Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Oktober 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 189/02
(BPatG: Beschluss v. 13.10.2003, Az.: 30 W (pat) 189/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Für die Waren Magnetische, optische, magnetooptische, elektronische Bild//Tonträger und Datenspeicher, insbesondere CD, CD-RoM, CD-i, DVD, Disketten, Videobänder, Schallplatten und Mikrofilme je für On- und Offline-Betrieb; Magnetaufzeichnungsträger; Geräte zum Empfang sowie zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Hardware, insbesondere Datenverarbeitungsgeräte, Computer und Computerperipheriegeräte; Software; Datenverarbeitungsprogramme; Computerbetriebsprogrammeist angemeldet das nachstehend wiedergegebene Zeichensiehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat das angemeldete Zeichen wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und dabei ausgeführt, das Zeichen bedeute Fernsehspielfilm und bezeichne damit den Inhalt der beanspruchten Bild-/Tonträger und Datenspeicher sowie Magnetaufzeichnungsträger. Es weise außerdem darauf hin, daß die angemeldeten Geräte zum Empfang sowie zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Fernsehspielfilmen geeignet und bestimmt seien. Bei den angemeldeten Hard- und Softwareprodukten beschreibe das Anmeldezeichen deren Einsatzbereich. Die graphische Gestaltung beschränke sich auf eine minimale Veränderung der Wortbestandteile und könne daher die Schutzfähigkeit nicht begründen.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, die sie mit näheren Ausführungen damit begründet, daß zumindest die graphische Gestaltung über ihre einzelnen Elemente hinaus in ihrem Gesamteindruck das werbeübliche Maß übersteige. Auch werde der Durchschnittsverbraucher das Zeichen nicht mit Computern, deren Zubehörteilen und Software in Verbindung bringen. Die Marke könne auch nicht einen einzelnen Spielfilm beschreiben. Auch beschreibe der auf einem Datenträger gespeicherte Inhalt nicht den Datenträger selbst. Ergänzend beruft sich die Anmelderin darauf, daß die Zeitschrift "TV-Spielfilm" einen außergewöhnlich hohen Bekanntheitsgrad habe, der auch auf die jetzt angemeldeten Produkte ausstrahle, so daß das Publikum dem Zeichen in Verbindung mit konkreten einzelnen Waren ohne weiteres Unterscheidungskraft zumessen werde.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Vorsorglich regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Der Bundesgerichtshof habe sich nämlich bislang nicht dezidiert dazu geäußert, inwieweit auch nach dem neuen Markenrecht unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Werktiteln gegenüber Marken zu stellen seien.
In der mündlichen Verhandlung ist mit der Vertreterin der Anmelderin eingehend die Frage des Freihaltebedürfnisses an der angemeldeten Bezeichnung erörtert worden. Die von der Anmelderin vorgelegte Ausgabe der Zeitschrift TV-Spielfilm vom 18. Oktober bis 31. Oktober 2003 war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg. Das angemeldete Zeichen besteht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können und deshalb nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sind.
TV ist die gängige Abkürzung für Television und wird auch im deutschen Sprachgebrauch gleichwertig, wenn nicht sogar überwiegend neben Fernsehen verwendet. Der Aussagegehalt der Marke ist deshalb ohne weiteres auch ohne Übersetzung verständlich und steht synonym neben Fernsehspielfilm.
