Arzneimittel ZIENAM zuwendeten, statt anderer, besser geeigneter Antibiotika, für die keine Erfolgsrisikobeteiligung versprochen worden sei, müsse in den Bereich der bloßen Spekulation verwiesen werden. Zum einen würden die Verträge mit den Krankenhausträgern und nicht mit den Ärzten geschlossen, für die der Einsatz von ZIENAM keinerlei wirtschaftliche Vorteile mit sich bringe. Selbst wenn aber die Ärzte bei der Verordnung von ZIENAM die vertragliche Regelung betreffend die Ersatzlieferung einbezögen, stelle dies zum anderen keinesfalls eine sachfremde Erwägung dar, weil die Ärzte bei der Verschreibung von Arzneimitteln stets auch wirtschaftliche Gesichtspunkte, insbesondere den Preis des Arzneimittels, zu berücksichtigen hätten. Im übrigen verhindere das Verfahren der für die Entscheidung, welches Arzneimittel auf die Arzneimittelliste der Krankenhausapotheke gesetzt wird, zuständigen Arzneimittelkommsission, daß ein Arzneimittel allein aufgrund ökonomischer Gründe und ohne therapeutische Rechtfertigung von einem Krankenhaus eingekauft und eingesetzt werde. Schließlich sei auch zu beachten, daß die Erfolgsrisikobeteiligung ausschließlich für den initialen Einsatz von ZIENAM bei schweren bzw. lebenbedohlichen Infektionen, also bei Diagnosen innerhalb des zugelassenen Anwendungsbereiches greife. Auch wenn ZIENAM in der Vergangenheit traditionell selbst bei schweren bzw. lebensbedrohlichen Infektionen nicht initial, sondern erst im Zuge einer "eskalierenden" Therapie nach dem Versagen anderer, schwächerer Arzneimittel zum Einsatz gelangt sei, stelle sich die mittels der Erfolgsrisikobeteiligung bewirkte Förderung des Einsatzes von ZIENAM zur Initialtherapie nicht als unlauter dar. Denn diese Therapie führe bei schweren Infektionen zu einer schnelleren und sichereren Heilung der Patienten und damit verbunden zu einer Senkung der Gesamttherapiekosten. Hinzu komme, daß sich die wissenschaftliche Meinung vieler infektiologischer Experten zum Einsatz von Antibiotika geändert habe und von diesen empfohlen werde, daß bei schweren, lebensbedrohlichen Infektionen sofort eine breite und effiziente Interventiontherapie zum Einsatz gelange und auf keinen Fall initial mit einem zu schmalen Antibiotikakonzept behandelt werden dürfe (Bl. 182 d.A.).

Mit Urteil vom 06.05.1997, auf welches zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz, so hat das Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, sei nicht gegeben, weil mit der Erfolgsrisikobeteiligung, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nicht über einen "normalen" Rabatt hinausgehe, kein 100%-iger Erfolg der Therapie mit ZIENAM versprochen werde. Es sei darüber hinaus auch nicht die Gefahr eines übertriebenen Einsatzes von ZIENAM zu erkennen, weil ZIENAM in "leichten" Fällen ohnehin schon von der Zulassung her nicht angewendet werden dürfe, die Erfolgsrisikobeteiligung indessen eine Anwendung im Rahmen der Zulassung voraussetze.

Gegen dieses, ihr am 27.05.1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin, bei Gericht eingegangen am 11.06.1997, Berufung eingelegt, die sie mittels eines am 01.08.1997 - nach entsprechend gewährter Fristverlängerung - eingereichten Schriftsatzes fristgerecht begründet hat.

