Verwaltungsgericht Regensburg:
Beschluss vom 6. April 2011
Aktenzeichen: RO 5 S 11.268
(VG Regensburg: Beschluss v. 06.04.2011, Az.: RO 5 S 11.268)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 25.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Untersagung, ab dem 07.02.2011 in Bayern öffentliches Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln.
Der Antragsteller betreibt eine Homepage (www.€-€.at), auf der er Lose zum Preis von 54,-€ bis 59,- € zur Teilnahme an einer Hausverlosung anbietet. Dafür sendet ein Teilnahmewilliger postalisch oder per Email seine Kontaktdaten an den Antragsteller in Österreich, der daraufhin dem Teilnahmewilligen ein Angebot auf Abschluss eines Reservierungsvertrages zukommen lässt. Dieses Angebot kann der Teilnahmewillige dann annehmen.
Mit Bescheid vom 26.01.2011 untersagte die Regierung der Oberpfalz in Ziffer 1 dem Antragsteller ab dem 07.02.2011 in Bayern öffentliches Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln. Des Weiteren ordnete der Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,- € für den Fall an, dass der Antragsteller der Anordnung in Ziffer 1 nicht nachkomme. Der Bescheid wurde durch Postzustellungsurkunde am 01.02.2011 zugestellt.
Der Antragsgegner führte in der Untersagungsverfügung § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage an, da er der Ansicht ist, der Antragsteller veranstalte oder vermittle unerlaubtes Glücksspiel gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV.
Nach Ansicht des Antragsgegners stelle die Hausverlosung ein Glücksspiel i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dar, wobei sich die Untersagung auf die Veranstaltung und Vermittlung in Bayern außerhalb des Internets beziehe. Hierunter falle jegliche Vertriebsart außerhalb des Internets, also auch der postalische Weg oder die Kommunikation per Email. Diese beiden Vertriebsarten würden vom Antragsteller laut Telefonat vom 16.12.2010 auch in oben dargestellter Weise angeboten. Die Bezahlung erfolge nach Annahme des Reservierungsvertrages per Überweisung.
Der Antragsgegner führt aus, die Untersagung sei verhältnismäßig und erfolgte in pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens. Die Untersagung sei geeignet, erforderlich und angemessen, einen rechtmäßigen Zustand zum Schutz der Allgemeinheit vor unerlaubtem Glücksspiel wieder herzustellen. Auch unter Beachtung der wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers sei die Untersagung geboten.
Insbesondere habe der EuGH in seinem Urteil vom 08.09.2010 u.a. den in § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV geregelten allgemeinen Erlaubnisvorbehalt als unionsrechtskonform bestätigt. Dieser sei unabhängig von der Beurteilung des staatlichen Glückspielmonopols zu sehen, was auch für das Verbot unerlaubten Glücksspiels gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV gelte. Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages seien nach aktueller Rechtsprechung auch verfassungskonform.
Der Antragsteller ist der Ansicht, die Hausverlosung finde in Österreich an seinem Wohnort statt und sei damit genehmigungsfrei und zulässig. Die Regierung der Oberpfalz wolle mit dem Bescheid dem Antragsteller die Korrespondenz im Rahmen der Losreservierung nach Bayern untersagen. Der Bescheid greife rechtswidrig in die allgemeine Handlungsfreiheit und Berufsfreiheit des Antragstellers ein.
Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 24.11.2010 erkannt, dass die Zumutbarkeit des Eingriffs in die Grundrechte des Betroffenen voraussetze, dass die gesetzliche Regelung tatsächlich den mit ihnen verfolgten und überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken diene. Der Verbotstatbestand mit Erlaubnisvorbehalt müsse konsequent am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung ausgerichtet sein. Die staatliche Werbung für Wetten und Lotterien zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeit sei nicht mehr von der Zielsetzung der Suchtbekämpfung gedeckt und die rechtlichen Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages mit seinen Ausführungsgesetzen und die tatsächliche Umsetzung werde dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gerecht. Damit sei der Erlaubnisvorbehalt nicht verfassungsgemäß.
Der Antragsteller ist außerdem der Ansicht, der Bescheid verstoße gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit.
Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV stelle eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, die jedoch nicht kohärent und systematisch zur Begrenzung der Glücksspielleidenschaft und Glücksspieltätigkeit beitrage, wie das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 24.11.2010 erkannt habe.
Da die tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für Staatslotterien mit Verweis auf die gemeinnützige Verwendung nicht am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet sei, sei die Untersagung der Tätigkeit des Antragstellers durch den Bescheid unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Die Folgeentscheidungen in Nr.2-4 des Bescheids beruhen auf der Entscheidung zu Nr.1 des Bescheids und seien damit ebenso offensichtlich rechtswidrig.
