Bundespatentgericht:
Urteil vom 1. April 2009
Aktenzeichen: 5 Ni 8/09
(BPatG: Urteil v. 01.04.2009, Az.: 5 Ni 8/09)
Tenor
I. Das deutsche Patent 101 52 402 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die angegriffenen Ansprüche 1, 2, 5 und 6 folgende Fassung erhalten:
1. Verfahren zum Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten aus plattenförmigem Ausgangsmaterial (3), mit den Schritten:
-Anordnen mindestens eines Bogens (9) aus einem Bahnenmaterial (10) auf einer Spannplatte (4),
-Anordnen mindestens einer Platte (2) des Ausgangsmaterials (3) auf dem Bogen (9),
-Spannen des Ausgangsmaterials (3) auf der Spannplatte (4), indem durch Absaugkanäle (16) in der Spannplatte (4) Luft abgesaugt wird, wobei der Bogen (9) aus einem begrenzt luftdurchlässigen Bahnenmaterial (10) besteht,
-Bearbeiten des Ausgangsmaterials mit einem materialabnehmenden Werkzeug (7), um die kleinteiligen Objekte herauszuarbeiten, wobei der Bogen (9) nicht durchgehend um die Objekte herum durchstochen wird,
-Beenden des Spannens und -Entfernen der kleinteiligen Objekte von der Spannplatte (4), dadurch gekennzeichnet, dass -der Bogen (9) von einer Vorratsrolle (20) des Bahnenmaterials (10) abgezogen und auf die Spannplatte (4) aufgezogen wird;
-die kleinteiligen Objekte von der Spannplatte (4) entfernt werden, indem sie mit dem Bogen (9) von der Spannplatte (4) seitlich auf eine mit der Unterseite des Bogens (9) fluchtende Abstützplatte (21) herüber gezogen werden, wobei beim herunter Ziehen des Bogens (9) von der Spannplatte (4) Luft durch die Absaugkanäle (16) in der Spannplatte (4) ausgeblasen wird,
-der Bogen (9) von dem Bahnenmaterial (10) auf der Vorratsrolle abgetrennt wird,
-anschließend eine neue Platte auf einem neuen Bogen gespannt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Abstützplatte (21) zum weiteren Transportieren und/oder Handhaben der kleinteiligen Objekte verwendet wird.
5.
Verfahren nach einem der obigen Ansprüche 1 oder 2 oder einem der Ansprüche 3 oder 4 in der erteilten Fassung, dadurch gekennzeichnet, dass als Bahnenmaterial (10) für den Bogen (9) Zeitungspapier (11) verwendet wird.
6.
Verfahren nach dem obigen Anspruch 5 oder einem der Ansprüche 3 oder 4 in der erteilten Fassung, dadurch gekennzeichnet, dass der Bogen (9) von einer Vorratsrolle (20) des Bahnenmaterials abgezogen wird.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 2/3, der Beklagte 1/3.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist Inhaber des deutschen Patents DE 101 52 402, das am 24. Oktober 2001 angemeldet worden ist. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 12. Oktober 2006.
Das Streitpatent ist bezeichnet mit: "Verfahren zum Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten aus plattenförmigem Ausgangsmaterial". Es umfasst 6 Patentansprüche, wobei die Unteransprüche auf Anspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind.
Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung wie folgt:
"1. Verfahren zum Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten aus plattenförmigem Ausgangsmaterial (3), mit den Schritten: -Anordnen mindestens eines Bogens (9) aus einem Bahnenmaterial (10) auf einer Spannplatte (4), -Anordnen mindestens einer Platte (2) des Ausgangsmaterials (3) auf dem Bogen (9),
-Spannen des Ausgangsmaterials (3) auf der Spannplatte (4), indem durch Absaugkanäle (16) in der Spannplatte (4) Luft abgesaugt wird, wobei der Bogen (9) aus einem begrenzt luftdurchlässigen Bahnenmaterial (10) besteht,
-Bearbeiten des Ausgangsmaterials mit einem materialabnehmenden Werkzeug (7), um die kleinteiligen Objekte herauszuarbeiten, wobei der Bogen (9) nicht durchgehend um die Objekte herum durchstochen wird,
-Beenden des Spannens und -Entfernen der kleinteiligen Objekte von der Spannplatte (4), dadurch gekennzeichnet, dass die kleinteiligen Objekte von der Spannplatte (4) entfernt werden, indem sie mit dem Bogen (9) von der Spannplatte (4) seitlich auf eine mit der Unterseite des Bogens (9) fluchtende Abstützplatte (21) herüber gezogen werden, wobei beim herunter Ziehen des Bogens (9) von der Spannplatte (4) Luft durch die Absaugkanäle (16) in der Spannplatte (4) ausgeblasen wird."
Wegen des Wortlauts der angegriffenen Unteransprüche 2, 5 und 6 wird auf die Streitpatentschrift DE 101 52 402 B4 Bezug genommen.
Nach Auffassung der Klägerin ist der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die deutsche Offenlegungsschrift DE 196 53 365 A1 (Druckschrift D1) vorweggenommen. Jedenfalls beruht nach der Ansicht der Klägerin die Lehre des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hierzu beruft sie sich auf die Druckschrift D1 i. V. m. den deutschen Offenlegungsschriften -DE 40 30 113 A1 (Druckschrift D2) -DE 32 10 528 A1 (Druckschrift D3) -DE 197 36 424 A1 (Druckschrift D4) -DE 30 34 621 A1 (Druckschrift D5)
sowie auf weitere Kombinationen dieser Druckschriften.
Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 101 52 402 im Umfang der Ansprüche 1 und 2 sowie der Ansprüche 5 und 6, soweit diese auf die Ansprüche 1 und/oder 2 unmittelbar rückbezogen sind, für nichtig zu erklären.
Der Beklagte verteidigt das Streitpatent in der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung und beantragt im Übrigen, die Klage abzuweisen.
Er tritt der Auffassung der Klägerin entgegen und hält das in beschränktem Umfang beanspruchte Verfahren für patentfähig.
Gründe
Die zulässige Klage, mit der der in § 22 Abs. 1 i. V. m. 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3 und 4 PatG vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist teilweise begründet.
I.
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten aus plattenförmigem Ausgangsmaterial. Nach der Patentbeschreibung ist bei der Arbeitsweise der aus der Druckschrift D2 bekannten Vorrichtung nachteilig, dass das Abnehmen der kleinteiligen Objekte eine vergleichsweise lange Zeit in Anspruch nehme. Die Zeit, die zum Abnehmen der kleinteiligen Objekte von der luftdurchlässigen Schicht bzw. der Spannplatte benötigt werde, gehe ganz erheblich in die Taktzeit der bekannten Vorrichtung ein. Eine weitere bekannte Schneidemaschine, die in der Druckschrift D4 vorgestellt ist, ist nach der Beschreibung der Streitpatentschrift nicht für das Material abnehmende Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten aus einem plattenförmigem Ausgangsmaterial vorgesehen. Das gleiche gelte für ein aus der deutschen Patentschrift DE 37 09 373 C2 bekanntes Verfahren zum Zuschneiden von Flachmaterialstücken, das ebenfalls nicht zum Material abnehmenden Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten geeignet sei.
Aufgabe der Erfindung sei daher, ein Verfahren zum Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten aus einem plattenförmigem Ausgangsmaterial aufzuzeigen, mit dem die Taktzeiten beim Herausarbeiten der kleinteiligen Objekte deutlich erhöht werden können.
Zur Lösung dieser Aufgabe sieht der beschränkte Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Herausarbeiten von kleinteiligen Objekten aus plattenförmigem Ausgangsmaterial vor, das folgende Schritte umfasst:
1.
Anordnen mindestens eines Bogens aus einem Bahnenmaterial auf einer Spannplatte, 2.