Das Landgericht, so führt die ihr erstinstanzliches Vorbringen im übrigen wiederholende und vertiefende Klägerin zur Begründung ihrer Berufung aus, habe in der streitgegenständlichen Erfolgsrisikobeteiligung zu Unrecht kein im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2a HWG unzulässiges Erfolgsversprechen gesehen. Denn die Bezeichnung des Rabatts als "Erfolgsrisikobeteiligung" bedeute nichts anderes als eine Erfolgsversicherung. Die Beklagte gebe mit diesem Versprechen zu erkennen, daß sie sich des besonders hohen Erfolgs ihres besonders wirksamen Arzneimittels so sicher sei, daß sie ungeachtet ihrer Aufwendungen bereit sei, sich auf eine "Risikobeteiligung" einzulassen. Auf diesem Wege werde aber fälschlich der Eindruck erweckt, daß ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden könne (Bl. 253 d.A.). Dieser Eindruck entstehe bei den angesprochenen Fachkreisen nicht anders als im Fall einer reinen Publikumswerbung. Soweit das Landgericht die in Rede stehende Erfolgsrisikobeteiligung in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung mit einem "normalen" Rabatt gleichgesetzt habe, gehe das fehl. Der "normale" Rabatt sei bereits vor Beginn der Therapie bekannt. Die nicht vorhersehbare Risikobeteiligung lasse sich indes erst nach eingetretenem Therapieversagen wirtschaftlich einschätzen. Ein objektiver Vergleich der Wirtschaftlichkeit sei damit nicht mehr gegeben. Durch die versprochene Erfolgsrisikobeteiligung werde daher gerade das "normale" System der Preis- und Rabattbildung verlassen (Bl. 256 d.A.). Die Erfolgsriskobeteiligung verstoße daneben aber auch unmittelbar gegen § 1 UWG, weil sie die Gefahr eines übertriebenen Einsatzes von ZIENAM begründe. Die Krankenhausärzte würden auf diesem Wege unzulässig dazu verleitet, das Mittel ZIENAM verstärkt einzusetzen, was insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes gelten müsse, daß die "Erfolgsriskobeteiligung" von einer Mindestabnahmeverpflichtung des Arzneimittels auch außerhalb der in § 1 des Vertrages genannten Anwendungsgebiete abhängig sei (Bl. 252 d.A.). Diese Kombination des Erfolgsversprechens mit der Mindestabnahmeverpflichtung sei in besonderer Weise geeignet, den Absatz des Arzneimittels in sachfremder und auch als unethisch einzuordnender Weise zu fördern (Bl. 252 d.A.). Über die am Abschluß der Verträge mit der Beklagten beteiligten "Fachabteilungen" erhielten die verordnenden Ärzte auch jeweils Kenntnis von der Vertragskonstruktion und der damit verbundenen Möglichkeit der Kostenersparnis (Bl. 374/375 d.A.). Angesichts der oft fließenden Grenzen zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer Infektion werde das zusätzliche "Sicherheitsmoment" viele Ärzte dazu bewegen, ZIENAM auch verstärkt bei sog. leichten Infektionen einzusetzen (Bl. 257 d.A.). In den meisten klinikspezifischen Richtlinien zum Einsatz von Antibiotika in Krankenhäusern gelte ZIENAM als Reserveantibiotikum. Im Bereich der Initialtherapie sei dagegen eine Erprobung des Arzneimittels erforderlich und auch beabsichtigt (Bl. 333 d.A.). Die gezielte Förderung der Initialtherapie mit ZIENAM sei wegen der Resistenzentwicklung der Bakterien bedenklich.

Die Beklagte versuche zwar zu suggerieren, daß ZIENAM nur in seinem zugelassenen Anwendungsbereich eingesetzt werde, jedoch sei das vor diesem Hintergrund problematisch (Bl. 331 d.A.). Der Unlauterkeitstatbestand des § 1 UWG sei aber auch deshalb erfüllt, weil die Ärzte aus ökonomischen Gründen zur Verordnung des Arzneimittels bewogen werden sollten. Denn die streitgegenständliche Vertragskonstruktion bedeute im Ergebnis, daß die Erfolgsrisikobeteiligung nur dann gewährt werde, wenn eine Mindestanzahl an Therapien durchgeführt werde, die nicht zwingend den vertraglich vorgesehenen Indikationen entsprechen müsse. Die Kombination von Rabatt und "Erfolgsrisikobeteiligung" bewirke eine nicht hinnehmbare, unlautere Beeinflussung der therapierenden Ärzte mit dem Ziel der nachhaltigen Förderung eigenen Wettbewerbs. Eine unethische Verhaltensweise der Beklagten sei schließlich aber auch darin zu erblicken, daß sie mit ihrer Vertragskonstruktion im Falle eines Therapieversagens dem Krankenhaus eine kostenlose Ersatzlieferung verschaffe, die jedoch nicht etwa die Träger des vorausgegangenen fehlgeschlagenen wirtschaftlichen Aufwands (Patient, Krankenkasse, Krankenversicherung) erreiche, sondern letzlich ausschließlich dem Krankenhaus zu Gute komme, das seinerseits den nachfolgenden Einsatz des Ersatz-Arzneimittels "natürlich" berechne. Von der in Rede stehenden Vertragskonstruktion, die auf eine gezielte Förderung der Arzneimittelbudgets der Krankenhäuser hinauslaufe, gehe daher ein ganz erheblicher Anreiz aus, der auch unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten begründe (Bl. 292 d.A.).

