Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. November 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 56/03

(BPatG: Beschluss v. 16.11.2005, Az.: 32 W (pat) 56/03)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 1. Februar 2001 und vom 3. Dezember 2002 insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke die Eintragung für die Waren und Dienstleistungen "elektrische und elektronische Geräte soweit in Klasse 9 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Form von Disketten, CDs, CD-Roms, Audio- und Videokassetten oder anderer Datenträger, Computer-Software, soweit in Klasse 9 enthalten; magnetische und optische Datenträger; Papier, soweit in Klasse 16 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Druckform, soweit in Klasse 16 enthalten; Werbung, Geschäftsführung für Dritte; Unternehmensberatung; Organisation und Veranstaltung von Messen für wirtschaftliche und gewerbliche Zwecke; Entwicklung von Franchisekonzepten für die Vermittlung von wirtschaftlichem und organisatorischem Know how; Marktforschung, Betrieb einer Informations-, Beschwerde- und Notfall-Hotline; vorgenannte Dienstleistungen via Telekommunikation; Entwicklung von Franchisekonzepten für die Vermittlung von finanziellem Know how; Telekommunikation; Erziehung; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen, Seminaren, Symposien und Kolloquien; schulischer Lese-, Rechtschreib-, Sprach- und Rechenunterricht; Schülerkurse, insbesondere Förderunterricht, Nachhilfeunterricht, Hausaufgabenhilfe, Sprachkurse, Musikunterricht, Examensvorbereitungen; pädagogischer Unterricht aller Art; Erstellung von Konzepten zur Anwendung individuell abgestimmter Lernmethoden, auch für Legastheniker; Verwaltung von Urheberrechten, Entwicklung (Design) von Marken und Produkten für Dritte; Such- und Vermittlungsdienste, nämlich Suchen und Auffinden von Informationen in einem Daten-Netzwerk, insbesondere dem Internet" versagt worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 14. Oktober 1999 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 16, 35, 36, 38, 41 und 42 angemeldete Wortmarke Internetclubist seitens der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts zunächst in einem Zwischenbescheid vom 9. März 2000 als nicht schutzfähige Bezeichnung - im Sinne eines Angebots über das Internet an Clubmitglieder oder Mitbenutzer - beanstandet worden. Außerdem wurden Hinweise für eine präzisere Fassung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses gegeben. Der Anmelder hat daraufhin das nachfolgende Waren- und Dienstleistungsverzeichnis (welches dem einer Vielzahl anderer von ihm getätigter Anmeldungen entspricht) vorgelegt:

Klasse 09: elektrische und elektronische Geräte soweit in Klasse 9 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Form von Disketten, CDs, CD-Roms, Audio- und Videokassetten oder anderer Datenträger, Computer-Software, soweit in Klasse 9 enthalten; magnetische und optische Datenträger;

Klasse 16: Papier, soweit in Klasse 16 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Druckform, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckerzeugnisse; gerahmte und ungerahmte Schnitte, Bilder und Drucke;

Klasse 35: Werbung, Geschäftsführung für Dritte; Unternehmensberatung; Personal- und Stellenvermittlung; Organisation und Veranstaltung von Messen für wirtschaftliche und gewerbliche Zwecke; Telefonantwortdienste; Durchführung von Versteigerungen und Auktionen im Internet; Entwicklung von Franchisekonzepten für die Vermittlung von wirtschaftlichem und organisatorischem Know how; Dienstleistungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen, Vermittlung von Verträgen über den Verkauf von Waren und deren Abrechnung (Online-Shopping) in Computer-Netzwerken und/oder mittels anderer Vertriebskanäle; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Betrieb eines Call-Centers, nämlich Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren (Auftrags- und Bestellannahme) sowie Beratung im Hinblick darauf, Marktforschung, Betrieb einer Informations-, Beschwerde- und Notfall-Hotline; vorgenannte Dienstleistungen via Telekommunikation, insbesondere mit dem Ziel der Außendienstunterstützung/-optimierung, der Stammkundenpflege und der Neukundengewinnung;

Klasse 36: Finanzdienstleistungen; Immobilienvermittlung; Wertpapierhandel; Bereitstellen von Informationen zum Wertpapierhandel; Entwicklung von Franchisekonzepten für die Vermittlung von finanziellem Know how;

