Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2005
Aktenzeichen: 23 W (pat) 47/02
(BPatG: Beschluss v. 11.10.2005, Az.: 23 W (pat) 47/02)
Tenor
Der Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juli 2002 wird aufgehoben und dem Anmelder wird im Verfahren zur Erteilung des Patents Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Gründe
I Die vorliegende Patentanmeldung ist unter der Bezeichnung "Eine Methode der mehrkanaligen Kodierung akustischer Signale für sensorisch getrennte Wahrnehmung mit Anwendungen" am 12. Dezember 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Sie umfasst 27 Patentansprüche, 5 Seiten Beschreibung sowie eine Zusammenfassung. Gleichzeitig ist Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt worden und hierzu ein Bescheid des Sozialreferats der Stadt München vom 29. September 2000 über die Änderung von laufenden Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz vorgelegt worden.
Mit Bescheid vom 7. September 2001 hat die Prüfungsstelle 11.35 des Deutschen Patent- und Markenamts im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung nach § 42 PatG festgestellt, dass der Gegenstand der Patentanmeldung nicht patentfähig sei, weil mit den eingereichten Unterlagen eine Lernmethode vorgeschlagen werde. Patente würden nur für Erfindungen auf technischem Gebiet erteilt. Pläne, wissenschaftliche Theorien, organisatorische Abläufe, Unterrichtsmethoden, Regeln und Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten seien nicht patentfähig. Die vorgeschlagene Unterrichtsmethode wende sich an die menschliche Verstandestätigkeit. Derartige Maßnahmen seien aber nichttechnisch und demnach nicht patentfähig. Falls die Patentanmeldung aufrechterhalten würde, müsste diese zurückgewiesen werden. Hinsichtlich des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe werde gesondert entschieden.
Der Anmelder ist dem vorgenannten Bescheid mit Schreiben vom 12. Oktober 2001 unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass die Anmeldung keine Lernmethode, sondern gemäß Hauptanspruch und sämtlichen Nebenansprüchen eine Kodiermethode vorschlage, wobei in allen Ansprüchen technische Merkmale enthalten seien. Zugleich sind vom Anmelder geänderte Patentansprüche 1 bis 27 vorgelegt worden.
Mit Bescheid vom 9. Januar 2002 hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts dargelegt, dass aufgrund der nachgewiesenen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Voraussetzung zur Gewährung von Verfahrenskostenhilfe erfüllt sei. Gemäß § 130 des Patentgesetzes in Verbindung mit den §§ 114 und 115 der Zivilprozessordnung könne einem Anmelder, der aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten des Patenterteilungsverfahrens nicht aufbringen kann, auf Antrag Verfahrenskostenhilfe gewährt werden, wenn hinreichend Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht, dh wenn der Anmeldungsgegenstand neu, erfinderisch und technisch brauchbar ist. Im Übrigen werde auf die in BlPMZ 1999, Seite 35 veröffentlichte Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 18. Februar 1998 (Aktenzeichen 7 W (pat) 2/98) verwiesen, wonach keine Verfahrenskostenhilfe gewährt wird, wenn die Anmeldungsunterlagen keine für den Fachmann verständliche und vollständige technische Lehre erkennen lassen. Dieses treffe für die vorliegende Patentanmeldung in vollem Umfang zu. Im Bescheid vom 7. September 2001 sei dem Anmelder im Ergebnis der Offensichtlichkeitsprüfung nach § 42 Patentgesetz mitgeteilt worden, dass die vorliegende Patentanmeldung keine technischen Merkmale (zB Verbesserung eines technischen Gerätes) erkennen lasse, sondern eine Unterrichtsmethode vorschlage, die sich an die menschliche Verstandestätigkeit wende und demnach nicht patentfähig sei. Die Ausführungen des Anmelders in der Eingabe vom 12. Oktober 2001 könnten die Patentabteilung nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts veranlassen. Die mit dieser Eingabe vorgelegten Patentansprüche enthielten zwar technische Begriffe, wie zB Kodierung akustischer Signale, Synchronisation, Kompression, jedoch ließen diese im Kontext keine verständliche und vollständige technische Lehre erkennen, die einen Fachmann befähigen könnte, die vorgeschlagene "Methode der Kodierung eines akustischen Signals" in einem entsprechenden Gerät zu realisieren. So sei zB die Formulierung im Anspruch 1, Zeile 9/10 "- einzige Sprachfragmente von verschiedenen Kanälen und auch begleitende akustische Signale sich gegenseitig verformen werden" inhaltlich völlig unverständlich. Auch sei nicht zu erkennen, was konkret mit "Zeit-Dehnung/Kompression" (Anspruch 1, Z 12) im Zusammenhang mit der mehrkanaligen Kodierung der Audiosignale gemeint ist. Zur Information des Anmelders ist auf folgende Druckschriften als Beispiele für den auf dem Gebiet der mehrkanaligen Kodierung/Dekodierung von Audiosignalen vorhandenen Stand der Technik hingewiesen worden - [1] EP 520 068 B1 und - [2] EP 519 055 B1.