Gegen den Bescheid reichte der Antragsteller am 16.02.2011 bei Gericht einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und Klage (AZ. RO 5 S 11.268) ein.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen und beigefügten Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz, AZ: € vom 26. Januar 2011 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass die einschlägigen gesetzlichen Regelungen nicht gegen Verfassungsrecht oder Gemeinschaftsrecht verstoßen.
Sowohl der EuGH als auch das BVerwG hätten ausdrücklich festgestellt, dass der in § 4 Abs. 1 GlüStV geregelte Erlaubnisvorbehalt mit Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht konform sei und unabhängig von der Frage, ob das staatliche Veranstaltungsmonopol für Sportwetten Bestand habe. Nachdem der Antragsteller keine Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspiel hätte, sei die Untersagung rechtmäßig.
Weiterhin sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt Unterlagen zu seiner Zuverlässigkeit, zum Spieler- und Jugendschutz sowie zur Suchtvorbeugung und -bekämpfung vorgelegt habe.
Die Untersagung sei auch verhältnismäßig, da kein milderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks vom Antragsteller vorgetragen oder ersichtlich sei.
Auch überwiege im Rahmen der gem. § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Interessensabwägung im Übrigen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Untersagungsbescheides das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Es handele sich bei den mit der Untersagung verfolgten Zielen um überragend wichtige Gemeinschaftsgüter, wobei das rein wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der weiteren Durchführung seiner Hausverlosung demgegenüber nachrangig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird entsprechend § 117 Abs. 3 S. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der am 16.02.2011 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangene Antrag des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.
1.
a) Der Freistaat Bayern ist als Träger der Regierung der Oberpfalz gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO richtiger Antragsgegner, wobei er nicht durch den zuständigen Staatsminister, sondern gem. Art. 16 Satz 1 AGVwGO in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 LABV durch die Ausgangsbehörde, also die Regierung der Oberpfalz vertreten wird.
b) Für die Beurteilung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist maßgebend, ob das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, das durch das Gesetz (§ 9 Abs. 2 GlüStV) zum Ausdruck kommende Vollzugsinteresse überwiegt. Dabei kommt es entscheidend auf die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers und damit auf die Frage an, ob die angefochtene Untersagungsverfügung des Antragsgegners wegen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs derzeit noch zulässigerweise auf § 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt werden kann. Ist der Ausgang der Hauptsache (Klageverfahren des Antragstellers) als offen anzusehen, weil im Rahmen der summarischen Prüfung noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob dem Antragsteller bei der von der Kammer und dem VGH angenommenen Nichtanwendbarkeit der spezifischen Regelungen des staatlichen Sportwettenmonopols die nach dem gleichwohl weiter anwendbaren Erlaubnisvorbehaltes § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Glücksspielen erteilten werden kann, ist eine von der Beurteilung der Hauptsache unabhängige (reine) Interessenabwägung vorzunehmen (so auch VGH v. 21.03.2011, Az.: 10 AS 10.2499 Rn. 20).
(1) Die Anfechtungsklage ist wohl gem. § 42 Abs. 1 VwGO, wie auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, zulässig
(2) Die Klage ist jedoch wahrscheinlich unbegründet, da sich keine durchgreifenden Zweifel hinsichtlich der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit ergeben:
a) Rechtsgrundlage für die Untersagung des Antragsgegners ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und S. 3 Nr. 3 GlüStV in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV.
b) Die Regierung der Oberpfalz war für die Untersagung des Glücksspiels außerhalb des Internets gem. § 24 Satz 1 GlüStV in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AGGlüStV örtlich und sachlich zuständig. Dabei war sie insbesondere auch für die Veranstaltung des Glücksspiels auf postalischem Weg sachlich zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 AGGlüStV, der die Regierung der Oberpfalz für im Übrigen zuständig erklärt, sofern es sich nicht um Telemedien (Nr. 1) handelt. Dabei sind Telemedien gem. § 1 Abs. 1 TMG alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind Telemedien. Unter Telemedien fallen damit nicht Briefe und Telefonate, da diese Dienstleistungen nicht elektronisch erbracht werden (Holznagel/Ricke, TMG in Recht der elektronischen Medien, § 1, Rdnr. 4).
