Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 7. Mai 1998
Aktenzeichen: 22 W 21/98
(OLG Köln: Beschluss v. 07.05.1998, Az.: 22 W 21/98)
Bei der Streitwertberechnung gem. § 16 GKG für eine Räumungsklage ist der Nettomietzins (ohne Nebenkosten) zugrundezulegen.
Tenor
Die Beschwerde des Rechtsanwalts Wolfgang Klass gegen den Streitwertbeschluß des Landgerichts Köln vom 11.11.1997/31.03.1998 - 5 O 273/97 - wird zurückge-wiesen.
Gründe
Die gemäß §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3 GKG, 567 ff ZPO zulässige
Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin hat in der Sache
keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Streitwert für den
Klageantrag zu 1) (Räumungsklage) zu Recht - ausgehend von der
Nettomiete in Höhe von 1.432,00 DM monatlich - auf 17.184,00 DM
festgesetzt.
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung (siehe dazu
Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Auflage Rdnr. 3086 mit
weiteren Nachweisen) insbesondere der Entscheidung des 19.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln (WuM 1996, 288) an,
derzufolge Mietnebenkosten bei der Streitwertfestsetzung gem. § 16
GKG nicht zu berücksichtigen sind.
Ansichts des Meinungsstreits in Rechtsprechung und Literatur zu
dieser Frage weist Schneider (a.a.O. Rdnr. 3087) zutreffend darauf
hin, daß eine sinnvolle Alternative ohnehin nur darin bestehen
kann, entweder alle Nebenkosten ohne weitere Differenzierung zu
berücksichtigen oder gar keine. Eine weitergehende Differenzierung
innerhalb der Nebenkosten nach verbrauchsabhängigen und
verbrauchsunabhängigen ist abzulehnen, da hierdurch, wie die kaum
mehr überschaubare Entscheidungsvielfalt in diesem Bereich zeigt
(siehe dazu Schneider/Herget a.a.O. Rdnr. 3080 ff), der gerade auch
im Bereich der Streitwertfestsetzung erforderlichen Rechtsklarheit
ohne zwingenden Grund entgegengewirkt wird (siehe zum Gesichtspunkt
der Klarheit BGHZ 18, 168, 170).
Bei der Abwägung zwischen den beiden oben aufgezeigten
Alternativen sprechen nach Ansicht des Senats die überzeugenderen
Argumenten für die Zugrundelegung der Nettomiete.
Zum einen spricht hierfür, daß in den Mietverträgen ganz
überwiegend zwischen dem "Mietzins" und den "Nebenkosten"
unterschieden wird. Die Zahlung des Mietzinses stellt die
Hauptleistungspflicht des Mieters für die Haupt-
(gegen)leistungspflicht des Vermieters, die
Gebrauchsüberlassungspflicht an den Räumen dar. In völliger
Óbereinstimmung hiermit befindet sich die Regelung in § 550 b BGB,
derzufolge die Kaution nach dem Nettomietzins berechnet wird. Daß
auch die Verkehrsauffassung den Mietzins so versteht, kommt unter
anderem darin zum Ausdruck, daß bei Renditeobjekten mit der dem
Erwerber zufließenden Nettomiete geworben wird. Auch in den
Anzeigen zur Vermietung von Wohnraum wird überwiegend allein der
Mietzins "zuzüglich Nebenkosten" genannt, was ebenfalls dafür
spricht, daß die beteiligten Kreise die Nettomiete mit dem Begriff
"Miete" verbinden.
Gegen diese am Wortsinn ausgerichtete Argumentation spricht auch
nicht der Umstand, daß heute die Höhe der Nebenkosten im Vergleich
zu der Kaltmiete oft keinen geringen Kostenfaktor mehr darstellt.
Denn die Nebenkosten sind in nicht unerheblichem Umfang gleichwohl
auf Vermieterseite ein durchlaufender Posten, stellen somit auch
aus Sicht des Mieters kein Entgelt für eine Leistung des Vermieters
dar. Daher ist die heutige Situation nicht mehr mit der
vergleichbar, die den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom
14.07.1955 (BGHZ a.a.O.) dazu bewogen hat, von der bis dahin
herrschenden Ansicht zur Zugrundelegung des Nettomietzinses
abzuweichen.
Zu Recht hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln
(a.a.O.) mit zutreffender Begründung, der der Senat folgt, darauf
hingewiesen, daß die Regelungen im § 554 Abs. 1 BGB und § 9 Abs. 2
MHG für die Kündigung zwar aus sinnvollen Gründen auf die
Bruttomiete beziehungsweise den "erhöhten Mietzins" abstellen, daß
dies aber gerade wegen der speziellen Interessenlage bei der
Kündigung nicht dazu zwingt, diese Regelungen zu verallgemeinern
und auch der Streitwertfestsetzung gemäß § 16 GKG zugrundezulegen.
In diesem Bereich hat der Grundsatz des klaren, eindeutigen
Maßstabes zur Bestimmung des Streitwerts Vorrang.
Desweiteren ist der Senat - in Óbereinstimmung mit dem 19.
Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln (a.a.O.) und dem Landgericht
Mönchengladbach (ZMR 1990, 147 mit weiteren Nachweisen) - letztlich
der Ansicht, daß nicht zuletzt auch die sozialen Aspekte, die der
Regelung des § 16 GKG ohnehin zugrunde liegen, dafür sprechen, den
Streitwert niedrig zu halten.
Einer Kostenentscheidung bedarf es im Hinblick auf § 25 Abs. 4
GKG nicht.
OLG Köln:
Beschluss v. 07.05.1998
Az: 22 W 21/98
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