Diese Druckschriften enthielten im Gegensatz zur vorliegenden Patentanmeldung eine vollständige, konkrete, für den Fachmann nachvollziehbare Anweisung zum technischen Handeln. Aus den genannten Gründen bestehe keine hinreichende Aussicht auf die Erteilung des Patents. Da damit die Forderungen aus § 130 PatG nicht erfüllt seien, könne die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Aussicht gestellt werden. Mit der Zurückweisung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe sei daher zu rechnen.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2002 hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenkostenhilfe aus den Gründen des Bescheids vom 9. Januar 2002 zurückgewiesen, nachdem sich der Anmelder auf diesen Bescheid innerhalb der gesetzten Äußerungsfrist nicht geäußert hat.
Gegen den vorgenannten Beschluss hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 5. September 2002, beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen am 8. September 2002, sinngemäß Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat der Anmelder Antrag auf Verfahrenskostenhilfe im Beschwerdeverfahren gestellt und dazu einen Bescheid des Sozialreferats der Stadt München vom 20. Dezember 2001 über die Änderung von laufenden Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und von besonderem Mietzuschuss nach dem Wohngeldgesetz vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2005 hat der Anmelder den Anmeldungsgegenstand erläutert und erklärt, dass sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert hätten. Er beziehe nach wie vor Sozialhilfe (jetzt Hartz IV) in Höhe von ca 339,-- Euro. Außerdem werde die Miete übernommen. Im Übrigen habe er kein weiteres Einkommen und verfüge auch über kein Vermögen.
Der Anmelder beantragt, den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juli 2002 aufzuheben und ihm Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
Der mit dem ursprüngliche Patentanspruch 1 inhaltsgleiche geltende Patentanspruch 1 vom 12. Oktober 2001 lautet:
"Eine Methode der mehrkanaligen (zwei und mehr) im Zeit-Frequenz-Bereich Kodierung des akustischen (insbesondere Sprach-) Signals mit sensorischer Trennung (insbesondere für Sprachsignale) der Kanäle der akustischen Wahrnehmung, welche Methode - vorherbestimmt ist, um die Effektivität von Subjekteswahrnehmung zu steigern, welche Wahrnehmung dabei parallel (gleichzeitig) durch die obengenannten vielen Kanäle des akustischen (insbesondere Sprach-) Signals vorläuft - und dabei mit annehmbarem (klein genug für Sprache verständlich zu sein) Grad der Kanal-Kanal-Störungen oder sogar ganz ohne Störungen, welche Methode darin besteht, daß
- einzige Sprachfragmente (Wörter, Wörtergruppen) von verschiedenen genannten Kanäle und (möglich) auch begleitende akustische Signale sich gleichzeitig vertonen werden (möglich mit einer kontrollierten gegenseitigen Kanal-Kanal-Synchronisation der obengenannten Informationsfragmente durch kontrollierte Zeit-Verschiebung und Zeit-Dehnung/Kompressionund/oder mit kontrollierter akustischer Kanalamplitude)
- in (in der Zeit) parallelen (insbesondere für Sprachsignale) sensorisch getrennten Kanäle akustischer Wahrnehmung, welche sensorisch getrennte Kanäle akustischer Wahrnehmung sich realisieren werden:
- durch gegenseitig sehr unterscheidende Spektraleigenschaften und/oder - durch verschiedene rechte/linke Gehörkanäle (die durch verschiedene Ohren bzw. weiter durch verschiedene Gehörnerven wahrgenommen werden)."
