Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 272/02

(BPatG: Beschluss v. 17.12.2002, Az.: 33 W (pat) 272/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenabteilung 9.1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juni 2002 aufgehoben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr stattgegeben.

Gründe

I Die beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") am 23. März 1991 für Waren der Klasse 19 angemeldete Marke 2 075 865 PRO-FIT ist am 24. August 1994 in das Register eingetragen worden.

Der Markeninhaberin ist durch den ihr am 7. August 2001 zugestellten Bescheid des Patentamts vom 17. Juli 2001 gemäß § 47 Abs 3 MarkenG mitgeteilt worden, dass die Schutzdauer der Marke abgelaufen ist und die Eintragung der Marke gelöscht wird, wenn die Verlängerungsgebühr sowie der Zuschlag in Höhe von insgesamt 1.265,00 DM nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Monats der Zustellung gezahlt werden.

Am 4. April 2002 hat die Markeninhaberin die Verlängerungsgebühr nebst Zuschlag in Höhe von 646,79 Euro im Wege des Abbuchungsauftrages gezahlt und gleichzeitig die Wiedereinsetzung gemäß § 91 MarkenG beantragt. Zur Begründung ist von ihr insbesondere vorgetragen worden, die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist beruhe weder auf ihrem Verschulden noch auf einem Verschulden ihrer Vertreter. Sie habe ihren Vertretern erst am 27. Februar 2002 Weisungen zur Verlängerung der Marke erteilt. Die Vertreter hätten die Sachbearbeiterin, Frau G..., daraufhin sofort angewiesen, einen Abbuchungsauftrag zu erstellen und beim Patentamt einzureichen sowie den Fristablauf am 28. Februar 2002 zu notieren. Frau G... habe die Frist jedoch ohne Ausführung des Abbuchungsauftrages versehentlich gestrichen. Die gelernte Anwaltsgehilfin Frau G... habe bisher immer äußert zuverlässig die ihr aufgetragenen Arbeiten durchgeführt und Fristen gewissenhaft kontrolliert. Trotz der sonst immer sorgfältigen Bearbeitung und der vorgesehenen Kontrollen sei im vorliegenden Fall die Frist versäumt worden.

Dazu ist die "Erklärung" der Frau G... vom 4. April 2002 eingereicht worden, in der sie unter anderem aussagt, sie sei seit dem 14. September 1993 in Anwaltskanzleien mit der Überwachung von Fristen von Schutzrechtsbearbeitungen vertraut und überwache eine sehr große Anzahl von Fristen. Sie werde ständig und in regelmäßigen Abständen über die aufzubringende Sorgfalt bei der Fristenüberwachung unterrichtet.

Die Markenabteilung 9.1 des Patentamts hat den Wiedereinsetzungsantrag durch Beschluß vom 11. Juni 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, ein Verschulden der Vertreter der Markeninhaberin an der Fristversäumung lasse sich nicht ausschließen. Es fehle an einer hinreichend genauen Darstellung des Bearbeitungsablaufes sowie der Glaubhaftmachung.

Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung beantragt die Markeninhaberin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben, und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, da die Sachbearbeiterin die Weisungen erst gegen Ende der Bürozeit am 27. Februar 2002 erhalten habe, sei die Aufgabe von ihr für den 28. Februar 2002 in ihrem Kalender vermerkt worden. Nachdem Frau G... in dieser Verlängerungsangelegenheit bereits ein Telefax an die amerikanischen Vertreter gesandt habe, müsse sie irrtümlich auch den Abbuchungsauftrag für erledigt gehalten haben.

Auf einen Hinweis des Senats haben die Vertreter der Markeninhaberin die eidesstattliche Versicherung der Frau G... vom 16. Dezember 2002 vor- gelegt.

II Die Beschwerde ist begründet, weil der Wiedereinsetzungsantrag begründet ist.

Die Markeninhaberin hat nunmehr gemäß § 91 Abs 1 und 3 MarkenG glaubhaft gemacht, dass sie ohne Verschulden, insbesondere ihrer Vertreter, verhindert war, die gemäß § 47 Abs 3 Satz 4 MarkenG a.F. am 28. Februar 2002 endende Zahlungsfrist für die Verlängerungsgebühr nebst Zuschlag einzuhalten.

Der innerhalb der Zweimonatsfrist des § 91 Abs 2 MarkenG zu stellende Antrag muß zwar nach § 91 Abs 3 Satz 1 MarkenG die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten, die Antragstellerin durfte die fristgerecht vor dem Patentamt vorgebrachten Tatsachen aber im Laufe des Beschwerdeverfahrens konkretisieren und vervollständigen (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Auflage 2000, § 91 Rdn 20 aE).

Der Geschehensablauf hinsichtlich des Auftrages der Verlängerung der Schutzdauer der Marke erscheint jetzt hinreichend klar. Die Sachbearbeiterin Frau G... hat die Weisung für den Abbuchungsauftrag rechtzeitig erhalten, richtig verstanden und die Frist für den nächsten Arbeitstag vom 28. Februar 2002 zutreffend notiert; dies zeigt auch eindeutig die vorgelegte Kopie des Kalenders.

Nach dem Vortrag der Antragstellerin handelt es sich bei der Sachbearbeiterin Frau G... um eine erfahrene, zuverlässige und sorgfältige Angestellte der Ver- treter, die auch ausreichend belehrt und beaufsichtigt wird. Die Streichung der Frist vom 28. Februar 2002 ohne tatsächliche Ausführung des Abbuchungsauftrages zur Verlängerung der Schutzdauer der Marke sieht der Senat noch als menschliches Versagen an, das die Antragstellerin und ihre Anwälte nicht zu vertreten haben. Denn die irrtümliche Annahme der Sachbearbeiterin, nach Absendung eines Telefaxes in derselben Sache ihre Aufgabe erledigt zu haben und die Frist streichen zu können, erscheint eher unvorhersehbar. Das Versäumnis hätte sich zwar wahrscheinlich durch eine bessere Fristen- und Ausgangskontrolle vermeiden lassen. Im vorliegenden Fall war die Erteilung des Abbuchungsauftrages jedoch so kurzfristig und eilbedürftig erforderlich, dass der Senat hier an die Sorgfaltspflicht der Vertreter keine allzu strengen, in der Praxis eher unrealistischen Maßstäbe anlegen möchte, sondern davon ausgeht, dass die Vertreter auf die Zuverlässigkeit ihrer bewährten Sachbearbeiterin vertrauen konnten.

Mit der Vorlage der eidesstattlichen Versicherung vom 16. Dezember 2002 hat die Antragstellerin ihren Vortrag der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen nunmehr auch gemäß § 91 Abs 3 Satz 2 MarkenG iVm § 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Winkler Richter k.A. Kätker ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

Winklerv. Zglinitzki Hu/Cl






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Beschluss v. 17.12.2002
Az: 33 W (pat) 272/02


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