Die Klägerin beantragt,

das am 06.05.1997 verkündete Urteil der 1. Kammer für

Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 179/96 -

abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, es bei

Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der

Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis

zu 500.000.- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder von

Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

Krankenhäusern, vertreten durch die jeweiligen

Krankenhausapotheken, den Abschluß des nachstehend

wiedergegebenen "Vertrages über die Rabattgewährung

durch Beteiligung am Erfolgsrisiko beim initialen

Einsatz von ZIENAM" anzubieten

und/oder

die nach Maßgabe dieses Vertrages in Aussicht

gestellte "Erfolgsrisikobeteiligung" zu gewähren

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ein Verstoß gegen § 3 HWG, so bringt die Beklagte ergänzend vor, scheide dabei schon deshalb aus, weil dieses Gesetz, das nur die Werbung für Heilmittel erfasse, überhaupt keine Anwendung finde. Denn vorliegend gehe es nicht um die Werbung, sondern um einen abgeschlossenen Kaufvertrag. Jedenfalls aber werde mit dem Vertrag nicht der fälschliche Eindruck erweckt, daß bei einer Behandlung mit ZIENAM ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden könne. Der Vetrag enthalte nichts, was auch nur nahelege, daß ZIENAM einen sicheren Therapieerfolg erwarten lasse. Daß der angesprochene Fachverkehr das Versprechen, bei Therpieversagen kostenlos Ersatz zu erhalten, als Zusage eines sicheren Erfolgs von ZIENAM verstehe, sei angesichts des Umstandes lebensfremd, daß der Abschluß des Vertrages nur solchen Krankenhäusern angeboten werde, die bereits seit langem ZIENAM in großen Mengen bezogen hätten und denen das Arzneimittel sowie die Tatsache, daß es bei seiner Anwendung in ca. 10-25 % der Fälle zu Therapieversagen komme, somit seit langem bestens bekannt seien. Eine Erprobung von ZIENAM sei weder erforderlich noch beabsichtigt (Bl. 301 d.A.). Außerdem führe ein Therapieversagen keineswegs zu einer "Kostenfreiheit" für die Krankenhäuser. Denn diese erhielten Ersatzlieferungen lediglich für die Flaschen, die nicht erfolgreich hätten eingesetzt werden können, müßten gleichwohl aber alle ursprünglich gelieferten Flaschen bezahlen und blieben sie auch bei Therapieversagern zur Abnahme der vereinbarten Menge verpflichtet (Bl. 302 d.A.). Ein Eingriff in die ärztliche Therpiefreiheit werde durch die Erfolgsrisikobeteiligung nicht bewirkt. Da der Vertrag mit den Krankenhausträgern und nicht mit Ärzten geschlossen werde, resultuierten daraus keinerlei Pflichten und wirtschaftlichen Vorteile für die Krankenhausärzte, die Einfluß auf deren Verordnungsentscheidung nehmen und den Einsatz von ZIENAM favorisieren könnten. Selbst wenn aber die Ärzte bei ihrer Verordnung die Ersatzlieferung sowie die damit verbundene Kostenersparnis berücksichtigten, stelle dies keine sachfremde Erwägung dar. Im übrigen sei die Einsparung an Arzneimittelkosten auch so gering, daß dies nicht die Annahme rechtfertigen könne, die Krankenhausärzte würden dadurch dazu bewegt, unter Mißachtung ihrer gesetzlichen und vertraglichen Pflichten gegenüber dem Patienten ZIENAM unabhängig von den therapeutischen Notwendigkeiten einzusetzen (Bl. 278 d.A.). Es komme weiter nicht darauf an, ob der Umfang der Ersatzlieferung bereits vor Beginn der Therapie genau feststehe. Maßgeblich sei vielmehr allein, ob die Ersatzlieferungen ebenso wie ein "normaler" Mengenrabatt Kosteneinsparungen bei größeren Abnahmemengen bewirkten. Es treffe auch nicht zu, daß sich die Erfolgsrisikobeteiligung erst nach eingetretenem Therapieversagen wirtschaftlich abschätzen lasse. Den Krankenhäusern sei vielmehr bereits bei Abschluß des Vertrages bekannt, daß es bei der Anwendung von ZIENAM in ca. 10-25 % der Fälle zu einem Therapieversagen komme (Bl. 279 d.A.). Die vertraglichen Mindestabnahmemengen würden im übrigen in Abstimmung mit dem jeweiligen Krankenhaus entsprechend dem tatsächlichen Bedarf des Krankenhauses festgesetzt. Auf die Abnahme von Arzneimittelmengen, die ohnehin nicht verbraucht werden könnten, ließen sich die Krankenhäuser nicht ein. Diese würden dabei auch nicht veranlaßt, ZIENAM auch zur Behandlung von minderschweren Infektionen oder gar einfachen Infekten zu verwenden. Auch die weitere Argumentation der Klägerin, daß die Grenze zwischen einer leichten Infektion und einer schweren bzw. lebensbedrohlichen Situation fließend sei, was angeblich die Gefahr eines übertriebenen Einsatzes von ZIENAM an sich berge, verfange nicht. Diese Argumentation laufe darauf hinaus, daß die Ärzte sich nicht an die zugelassenen Indikationen halten würden und daß damit ZIENAM überhaupt nicht mehr in den Verkehr gebracht werden dürfe. Schließlich treffe es auch nicht zu, daß durch die Erfolgsrisikobeteiligung der Einsatz von ZIENAM als Reserveantibiotikum in bedenklicher und beanstandunsgwürdiger Weise in die Initialtherapie verlagert werde. ZIENAM sei keineswegs ein Reserveantibiotikum, sondern das Gegenteil. Es entspreche der nunmehr herrschenden Meinung unter den infektiologischen Experten, daß stark und breit wirkende Antibiotika wie ZIENAM nicht mehr als Reserveantibiotika, sondern bereits zur Initialtherapie von schweren Infektionen eingesetzt werden sollten (Bl. 284, 307/308 d.A.).

