Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 11. August 2004
Aktenzeichen: I-2 W 5/03

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 11.08.2004, Az.: I-2 W 5/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beklagten zu 2. wird der Streitwertbeschluss der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27. Dezember 2002 teilweise abgeändert. Es wird angeordnet, dass die Verpflichtung des Be-klagten zu 2. zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem Teilstreit-wert von 600.000,-- Euro bemisst.

2. Die weitergehende Streitwertbeschwerde der Beklagten wird, soweit ihr das Landgericht nicht abgeholfen hat, zurückgewiesen.

3. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).

Gründe

I.

Die Streitwertbeschwerde der Beklagten zu 1. ist zulässig, aber in der Sache unbegründet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Landgerichts in dem bereits erwähnten Nichtabhilfebeschluss vom 27. Dezember 2002 und ergänzend auf die Ausführungen des Landgerichts zu Ziff. 5 der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (S. 32 des Urteilsumdruckes, Bl. 222 d.A.) Bezug genommen, die der Senat sich in vollem Umfang zu eigen macht.

II.

Dagegen ist die - ebenfalls zulässige - Streitwertbeschwerde des Beklagten zu 2. teilweise begründet.

1. Soweit er den Streitwert unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage auf 1 Million Euro herabgesetzt haben will, hat seine Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg. In dem bereits erwähnten Nichtabhilfebeschluss vom 27. Dezember 2002 (Bl. 293 - 295 d.A.) hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, aus welchen Gründen eine Festsetzung des Streitwertes auf weniger als 1.500.000,-- Euro nicht in Betracht kommt; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

2. Begründet ist seine Beschwerde aber, soweit er begehrt, nach § 144 PatG anzuordnen, dass sich seine Verpflichtung zur Zahlung von Prozesskosten nur nach einem seinen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Teilstreitwert bemisst. Diesen Teilstreitwert setzt der Senat auf 600.000,-- Euro fest. Insoweit hat der Beklagte zu 2. im Verlauf des Beschwerdeverfahrens glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Streitwertes nach § 144 Abs. 1 PatG gegeben sind.

Der Beklagte zu 2. hat glaubhaft gemacht, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen und vom Landgericht zutreffend auf 1,5 Millionen Euro festgesetzten Streitwert seine wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde.

a) Das Erfordernis der "erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage" ist einerseits weniger streng als die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO; nach der amtlichen Begründung zu § 53 PatG 1936 - der Vorgängerregelung des § 144 PatG - sollte die Streitwertbegünstigung gerade auch dann eingreifen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bzw. des früheren "Armenrechts" nicht zuließen (BlPMZ 1936, 103, 115). Die Anordnung nach § 144 PatG und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO haben unterschiedliche Voraussetzungen und Wirkungen (vgl. RG, GRUR 1938, 39, 40; BGH GRUR 1953, 123; Benkard/Rogge, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 144 PatG, Rdnr. 3); insbesondere ist die Streitwertbegünstigung unabhängig von den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung. Andererseits knüpft das Gesetz die Begünstigung an eine erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage an und verlangt damit ein gesteigertes Maß an Gefährdung; nicht jede Gefährdung der wirtschaftlichen Lage des Kostenschuldners rechtfertigt eine Anordnung nach § 144 PatG. Eine rein schematische Anpassung des Streitwertes an die wirtschaftliche Lage des Antragstellers widerspräche dem Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des § 144 PatG; vor allem mit Rücksicht auf den Gegner muss auch die antragstellende Partei ein gewisses Kostenwagnis behalten, das in einem angemessenen Verhältnis zu dem normalerweise üblichen Kostenrisiko, der Erhöhung des Kostenrisikos der Gegenpartei und den Vermögensverhältnissen des Antragstellers steht (vgl. OLG Düsseldorf, Mitteilungen 1973, 177, 179 - Kostenbegünstigung; Benkard/Rogge, a.a.O. Rdnr. 6). Gerade auch die Rücksicht auf die Interessen der Gegenpartei verbietet eine großzügige Handhabung des § 144 PatG (vgl. Senat, a.a.O.; OLG Karlsruhe, GRUR 1962, 586). Kann der Antragsteller einen wirtschaftlich tragbaren Kredit aufnehmen, wird seine wirtschaftliche Lage in aller Regel nicht erheblich gefährdet sein (Senat, a.a.O., S. 179, 180; Klauer/Möhring, Patentrechtskommentar, 3. Aufl., § 53 PatG, Rdnr. 4; Benkard/Rogge, a.a.O.). Obwohl die Voraussetzungen beider Institute grundsätzlich unterschiedlich sind, wird bei der Berechnung dessen, was der antragstellenden Partei als Kostenrisiko zuzumuten ist, eine Orientierung an denjenigen Grundsätzen möglich sein, nach denen ausgerechnet wird, welche Beträge ein um Prozesskostenhilfe Nachsuchender tragen muss. Der Betrag, den ein Prozesskostenhilfeempfänger nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen selbst tragen muss, darf auch durch eine Anordnung nach § 144 PatG nicht unterschritten werden.