Wegen der geltenden Patentansprüche 2 bis 27 nebst Beschreibung und der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Verfahrenskostenhilfe wird bewilligt, weil die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde insofern begründet ist, als nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung die im angefochtenen Beschluss als Zurückweisungsgrund für den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe genannte Unverständlichkeit und Unvollständigkeit der Lehre nicht vorliegt und die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch ansonsten erfüllt sind, § 130 Abs 1 Satz 1 PatG iVm §§ 114 ff ZPO.
1. Da sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Anmelders gemäß seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung nicht geändert haben - dh er nach wie vor bedürftig ist -, sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe insoweit erfüllt, § 130 Abs 1 Satz 1 PatG iVm § 114 Abs 1 ZPO.
2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe sind auch dahingehend erfüllt, dass die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen dem zuständigen Durchschnittsfachmann eine hinreichend verständliche und vollständige Lehre zum technischen Handeln vermitteln, die ihn befähigt, die vorgeschlagene "Methode der mehrkanaligen Kodierung eines akustischen Signals" ohne weiteres in einem entsprechenden Gerät zu realisieren (vgl hierzu Schulte, PatG, 7. Aufl, § 130 Rdn 40). Der zuständige Durchschnittsfachmann ist dabei als ein mit der Entwicklung und Fertigung von Vorrichtungen für die Aufbereitung und Wiedergabe von Informationen befasster, berufserfahrener Elektroingenieur mit Fachhochschulabschluss auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik zu definieren.
Um die Verständlichkeit und Vollständigkeit der Lehre beurteilen zu können, müssen die gesamten ursprünglichen Anmeldungsunterlagen einer diesbezüglichen Überprüfung unterzogen werden, zumal die Beschreibung zur Erläuterung der Patentansprüche heranzuziehen ist (vgl BGH GRUR 1986, 803, 805 li Sp Abs 2 - "Formstein") und bei Unklarheiten von Begriffen in den Patentansprüchen diese so zu deuten sind, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht (vgl BGH GRUR 2001, 232 Leitsatz iVm 233 re Sp le Abs - "Brieflocher"). In der Beschreibung ist aber - zumindest - eine Ausführungsform der Erfindung offenbart, die dem Fachmann eine hinreichend verständliche und vollständige Lehre zum technischen Handeln vermittelt, dh ihn befähigt, die vorgeschlagene "Methode der mehrkanaligen Kodierung eines akustischen Signals" ohne weiteres in einem Gerät zu realisieren.
Ausgangspunkt der zur Erfindung führenden Überlegungen des Anmelders sind ausweislich der Beschreibung die bekannten Konditionierungsreflexe nach Pawlow (vgl Beschreibungss 1, Z 27 bis 42). Wird ein Hund beim Füttern gleichzeitig einem zusätzlichen akustischen oder optischen Signal - beispielsweise dem Ertönen einer Glocke oder dem Aufleuchten einer Lampe - ausgesetzt, so wird nach Ablauf einer Trainingsphase bei dem Hund ein Speichelfluss von dem Signal auch ohne Futter ausgelöst, weil der Hund die beiden Informationen "Futter" und "zusätzliches Signal" unbewusst so miteinander verknüpft abgespeichert hat, dass bei Erscheinen der einen Information (zusätzliches Signal) reflexartig die andere Information (Futter) abgerufen wird. Diesen Effekt möchte der Anmelder zum unbewussten Lernen - insbesondere von Fremdsprachen - nutzen (vgl Beschreibungss 1, Z 3 bis 15). Im Unterschied zu den bekannten Konditionierungsreflex-Versuchen möchte der Anmelder mit den Informationen in der Mutter- und der Fremdsprache jedoch nicht verschiedene Sinneskanäle (dort den Geruchssinn und den Gehör- oder Gesichtssinn), sondern allein den Gehörsinn beaufschlagen (vgl Beschreibungss 1, Z 15 bis 22). Um die Informationen in der Mutter- und der Fremdsprache dem Gehörsinn gleichzeitig und