Klasse 38: Telekommunikation; Anbieten von Dienstleistungen im Internet, nämlich die elektronische Entgegennahme von Warenbestellungen, Sammeln und Liefern von Nachrichten, Übermittlung von Nachrichten; Zugangsvermittlung zu Verzeichnissen der in Daten-Netzwerken, insbesondere im Internet, verfügbaren Informationen;

Klasse 41: Erziehung, Unterhaltung; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen, Seminare, Symposien und Kolloquien, Unterricht; schulischer Lese-, Rechtschreib-, Sprach- und Rechenunterricht; Schülerkurse, insbesondere Förderunterricht, Nachhilfeunterricht, Hausaufgabenhilfe, Sprachkurse, Musikunterricht, Examensvorbereitungen; Computer-, Internet- und Informatikkurse; pädagogischer Unterricht aller Art; Erstellung von Konzepten zur Anwendung individuell abgestimmter Lernmethoden, auch für Legastheniker; sämtliche vorgenannten Dienstleistungen der Kl. 41, auch über Internet; Dienstleistungen eines Verlegers, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen;

Klasse 42: Erstellung von Computer-Software; Verwaltung von Urheberrechten, Entwicklung (Design) von Marken und Produkten für Dritte; Such- und Vermittlungsdienste, nämlich Suchen und Auffinden von Informationen in einem Daten-Netzwerk, insbesondere dem Internet; Vermittlung von Bekanntschaften, Brief- und Chat-Freundschaften.

Die Markenstelle hat die Anmeldung mit einem ersten Beschluss vom 1. Februar 2001 in vollem Umfang als nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig zurückgewiesen. Die sprachüblich gebildete Wortfolge bringe im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen schlagwortartig zum Ausdruck, dass eine Interessengemeinschaft bzw. ein Klub über das Internet oder ein sonstiges Netzwerk tätig werde, um die beanspruchten Waren/Dienstleistungen anzubieten oder in Anspruch zu nehmen. Der Begriff "Internetclub" werde auch bereits in beschreibender Weise verwendet (unter Hinweis auf zwei Belegstellen aus dem Internet).

Auf die Erinnerung des Anmelders hat die Markenstelle mit Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 3. Dezember 2002 den Erstbeschluss teilweise, nämlich hinsichtlich der Zurückweisung der angemeldeten Marke für die Waren "gerahmte und ungerahmte Schnitte, Bilder und Drucke", aufgehoben, im Übrigen aber die Erinnerung zurückgewiesen. Für die weiterhin zu versagenden Waren in den Klassen 9 und 16 bezeichne "Internetclub" die Zweckbestimmung, nämlich deren Eignung für die Nutzung durch eine Vereinigung von Menschen, die sich mit dem Internet befassten und über dieses kommunizierten. Für die weiterhin zu versagenden Dienstleistungen beschreibe "Internetclub" den Erbringungsort, da diese sämtlich über das Internet Klubmitgliedern (zu vorteilhaften Konditionen) angeboten werden könnten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Eine - zunächst angekündigte - Begründung ist nicht zu den Gerichtsakten gelangt.

In einem Zwischenbescheid des Berichterstatters vom 6. April 2005 ist der Anmelder darauf hingewiesen worden, dass eine Eingabe des Markenworts in die Internet-Suchmaschine Google 22 700 Fundstellen ergeben hat und dass es zahlreiche Internetklubs gibt.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, aber nur im Umfang der in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen begründet; im Übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.

1. Für einen Teil der Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer die Markenstelle die angemeldete Bezeichnung zurückgewiesen hat (d. h. der in der Beschlussformel nicht genannten), stellt "Internetclub" eine unmittelbar beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Nach dieser Bestimmung sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Dies trifft für "Internetclub", in jeder der - unterschiedlichen - Bedeutungen, welche dieser Wortbildung zukommen kann, zu. Den Sinngehalt der Einzelbestandteile, aus denen das angemeldete Markenwort zusammengesetzt ist, hat die Markenstelle zutreffend ermittelt und aufgezeigt; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.

