Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 30. November 2001
Aktenzeichen: 6 U 87/01
(OLG Köln: Urteil v. 30.11.2001, Az.: 6 U 87/01)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. März 2001 verkün-dete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 134/00 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich des titulierten Unterlassungsanspruchs 100.000,00 DM, hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin weitere 35.000,00 DM. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber beim Betrieb von Online-Diensten. Unter anderem bieten sie ihren Kunden die Möglichkeit an, gegen Zahlung eines Entgeltes das Internet zu nutzen. Die beim Internet-Zugang vom Kunden zu tragenden Kosten sind je nach Anbieter und Nutzungsintensität unterschiedlich und können sich aus verschiedenen Rechnungspositionen zusammensetzen. So verlangen diverse Anbieter für den Zugang zum Internet zum einen eine Grundgebühr, zum anderen von der Dauer der Nutzung abhängige Gebühren. Zuweilen enthält die Grundgebühr auch sog. "Freistunden" zur Internetnutzung. Außerdem werden je nach Anbieter Kosten für den Verbindungsaufbau, d.h. die Nutzung der Telefonleitung als notwendige Voraussetzung für den Zugang zum Internet, berechnet. Darüber hinaus gibt es aber auch sog. "flatrates". Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Internetnutzer an ihre Anbieter einen monatlichen Festpreis zur Nutzung des Internets zahlt. Nutzungsabhängige Kosten fallen dann nicht an. Eine solche flatrate wurde bereits im Dezember 1998 von der Firma MC. zum Preis von 77,00 DM pro Monat angeboten.
In der Vergangenheit, und zwar bis einschließlich September 1999, bot die Beklagte ihren Kunden einen Tarif an, der eine Grundgebühr von 9,90 DM pro Monat vorsah und bei dem für jede Online-Stunde weitere 4,95 DM zu zahlen waren. Darüber hinaus waren die von dem jeweiligen Telefonanbieter verlangten Telefonkosten von dem Kunden zu tragen. Diesen Tarif änderte die Beklagte ab dem 01.10.1999 und bietet ihren (potenziellen) Kunden seither die Möglichkeit der Internetnutzung dergestalt an, dass der Kunde einen monatlichen Betrag von 9,90 DM, für den Verbindungsaufbau 6 Pf. und für jede Minute, die er im Internet verweilt, 3,9 Pf. zu zahlen hat.
Gegenstand dieses Rechtsstreits und des ihm vorauslaufenden einstweiligen Verfügungsverfahrens 81 O 162/99 LG Köln = 6 U 191/99 OLG Köln ist die Art und Weise, in der die Beklagte diesen neuen, ab dem 01.10.1999 angebotenen Tarif mit dem Slogan
"Internet zum Festpreis"
beworben hat. Wegen der Einzelheiten der von der Klägerin als wettbewerbswidrig beanstandeten Werbung der Beklagten wird auf die im einstweiligen Verfügungsverfahren zu den Akten gereichten Originalanlagen, namentlich die Anlagen K 3, K 4 und K 5, und im übrigen auf die im nachfolgenden erstinstanzlichen Klageantrag der Klägerin wiedergegebenen Schwarz-/Weiß-Kopien verwiesen.