gleichwohl sensorisch getrennt zuzuführen (vgl Beschreibungss 1, Z 32 bis 56), schlägt der Anmelder eine Unterteilung des Gesamtbandes der hörbaren Frequenzen in zwei separate Teilbänder als sensorisch getrennte Kanäle - beispielsweise oberhalb bzw unterhalb einer Grenz-Frequenz von 2000 Hz (vgl Beschreibungss 3, Z 136 bis 137) - vor, wobei zur zusätzlichen sensorischen Trennung der eine Kanal an das eine und der andere Kanal an das andere Ohr anzuschließen ist (vgl Beschreibungss 2, Z 100 bis 119 iVm Anspruch 1). Da die Informationen in der Mutter- und der Fremdsprache aber jeweils beide Frequenz-Teilbänder belegen, schlägt der Anmelder zu deren Trennung vor, die Frequenzen der einen Information so anzuheben - beispielsweise durch Erhöhung der Bandgeschwindigkeit eines Tonbandes -, dass sie insgesamt in das obere Frequenz-Teilband fallen (vgl Beschreibungss 2, Z 111 bis Seite 3, Z 130), wobei die Frequenzen der anderen Information dann selbstverständlich so abzusenken sind - beispielsweise durch Verringerung der Bandgeschwindigkeit eines Tonbandes -, dass sie insgesamt in das untere Frequenz-Teilband zu liegen kommen. Wird besagte Frequenzverschiebung der Informationen durch Änderung der Bandgeschwindigkeit eines Magnetbandes herbeigeführt, so führt dies ersichtlich zu einer entsprechenden zeitlichen Verkürzung bzw Verlängerung der Informationen in dem einen bzw dem anderen Kanal. Um die Gleichzeitigkeit bzw Synchronität der Informationen beider Kanäle sicherzustellen, sieht die Anmeldung daher eine - die Verkürzung kompensierende - zeitliche Dehnung der Information des oberen Frequenz-Teilbandes vor - beispielsweise durch Verlangsamung des Aufnahmesprechtempos (vgl Beschreibungss 3, Z 129 bis 131 und 178 bis 179 iVm Anspruch 1) -, wobei die Verlängerung der anderen Information dann ersichtlich durch entsprechende zeitliche Kompression - durch Erhöhung des Aufnahmesprechtempos - zu kompensieren ist. Das unbewusste Lernen soll dabei dadurch erleichtert werden, dass als Informationen in der Mutter- und der Fremdsprache jeweils nur Sprachfragmente - zB. Wörter oder Wörtergruppen - verwendet werden (vgl Beschreibungss 4, Z 185 bis 203 iVm Anspruch 1).
Der - sprachlich unzulängliche - Patentanspruch 1 der vorliegenden Anmeldung ist demnach - im Lichte der Beschreibung - letztlich auf eine "Methode der mehrkanaligen Kodierung eines akustischen Signals" gerichtet, die die vorstehenden Merkmale nach der Beschreibung aufweist.
3. Die vorgeschlagene "Methode der mehrkanaligen Kodierung eines akustischen Signals" eröffnet auch hinsichtlich der Technizität bzw der Ausschlussregeln nach § 1 Abs 2 Nr 3 und 4 PatG eine ausreichende Aussicht auf Patenterteilung.
Nach den Patentansprüchen betrifft die vom Anmelder vorgeschlagene Problemlösung keine - durch § 1 Abs 2 Nr 3 iVm Abs 3 PatG vom Patentschutz ausgeschlossene - Lern- oder Unterrichtsmethode als solche, sondern ausdrücklich eine Methode der mehrkanaligen Kodierung eines akustischen Signals (vgl hierzu auch den Schriftsatz des Anmelders vom 12. Oktober 2001, S 1, Z 17 bis 24). Wie bereits vorstehend im Abschnitt 2. zur Ausführbarkeit der Lehre ausgeführt worden ist, schlägt der Anmelder für die beanspruchte Methode der mehrkanaligen Kodierung eines akustischen Signals zudem die zweifelsohne technischen Mittel vor, dass das Gesamtband der hörbaren Frequenzen in zwei separate Teilbänder - beispielsweise oberhalb bzw unterhalb einer Grenz-Frequenz von 2000 Hz - unterteilt wird, dass das eine Teilband dem einen und das andere Teilband dem anderen Ohr zugeordnet wird, dass ein erstes bzw zweites akustisches Signal (Mutter- bzw Fremdsprache) durch Frequenzverschiebung in das eine bzw andere der zwei Teilbänder transferiert wird, dass die Gleichzeitigkeit bzw Synchronität der beiden Signale dabei dadurch sichergestellt wird, dass das erste bzw zweite akustische Signal einer zeitlichen