TV-Spielfilme unterscheiden sich zwar von anderen Spielfilmen wohl nicht durch eine eigene Technik od dgl, stellen jedoch insoweit eine eigene Gattung dar, als durch den Zusatz TV ausgedrückt wird, daß sie nicht nur in herkömmlichen Kinos laufen, sondern auch über Television empfangen werden können. Deshalb gibt das Zeichen schlagwortartig einen Hinweis darauf, daß alle Spielfilme umfaßt werden, die entweder bereits im Fernsehen gezeigt worden sind oder über das Fernsehen empfangen werden können. Insoweit gibt das Zeichen in bezug auf alle Bild-/Tonträger und Datenspeicher nur einen generellen Hinweis darauf, welchen Inhalt die damit gekennzeichneten Bild-/Tonträger haben. Soweit die Anmelderin insoweit vorträgt, damit sei kein ausreichend konkreter Einzelinhalt der Bild/Tonträger bezeichnet, ist dies unerheblich. Je größer der Oberbegriff ist, desto eher ist vielmehr ein Freihaltebedürfnis daran zu bejahen (vgl BPatG GRUR 1999, 743 - AC; bestätigt durch BGH GRUR 2002, 261 - AC). Demgemäß hat der Bundesgerichtshof auch die Wortfolge "Bücher für eine bessere Welt" (GRUR 2000, 882) als beschreibende Angabe qualifiziert, obwohl hierbei schon die Pluralform erkennen lässt, daß nicht der Inhalt eines einzelnen Buches beschrieben wird. Der Bundesgerichtshof führt aus, daß die Bezeichnung allgemein sein müsse, um unterschiedliche Titel unter der gewünschten Sammelbezeichnung zu erfassen. Eine solche begriffliche Unbestimmtheit führe nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit. Für das Freihaltebedürfnis reicht somit aus, daß der angemeldete Begriff allgemein, wenn auch vage, nur die Gattung der unter die angemeldete Bezeichnung fallenden Einzeltitel beschreibt. Insoweit sind aber Spielfilme vergleichbar mit anderen Oberbegriffen wie Unterhaltungssendungen, Hörspiele, Dokumentarfilme und dgl..
Soweit die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung einzelne von ihr konkret mit dem angemeldeten Zeichen versehene Produkte zum Beleg dafür vorgelegt hat, daß das Publikum solchen Hinweisen Unterscheidungskraft zukommen lasse, ist dies für die Entscheidung ohne Belang. Im markenrechtlichen Eintragungsverfahren geht es nicht darum, ob das Publikum durch eine spezielle konkrete Verwendungsweise, zB an einer Stelle, an der gewöhnlich Marken angebracht zu werden pflegen, im Einzelfall veranlaßt werden kann, in Zeichen eine Marke zu sehen, zB dadurch, dass keinerlei andere produktidentifizierende Angaben gemacht werden. Die Beurteilung muß vielmehr abstrakt erfolgen, weil mit der Eintragung der Marke der Anmelder noch keine Verpflichtung zu einer ganz speziellen Verwendungsweise der Marke eingegangen ist, insbesondere während der Benutzungsschonfrist überhaupt noch keine tatsächliche Verwendung der Marke offenlegen muß. Außerdem spielt die konkrete Ausgestaltung der Marke beim Freihaltebedürfnis ohnehin keine Rolle, weil es hier allein auf den ungehinderten freien Gebrauch des Zeichens durch die Mitbewerber ankommt. Ohne dass es entscheidend darauf ankommt sei zum Beleg dafür, dass die Mitbewerber auch tatsächlich ein Interesse daran haben, solche generalisierenden Inhaltsangaben zu verwenden, auf die derzeitig weit verbreitete Plakatwerbung des Fersehsenders Kabel 1 verwiesen, in der der Text "die besten Spielfilme aller Zeiten" durch ein Bild aus einem einzelnen Film lediglich beispielhaft ergänzt wird.
Das Zeichen ist auch für die weiter angemeldeten Waren als Sachangabe verwendbar. Diese betreffen Geräte zum Empfang sowie zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, somit unmittelbar Geräte zum Empfang, zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Spielfilmen, so daß das Zeichen insofern Bestimmungsangabe ist.