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 30.12.1998 durch Vernehmung des Zeugen Prof. Dr. med. Wolfgang Heizmann. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 26.05.1999 (Bl. 429 ff d.A.) Bezug genommen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil das von der Klägerin erstrebte Verbot der mit der streitgegenständlichen Vertragskonstruktion versprochenen Erfolgsrisikobeteiligung für das Antibiotikum ZIENAM abgelehnt.

Dieses Petitum erweist sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin in der Sache als unbegründet.

I. Soweit die Klägerin das Unterlassungsbegehren aus § 1 UWG i.V. mit § 3 Satz 2 Nr. 2 a HWG herleiten will, vermag sie damit nicht durchzudringen. Ein Verstoß gegen die letzgenannte heilmittelwerberechtliche Bestimmung liegt nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt dies allerdings nicht etwa schon deshalb, weil sich die in Rede stehende "Erfolgsrisikobeteiligung" der Beklagten nicht unter den Tatbestand des vorbezeichneten heilmittelwerberechtlichen Irreführungsverbotes, das nur Werbemaßnahmen u.a. für Arzneimittel ( § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG) umfaßt, subsumieren ließe. Denn das Angebot der als Rabattgewährung bezeichneten streitbefangenen vertraglichen Erfolgsrisikobeteiligung, welches die Klägerin - wie sie mit der Neufassung ihres Unterlassungsantrags in der Berufung insoweit klarstellend zum Ausdruck gebracht hat - ebenso verfolgt wie die Gewährung dieses Rabatts selbst, dient zweifellos als Maßnahme der Absatzförderung ihres Arzneimittels ZIENAM. Damit erfüllt es aber die Merkmale des in den heilmittelwerberechtlichen Bestimmungen zugrundegelegten Begriffs der "Werbung", der alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern, umfaßt (vgl. Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, Rdn. 2 zu § 1 ; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, Rdn. 8 zu § 1 - jewiels m.w.N.).

Die Vorschrift des § 3 Satz 2 Nr. 2 a HWG vermag jedoch deshalb das Klagebegehren nicht zu tragen, weil die nach Maßgabe des streitbefangenen Vertrages in Aussicht gestellte Erfolgsrisikobeteiligung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen des geltend gemachten heilmittelwerberechtlichen Irreführungstatbestandes erfüllt.

§ 3 Satz 2 Nr. 2a HWG verbietet eine Werbung für Heilmittel, mit denen fälschlich der Eindruck eines mit Sicherheit zu erwartenden Erfolges erweckt wird. Dabei bedarf es nicht des ausdrücklichen Versprechens einer Erfolgsgarantie. Vielmehr kommt es darauf an, ob nach der subjektiven Wirkung, welche die fragliche Werbemaßnahme in den angesprochenen Verkehrskreisen erzielt, der - irreführende - Eindruck oder auch nur Anschein eines sicheren Erfolges erweckt wird ( BGH GRUR 1983, 254/255 - "Nachhilfeunterricht"-; BGH GRUR 1972, 663/664 "Vibrations-Massagekissen"-; Doepner, a.a.O., Rdn. 74 zu § 3 m.w.N.). Das ist bei der hier zu beurteilenden Erfolgsrisikobeteiligung für das Arzneimittel ZIENAM nicht der Fall.