Die Klägerin hat die konkrete Werbung der Beklagten als irreführend beanstandet. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Worte "Internet zum Festpreis" erwarte der Verbraucher, dass er über den dort angegebenen Festpreis von 9,90 DM pro Monat hinaus keine weiteren Kosten zu tragen habe. Statt dessen müsse er unstreitig über den Betrag von 9,90 DM pro Monat hinaus weitere nutzungsabhängige Kosten und das Einwahlentgelt von 6 Pf. zahlen. An der Irreführung änderten auch vorhandene "Sternchenhinweise" nichts.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 500.000,00 DM zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den Online-Dienst "A." mit der Angabe "Festpreis", insbesondere "Internet zum Festpreis" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, solange neben dem "Festpreis" noch weitere Entgelte bei der Nutzung des Angebotes zu leisten sind, wie nachstehend wiedergegeben:
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Gefahr einer Irreführung des angesprochenen Verkehrs in Abrede gestellt und die Auffassung vertreten, der von ihr verwandte Begriff "Festpreis" und/oder "Internet zum Festpreis" sei auslegungsfähig. Jedenfalls aufgrund vorhandener Sternchenhinweise erhelle sich dem umworbenen Verbraucher, dass auf ihn neben der Grundgebühr weitere nutzungsabhängige Kostenbelastungen und ein Einwahlentgelt zukämen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 117 ff. d.A.), hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Werbung sei irreführend, soweit eine Erläuterung nicht erfolge, im übrigen sei sie im konkreten Zusammenhang gemäß § 1 UWG unlauter, soweit zur Ausräumung der Irreführungseignung eine Erläuterung über einen "Sternchenhinweis" erfolge. Die mit einem "Sternchen" versehene Werbung der Beklagten sei gemäß § 1 UWG wettbewerblich unzulässig, weil sie blickfangmäßig herausgestellt mit einem nicht auslegungsfähigen Begriff das Interesse der Verbraucher wecke.
Gegen das ihr am 21.03.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, dem 23.04.2001 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.06.2001 mit einem am 22.06.2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, ihre Werbung sei wegen bestimmter tatsächlicher Entwicklungen im Markt zwar möglicherweise jetzt irreführend, keinesfalls sei sie aber zum Zeitpunkt ihres Erscheinens unlauter im Sinne des § 3 und/oder des § 1 UWG gewesen. Hierzu behauptet die Beklagte, im Gegensatz zu heute seien sog. flatrates und damit eine Internetnutzung zum Festpreis den interessierten Verkehrskreis im Jahre 1999 noch nicht bekannt gewesen. Da die Werbung möglicherweise heute zu unterlassen sei, keinesfalls aber zum Zeitpunkt ihres Erscheinens habe beanstandet werden können, könne die Wiederholungsgefahr auch ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung entfallen. Insoweit stelle sie - die Beklagte - klar, dass sie nunmehr nicht mehr beabsichtige, die Werbung zu wiederholen, und dass ihre Ausführungen ausschließlich der Rechtsverteidigung dienten.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, verteidigt das angefochtene Urteil und namentlich das Senatsurteil vom 26.05.2000 in dem diesem Rechtsstreit vorauslaufenden einstweiligen Verfügungsverfahren (veröffentlicht u.a. in GRUR-RR 2001, 17 f. und CR 2001, 91 f.) als richtig und ist der Auffassung, die Werbung der Beklagten sei auch deshalb irreführend im Sinne des § 3 UWG, weil das Einwahlgeld von 6 Pf. für jeden Verbindungsaufbau kein Telefonentgelt sei, das die Beklagte an den Anbieter dieser Leistung abführe. Hierzu behauptet die Klägerin, die Beklagte vereinnahme diesen Betrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen verwiesen, die ebenso wie die Akte 81 O 162/99 LG Köln = 6 U 191/99 OLG Köln Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr hat das Landgericht die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, ihren Onlinedienst in der jeweiligen konkreten Verletzungsform mit der Angabe "Festpreis" bzw. "Internet zum Festpreis" zu bewerben, solange neben dem Festpreis noch weitere Entgelte bei der Nutzung des Angebotes zu leisten sind. Namentlich das Berufungsvorbringen der Beklagten gibt dem Senat auch jetzt keinen Anlass, die von der Werbung der Beklagten ausgehende Irreführungsgefahr im Sinne des § 3 UWG anders zu beurteilen, als er das in dem diesem Rechtsstreit vorauslaufenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung getan hat. Die von der Werbung der Beklagten angesprochenen Verbraucher, zu denen die Mitglieder des Senats zählen, verstehen die in der jeweiligen konkreten Verletzungsform angegriffene Aussage "Internet zum Festpreis" dahin, dass der dort angegebene Preis derjenige ist, den sie bezahlen müssen, um die beworbene Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können. Der Sinngehalt des Wortes "Festpreis" war und ist aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs eindeutig: Für den angesprochenen Verkehr ist der Festpreis ein "Inklusivpreis", der alle Dienstleistungen umschließt, die er zu seinem Internet-Zugang benötigt. Der Verbraucher versteht ihn bezogen auf das beworbene Medium "Internet" dahin, dass er dann, wenn er das Angebot der Beklagten in Anspruch nimmt, exakt und nur den beworbenen Preis von 9,90 DM bezahlen muss; er rechnet nicht damit, dass es sich in Wirklichkeit nur um eine monatliche Grundgebühr handelt und dass er 6 Pf. für jeden Verbindungsaufbau und 3,9 Pf. für jede Minute bezahlen muss, die er im Internet verbringt.
