Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 19. Dezember 2005
Aktenzeichen: 10 TaBV 161/05

(LAG Hamm: Beschluss v. 19.12.2005, Az.: 10 TaBV 161/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Wahlvorstandes wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 03.10.2005 - 4 BVGa 10/05 - teilweise abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 18.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Im Ausgangsverfahren haben die Arbeitgeberin sowie drei Mitarbeiter der Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung den Abbruch einer vorgesehenen Betriebsratswahl sowie die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl des Wahlvorstandes verlangt. Im Betrieb der Arbeitgeberin, in dem insgesamt ca. 100 Mitarbeiter beschäftigt sind, hatte am 05.07.2005 eine Betriebsversammlung zum Zwecke der Einleitung der Wahl eines Betriebsrates stattgefunden. Auf der Betriebsversammlung vom 05.07.2005 wurde ein dreiköpfiger Wahlvorstand bestehend aus den Mitarbeiterinnen H4xxxxx, T2xxxx und Ö1xxx, gewählt. Durch rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 26.07.2005 wurde der Antrag der Arbeitgeberin sowie der beteiligten Mitarbeiter der Arbeitgeberin zurückgewiesen.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Wahlvorstandes ist der Gegenstandswert für das Ausgangsverfahren vom Arbeitsgericht durch Beschluss vom 03.10.2005 auf 7.500,00 € festgesetzt worden.

Gegen diesen Beschluss, zugestellt am 06.10.2005, wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Wahlvorstandes mit der am 10.10.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Wahlvorstandes sind - in Übereinstimmung mit den Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin - der Auffassung, dass bei einer Mitarbeiterzahl von mehr als 100 der Gegenstandswert mit 18.000,00 € bemessen werden müsse. Der verlangte Abbruch einer Betriebsratswahl sei wertmäßig gleichzusetzen mit einem Verfahren auf Anfechtung einer Betriebsratswahl.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die nach § 33 Abs. 3 RVG in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Satz 2 RVG zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet.

Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren war auf 18.000,00 € festzusetzen.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gemäß § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebes bestimmt wird. Dies entspricht der überwiegenden Auffassung der Landesarbeitsgerichte (LAG Berlin, Beschluss vom 17.12.1991 - NZA 1992, 327; LAG Thüringen, Beschluss vom 13.11.1998 - AuR 1999, 146; LAG Brandenburg, Beschluss vom 26.04.1995 - 6 Ta 23/94 -; LAG Köln, Beschluss vom 10.10.2002 - NZA-RR 2003, 493; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2003 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 55). Die zuständigen Kammern des Beschwerdegerichts haben sich dieser Auffassung in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (LAG Hamm, Beschluss vom 09.03.2001 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 48 a = NZA-RR 2002, 104; LAG Hamm, Beschluss vom 28.04.2005 - 10 TaBV 55/05 - NZA-RR 2005, 435; vgl. auch die Nachweise bei Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 461, 464). Bei der Wahl eines siebenköpfigen Betriebsrates würde sich für ein etwaiges Anfechtungsverfahren hiernach ein Gegenstandswert von 18.000,00 € ergeben.

An dieser Rechtsprechung, die auch von den Verfahrensbeteiligten des vorliegenden Verfahrens geteilt wird, ist im Interesse der Rechtssicherheit und einer einheitlichen Wertfestsetzung im Gebiet des Beschwerdegerichts festzuhalten. Auch nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln (Beschluss vom 20.01.2003 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 52 a) ist bei der Wertfestsetzung für ein Wahlanfechtungsverfahren die Größe des Betriebsrates zu berücksichtigen. Zwar können im Einzelfall konkrete Umstände auch zu einer Abweichung von der regelmäßigen Berechnung des Gegenstandswerts und damit u.U. zu einer Herabsetzung des Gegenstandswertes führen. Im vorliegenden Verfahrne sind jedoch derartige konkrete Umstände des Einzelfalles, die zu einem geringeren Gegenstandswert führen würden, nicht ersichtlich.

Eine Ermäßigung des Gegenstandswertes von 18.000,00 € kam auch nicht allein deshalb in Betracht, weil es sich bei dem vorliegenden Ausgangsverfahren um ein Verfahren im Wege der einstweiligen Verfügung auf Abbruch einer Betriebsratswahl gehandelt hat.

Zwar wird vielfach im einstweiligen Verfügungsverfahren ein Abschlag gegenüber dem Hauptsacheverfahren vorgenommen (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 15.04.1993 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 22; Bertelsmann, Gegenstandswerte im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, S. 30 m.w.N.). Sichert jedoch ein einstweiliges Verfügungsverfahren bei Erfolg des Antragstellers den geltend gemachten Anspruch, handelt es sich um eine Befriedigungs- bzw. Erfüllungsverfügung, erscheint ein Wertabzug in Höhe von einem Viertel oder einem oder gar zwei Dritteln des Hauptsacheverfahrens nicht gerechtfertigt. Es wird in derartigen Fällen nämlich nicht nur eine vorläufige Regelung getroffen. Die Streitigkeit ist vielmehr regelmäßig mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung beendet (LAG Bremen, Beschluss vom 15.02.1990 LAGE BRAGO § 8 Nr. 14; LAG Köln, Beschluss vom 09.06.1999 - NZA-RR 1999, 608; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; LAG Hamm, Beschluss vom 28.04.2005 - NZA-RR 2005, 435; Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 280, 473).

So liegt auch der vorliegende Fall. Die Arbeitgeberin hat mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung den vollständigen Abbruch der Betriebratswahl geltend gemacht. Wäre dem Antrag der Arbeitgeberin in vollem Umfange stattgegeben worden, hätte sich ein Anfechtungsverfahren in vollem Umfang erübrigt. Mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch keine vorläufige Regelung begehrt worden. Durch das vorliegende Verfahren der einstweiligen Verfügung ist der Streit zwischen den Beteiligten praktisch endgültig erledigt worden.

Schierbaum /N.






LAG Hamm:
Beschluss v. 19.12.2005
Az: 10 TaBV 161/05


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