a) Ein "Internetclub" kann demnach eine mehr oder weniger festgefügte bzw. organisierte Interessengemeinschaft sein, die Waren und Dienstleistungen via Internet nachfragt und bezieht, u. U. unter günstigeren Bedingungen als andere (z. B. Mengenrabatte in Anspruch nimmt). Für die Dienstleistungen in den Klassen 35, 36 und 38, die sich auf elektronische Märkte, den Kauf und Tausch von Waren, den Abschluss und die Abwicklung von Verträgen und Handelsgeschäften sowie damit in Verbindung stehende Beratungs- und Unterstützungsdienstleistungen beziehen, ist die angemeldete Bezeichnung daher glatt beschreibend. Diese Beurteilung gilt auch für sonstige Dienstleistungen, die sich nicht unmittelbar auf Waren beziehen, wie etwa Personal- und Stellenvermittlung, Finanzdienstleistungen, Informationen zum Wertpapierhandel. Von den Dienstleistungen in Klasse 38 sind inhaltsbezogene Kommunikationsleistungen (im Sinne eines Informationspools) nicht schutzfähig. Das Allgemeininteresse an der Freihaltung einer derartigen Angabe verbietet die Monopolisierung zugunsten eines einzigen Unternehmens oder Unternehmers.

b) "Internetclub" kann aber auch, ohne jeden kommerziellen Bezug, eine Gemeinschaft bezeichnen, die besonderes Interesse am Internet, seiner Funktionsweise und seinen Verwendungsmöglichkeiten hat. Somit liegt es auch nicht fern, im Rahmen eines Klubs unter dieser Bezeichnung "Computer-, Internet- und Informatikkurse" anzubieten. Da "Unterricht" als weiter Oberbegriff diese mitumfasst (vgl. BGH GRUR 2002, 261 - AC), kann die angemeldete Wortbildung auch für diese Dienstleistungen nicht als Marke zugelassen werden.

c) Schließlich bezeichnet das Wort Club auch eine gesellige oder gesellschaftliche Vereinigung, so dass "Internetclub" im Sinne einer solchen, deren Mitglieder über das Internet zusammenfinden und kommunizieren - ohne spezielles Interesse an dessen Funktionsweise -, verstanden werden kann. Für die Dienstleistungen "Unterhaltung" und "Vermittlung von Bekanntschaften, Brief- und Chat-Freundschaften" kann "Internetclub" somit ebenfalls eine Merkmalsangabe darstellen.

d) "Druckerzeugnisse" aller Art in Klasse 16 können über die Aktivitäten eines Internetklubs (in jeder der vorstehend aufgezeigten Bedeutungen) berichten. Mithin ist auch bezüglich dieser Waren und der auf sie bezogenen Herausgebertätigkeiten eine Schutzgewährung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeschlossen.

2. Ob die Bezeichnung "Internetclub" für die weiterhin zu versagenden Waren und Dienstleistungen zusätzlich auch jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), kann dahingestellt bleiben, wobei allerdings nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einer Wortmarke, die Merkmale von Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibt, aus diesem Grunde zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Erzeugnisse und Angebote fehlt (GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 86).

3. Eine andere Bewertung ist aber für die in der Beschlussformel angeführten Waren und Dienstleistungen geboten. Hinsichtlich der verbleibenden Waren in den Klassen 9 und 16 enthält "Internentclub" keine unmittelbar warenbeschreibende Angabe (Produktmerkmalsbezeichnung) i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diese sind nicht speziell für die Nutzung durch Internetklubs bestimmt. Der Verkehr wird daher bei einer Verwendung dieser Bezeichnung für betreffende Erzeugnisse nicht ohne weiteres von einer Bestimmungsangabe ausgehen. Entsprechendes gilt für die verbleibenden Dienstleistungen. Es liegt nicht nahe, in Bezug auf diese "Internetclub" als Angabe des Erbringungsorts anzusehen. Auf konkrete Verwendungsabsichten des Anmelders kommt es insoweit nicht maßgeblich an.

Für diese Waren und Dienstleistungen fehlt der angemeldeten Marke auch nicht das für eine Registrierung erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Die von der Markenstelle ermittelten und dem Anmelder zur Kenntnis gegebenen Internet-Ausdrucke (sowie die ergänzenden Recherchen des Senats) geben insoweit zu keiner abweichenden Beurteilung Anlass.

4. Vor einer abschließenden Registrierung der angemeldeten Marke wird die Markenstelle nochmals die Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zu überprüfen haben, insbesondere auch daraufhin, ob dieses unzulässige Erweiterungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten enthält.

Prof. Dr. Hacker Kruppa Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 16.11.2005
Az: 32 W (pat) 56/03


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