Vorliegend wird das Glücksspiel nur auf postalischem Wege veranstaltet, da das Angebot auf Abschluss des Reservierungsvertrages per Post auf dem Gebiet des Freistaats Bayern ankommt. Dass diese vom Freistaat Bayern aus per Post oder Email angefordert wird (invitatio ad offerendum), in Österreich abgeschickt wird und erst mit Zugang in Österreich wirksam angenommen wird, ist irrelevant, da gem. § 3 Abs. 4 GlüStV ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt wird, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Dies ist dort der Fall, wo das Angebot am Glücksspiel teilzunehmen ankommt (LT-Drs. 15/8486). Der Brief aus Österreich, der das Angebot i.S.d. § 145 BGB darstellt, kommt im Freistaat Bayern an, so dass das Glücksspiel auf postalischem Wege in Bayern stattfindet. Es wird damit nicht nur, wie vom Antragsteller behauptet, die Korrespondenz nach Bayern untersagt.
Darüber hinaus sei erwähnt, dass auch für ein Angebot auf telefonischem Wege oder via Email die Regierung der Oberpfalz zuständig wäre.
Telefonate finden nicht elektronisch statt und stellen damit keine Telemedien dar (s.o.).
Der Emailverkehr findet zwar elektronisch statt, jedoch ist er dem Telekommunikationsdienst nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes zuzuordnen und damit nicht ein Telemedium. Dies gilt jedoch nur für €reine€ Emaildienste, die lediglich die Übertragung von Nachrichten, die der Nutzer selbst auf seinem Computer verfasst und anschließend dem Anbieter zur Übertragung weiterleitet, ermöglichen (Holznagel/Ricke, TMG in Recht der elektronischen Medien, § 1, Rdnr. 7). Nachdem vorliegend der Vertriebsweg über Emailkontakt nicht durch eine Eingabemaske auf der Homepage des Antragstellers erfolgt, liegt €reiner€ Emailverkehr vor. Der reine Emailverkehr, d.h. das Versenden einer Nachricht vom Endgerät des Absenders über eine Verbindung an den E-Mail-Server des Empfängers, unterfällt damit der Eingriffs- und Nachsichtsbefugnis der Regierung der Oberpfalz.
c) Der Antragssteller wurde mit Schreiben vom 06.12.2010 vom Antragsgegner gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört, wobei die Zustellung des angegriffenen Bescheids auch ordnungsgemäß am 01.02.2011 durch Postzustellungsurkunde gem. Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, § 3 Abs. 1 VwZVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZVG an den Bevollmächtigten des Antragstellers erfolgte.
d) Der Bescheid war auch hinreichend gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG bestimmt, obwohl in der Nr. 1 des Bescheids dem Antragsteller nur untersagt wird, in Bayern öffentliches Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln und sich erst aus den Gründen des Bescheids auf Seite 3 ergibt, dass die Behörde lediglich in Bayern außerhalb des Internets die Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspiel untersagt. Bestimmtheit i.S.d. Art. 37 BayVwVfG bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass er sein Verhalten danach richten kann (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 37, Rdn.5). Dafür genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsaktes und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung des Verwaltungsakts hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (VGH München BayVBl 1995, 86). In Zusammenschau mit der Begründung gem. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG wird die Einschränkung auf den Bereich außerhalb des Internets ohne weiteres ersichtlich.
e) Die Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1 Satz 2 und S. 3 Nr. 3 GlüStV in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV sieht die Kammer auch als verfassungs- und unionskonform an.
Wie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 8.9.2010 € C-46/08 nochmals festgestellt hat, steht es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, unter anderem grundsätzlich frei, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen (so EuGH, Urteil vom 8.9.2010 € C-46/08, Rdnr. 84; so auch BVerwG 8 C 15.09, Rdnr. 70).
Der Europäische Gerichtshof hat einen solchen Erlaubnisvorbehalt gerade unter dem Vorbehalt der Europarechtswidrigkeit des staatlichen Wettmonopols bejaht (EuGH, Urteil vom 8.9.2010 € C-46/08 - Carmen Media Rdnr. 73)
Wie der Europäische Gerichtshof ausdrücklich feststellt, ist es Sache jedes Mitgliedstaates, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (EuGH, Urteil vom 8.9.2010 € C-46/08 - Carmen Media, Rdnr. 83).
Somit entbindet das den Mitgliedstaaten eröffnete Ermessen diese nicht davon, sich zu vergewissern, dass die von ihnen geschaffenen Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (EuGH, Urteil vom 8.9.2010 € C-46/08 - Carmen Media, Rdnr. 85 und EuGH, Liga Portuguesa de Futbol Profissional und Bwin International - Slg 2009, I-7633-7720, Rdnr. 59).
Ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung muss allerdings auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen gesetzt werden (EuGH, Urteil vom 8.9.2010 - C-46/08 - Carmen Media, Rdnr. 87; EuGH, Urteil vom 9.9.2010 - C-64/08 - Engelmann, Rdnr. 55). Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden einschränkenden Maßnahme betroffen ist, ein effektiver gerichtlicher Rechtsbehelf offenstehen (vgl. EuGH, Urteil vom 3.6.2010 € C-203/08 - Sporting Exchange, Rdnr. 50).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers erfasst der unionsrechtliche Anwendungsvorrang jedoch nur das in § 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV normierte staatliche Monopol und nicht gleichzeitig auch die Rechtsgrundlage für die streitbefangene Untersagungsverfügung in § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV, sowie den in § 4 Abs. 1 GlüStV geregelten Erlaubnisvorbehalt. Denn der im Glücksspielstaatsvertrag unter den €allgemeinen Vorschriften€ normierte Erlaubnisvorbehalt ist ebenso wie die weiteren in § 4 GlüStV geregelten Voraussetzungen nicht derart (untrennbar) mit dem staatlichen Monopol verknüpft, dass dessen Unanwendbarkeit zwangsläufig auch zur Unanwendbarkeit dieses Erlaubnisvorbehalts führen müsste (siehe im Einzelnen noch näher unten und auch BayVGH v. 21.03.2011 a.a.O. Rn. 30). Damit ist zu prüfen, ob § 4 Abs. 1 S.1 GlüStV den dargelegten Anforderungen des Unionsrechts genügt. Die Kammer sieht § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV als unionskonform an.
Nach § 4 Abs. 2 S. 1 GlüStV ist die Erlaubnis zu versagen, wenn das Veranstalten oder das Vermitteln des Glücksspiels den Zielen des § 1 GlüStV zuwider läuft. Damit ist das vom Mitgliedstaat geltend gemachte Ziel, der Verhinderung von Sucht, den Jugend- und Spielerschutz, die Begrenzung und die Kanalisierung des Glücksspiels sowie der Verhinderung von Kriminalität im Bereich des Glücksspiels, gewährleistet (s. Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4 GlüStV).
Aufgrund der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist nicht ersichtlich, dass der Erlaubnisvorbehalt über das hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele, insbesondere zur Verhinderung der Glücksspielsucht, zur Begrenzung des Glücksspielangebots und zur Gewährleistung des Jugend- sowie Spielerschutzes, erforderlich ist (so auch BVerwG vom 24.11.2010 € 8 C-13.09 Rdnr. 83). Es sind danach hier auch nicht die Kriterien für die Zumutbarkeit des Sportwettenmonopols einschlägig. Diese tragen der besonderen Schwere des Eingriffs durch eine objektive, sämtliche Grundrechtsträger von Beruf ausschließende Zulassungsschranke Rechnung. Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Trennungsgebot und das Zuverlässigkeitserfordernis, das den Zugang zum Beruf nur kanalisiert, wiegen deutlich weniger schwer. Sie stehen auch nicht außer Verhältnis zum damit verfolgten Zweck des Jugendschutzes und des Schutzes vor den Suchtgefahren des Wettens (so BVerwG a.a.O., Rdnr. 83). Dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis an einen staatlichen Veranstalter auch für einen privaten Antragsteller gelten (a.A. VG Berlin, 35 K 262.09; VG Köln, 1 K 3352/07), bedeutet keinen Verstoß gegen das Übermaßverbot. Durch den Erlaubnisvorbehalt werden die Gelegenheiten zum Spiel wirklich vermindert, indem die in § 21 GlüStV aufgeführten Begrenzungen des Angebots sowie die Beschränkungen zum Spieler- und Jugendschutz durchgesetzt und außerdem Internet-Wetten gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV unterbunden werden. Auch die Forderung des Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 8.9.2010 € C-46/08 - Carmen Media, Rdnr. 69 ff.) nach kohärenter und systematischer Begrenzung nicht nur im Sportwettenbereich, sondern auch im Bereich der Lotterien und anderen Glückspielbereichen (so auch BVerwG vom 24.11.2010 (C 15.09 Rdnr. 81)), wird durch den Erlaubnisvorbehalt erfüllt. Alle Glückspiele unterliegen bei angenommener Unionsrechtswidrigkeit der bisherigen staatlichen Glückspielmonopole dann gleichermaßen dem allgemeinen Erlaubnisvorbehalt. Schließlich sind die Kriterien, von deren Erfüllung die Erteilung der Erlaubnis abhängt, weder unbekannt noch diskriminierend. Sie ergeben sich aus den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags und aus Art. 2 und 3 AGGlüStV, die gleichermaßen für Inländer und Ausländer gelten.
Soweit das Bundesverwaltungsgericht in den Entscheidungen vom 24.11.2010 € 8 C 14.09 und 15.09 für die Monopolregelung und für eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, fordert, dass die Instanzgerichte prüfen müssen, inwieweit eine danach unzulässige Werbung im Freistaat Bayern seit dem 1.1.2008 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden worden ist, ist der Vollzug in Bayern seit der Entscheidung des EuGH vom 8.9.2009 nicht mehr zu beanstanden, wie noch näher ausgeführt wird.