Dabei trifft es im Ausgangspunkt allerdings zu, daß Werbemaßnahmen, mit denen für den Fall des Mißerfolgs oder des Nichtgefallens der Kunde von Kosten freigestellt wird, in aller Regel ein typisches Mittel darstellen, Nutzen und Erfolg der angebotenen Leistung als sicher hinzustellen. Regelmäßig wird das Publikum bei einer solchen Werbung der Annahme sein, daß es sich bei der beworbenen Leistung um ein besonders gutes und im Hinblick auf den zu erreichenden Erfolg sicheres Angebot handele, weil es keinem Kaufmann möglich sei, das Risiko der Kostenerstattung oder Kostenfreistellung - abgesehen von nicht ins Gewicht fallenden Einzelfällen - gegenüber einer Vielzahl von Kunden zu tragen (BGH, a.a.O., -"Nachhilfeunterricht"-; Doepner, a.a.O., Rdn. 76 zu § 3 ). Den vorliegenden Fall kennzeichenen indessen Besonderheiten, die im Ergebnis zu einer abweichenden Wertung führen. Denn auch wenn allein die Verwendung des Begriffs "Erfolgsrisiko" sowie weiter der in dem angebotenen Mustervertrag als Voraussetzung des Eingreifens der Erfolgsrikobeteiligung bzw. der damit verbundenen Kostenfreistellung eingesetzten Formulierung eines "Therapieversagens" für sich allein nicht die Annahme eines zumindest impliziten Erfolgsgarantieversprechens nach den vorstehenden Maßstäben hindern, wird letzteres doch durch die Regularien, deren Einhaltung der Vertrag für die Gewährung der "Erfolgsriskobeteiligung" fordert, bewirkt. Unter den §§ 2, 3 und 6 des Mustervertrages wird nicht nur im einzelnen definiert und ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen von einem für die Gewährung der Erfolgsrisikobeteiligung erforderlichen "Therapieversagen" auszugehen ist, sondern auch, wie diese im einzelnen zu dokumentieren, und diese Festellungen sodann zu genehmigen sind. Danach wird die Erfolgsrisikobeteiligung nur dann gewährt, wenn ein Therapieversagen anhand der in § 2 Abs. 2 definierten Parameter unter Verwendung der in der Anlage 5 zu § 6 des Vertrages erwähnten "Patientendokumentation" festgestellt worden ist und durch das mit Vertretern der Beklagten sowie der Krankenhausapotheke und des Krankenhauses besetzte "Review-Board" genehmigt worden ist (§§ 3, 6 Abs. 2 des Mustervertrages). Diese u.a. die Feststellung eines Therapieversagens konkret regelnden Vorgaben würdigend, ist die therapeutische Erfolglosigkeit einer Initialtherapie des Antibiotikums ZIENAM daher nicht nur als lediglich theoretisch denkbare, jedoch unwahrscheinliche, auf unmaßgebliche Einzelfälle beschränkte Möglichkeit in´s Auge gefaßt, sondern als eine von vornherein im praktischen Einsatz durchaus in Betracht kommender Fall dargestellt. Verhindert somit schon die vorstehende Vertragskonstruktion den Eindruck eines beim initialen Einsatz von ZIENAM mit Sicherheit zu erwartenden Therapieerefolgs, kommt im Streitfall noch hinzu, daß es sich bei dem von dem vertraglichen Angebot der "Erfolgsriskobeteiligung" angesprochenen Verkehr, nämlich bei den das Krankenhaus beim Vertragsschluß vertretenden Krankenhausapotheken und Fachabteilungen unstreitig um fachkundiges Publikum handelt, dem - wie dies aus der Präambel des Mustervertages hervorgeht - das Antibiotikum ZIENAM bereits bekannt ist und das folglich bereits über Erfahrungen betreffend dessen Bewährung im therapeutischen Einsatz verfügt. Diesem Adressatenkreis ist dann aber auch bekannt, daß beim Einsatz des Antibiotikums ZIENAM eine bestimmte Quote des Therapieversagens zu verzeichnen ist. Auch diesen Umstand würdigend wird im Streitfall durch die versprochene Erfolgsrisikobeteiligung daher nicht der Eindruck eines produktbezogenen Erfolgsversprechens bzw. eines mit Sicherheit zu erwartenden therapeutischen Erfolgs des Antibiotikums ZIENAM bei initialem Einsatz erweckt, sondern lediglich derjenige eines wirtschaftlich risikolosen Einsatzes des Arzneimittels für den Fall einer von vornherein als praktisch möglich dargestellten Erfolglosigkeit der Therapie (vgl. Doepner, a.a.O., Rdn. 76 zu § 3 HWG).

Der Senat sieht dabei auch keinen Anlaß für die Einholung des von der Klägerin zu ihrer Behauptung angebotenen Sachverständigutachtens (Verkehrsbefragung), der angesprochene Fachverkehr schließe aufgrund des Angebots der hier zu beurteilenden Erfolgsrisikobeteiligung auf ein besonderes Wirkversprechen, nämlich die Gewährleistung des sicheren Erfolges des Arzneimittels (Bl. 253 f/290 d.A.). Denn steht schon die vorstehend dargestellte Vertragskonstruktion, die als solche Bestandteil der allgemeinen Lebenswirklichkeit ist, die der erkennende Senat aus eigener Lebenserfahrung und Sachkunde beurteilen kann, dem Eindruck einer Erfolgsgarantie entgegen, ist die unter Beweis gestellte Behauptung vor diesem Hintergrund ohne Darlegung näherer Anhaltspunkte, weshalb das Fachpublikum - selbst wenn ihm das Antibiotikum ZIENAM bisher nur aus der Sequentialtherapie, also aus einer Anwendung bekannt sein sollte, in denen das Arzneimittel als "ultima ratio" nach dem Versagen anderer, vorher eingesetzer, "schwächerer" Antibiotika zum Einsatz gelangte und dort gleichwohl unstreitig noch eine bestimmte Versagensquote aufwies - dem Vertrag gleichwohl das Versprechen eines sicheren Therapieerfolges beim initialen Einsatz von ZIENAM entnehmen soll, unsubstantiiert und konnte daher die erstrebte Beweiserhebung nicht veranlassen.

II. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aber auch nicht unmittelbar aus § 1 UWG zu. Die von ihr in diesem Zusammenhang angeführten Aspekte tragen den gegenüber der Beklagten erhobenen Vorwurf wettbewerblicher Unlauterkeit sämtlich nicht.

1. Soweit die Klägerin diesen Vorwurf auf die mit der Erfolgsrisikobeteiligung angeblich einhergehende Gefahr einer Verleitung der verordnenden Krankenhausärzte zum "übertriebenen" Einsatz des Antibiotikums ZIENAM stützt, überzeugt das nicht.

Das Antibiotikum ZIENAM ist unstreitig für schwere bzw. lebensbedrohliche, durch imipenemempfindliche Erreger verursachte Infektionen zugelassen, ohne daß insoweit eine Beschränkung auf den Einsatz im Rahmen der Sequentialtherapie gemacht ist. Soweit die verordnenden Krankenhausärzte daher mittels der Erfolgsgarantiebeteiligung zu einem verstärkten Einsatz des Antibiotikums im Rahmen einer Initialtherapie veranlaßt werden sollen, stellt dies kein Hinleiten zu einem Einsatz des Arzneimittels außerhalb seines zugelassenen Anwendungsbereichs dar. Die klägerseits in diesem Zusammenhang vorgebrachte Beanstandung, mit Blick auf die oft fließenden Grenzen einer leichten, mittelschweren und schweren Infektion bestehe die Gefahr, daß die Krankenhausärzte auch in Grenzfällen zu dem starken Breitbandantibiotikum greifen, weil dieses bei Ausbleiben des Therapieerfolges ohne Kostenrisiko eingesetzt werden könne, vermag schon im Ansatz nicht zu überzeugen. Die nämliche Abgrenzungsproblematik der verschiedenen Schweregrade einer Infektion kann dem Einsatz eines jeden Antibiotikums entgegengehalten werden, welches für die jeweils stärkeren Infektionsgrade zugelassen ist, so daß in dieser Hinsicht eine besondere Situation in Bezug gerade auf den Einsatz des beworbenen Antibiotikums ZIENAM nicht erkennbar ist. Anhaltspunkte dafür, daß sich die verordnenden Krankenhausärzte in dieser Situation mit Blick gerade auf die Möglichkeit einer Kostenersparnis bewußt für den Einsatz von ZIENAM bei Infektionen leichten oder mittelschweren Grades entscheiden, obwohl dieses Arzneimittel für diese Krankheitsbilder nicht zugelassen ist, trägt aber selbst die Klägerin nicht vor und lassen sich auch dem Sachverhalt im übrigen nicht entnehmen.

Der von der Klägerin in diesem Zusammenhang weiter angeführte Aspekt einer mit dem gesteigerten Einsatz von ZIENAM im Rahmen der Initialtherapie einhergehenden Problematik der Resistenzbildung und damit letztlich betroffener Belange der Volksgesundheit vermag aber ebenfalls die Annahme einer - mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts fassbaren - unlauteren Absatzförderung durch die Erfolgsrisikobeteiligung nicht zu rechtfertigen. Denn selbst wenn sich bisher eine Verordnungstradition der Krankenhausärzte herausgebildet haben sollte, wonach ZIENAM als Reserveantibiotikum für lebensbedrohliche Infektionen zum Einsatz komme, ändert dies nichts daran, daß das Arzneimittel auch bei einer Anwendung im Rahmen der Initialtherapie innerhalb seines zugelassenen Anwendungsbietes zum Einsatz gelangt. Die mit der Initialtherapie dieses hochwirksamen Antibiotikums verbundenen Gefahren der Resistenzbildung sind dabei letzlich der Verantwortung des die individuelle Therapieentscheidung treffenden Arztes zu überlassen, der wie auch in übrigen Fällen, in denen er sich im Rahmen eines Behandlungsvertrages vor eine Therapieentscheidung gestellt sieht, die Nutzen und Risiken des Einsatzes eines Arzneimittels im Rahmen von dessen zugelassener Indikation beim individuellen Patienten abzuwägen und danach seine Verordnungs- und Therapientscheidung auszurichten hat. Ungeachtet der von der Klägerin mit ihrem in diesem Kontext vorgebrachten Argument, auf diesem Wege gehe der Wert eines hochwirksamen Anibiotikums als Mittel der Sequentialtherapie letzlich verloren, aufgeworfenen Frage, ob die Effizienz eines Arzneimittels mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts erhalten und durchgesetzt werden kann, gilt auch hier, daß keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, wonach sich die zu einer solchen ärztlichen Sorgfalt aufgrund des konkreten Behandlungsvertrags verpflichteten behandelnden Krankenhausärzte allein wegen eines möglichen Kostenvorteils bewußt für die Anwendung des Arzneimittels ZIENAM außerhalb seines Zulassungsbereichs, mithin pflichtwidrig entscheiden werden.