Der Hinweis der Beklagten, der von ihrer Werbung angesprochene Verkehr sei jedenfalls zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung, also im Jahre 1999, daran gewöhnt gewesen, dass neben einer monatlichen Grundgebühr nutzungsabhängige (Telefon-) Kosten anfielen, deshalb lasse er sich von der Angabe "Festpreis" nicht in die Irre leiten, überzeugt nicht. Zwar ist es richtig, dass die Verkehrsauffassung durch die tatsächlichen Gegebenheiten im Markt bestimmt wird, Entwicklungen unterliegt und auch durch das Geschäftsgebaren des Werbenden beeinflusst und bestimmt werden kann. Im Streitfall kann jedoch schon nicht davon ausgegangen werden, dass der mit dem Internet und den Zugangsvoraussetzungen und namentlich der Abrechnungspraxis bestimmter Anbieter vertraute Verbraucher stets davon ausgeht, er müsse neben einer monatlichen Grundgebühr eine einmalige Verbindungsgebühr und weitere, von der Verweildauer im Internet abhängige Kosten zahlen. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es jedenfalls nach dem Erscheinen der Werbung der Beklagten in dem noch relativ jungen Internetgeschäft auch Anbieter gab und heute noch gibt, die dem an der Internetnutzung interessierten Verbraucher die Möglichkeit bieten, das Internet gegen Zahlung einer bestimmten, vorher festgelegten und monatlich zu entrichtenden Pauschale (sprich: eines Festpreises) zu nutzen, ohne dass weitere nutzungsabhängige Kosten anfallen. Schon aus diesem Grunde hat auch derjenige, der das Internet bereits nutzt und bislang neben einer Grundgebühr nutzungsabhängige (Telefon-) Kosten zahlt, in Anbetracht des eindeutigen Sinngehalts der Aussage "Internet zum Festpreis" keine Veranlassung, die sich aus dem Wortsinn ergebende Vorstellung in Frage zu stellen, es handele sich um einen Inklusivpreis, mit dessen Zahlung alle anfallenden Kosten abgedeckt werden. Auch ein solcher Verbraucher geht wegen der Eindeutigkeit der einer abweichenden Auslegung nicht zugänglichen Angabe "Festpreis" davon aus, die Beklagte biete ihm nunmehr die Möglichkeit, das Internet gegen Zahlung eines alle Kosten abdeckenden Pauschalpreises uneingeschränkt zu nutzen. Der Vortrag der Beklagten, zwar wisse der angesprochene Verbraucher heute um die Bedeutung einer "flatrate", zum Zeitpunkt des Erscheinens ihrer Werbung sei das jedoch nicht der Fall gewesen, deshalb sei ihre Werbung möglicherweise heute zu unterlassen, keineswegs aber seinerzeit irreführend gewesen, steht der o.g. Beurteilung nicht entgegen. Denn zum einen ist es in tatsächlicher Hinsicht nicht richtig, dass dem seinerzeit im Jahre 1999 von der Werbung der Beklagten angesprochenen (potenziellen) Internetnutzer der Begriff der flatrate unbekannt gewesen sei. Hierzu hat die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung nämlich unbestritten vorgetragen, dass die Firma MC. bereits im Dezember 1998 eine flatrate zum Preis von 77,00 DM pro Monat angeboten und einen enorm großen Zulauf erfahren hat. Zum anderen ist dem Senat aus eigener Sachkunde