Dehnung bzw Kompression unterzogen wird, und dass jeweils nur relativ kurze akustische Signale (Sprachfragmente) verwendet werden. Die Technizität der vorgeschlagenen Methode wird zudem auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie - vordergründig - dem nichttechnischen Zweck des Erlernens von Fremdsprachen dient, da sich dahinter ersichtlich die technische Aufgabe der gleichzeitigen Wiedergabe zweier akustischer Informationen ohne gegenseitige Beeinträchtigung verbirgt (vgl hierzu BGH GRUR 2004, 667 Leitsatz iVm 668 re Sp le Abs bis 669 li Sp Abs 1 - "Elektronischer Zahlungsverkehr"). Da die vorgeschlagene Methode der mehrkanaligen Kodierung eines akustischen Signals also der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dient, steht dem Patentschutz nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl BGH Mitt 2005, 358 amtlicher Leitsatz a) - "Aufzeichnungsträger") aber auch nicht entgegen, dass der Vorschlag des Anmelders im Ergebnis auf den Informationscharakter der Methode (Fremdsprachenlernen) abstellt, dh insoweit eine gemäß § 1 Abs 2 Nr 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossene Wiedergabe von Informationen betrifft.
4. Schließlich besteht auch im Hinblick auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit derzeit - nach erfolgter Offensichtlichkeitsprüfung und bei noch ausstehendem Prüfungsverfahren - hinreichende Aussicht auf Patenterteilung, § 130 Abs 1 Satz 1 PatG.
Die Druckschriften - [1] EP 520 068 B1 und - [2] EP 519 055 B1 sind im Bescheid der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Januar 2002 lediglich als Beispiel für eine verständliche und vollständige Offenbarung in Betracht gezogen worden. Mithin ist auch in diesem Bescheid nicht geltend gemacht worden, dass der Vorschlag des Anmelders durch diesen Stand der Technik patenthindernd getroffen sein könnte, zumal diese Druckschriften zwar ebenfalls eine Unterteilung des Gesamtbandes der hörbaren Frequenzen in separate Teilbänder vorsehen, jedoch den Fachmann insofern vom Vorschlag des Anmelders wegführen, als sie ein Beaufschlagen aller Teilbänder mit ein und derselben Information lehren, wobei die höherfrequenten Anteile der Information in höherfrequenten und die niedrigerfrequenten Anteile der Information in niedrigerfrequenten Teilbändern zu liegen kommen. Folglich kann der Fachmann durch diese beiden Druckschriften keine Anregung zu der Lehre des Anmeldervorschlags erhalten, wonach eine erste Information durch Frequenzanhebung vollständig in das obere Teilband und eine zweite Information durch Frequenzabsenkung vollständig in das untere Teilband zu verschieben ist bzw dass zur Synchronisierung der beiden Informationen die Information im oberen Teilband einer zeitlichen Dehnung und die Information im unteren Teilband einer zeitlichen Kompression zu unterziehen ist, wenn die Frequenzverschiebung durch Änderung der Bandgeschwindigkeit eines Tonbandes herbeigeführt wird. Auch ist nicht ersichtlich, wie der Fachmann - ohne Kenntnis der Erfindung - allein aufgrund seiner Fachkenntnisse zu dieser Lehre gelangen könnte, zumal die bekannten Pawlowschen Konditionierungsreflex-Versuche für die zwei Informationen - wie dargelegt - zwei verschiedene Sinneskanäle (nämlich den Geruchs- oder Geschmackssinn bzw den Gehör- oder Gesichtssinn) vorsehen.
Dem Antrag des Anmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war sonach - da alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind - stattzugeben. Wegen der augenfälligen Sprachschwierigkeiten des Anmelders erscheint die Beiordnung eines Vertreters gemäß § 133 PatG durch das Deutsche Patent- und Markenamt auf Antrag des Anmelders sachdienlich.
Dr. Meinel Dr. Gottschalk Knoll Lokys Be
BPatG:
Beschluss v. 11.10.2005
Az: 23 W (pat) 47/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bf29a51fa232/BPatG_Beschluss_vom_11-Oktober-2005_Az_23-W-pat-47-02