Anordnen mindestens einer Platte des Ausgangsmaterials auf dem Bogen, 3.
Spannen des Ausgangsmaterials auf der Spannplatte, indem durch Absaugkanäle in der Spannplatte Luft abgesaugt wird, wobei der Bogen aus einem begrenzt luftdurchlässigen Bahnenmaterial besteht, 4.
Bearbeiten des Ausgangsmaterials mit einem materialabnehmenden Werkzeug, um die kleinteiligen Objekte herauszuarbeiten, wobei der Bogen nicht durchgehend um die Objekte herum durchstochen wird, 5.
Beenden des Spannens, 6.
Entfernen der kleinteiligen Objekte von der Spannplatte, 7.
Abziehen des Bogens von einer Vorratsrolle des Bahnenmaterials und Aufziehen auf die Spannplatte;
8.
Entfernen der kleinteiligen Objekte von der Spannplatte, indem sie mit dem Bogen von der Spannplatte seitlich auf eine mit der Unterseite des Bogens fluchtende Abstützplatte herüber gezogen werden, wobei beim herunter Ziehen des Bogens von der Spannplatte Luft durch die Absaugkanäle in der Spannplatte ausgeblasen wird, 9.
Abtrennen des Bogens von dem Bahnenmaterial auf der Vorratsrolle, 10.
anschließendes Spannen einer neuen Platte auf einem neuen Bogen.
2. Maßgeblicher Fachmann für das Auffinden eines solchen Verfahrens ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik, der mit der Entwicklung und Konstruktion von Fertigungsmaschinen für kleine und größere Objekte aus flächigem Ausgangsmaterial befasst ist. Für diesen Fachmann, dessen Verständnis Maßstab sowohl für die Auslegung des Patentanspruchs als auch für die Beurteilung der erfinderischen Leistung ist, stellt sich bei dem Gegenstand des Streitpatents in der noch verteidigten Fassung sinngemäß das Problem, die Taktfrequenz (Anzahl der Arbeitstakte pro Zeiteinheit) beim Herausarbeiten kleinteiliger Objekte zu erhöhen (d. h. die Taktzeit soll verkürzt und nicht erhöht werden, wie in Abs. 0006 des Streitpatents offensichtlich unrichtig angegeben). Kleinteilige Objekte sind dabei Teile, die gegenüber den Abmessungen des Ausgangsmaterials gering sind, also eine andere Größenordnung aufweisen.
II.
Nachdem der Beklagte das Streitpatent nur noch beschränkt verteidigt, hat Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung keinen Bestand. Er und die angegriffenen auf ihn rückbezogenen Unteransprüche 2, 5 und 6 sind -soweit sie nicht mehr verteidigt werden -ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr., BGH GRUR 1962, 294 -Hafendrehkran; GRUR 1996, 857 -Rauchgasklappe).
Die nunmehr unter Schutz gestellte Lehre ist in der Streitpatentschrift offenbart, so dass die Neufassung der angegriffenen Patentansprüche keinen Bedenken begegnet.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass im Streitpatent nicht offenbart sei, dass der Bogen auf der Vorratsrolle abgetrennt werde, ist festzustellen, dass die Beschreibung des Streitpatents eindeutig erkennen lässt, was unter der Formulierung "der Bogen von dem Bahnenmaterial auf der Vorratsrolle abgetrennt wird" zu verstehen ist. Dies bedeutet ein Abtrennen des Bogens von dem auf der Vorratsrolle befindlichen Bahnenmaterial entweder am Übergang zwischen Vorratsrolle und Spannplatte (vgl. S. 5, li. Sp., Z. 18 bis 21) oder zwischen Spannplatte und Abstützplatte (vgl. S. 5, li. Sp., Z. 21 bis 36), jedoch kein Abtrennen eines Bogens auf der Vorratsrolle selbst.
III.