bekannt, dass jedenfalls bereits im Verlaufe des Jahres 1999 die Möglichkeit einer Internetnutzung gegen Zahlung eines monatlichen Festpreises ohne Anfall weiterer Gebühren diskutiert wurde. Selbst darauf kommt es jedoch nicht an. Denn gerade dann, wenn weiten Teilen des Verkehrs seinerzeit bekannt gewesen sein sollte, dass man bis zum Erscheinen der Werbung der Beklagten bei allen, jedenfalls aber bei den meisten Anbietern nutzungsabhängige Gebühren zu zahlen hatte, ist das in der Werbung der Beklagten liegende Irreführungspotenzial um so höher, weil die Beklagte, worauf sogleich zurückzukommen sein wird, sich nicht auf die Ankündigung eines "Festpreises" beschränkt, sondern ihr Angebot auch noch ausdrücklich als "Internetrevolution" bezeichnet und ausgeführt hat, der Interessent könnte jetzt zum "sensationell günstigen Festpreis von nur 9,90 DM" das Internet nutzen, und zwar soviel er wolle, ab dem 1. Oktober 1999 könne jedermann das Internet zum Festpreis von 9,90 DM pro Monat "unbegrenzt nutzen". Diesen vom angesprochenen Verbraucher, dem Internetnutzer und erst recht demjenigen, der sich bis zum Erscheinen der Werbung der Beklagten mit den Zugangsvoraussetzungen zum Internet und der Frage, welche Kosten auf ihn zukommen, nicht auseinander setzen und vertraut machen konnte, gewonnenen Eindruck verstärkt und perpetuiert die Beklagte durch ihre weitere Werbeaussagen im Zusammenhang mit dem angegriffenen Slogan, wenn dort - zum Teil optisch hervorgehoben - von der
"Internet-Revolution"
die Rede ist und es an anderer Stelle u.a. beispielsweise heißt, der neue Festpreis für das Internet sei ebenso einfach wie revolutionär, für deutlich weniger Geld, als ein Kino-Besuch koste, könne jedermann jetzt Zugang zum Internet haben und das Medium online erstmalig ohne zeitliche Begrenzung zu einem kalkulierten Preis nutzen, mit dem in Deutschland eingeführten Pauschaltarif "Internet zum Festpreis" werde man seiner Verantwortung gerecht, den Zugang zum Internet nicht nur so einfach wie möglich, sondern auch sehr günstig und damit für jedermann erschwinglich zu machen.
Ähnliches gilt für die Ankündigung einer
"Internet-Revolution in Deutschland"
und dem
"neuen sensationellen A.-Tarif",
der von der Beklagten ausdrücklich damit beworben wird, es sei ihre Vision, das Online und Internet zum festen Bestandteil des täglichen Lebens würden, mit der Einführung ihres neues Tarifs mache sie einen großen Schritt in diese Richtung, ab dem 1. Oktober 1999 gebe es das Internet zum Festpreis, sie - die Beklagte - bringe die Internet-Revolution nach Deutschland, ab dem 1. Oktober könne man A. und die Welt des Internets zum "sensationell günstigen Festpreis von nur 9,90 DM pro Monat nutzen", und zwar so viel man wolle. Bei dieser Sachlage kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs die Werbung der Beklagten ihrem Wortsinn entsprechend verstanden haben und auch heute noch verstehen, und deshalb meinen, sie könnten das Internet zu eben diesem "sensationell günstigen Festpreis" nutzen.