Der Katalog der Versagungsgründe enthält unbestimmte Rechtsbegriffe und Erlaubnisvoraussetzungen, die von den Gerichten voll überprüft werden können. Effektiver Rechtsschutz ist somit gewährleistet. Liegen solche Versagungsgründe nicht vor, ist im Rahmen der Ermessensausübung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV den Zielen des § 1 GlüStV Rechnung zu tragen (so § 2 Abs. 1 Satz 2 AGGlüStV). Das Ermessen ist aber kein freies Ermessen, sondern wird durch das verfolgte gesetzgeberische Ziel (§ 1 GlüStV), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Grundrechte begrenzt. Das schließt insbesondere jede willkürliche Behandlung aus und erlaubt eine den rechtsstaatlichen Anforderungen genügende gerichtliche Kontrolle.
Wenn im Glücksspielstaatsvertrag verankert ist, dass auf die Erlaubnis kein Rechtsanspruch besteht, dient dies der Eindämmung und Lenkung des Glücksspielangebotes. Würde ein Rechtsanspruch bestehen, wenn keine Versagungsgründe vorliegen, könnten mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vereinbare Angebotserweiterungen nicht mehr verhindert werden (so auch BVerwG vom 24.11.2010 € 8 C 13.09, Rdnr. 83). Repressive Verbote mit Befreiungs- bzw. Erlaubnisvorbehalt sind im Sicherheits- und Ordnungsrecht, zu denen auch das Glücksspielrecht gehört, rechtsstaatlich unbedenklich (vgl. auch BVerwG vom 18.1.2011, Az. 6 B 61/10). Wenn in § 2 Abs. 2 Satz 3 GlüStV kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Erlaubnis eingeräumt wird, bedeutet dies nicht, dass es dann an im Voraus bekannten Kriterien für die Ermessensausübung fehlt. Denn zum einen wird diese Fallkonstellation durch Art. 2 Abs. 1 Satz 2 AGGlüStV nochmals gesetzlich konkretisiert, wonach im Rahmen der Ermessensausübung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV den Zielen des § 1 GlüStV Rechnung zu tragen ist. Dies ist durch die Gerichte überprüfbar, ebenso wie auch, ob eine behördliche Ermessensentscheidung den übrigen Anforderungen entspricht (siehe dazu obige Ausführungen).
Die Vorschriften über die Erlaubnispflicht sind auch nach Ansicht der Kammer verfassungskonform.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Entscheidungen vom 24.11.2010 € 8 C 14.09 und 8 C 15.09 auch die Auslegung zu § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV beanstandet. Danach ist die (berufungsgerichtliche) Auslegung der Regelungen zur Werbung für staatliche Wettangebote in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV dann nicht mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für rechtlich unbedenklich hält (siehe Rdnr. 45 der angegebenen Entscheidung). Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es nach dem Bundesverwaltungsgericht darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung im Freistaat Bayern seit dem 1.1.2008 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird (so BVerwG - 8 C 14.09, Rdnr. 84 und 8 C 15.09 Rdnr. 83). Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dabei Bezug auf die EuGH-Entscheidungen vom 8.9.2010 Rs. C.316/07, in denen dies ausdrücklich betont wird. Doch bezieht sich die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts nur auf die Werbung von Monopolangeboten (s. BVerwG € 8 C 15.09, Rdnrn. 46 und 84). Wenn man weiterhin von der Wirksamkeit des staatlichen Wettmonopols ausginge, dann wäre es entscheidungsrelevant, inwieweit eine unzulässige Werbung im Freistaat Bayern seit dem 1.1.2008 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wurde. Nimmt man allerdings € wie die Kammer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren € die Unwirksamkeit des staatlichen Wettmonopols an, kommt es nur auf den Verwaltungsvollzug ab der Entscheidung des BVerwG vom 24.11.2010 oder allenfalls ab der Entscheidung des EuGH vom 8.9.2010 an. Wie dem Gericht aus anderen Verfahren € z.B. RO 5 K 10.31 € bekannt ist, hat das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Schreiben vom 27.9.2010 an die Regierungen und die Landratsämter auf diese Rechtsprechung des EuGH reagiert und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass solch eine Werbung als bedenklich eingestuft wird, mit der der Finanzbedarf sozialer, kultureller und sportlicher Aktivitäten, denen die erzielten Gewinne zugute kommen, herausgestellt (Imagewerbung) und somit der Eindruck erweckt wird, dass nicht die Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs (§ 1 Nr. 1 GlüStV), sondern die Maximierung der diesen