Die Lehre der angegriffenen Ansprüche des Streitpatents mit dem nunmehr beschränkt verteidigten Inhalt ist neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
1. Zur Neuheit Aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 196 53 365 A1 (D1) ist ein Verfahren zum Herausarbeiten von Objekten aus plattenförmigem Ausgangsmaterial bekannt (vgl. Sp. 1, Z. 66 bis Sp. 2, Z. 8). Die Objekte können durchaus kleinteilig sein (vgl. Abb. 4, ovale Objekte linke Plattenmitte). Das Ausgangsmaterial wird auf einer luftdurchlässigen Arbeitsunterlage angeordnet und durch Vakuumerzeuger auf die formstabile Unterlage gepresst (Sp. 1, Z. 50 bis 65, Sp. 2, Z. 43) und diese zwingend gegen einen Verschiebtisch. Die Arbeitsunterlage dient auch als Arbeitsverschiebeplatte auf dem Verschiebetisch, der der streitpatentgemäßen Spannplatte entspricht (vgl. Ansprüche 1 bis 3). Sie kann aus einem kostengünstigen Material, wie Kork-, Vliesplatten oder Bürstenmatten bestehen (vgl. Sp. 1, Z. 50 bis 56). Solche Platten oder Matten werden üblicherweise aus Bahnenmaterial zugeschnitten. Sie entsprechen dem nicht näher in Anspruch 1 des Streitpatents genannten Bogen (Merkmale 1., 2. und teilweise 3.). Das Ausgangsmaterial wird durch Fräsen, also einem materialabnehmenden Werkzeug, bearbeitet (Sp. 1, Z. 64), um die auch kleinteiligen Objekte herauszuarbeiten, wobei die Arbeitsunterlage nicht durchgehend um die Objekte herum durchstochen wird (Sp. 1, Z. 50 bis 56; Merkmal 4.). Selbstverständlich wird irgendwann das Anpressen des Ausgangsmaterials beendet und die herausgearbeiteten Objekte von dem Verschiebetisch entfernt (Merkmale 5. und 6). I. V. m Figur 6 und Sp. 3, Z. 55 bis Sp. 4, Z. 6 ist eine Variante des Verfahrens beschrieben, bei dem die Arbeitsunterlage/Arbeitsverschiebeplatte mit den herausgearbeiteten Objekten/Werkstücken aus dem Arbeitsbereich der Werkzeuge von einem mittleren Verschiebetisch (Arbeitsbereich) auf einen hinteren Verschiebetisch geschoben wird, um dort die Objekte zu entfernen. Anschließend wird eine neue Materialplatte aufgelegt und der nächste Arbeitstakt beginnt. Beim Verschieben der Arbeitsunterlage wird die Funktion des Vakuumerzeugers umgekehrt, um eine Art Luftkissen zu erzeugen (Sp. 2, Z. 51 bis 56, Anspruch 2; Teile des Merkmals 8. und Merkmal 10.).
Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich von dem bekannten dadurch, dass der Bogen von einer Vorratsrolle des Bahnenmaterials abgezogen, auf die Spannplatte aufgezogen und abgetrennt wird (Merkmale 7., 9.). Aus der mehrfachen Verwendbarkeit der Arbeitsunterlagen nach der Druckschrift D1 ergibt sich nämlich, dass bei dem Verfahren nach der Druckschrift D1 keine von einer Vorratsrolle abgeschnittene, sondern bereits fertig zugeschnittene Bogen eingesetzt werden. Unterschiedlich ist weiter, dass beim beanspruchten Verfahren ein Ziehen der Arbeitsunterlagen aus dem Arbeitsbereich auf den hinteren Verschiebetisch vorgesehen ist (Teilmerkmal 8.). Die Arbeitsunterlagen gemäß Druckschrift D1 sind dagegen -zum Schieben -formstabil ausgebildet (Sp. 2, Z. 43). Beim beanspruchten Verfahren wird das Absaugen von Luft durch Absaugkanäle in der Spannplatte gefordert (Teilmerkmal 3.). Demgegenüber lässt die Druckschrift D1 offen, ob Unterdruckzonen durch Absaugkanäle für Luft in dem mittleren Verschiebetisch (Arbeitsbereich) geschaffen werden.