Der Senat hält auch daran fest, dass die konkret mit der Klage angegriffenen und an der jeweiligen konkreten Verletzungsform orientierten Werbungen der Beklagten nicht hinreichend darüber aufklären, dass der beworbene Festpreis in Wirklichkeit kein Inklusivpreis, sondern nur ein Teil des Preises ist, den der interessierte Verbraucher zahlen muss, wenn er sich der Dienstleistungen der Beklagten bedienen und sich Zugang zum Internet verschaffen will. Namentlich soweit sich in den Werbungen, welche die Klägerin als Anlagen K 3, K 4 und K 5 zum Gegenstand ihres Unterlassungspetitums gemacht hat, jeweils nach dem Wort "Monat" ein Sternchen befindet, über das dem Betrachter der Werbung vor Augen geführt werden soll, dass der Festpreis in Wirklichkeit doch kein Festpreis ist, sondern dass weitere 6 Pf. pro Verbindungsaufbau und weitere 3,9 Pf. für jede Minute Internet-Nutzung gezahlt werden müssen, ist dieser "Sternchen-Hinweis" zur hinreichenden Aufklärung des Verbrauchers nicht geeignet. Dabei bleibt der Senat auch bei seiner bereits im Verfügungsurteil geäußerten Auffassung, dass die von der Blickfangwerbung der vorliegenden Art ausgehende Irreführungsgefahr dann nicht durch einen Sternchenhinweis beseitigt werden kann, wenn der Hinweis die Blickfangangabe nicht erläutert, sondern praktisch in ihr Gegenteil verkehrt. Im Streitfall ist das der Fall. Der Sternchenhinweis kann die Angabe "Internet zum Festpreis" nicht klarstellend erläutern, sondern allenfalls bewirken, dass sich der von der Blickfangangabe "Internet zum Festpreis" angelockte und zu diesem Zeitpunkt bereits irregeführte Interessent näher mit dem Angebot des Werbenden befasst, um alsdann festzustellen, dass die werbliche Ankündigung so, wie er sie verstanden hat, schlichtweg falsch ist. In solchen Fällen müssen die im Blickfang besonders herausgestellten, die Aufmerksamkeit des Publikums erweckenden Angaben als solche wahr sein, gerade weil die Werbeankündigungen der vorliegenden Art erfahrungsgemäß in der Regel nur nach ihrem Gesamteindruck, insbesondere nach dem Blickfang beurteilt werden. Insoweit sieht sich der Senat im Einklang mit der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs und auch dem juristischen Schrifttum, wonach der Blickfang als solcher richtig sein muss und eine Blickfangwerbung gegen § 3 UWG verstoßen kann, wenn der hierdurch erzielte Eindruck unwahr ist, und zwar deshalb, weil § 3 UWG bereits das Anlocken durch Irreführung untersagt (vgl. hierzu BGH GRUR 1992, 618 "Pressehaftung II"; BGH GRUR 1991, 772, 773 "Anzeigenrubrik I"; BGH GRUR 1991, 254, 255 "Bilanzbuchhalter"; BGH GRUR 1990, 282, 286 "Wettbewerbsverein IV"; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage 2001, § 3 UWG, Rn. 38; Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage 2000, § 3 UWG, Rn. 131). Deshalb kommt es nach Auffassung des Senats im übrigen nicht mehr darauf an, dass sich der Sternchenhinweis in der angegriffenen und als Anlage K 3 zum Gegenstand des Klageantrags gemachten Werbung an sehr versteckter Stelle befindet und u.a. wegen der gewählten Schriftgröße kaum lesbar ist, und dass namentlich bei der als Anlage K 5 zu den Akten gereichten und in der konkreten Verletzungsform verbotenen Werbung die Aussage "Internet zum Festpreis" und die anschließende Preisangabe "9,90" nicht nur durch die gewählte Schriftgröße, sondern insbesondere auch durch die verwendete rote Farbe besonders ins Auge springen und den Blickfang ausmachen, das nach Auffassung der Beklagten die Blickfangangabe erläuternde Sternchens sich aber nicht im Blickfang selbst, sondern an anderer Stelle, nämlich neben dem vom Blickfang abgesetzten Wort "Monat" befindet.
