Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Januar 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 79/99
(BPatG: Beschluss v. 20.01.2000, Az.: 25 W (pat) 79/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 1999 insoweit aufgehoben als die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 556 946 angeordnet worden ist.
Der Widerspruch aus der Marke 556 946 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die nach Teillöschung noch für "Pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Rhinologika, insbesondere Mittel zur Abschwellung der Nasenschleimhaut speziell bei nichtallergischen Erkrankungen" seit dem 27. Juli 1995 eingetragene Markeesparhin, deren Bekanntmachung am 30. November 1995 erfolgt ist, hat Widerspruch erhoben die Inhaberin der am 15. April 1943 ua für "Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen." eingetragenen Marke 556 946 Esmarin, deren Benutzung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt mit der Begründung bestritten worden ist, daß ein rechtserhaltender Gebrauch der Widerspruchsmarke nicht bekannt und diese auch in der Roten Liste 1997 nicht eingetragen sei. Die Widersprechende hat daraufhin zur Glaubhaftmachung der Benutzung eine eidesstattliche Versicherung ihres Leiters der Abteilung Pharma Deutschland vom 19. Mai 1998 vorgelegt. Danach ist mit der für ein Herz-Kreislauf-Mittel verwendeten Widerspruchsmarke im Jahr 1993 ein Umsatz von DM ... und im Jahr 1994 ein Umsatz von DM ... erzielt worden, während in den Jahren 1995 und 1996, in denen das Produkt noch im Handel gewesen sein soll, kein Umsatz mehr erzielt worden ist. Die Widersprechende hat ferner eine Gebrauchsinformation des Präparats "Esmarin" aus dem Jahre 1992 sowie die Kopie einer Faltschachtel (ohne Datierung) und den Auszug einer Roten Liste 1994 zur Akte gereicht.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat hierauf erwidert, daß im Hinblick auf die geringen Umsätze in den Jahren 1993 und 1994 keine relevanten Benutzungshandlungen vorlägen und auch keine Vorbereitung für eine zukünftige Benutzungsaufnahme getätigt worden sei, da seit dem Jahr 1995 keinerlei Umsätze erzielt würden. Weder sei eine weitere Benutzung bekannt noch ausweislich der Roten Liste 1997 erfolgt, so daß die Einrede der Nichtbenutzung aufrechterhalten bleibe.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in dem angefochtenen Beschluß die Löschung der angegriffenen Marke wegen bestehender Verwechslungsgefahr angeordnet und zu der erhobenen Nichtbenutzungseinrede ausgeführt, daß eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für ein Herz-Kreislauf-Mittel trotz der geringen Umsätze in den Jahren 1993 und 1994 hinreichend glaubhaft gemacht sei. Bei dem unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Produkt "Esmarin" handele es sich um ein hochspezialisiertes Arzneimittel zur Anwendung bei schwerwiegenden Krankheitsbildern, so daß trotz eines kleinen Gesamtvolumens von einer ernsthaften Benutzung auszugehen sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke, die unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, den Widerspruch zurückzuweisen Sie hat auf den Hinweis des Senats, daß sich die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke auch auf den von der Markenstelle nicht berücksichtigten Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung (§ 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG) zu erstrecken habe, jedenfalls insoweit aber eine ernsthafte Benutzung nicht glaubhaft gemacht worden sei, nochmals eine eidesstattliche Versicherung ihres Leiters der Hauptabteilung Pharma Deutschland vom 6. Januar 2000 vorgelegt, welche mit Ausnahme des auf DM ... präzisierten Umsatzes für das Jahr 1994 derjenigen vom 19. Mai 1998 ent- spricht. Ferner hat sie Fotokopien der bereits dem Deutschen Patent- und Markenamt vorgelegten Unterlagen eingereicht. Eine Verwechslungsgefahr sei wegen der der erheblichen Ähnlichkeit der Zeichen unausbleiblich.
Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschluß und die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG).