Aus der im Streitpatent genannten deutschen Offenlegungsschrift DE 40 30 113 A1 (D2) ist ein gattungsgemäßes Verfahren bekannt. Aus plattenförmigem Ausgangsmaterial werden kleinteilige Objekte herausgearbeitet (vgl. Sp. 2, Z. 35 bis 37). Auf einer Grundplatte 2, die der streitpatentgemäßen Spannplatte entspricht, wird ein Bogen aus Filterpapier 3 angeordnet (vgl. Fig. 1 und 6, Ansprüche 1 und 2; Merkmale 1., 2.). Die zu verarbeitenden Platten 8 werden auf die Grundplatte 2 angepresst, indem durch Bohrungen 4 in der Grundplatte 2 und Kanäle 12 an deren Unterseite Luft abgesaugt wird. Der Bogen besteht aus einem begrenzt luftdurchlässigen Material, dem Filterpapier 3 (vgl. Fig. 1, 6, Sp. 2, Z. 13 bis 35; Merkmal 3.). Das Ausgangsmaterial, die Platten 8, werden mit einem materialabnehmenden Werkzeug, der Fräseinrichtung 15 mit Fräskopf 16, bearbeitet, um die kleinteiligen Objekte herauszuarbeiten (vgl. Fig. 6). Dabei wird das Filterpapier nicht durchgehend um die Objekte herum durchtrennt (vgl. Sp. 2, Z. 56 bis 61; Merkmal 4.). Selbstverständlich muss das Anpressen des Ausgangsmaterials und der gefrästen Formen beendet werden und diese von der Grundplatte entfernt werden (Merkmale 5., 6.). Sinn und Zweck ist schließlich das Verwenden der hergestellten kleinteiligen Formen. Wenn weitere kleinteilige Objekte hergestellt werden sollen, ist es nach dem Verarbeiten einer Platte des Ausgangsmaterials unerlässlich, eine neue Platte auf einem neuen Bogen zu spannen (Merkmal 10.)
Wie das Filterpapier 3 auf der Grundplatte 2 angeordnet wird und wie die kleinteiligen Formen von der Grundplatte 2 oder dem Filterpapier 3 entfernt werden, bleibt offen.
Somit unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren demgegenüber durch die Verfahrensschritte gemäß den Merkmalen 7. bis 9.
Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich von den weiteren aus den deutschen Offenlegungsschriften DE 32 10 528 A1 (D3), DE 30 34 621 A1 (D5) und DE 197 36 424 A1 (D4) bekannten Verfahren schon dadurch, dass bei ihm ein Bearbeiten des Ausgangsmaterials mit einem materialabnehmenden Werkzeug vorgesehen ist (Teilmerkmal 4.). Demgegenüber wird dort das Ausgangsmaterial durch Schneiden bearbeitet (vgl. jeweils Titel). Mangelnde Neuheit des beanspruchten Verfahrens gegenüber den Verfahren nach den Druckschriften D2 bis D5 wurde auch nicht geltend gemacht.
2. Zur erfinderischen Tätigkeit a) Laut Streitpatent soll sinngemäß die Taktfrequenz beim Herausarbeiten kleinteiliger Objekte erhöht werden (vgl. Abs. 0006 des Streitpatents). Der Fachmann wird daher ausgehend von der Druckschrift D2 bei Maschinen mit ähnlicher Arbeitsweise nach Lösungen suchen, wie die Taktfrequenz in seinem Sinne beeinflusst werden kann.