Bezüglich der weiteren Waren, nämlich Hardware, Computer und Computerperipheriegeräte, handelt es sich in gleicher Weise um Geräte, die ebenfalls zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild geeignet sind. Wie bereits die Markenstelle eingehend belegt hat und wie sich beispielsweise auch aus der von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ausgabe der Zeitschrift TV-Spielfilm belegen läßt (dort Anzeige S 32 unter der Überschrift Computer oder Fernseher) sind die Grenzen zwischen Computer und Fernsehen inzwischen aufgehoben. So heißt es in der angegebenen Anzeige "Seit sich LCD-Bildschirme als Standard für PC-Monitore etabliert haben, ist die Versuchung groß, die leichten Flachbildschirme als exklusive Zweitfernseher zu nutzen". Einige Geräte kommen deshalb mit integriertem TV-Tuner und Lautsprechern auf den Markt. Andererseits besitzen viele LCD-Fernseher eine D-Sub-Buchse, in die das Monitorkabel eines Computers paßt. In der gleichen Anzeige wird auch hervorgehoben, dass zB der Sampo T20A1D ein 20 Zoll-LCD-Fernseher ist, der auch als PC-Monitor verwendet werden kann. Im amtlichen, bei jeder Bank hinterlegten Merkblatt der Gebühreneinzugszentrale der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten wird demgemäß auch darauf hingewiesen, daß ein Fernsehgerät (.....auch ein PC mit TV-Karte) 16,15 € monatlich kostet. Soweit die Anmelderin meint, ein PC bleibe primär bestimmungsgemäß ein Bürogerät, kann dem nicht beigetreten werden. Gerade dadurch dass PC's (insbesondere Laptops) sich nach Größe und Gewicht besonders zum nahezu ständigen Mitsichführen eignen, ist bei ihnen die Doppelfunktion FS/Computer auch ein erhebliches Verkaufsargument.
Bezüglich der Waren "Software; Datenverarbeitungsprogramme; Computerbetriebsprogramme" dient das Zeichen ebenfalls als Bestimmungsangabe. Computerbetriebsprogramme können speziell darauf abgestimmt sein, Spielfilme wiederzugeben oder auch zB aus dem Internet herunterzuladen. In gleicher Weise können auch einfache Software oder andere Datenverarbeitungsprogramme dazu dienen, die für den gewünschten Empfang von Spielfilmen erforderlichen technischen Besonderheiten zu ermöglichen, zu verbessern oder zu erleichtern. So wirbt beispielsweise ebenfalls die Anmelderin wieder in ihrer in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ausgabe der Zeitschrift TV-Spielfilm auf Seite 31 mit: "Mit der richtigen Soft- und Hardware kann jeder leicht und kostengünstig seine eigene Video-DVD anfertigen. TV-Spielfilm sagt Ihnen, was Sie dazu benötigen." Im weiteren Text wird als benötigtes Material ausdrücklich Software benannt. Auf einer doppelseitigen Anzeige hinter Blatt 46 wird ein Viel-Surfer-Tarif beworben mit den Worten "mit diesem Tarif können auch häufig große Datenmengen wie Musik, Filmtrailer und Software bewegt werden".
Die Frage, ob die Anmelderin für ihre Zeitschrift TV-Spielfilm Verkehrsdurchsetzung erlangt hat, ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Verkehrsdurchsetzung muß für jede einzelne beanspruchte Ware belegt sein. Mit einem Zeitschriftentitel haben die hier beanspruchten Waren keine Berührungspunkte.
Bezüglich der bildhaften Ausgestaltung des Zeichens wird auf BGH GRUR 2001, 1153 anti KALK Bezug genommen. Danach dürfen sich die graphischen Elemente nicht in einer bloßen üblichen Hervorhebung der beschreibenden Elemente erschöpfen. Das ist hier noch weniger als bei der in Bezug genommenen Entscheidung der Fall, da die teilweise Überlappung von TV und Spielfilm sowie der Schriftartwechsel zu den einfachen Grundmitteln der Gebrauchsgrafik zählen.
Der Anregung der Anmelderin, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, kann nicht gefolgt werden. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind bereits entschieden. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof die Frage der für Titelschutz noch ausreichenden von der für den Markenschutz nach neuem Markenrecht erforderlichen Unterscheidungskraft erneut abgegrenzt (vgl BGH GRUR 2003, 342 - Winnetou im Vergleich zu 2003, 440 dort II 2 b aE - Winnetous Rückkehr). Im übrigen wäre dies für das vorliegende Verfahren, bei dem es ausschließlich auf die Frage des Freihaltebedürfnisses ankommt, auch ohne Bedeutung.
Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Paetzold Hu Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20717.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 13.10.2003
Az: 30 W (pat) 189/02
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