Soweit in den vom Urteilstenor der angefochtenen Entscheidung erfassten, als Anlagen K 1 und K 2 zu den Akten gereichten Internetwerbungen der Beklagten auch von "weiteren Verbindungsentgelten", "Telefongebühren" und "Verbindungsgebühren" die Rede ist, klärt das den Verbraucher nicht hinreichend auf, gerade weil die Beklagte dort nicht hinreichend deutlich macht, dass es in Wirklichkeit bei ihr eine Internetnutzung zum Festpreis nicht gibt, vielmehr den vom Verbraucher gewonnenen Eindruck, er müsse pro Monat nur einen bestimmten Pauschalbetrag zahlen, noch verfestigt, indem sie ausdrücklich darauf verweist, der Interessent könne das Internet zum "sensationell günstigen Festpreis von nur 9,90 DM nutzen", soviel er wolle, und indem es an anderer Stelle heißt, ab dem 1. Oktober 1999 könne jedermann das Internet zum Festpreis von 9,90 DM pro Monat "unbegrenzt nutzen". Auch insoweit sieht der Senat keine Veranlassung, das von der Werbung der Beklagten ausgehende Irreführungspotenzial anders zu beurteilen, als er es vor gut eineinhalb Jahren in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 6 U 191/99 OLG Köln getan hat.
Auch die weiteren jetzt vorgetragenen Argumente der Beklagten überzeugen den Senat nicht: Soweit die Beklagte noch im Verlaufe des ersten Rechtszuges vorgetragen hatte, aus der als Anlage B 1 zu den Akten gereichten strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 09.09.1999, die die Beklagte gegenüber der Firma T. GmbH abgegeben hat, folge der Wegfall der Wiederholungsgefahr, ist die Beklagte hierauf im zweiten Rechtszug zu Recht nicht mehr zurückgekommen. Denn ungeachtet der Tatsache, dass sich der Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht entnehmen lässt, welche genaue konkrete Verletzungsform gegenüber der Firma T. GmbH zur Unterlassung erklärt worden sein soll, deckt die dortige Unterlassungsverpflichtungserklärung das Unterlassungsbegehren der Klägerin schon deshalb nicht ab, weil die Parteien im Streitfall gerade darüber streiten, ob die Werbung der Beklagten einen ausreichenden Hinweis darauf enthält, dass neben einem festen monatlichen Nutzungsbetrag von 9,90 DM zusätzlich 3,9 Pf. je Minute Verbindungsentgelt und 6 Pf. Einwahlentgelt pro Verbindung anfallen.
Nicht nachzuvollziehen vermag der Senat den Hinweis der Beklagten, er habe seinen Entscheidungen in den Rechtsstreiten 6 U 18/00 (veröffentlicht u.a. in GRUR 2001, 264 ff.) , 6 U 189/00 und 6 U 191/99 OLG Köln jeweils ein unterschiedliches Verkehrsverständnis zugrunde gelegt und sich überdies widersprochen. Das Gegenteil ist der Fall: In seinem Urteil vom 16.02.2001 in dem Rechtsstreit 6 U 189/00, in dem es um die Aussage
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ging, hat der Senat ausdrücklich betont, dass und aus welchen Gründen die getroffene Feststellung, die dort streitgegenständliche Werbung führe den Verkehr in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht in die Irre, entgegen der Auffassung der Beklagten nicht im Widerspruch zu den Feststellungen steht, die der Senat in seinem Verfügungsurteil vom 26.05.2000 getroffen hat.
Verbleibt es damit dabei, dass die Werbung der Beklagten aus den aufgeführten Gründen irreführend im Sinne des § 3 UWG und folglich zu unterlassen ist, kann im übrigen offen bleiben, ob es im Rahmen des Irreführungstatbestandes von Bedeutung sein könnte, ob die Beklagte - wie die Klägerin behauptet - an den berechneten Telefonkosten verdient oder nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM.
OLG Köln:
Urteil v. 30.11.2001
Az: 6 U 87/01
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