Anregungen hierzu findet er in der Druckschrift D1, letzter Absatz der Beschreibung. Dort werden Teile verschiedener Größe aus Platten ausgearbeitet (vgl. Ausführungen zur Neuheit). Um die Maschine möglichst voll zu nutzen, wird dort vorgeschlagen, vor und nach dem Arbeitsbereich jeweils mit diesem fluchtend einen Verschiebetisch vorzusehen. Durch diese Anordnung können drei Arbeitsschritte gleichzeitig ausgeführt werden, nämlich das Auflegen und Vorbereiten des plattenförmigen Ausgangsmaterials, dessen Bearbeitung mit dem Werkzeug und auch noch das Abnehmen der hergestellten Werkstücke. Nach dem Bearbeiten einer Platte wird diese einfach mit ihrer Unterlage weitergeschoben und zur Unterstützung des Verschiebens ein Luftkissen gebildet (vgl. Sp. 2, Z. 51 bis 56). Übertragen auf das aus Druckschrift D2 bekannte Verfahren bedeutet dies, dass der Fachmann die Grundplatte vergrößern und auf ihr drei Bogen anordnen würde, um die drei Arbeitsschritte gleichzeitig auszuführen, und für die Bogen formstabile, biegesteife Arbeitsunterlagen vorsehen würde.
Somit liefert die Druckschrift D1 in Zusammenschau mit der Druckschrift D2 dem Fachmann keinen Hinweis, einen Bogen von einer Vorratsrolle des Bahnenmaterials abzuziehen und auf die Spannplatte aufzuziehen sowie den Bogen von dem Bahnenmaterial abzutrennen. Vielmehr wird der Fachmann angehalten, die "Palettentechnik" einzusetzen (vgl. Sp. 3, Z. 55 ff. der D1), d. h. mit fertigen Arbeitsunterlagen zu arbeiten.
Auch ausgehend von der Druckschrift D1 in Zusammenschau mit der Druckschrift D2 wird der Fachmann nicht veranlasst, einen Bogen von einer Vorratsrolle des Bahnenmaterials abzuziehen und auf die Spannplatte aufzuziehen sowie den Bogen von dem Bahnenmaterial abzutrennen, da in keiner der beiden Druckschriften eine solche Vorgehensweise erwähnt ist oder dazu angeregt wird.
b) In der deutschen Offenlegungsschrift DE 197 36 424 A1 (D4) wird eine Schneidunterlage 3 für eine Schneidemaschine zum Schneiden flächigen biegsamen Guts 4 beschrieben (vgl. Anspruch 1). Im Zusammenhang mit den Figuren 3 bis 5 (vgl. Sp. 3, Z. 31, bis Sp. 4, Z. 39) werden Verfahren beschrieben, bei denen das zu verarbeitende Gut taktweise mit der als Transportband ausgebildeten luftdurchlässigen Schneidunterlage 3 in den Arbeitsbereich des Schneidwerkzeugs 6 hineinund hinausgefördert wird. Auch diese Vorgehensweise ermöglicht das Erhöhen der Taktfrequenz durch gleichzeitiges Auflegen bzw. Vorbereiten des Schneidguts, dessen Schneiden und Abräumen bzw. Nachbearbeiten. Dazu wird die Schneidunterlage von einem Vorrat 25 abgewickelt und über mit dem Schneidetisch 1 fluchtende vorgelagerte und nachgelagerte Flächenelemente 34, 35 geführt. Auch diese Schneidunterlage wird mit dem Ausgangsmaterial durch Vakuumerzeugung während des Bearbeitens auf den Schneidetisch gespannt (vgl. Fig. 2, Sp. 3, Z. 9 bis 19).