2. Die von der Klägerin befürchtete unzulässige Einschränkung der durch die vorstehenden Maßstäbe bestimmten Therapiefreiheit der im Krankenhaus tätigen Ärzte kann mit der im Streitfall zu beurteilenden Vertragskonstruktion der Erfolgsrsikobeteiligung aber ebenfalls nicht verbunden werden. Denn es ist nicht ersichtlich, daß überhaupt durch die Krankenhäuser gezielt auf die Ärzteschaft eingewirkt werde, um den initialen Einsatz von ZIENAM zu fördern und damit die Möglichkeit der Inanspuchnahme des jeweiligen Naturalersatzes bei Therapieversagen nach Maßgabe der Erfolgsrisikobeteiligung realisieren zu können. Dafür wäre zumindest Voraussetzung gewesen, daß der im Krankenhaus in den jeweiligen Fachabteilungen verordnend tätigen Ärzteschaft überhaupt der streitgegenständliche, die Möglichkeit der "Erfolgsrisikobeteiligung" bietende Vertrag offengelegt wird. Eben dies hat die für die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Unlauterkeitstatbestands darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aber nicht zu beweisen vermocht. Der hierzu vernommene Zeuge Prof. Dr. H. hat im Gegenteil bekundet, daß in aller Regel sogar die in den Arzneimittelkommissionen der Krankenhäuser tätigen Ärzte nicht über die konkreten Preise der Medikamente unterrichtet seien und daß im Zweifel in der Kommission der Inhalt des Vertrages des Krankenhauses mit dem jeweiligen Pharmalieferanten nicht zur Sprache komme, wobei die Einkaufspreise, zu dem die Krankenhäuser die Arzneimittel erhielten, "traditionell einer gewissen Geheimnistuerei" unterlägen. Soweit der Zeuge im übrigen angegeben hat, daß den behandelnden Ärzten spätestens beim Ausfüllen der Patientendokumentaion bzw. der Erhebungsbögen "klar werden" müsse, "was hier im Hintergrund" stehe, rechtfertigt das keine abweichende Würdigung. Denn jedenfalls bei der im Streitfall als Anlage 5 zu dem Mustervertrag vorgelegten Patientendokumentation wird dem diese ausfüllenden Arzt lediglich durch den Titel "Patientendokumentation zum Projekt " ein Hinweis auf die Erfolgsrisikobeteiligung gegeben. Weitere Informationen dazu, in welcher konkreten Form diese Erfolgsrisikobeteiligung gewährt wird und wie sich diese daher wirtschaftlich auswirkt, gehen daraus nicht hervor. Selbst wenn der Arzt von sich aus vermutet oder auf informellem Wege in Erfahrung gebracht hat, vor welchem Hintergrund die im Streitfall in Rede stehende Erfolgsrisikobeteiligung dem Krankenhaus in welcher Form und Höhe gewährt wird, läßt sich allein aus dieser Kenntnis keine die ärztliche Therapiefreiheit einschränkende Beeinflussung herleiten. Soweit der Zeuge ferner ausgesagt hat, "nach seiner Auffassung bestehe die Gefahr, daß etwa Chefärzte oder der Klinikapotheker in Kenntnis des Vertrages betreffend den Einsatz von ZIENAM und in Kenntnis einer Mindestabnahmemenge unmittelbar oder mittelbar bei den Ärzten auf eine häufige Verwendung von ZIENAM 500 im Initialeinsatz drängen als sie sonst erfolgt wäre", handelt es sich erkennbar um eine persönliche Schlussfolgerung des Zeugen, die nicht durch die Vermittlung konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte erhärtet und nachvollziehbar gemacht werden konnte.

Auch unter Berücksichtigung der hierarchischen Strukturen in Krankenhäusern stellte dabei auch allein der bloße Hinweis auf die Preisgünstigkeit des Arzneimittels ZIENAM bei initialem Einsatz durch die betreffenden Stellen der Krankenhäuser noch keine Einflussnahme von derart zwingendem Gewicht für die verordnenden Ärzte dar, daß diese dadurch in ihrer Therapiefreiheit beschränkt würden. Denn daß daraus eine Verpflichtung der Ärzte folgte, gerade das Arzneimittel ZIENAM zur initialen Therapie schwerer Infektionen einzusetzen oder daß die Ärzte sich zumindest hierzu verpflichtet fühlten, ist durch nichts belegt.