gemeinnützigen Aktivitäten zugedachten Erträge das eigentliche Ziel darstellt. Es ist zu erwarten, dass sowohl die Werberichtlinien entsprechend geändert werden und die Glücksspielaufsichtsbehörden gegen eine solche unzulässige Werbung einschreiten werden. Nachdem durch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010 auch die Wichtigkeit der Kontrolle der Werbemaßnahmen durch die Glücksspielaufsichtsbehörden betont wird, ist zu erwarten, dass das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 27.9.2010 von den Behörden mit Nachdruck vollzogen wird. Ergänzend kommt aber noch hinzu, dass, wenn Werbemaßnahmen der Staatlichen Lotterieverwaltung Bayern gegen normative Werbebeschränkungen verstoßen haben, dies auch in wettbewerbrechtlichen Verfahren vor den Zivilgerichten unterbunden werden konnte. Davon haben die Betroffenen auch konsequent Gebrauch gemacht. Es kam auch zu nicht wenigen Verurteilungen wegen Verstoßes gegen die Werbebeschränkungen. Dies belegt aber nicht die Inkohärenz der auferlegten Werbebeschränkungen, sondern zeigt, dass eine Kontrolle durch Mitbewerber wirksam möglich ist, selbst wenn die Glücksspielaufsichtsbehörden nicht rechtzeitig einschreiten (so Rechtsprechung der Kammer im Urteil vom 21.10.2010 RO 5 K 10.31). Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht in den Entscheidungen vom 24.11.2010 sonst keine Bedenken geäußert, dass der Erlaubnisvorbehalt insbesondere des § 4 Abs. 1 GlüStV nicht mit Art. 12 GG vereinbar sein könnte oder es sich um staatliche Maßnahmen handelt, die die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit beschränken, aber nicht die Voraussetzungen erfüllt, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen (siehe dazu BVerwG € 8 C 14.09, Rdnr. 24 € 44 zu Art. 12 GG und Rdnrn. 61 bis 80, selbst wenn man von einem Glücksspielmonopol noch weiterhin ausginge).
Zwar stellen § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV einen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG dar, da durch die genannten Regelungen zwar nicht unmittelbar ein bestimmtes berufliches Handeln verboten wird, jedoch wird das Tätigwerden an das Vorliegen einer Erlaubnis seitens der Landesbehörden geknüpft. Auch die Einführung bestimmter Voraussetzungen für die Aufnahme des Berufs berührt das Grundrecht der Berufsfreiheit (vgl. BVerfGE 7, 377, 378).
Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist allerdings gerechtfertigt.
Ziel des Glücksspielstaatsvertrages ist nach seinem § 1, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Diesem Ziel dient die Begrenzung der Glücksspielangebote, um den natürlichen Spieltrieb in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken und ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern. Außerdem soll der Jugend- und Spielerschutz gewährleistet werden und sichergestellt werden, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt werden. Diese Ziele, insbesondere das Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht, sind vom Bundesverfassungsgericht als überragend wichtige Gemeinwohlziele qualifiziert worden, da die Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Gemeinschaft führt (vgl. BVerfGE 115, 276).
Durchgreifende Bedenken darauf, dass das im Jahre 2008 in Kraft getretene Glücksspielrecht nicht geeignet wäre, die oben genannten Ziele zu fördern, sind nicht erkennbar. So enthalten der Glücksspielstaatsvertrag und das Bayerische Ausführungsgesetz Regelungen über die Pflicht, Sozialkonzepte zu entwickeln, über Suchtrisiken aufzuklären und Maßnahmen zum Jugendschutz zu unterhalten. Insbesondere das in den Regelungen der §§ 8, 21 und 22 GlüStV vorgesehene übergreifende Sperrsystem erscheint als geeignet, die Glücksspielsucht zu dämpfen. Ferner enthält der Glücksspielstaatsvertrag ein generelles Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) sowie ein Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet (§ 5 Abs. 3 GlüStV).
Auch erscheinen die einschränkenden Maßnahmen auf das erforderliche Maß begrenzt. Nur durch den genannten Erlaubnisvorbehalt kann eine Einhaltung der Ziele des Glückspielstaatsvertrages gewährleistet sein.
Durch den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.10.2008 ist auch bereits verfassungsrechtlich geklärt, dass die Länder nicht gehalten waren, das Zahlenlotto oder Lotterien als weniger suchtgefährdende Glücksspielarten von dem Geltungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages auszunehmen.