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, da die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für den nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch nicht glaubhaft gemacht hat. Der Widerspruch ist deshalb zurückzuweisen (§§ 43 Abs 2 Satz 2, 43 Abs 1 Satz 3 iVm § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG).
Da die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung der am 15. April 1943 eingetragenen Widerspruchsmarke zulässigerweise erheben konnte und sie diese auch nicht in zeitlicher Hinsicht auf einen der in § 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG genannten benutzungsrelevanten Zeiträume beschränkt hat (vgl hierzu auch PAVIS PROMA, Knoll, 29 W (pat) 044/98 - PRODEA Dea), war - wie der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt ausdrücklich klargestellt und worauf der Senat auch hingewiesen hat - die ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke nicht nur für den Zeitraum von fünf Jahren vor Veröffentlichung (Bekanntmachung) der Eintragung der jüngeren Marke (§ 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG), sondern auch zusätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren rückgerechnet vom Entscheidungsdatum über den Widerspruch (§ 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG) für die eingetragenen Waren im Sinne von § 26 MarkenG glaubhaft zu machen, um Ansprüche im Widerspruchsverfahren geltend machen zu können (vgl BGH GRUR 1998, 938, 939 - DRAGON; GRUR 1999 54, 55 - Holtkamp; MarkenR 1999, 297, 298 - HONKA).
Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Rechtsansicht der Markenstelle zu folgen ist und für den nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG maßgebenden Zeitraum (30. November 1990 - 30. November 1995) eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht worden ist. Denn jedenfalls fehlt es an der hinreichenden Glaubhaftmachung ernsthafter Benutzungshandlungen für den nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG maßgebenden Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch (20. Januar 1995 - 20. Januar 2000). Die Widersprechende hat nämlich insoweit bereits keine Unterlagen vorgelegt, welche sich für die Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG eignen. So sind sowohl die eingereichte Gebrauchsinformation mit dem Aufdruck "Stand 6/92" als auch die zeitlich nicht zuzuordnende Fotokopie einer Präparate-Faltschachtel zur Glaubhaftmachung für den maßgebenden Zeitraum ungeeignet. Auch der vorgelegte Auszug aus der Roten Liste 1994 läßt weder hinreichend sichere Schlußfolgerungen auf tatsächliche Benutzungshandlungen noch auf deren Umfang und Dauer sowie die Form der Verwendung der Marke im Sinne einer ernstlichen Benutzung zu (vgl zu diesen Voraussetzungen auch PAVIS PROMA, Knoll, 30 W (pat) 134/98 - Prostaysat Propastad). Da nach den weiteren Angaben des Leiters der Abteilung Pharma der Widersprechenden in der eidesstattlichen Versicherung vom 6. Januari 2000 mit dem gekennzeichneten Präparat "Esmarin" der letzte Umsatz mit nur DM ... im Jahr 1994 getätigt wurde und das Präparat nur bis zum Jahre 1996 im Handel gewesen ist, entfallen auf den maßgebenden Benutzungszeitraum gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG nach eigenen Angaben der Widersprechenden keine relevanten Benutzungshandlungen. Daß das Präparat noch bis zum Jahr 1996 im Handel gewesen sein soll, besagt unter den dargestellten Umständen allenfalls, daß früher gelieferte und nicht verkaufte Packungen noch vorrätig waren, aber endgültig nicht mehr abgesetzt werden konnten. Dies vermag - auch im Hinblick auf die Gesamtentwicklung - nicht die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung iSd § 26 Abs 1 MarkenG zu rechtfertigen. Somit war auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke der angefochtene Beschluß bereits wegen der durchgreifenden Nichtbenutzungseinrede aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen, ohne daß es der Prüfung einer Verwechslungsgefahr bedurfte.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.
Kliems Knoll Engels Pü/prö
BPatG:
Beschluss v. 20.01.2000
Az: 25 W (pat) 79/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bf4ce7075bea/BPatG_Beschluss_vom_20-Januar-2000_Az_25-W-pat-79-99