3. Die durch das Versprechen und/oder Gewähren der Erfolgsrisikobeteiligung etwa bewirkte Berücksichtigung des Kostenvorteils durch Naturalrestitution des in der initialen Therapie ggf. versagenden Antibiotikums ZIENAM bei der Entscheidung des verordnenden Arztes, läßt sich dabei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verleitung zu einer von sachfremden Erwägungen getragenen Therapieentschedung als wettbewerblich beanstandungswürdig qualifizieren. Denn Aspekte der Wirtschaftlichkeit stellen - wie dies nicht zuletzt die aktuelle gesundheitspolitische Debatte über die "Gesundheitsreform 2000" offenbart - einen nicht unwesentlichen Bestandteil der von den Ärzten in den Entscheidungsprozeß für eine therapeutische Maßnahme einzubeziehenden und zu berücksichtigenden Fragestellungen dar, wie dies u.a. auch in dem in § 12 Abs. 1 SGB V für das Verhältnis zwischen den Krankenhäusern und den Landesverbänden der Krankenkassen formulierten Wirtschaftlichkeitsgebot zum Ausdruck gebracht ist.

4. Es greift weiter aber auch das von der Klägerin zur Begründung der geltend gemachten wettbewerblichen Unlauterkeit der Erfolgsrisikobeteiligung vorgebrachte Argument nicht, daß das Antibiotikum ZIENAM auf dem Wege dieser Vertragskonstruktion für die Initialtherapie am Patienten erprobt werden solle. Denn da sich die Zulassung des Arzneimittels auch auf den initialen Einsatz innerhalb des Anwendungsgebiets der schweren bzw. lebensbedrohlichen Infektionen mit imipenem- empfindlichen Erregern erstreckt, kann sich der - erstmalige - initiale Einsatz des Arzneimittels selbst dann nicht als aus wettbewerblicher Sicht unlauteres Verhalten darstellen, wenn das Produkt infolge der durch die Ärzte im Rahmen ihrer Therapiefreiheit getroffenen therapeutischen Entscheidungen bisher traditionell nur zum Einsatz im Rahmen einer Sequentialtherapie gelangte.

5. Der von der Klägerin schließlich noch geltend gemachte Aspekt des übertriebenen Anlockens vermag die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten im Sinne des wettbewerblichen Unterlassungstatbestandes des § 1 UWG aber ebenfalls nicht zu begründen.

Unter dem Aspekt des "übertriebenen Anlockens" verhält sich unlauter, wer ein Übermaß an Vorteilen in Aussicht stellt, die ihrer Art und ihrem Wert nach geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit des Kunden in einem derartigen Maß unsachlich zu beeinflussen, daß dieser seine Entscheidung nicht mehr nach dem Leitbild des Leistungswettbewerbs im Hinblick auf die Preiswürdigkeit und Qualität der Ware, sondern mit Blick den ihm in Aussicht gestellten Vorteil trifft (vgl.Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage, Rdn. 91 zu § 1 UWG m.w.N.). Daß die mit der hier in Rede stehenden Vertragskonstruktion ausgelobte Erfolgsrisikobeteiligung auf die Krankenhäuser eine derart starke Attraktionskraft ausübt, daß diese die Angebote vergleichbarer Arzneimittel durch die Mitbewerber der Beklagten, die dadurch von vorneherein um die Chance gebracht werden, ihrer Leistung auf dem Markt Geltung zu verschaffen, außer Acht lassen, sondern gleichsam "magnetisch" zum Angebot der Beklagten hingezogen würden, ist nicht ersichtlich. Dem steht es entgegen, daß die hier zu beurteilende Erfolgsrisikobeteiligung den Bezug einer die Gewährung eines Mengenrabattes rechtfertigenden Mindesabtnahmemenge des Arzneimittels voraussetzt, zu deren Bezahlung die Krankenhäuser in jedem Fall verpflichtet sind. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter vorbringt, daß die Krankenhäuser die aus der Gewährung der Erfolgsrisikobeteiligung entstandenen Kostenersparnisse nicht an die jeweiligen Kostenträger weitergeben würden, führt das zu keiner abweichenden Wertung. Unabhängig davon, ob die Krankenhäuser tatsächlich ein derartiges Abrechungsverhalten zeigen (werden), ist jedenfalls nicht ersichtlich, daß die hierdurch bewirkten wirtschaftlichen Vorteile ein derart übersteigertes Ausmaß erreichen, daß dies die Krankenhäuser unter Verdrängung der Konkurrenzangebote der Mitbewerber zu dem Vertragangebot der Beklagten hinzieht.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des Unterlassungsbegehrens, mit dem die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit unterlegen ist.






OLG Köln:
Urteil v. 20.08.1999
Az: 6 U 102/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/be312ed250a8/OLG-Koeln_Urteil_vom_20-August-1999_Az_6-U-102-97




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