Die der Druckschrift D4 zu entnehmende Lehre veranlasst den Fachmann, die Schneidunterlage aufwändig und wieder verwendbar herzustellen, so dass sie möglichst lange eingesetzt werden kann (vgl. Sp. 4, Z. 1 bis 3). Sie führt demnach weg von dem streitpatentgemäßen Verfahrensschritt, bei jedem Arbeitstakt ein Trennen des untergelegten Bahnenmaterials vorzunehmen. Übertragen auf die aus den Druckschriften D1 und D2 bekannten Verfahren führte sie nämlich zum Ersetzen der dort verwendeten Einzelbogen bzw. Paletten durch eine quasi endlose, möglichst oft verwendbare Bahn, jedoch nicht zum Aufziehen und Abtrennen des lediglich einmal verwendeten Bahnenmaterials.
c) Ein weiteres Verfahren zur Herstellung von Zuschnitten 13 ist aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 30 34 621 A1 (D5) bekannt. Bei diesem Verfahren wird eine Materialbahn 10 für die Zuschnitte 13 im Bereich der Schneideinrichtung, des Schneidkopfes 6, gemeinsam mit einer weiteren als Unterlage dienenden, aus luftdurchlässigem Material bestehenden Bahn 14 transportiert. Im Bearbeitungsbereich wird die Materialbahn mittels Unterdruck gehalten. Die Unterlage wird von einer Rolle 15 abgewickelt und nach dem Arbeitsbereich auf einer weiteren Rolle 16 aufgewickelt, nachdem die Unterlage an einer Umlenkrolle 18 von der Materialbahn 10 abgezogen wird (vgl. Figur).
Auch hier wird der Fachmann von der streitpatentgemäßen Lehre weggeführt, das als Unterlage dienende Bahnenmaterial bei jedem Arbeitstakt abzutrennen. Entsprechend führt auch hier das Übertragen der Lehre auf die Verfahren nach den Druckschriften D1 und D2 zum Ersetzen der dort verwendeten Einzelbogen bzw. Paletten durch eine quasi endlose Bahn, jedoch nicht zum Aufziehen und Abtrennen des Bahnenmaterials. Letztendlich kann auch ein Abtrennen der Materialbahn 10 für die Zuschnitte -etwa zum Entsorgen der Reste der Materialbahn nach dem Entfernen der Zuschnitte -zwischen dem Arbeitsbereich der Schneideinrichtung und der Tischfläche 20 (vgl. D5, Figur) nicht dazu anregen, die (wieder verwendbare) Schneidunterlage 14 zu trennen. Das Problem des Weitertransports von Schnittgut mit der Schneidunterlage nach dem Verlassen des Arbeitsbereichs stellt sich hier nicht.
d) Auch das aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 32 10 528 A1 (D3) bekannte Verfahren kann das beanspruchte Verfahren nicht nahelegen. Dort ist ein Tisch für die Handhabung und Bearbeitung von Flachmaterial beschrieben, wobei die Tischplatte 10 mit einer Vielzahl von Luftdurchlassöffnungen 16 ausgebildet ist, die über ein Umschaltventil wahlweise mit der Saugoder Druckseite einer Luftpumpe 14 verbindbar sind (vgl. Fig. 1, 2, Abs. 2, S. 11). Dadurch wird entweder ein Vakuum oder ein Luftkissen auf der Tischplatte erzeugt (vgl. S. 12, Abs. 3;
S. 14, Abs. 2) Mit dem Vakuum wird das zu bearbeitende Flachmaterial auf die Tischplatte gespannt und kann mittels Luftkissen auf der Tischplatte verschoben und verdreht werden (vgl. S. 6 unten).
Das Übertragen dieser Technik des Spannens und Verschiebens auf die Verfahren nach einer oder mehreren der Druckschriften D1, D2, D4 oder D5 wird den Fachmann allenfalls veranlassen, sich mit der Vakuumerzeugungseinrichtung oder deren Betrieb auseinanderzusetzen. Da bei diesem Verfahren schon gar keine Unterlage zum Einsatz kommt, kann diese Druckschrift dem Fachmann auch nicht vermitteln, einen Bogen als Unterlage von einer Vorratsrolle eines Bahnenmaterials abzuziehen und auf die Spannplatte aufzuziehen sowie den Bogen von dem Bahnenmaterial abzutrennen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Schuster Gutermuth Bülskämper Reinhardt Dr. Höchst Pü
BPatG:
Urteil v. 01.04.2009
Az: 5 Ni 8/09
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