Wird der Gesetzgeber € wie hier € zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der vom Bundesverfassungsgericht bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE 117, 163, 183 m.w.N.). Hieran gemessen sind die Erwägungen der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich und unionsrechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn bislang noch keine ausreichenden statistischen Erhebungen über das Suchtpotential von Sportwetten vorliegen (so BVerwG € 8 C 14.09, Rn. 73, 74, 75). Wie das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH ausführt, genügt bei Fehlen von wissenschaftlich hinreichenden Untersuchungen eine nach dem Stand der Forschung plausible Gefahrenprognose. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen Rechnung getragen werden (so BVerwG a.a.O., Rdnr. 73). Bei Abschluss des Glücksspielstaatsvertrages war es danach den Normgebern bewusst, dass eine abschließenden Aussage über das Suchtpotential von Sportwetten mit festen Gewinnquoten noch nicht möglich war. Es hat dazu aber eine umfangreiche Anhörung von Suchtexperten gegeben. Sie sind dabei zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass eine Ausweitung des Wettangebotes die Gefahr einer Verbreitung einer Wettsucht nach sich ziehen würde. Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Ergebnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirats zur Beratung der Bundesländer vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Bundesländer gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen.
Bis zum Vorliegen hinreichend belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Suchtpotential und zu den damit verbundenen Suchtgefahren von Sportwetten waren und sind die zuständigen Stellen nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht gehindert, nach Maßgabe des Glücksspielstaatsvertrages präventiv restriktive Maßnahmen zu ergreifen, ohne das Ausmaß negativer Entwicklungen im Einzelnen zu kennen oder gar abwarten zu müssen (so BVerwG a.a.O., Rdnr. 75 mit Hinweis auf EuGH vom 8.9.2010 € C-316/07). Danach hat der Gerichtshof bestätigt: Es reicht aus, wenn die getroffenen staatlichen Maßnahmen, die die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit beschränken, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, in dem vom Gerichtshof definierten Sinne, begleitet werden.
f) Der Bescheid ist auch mit der Rechtsgrundlage vereinbar.
Gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder aufgrund des Staatsvertrags begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erforderlichen Anordnungen erlassen. Die Behörde kann gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Diese Befugnisnorm kann auch weiterhin als Grundlage einer Untersagungsverfügung herangezogen werden, wenn bei der Entscheidung allein die gesetzliche Erlaubnispflicht und die Erteilungsvoraussetzungen bzw. Versagungsgründe inmitten stehen. Denn in diesem Fall beruht die Untersagungsverfügung weiterhin tragend auf der zulässigen Annahme, ohne die erforderliche Erlaubnis dürften Glücksspiele nicht an einen privaten Veranstalter vermittelt werden (so VGH a.a.O. Rn. 33). Der Antragsgegner kann dem Antragsteller im vorliegenden Fall den Umstand entgegenhalten, dass er (noch nicht) über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen auf dem Gebiet des Freistaats Bayern verfügt.
Der Antragsteller veranstaltet und vermittelt auf dem Gebiet des Freistaats Bayern unerlaubte Glücksspiele.
Ein Glücksspiel liegt gem. § 3 Abs. 1 S.1 vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
Durch die Entrichtung einer Reservierungsgebühr in Höhe von 59,- Euro pro Los besteht für den Erwerber eine Chance von 1 : 13900 die Liegenschaft €, OT €, €straße € in der Gemarkung €, Flurstück € mit 2453 qm Grundstück durch Auslosung zu gewinnen (Teilnahmebedingungen Nr.1, 3, 6). Damit liegt ein Glücksspiel und insbesondere kein Geschicklichkeitsspiel vor.
Dieses wird auch gem. § 3 Abs. 4 GlüStV auf dem Gebiet des Freistaats Bayern veranstaltet und vermittelt, da das Angebot auf Abschluss des Reservierungsvertrages im Freistaat zugeht (vgl. oben bei Zuständigkeit).
Das Glücksspiel ist unerlaubt, wenn es öffentlich ist und ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt wird, § 4 Abs. 1 GlüStV.
Ein öffentliches Glücksspiel liegt gem. § 3 Abs. 2 GlüStV vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht, oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.
Teilnahmeberechtigt sind juristische und natürliche Personen, wobei letztere zum Zeitpunkt der Verlosung volljährig, eigenberechtigt, EU-Bürger oder Bürger aus anderen Staaten sein müssen (Teilnahmebedingungen Nr. 3). Damit liegen ein nicht geschlossener Personenkreis und ein öffentliches Glücksspiel vor.
Eine Erlaubnis der Behörde fehlt im vorliegenden Fall. Der Antragsteller hat eine solche Erlaubnis auch nicht bei der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde, der Regierung der Oberpfalz, beantragt. Nach dem es sich bei der Hausverlosung um ein Glücksspiel handelt und für den Antrag des Antragstellers auf glücksspielrechtliche Erlaubnis die hier unterstellten unionsrechtswidrigen Monopolbestimmungen des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV keine Rolle gespielt hatte, kann der Antragsgegner dem Antragsteller auch den Umstand entgegenhalten, dass er eine solche Erlaubnis noch nicht beantragt hat (formelle Illegalität). Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren muss deshalb nicht geprüft werden, ob dem Antragsteller auf seinen Antrag hin die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis voraussichtlich erteilt werden müsste, weil die Erteilungsvoraussetzungen vorliegen. Abgesehen davon ist es auch nicht dargelegt oder ersichtlich, dass der Antragsteller die Anforderungen nach § 4 Abs. 1 GlüStV in Verbindung mit Art. 2 AGGlüStV offensichtlich erfüllt.
Insbesondere ist kein Sozialkonzept nach § 6 GlüStV vorgelegt, das der Antragsteller nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. d) AGGlüStV einzuhalten hat.
Es fehlt auch an der Erfüllung der Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV, Art. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. e) AGGlüStV. Die Zuverlässigkeit des Antragstellers müsste ferner noch geprüft werden.
g) Ermessensfehlerfreiheit
Der Bescheid ist auch ermessenfehlerfrei ergangen. Es liegen keine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch vor.
Die im Gesetz nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüStV vorgesehene Rechtsfolge stimmt mit dem Tenor des Bescheides vom 26. Januar 2011 überein.
Auch liegt kein Ermessensfehlgebrauch vor, da die Behörde die Verhältnismäßigkeit in Ziff. 2.3 des Bescheides geprüft hat. Dabei erstreckt sich die Prüfung des Gerichts gem. § 114 Satz 1 VwGO nur auf die Recht- nicht jedoch die Zweckmäßigkeit. Gegen die Rechtmäßigkeit der Abwägung der Interessen im Einzelfall spricht nach Ansicht des Gerichts nichts.
Damit wäre die Klage in der Hauptsache wohl unbegründet, weshalb der Misserfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist, als der Erfolg und somit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.
Das Gericht der Hauptsache kann gem. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise auch anordnen, wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dies ist der Fall, wenn durch die sofortige Vollziehung Nachteile entstehen, die nicht oder nur schwer rückgängig zu machen sind.
Zwar treffen den Antragsteller die wirtschaftlichen Folgen der Untersagung. Diese wirtschaftlichen Nachteile hat aber der Antragsteller selbst zu verantworten, da er keinen Antrag auf glücksspielrechtliche Erlaubnis bei den zuständigen Behörden in der Bundesrepublik Deutschland gestellt hat.
Damit ist der Antrag unbegründet und war deshalb abzuweisen.
III.
Die Kostenpflicht ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache bestimmt sich nicht nach dem den Antragsteller nach Durchführung des Glücksspiels verbleibenden Gewinn. Denn dieser ist bei der Antragstellung, als dem nach § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt € nicht hinreichend sicher zu bestimmen. Vielmehr ist aus Gründen der Praktikabilität pauschalierend vom Differenzbetrag zwischen den vom Antragsteller angesetzten Spieleinnahmen und dem Wert der zur Ausspielung gelangten Preise auszugehen (so VGH v. 08.09.2009 Az. 10 C 09.864). Allerdings können im vorliegenden Fall nur die zu erwartenden Einnahmen pauschalierend bestimmt werden. Bei 13.900 zu verkaufenden Losen zu einem Preis von 59,-- Euro ergeben sich voraussichtlich Einnahmen von 820.100 Euro. Davon abzuziehen wäre der Wert des zu verlosenden Grundstücks, und die sonstigen Unkosten. Dieser Betrag ist dem Gericht nicht bekannt. Lediglich ergibt sich aus den Teilnahmenbedingungen, dass ein Unkostenbeitrag von max. 15,-- Euro einbehalten wird, wenn die Verlosung nicht stattfindet, wobei nur die tatsächlichen Kosten verrechnet würden. Ferner ist bei der Streitwertfestsetzung wertmindernd zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Untersagungsverfügung nur den Abschluss und die Fortführung des Spiels für Personen untersagt, die sich zum Zeitpunkt der Spielteilnahme im Bayern aufhalten oder aufgehalten haben (siehe Nr. 2.2 des Bescheides). Deshalb ist aus Gründen der Praktikabilität insgesamt die Bedeutung der Sache pauschalierend auf 50.000,-- Euro im Hauptsacheverfahren anzusetzen. Damit ergibt sich in Anwendung des Streitwertkatalogs 2004 (Nr. 1.5) für das Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ein Streitwert in Höhe von 25.000,-- Euro.
VG Regensburg:
Beschluss v. 06.04.2011
Az: RO 5 S 11.268
Link zum Urteil:
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