b) Ausgehend von dem vom Landgericht zugrunde gelegten Streitwert von 1,5 Millionen Euro kämen auf den Beklagten zu 2. Kosten in Höhe von etwa 36.100,-- Euro zu. In diesem Zusammenhang hat der Senat hier nur die Gerichtskosten und die gesetzlichen Gebührenansprüche seines eigenen Prozessbevollmächtigten berücksichtigt, während die grundsätzlich auch vom Beklagten zu 2. zu erstattenden Rechtsanwaltskosten der Klägerin von der Verzichtserklärung erfasst sind, die die Klägerin mit ihrer unter dem 22. Juli 2003 erklärten Zustimmung zum vorgeschlagenen Schuldenbereinigungsplan (Anlage B 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. August 2003 (Bl. 362 d.A.)) abgegeben hat. Mit ihrer Zustimmung hatte die Klägerin auf sämtliche Forderungen verzichtet, die den Betrag von 10.697,38 € übersteigen; zu diesen Forderungen gehörte nicht nur der ungedeckte Teil der im Verfahren Landgericht Düsseldorf 4 O 409/01 festgesetzten Kosten, sondern auch die - zwar noch nicht bezifferte, aber bereits entstandene - Kostenerstattungsforderung aus dem vorliegenden Patentverletzungsrechtsstreit. Davon ist auch die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 27. Oktober 2003 (dort S. 2, Bl. 370 d.A.) ausgegangen, indem sie dort geäußert hat, die Zustimmung zu dem vorbezeichneten Schuldenbereinigungsplan habe das Erlöschen gegen den Beklagten zu 2. persönlich gerichteten gesamtschuldnerischen Kostenforderung zur Folge.

c) Vermögen, das er zur Begleichung dieser Kosten einsetzen könnte, besitzt der Beklagte zu 2. nicht. Das Sparguthaben in Höhe von 3.500,-- DM, das er in Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 24. September 2001 (Bl. 55, 56 d.A.) noch angeführt hatte, existierte nach seiner eidesstattlichen Versicherung in der Vermögensaufstellung zu seinem Schriftsatz vom 8. Mai 2003 (Bl. 334 ff. d.A.) nicht mehr und wird auch in den später überreichten Unterlagen nicht mehr erwähnt.

Die Unternehmensbeteiligungen des Beklagten zu 2. an den Unternehmen I. und M. und an der Beklagten zu 1. haben nach dem unwiderlegten Vorbringen des Beklagten zu 2. zu keinen Ausschüttungen geführt; nach der Bescheinigung des Steuerberaters S. aus Hamburg (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 8. Mai 2003, Bl. 338, 339 d.A.) haben die im Jahre 2001 erzielten Verluste der I. deren Stammkapital verbraucht, und für die C. GmbH, die Beklagte zu 1., ist inzwischen Insolvenz angemeldet worden. Das Unternehmen M. wird zwar in der Bescheinigung des Steuerberaters nicht erwähnt, der Beklagte zu 2. hat jedoch in seiner als Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 24. September 2001 vorgelegten Vermögensaufstellung an Eides Statt versichert, aufgrund der bis dahin erzielten Geschäftsergebnisse auch aus dieser Unternehmensbeteiligung keinerlei Ausschüttung erhalten zu haben; dass die genannten Beteiligungen für den Beklagten irgendeinen messbaren Wert verkörpern, der - nach einer Veräußerung der Anteile - zur Deckung der Prozesskosten verwendet werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Die erstmals im Schriftsatz vom 8. Oktober 2002 (Bl. 240 ff. d.A.) und in der zu diesem Schriftsatz überreichten eidesstattlichen Versicherung erwähnte Eigentumswohnung in Lübeck ist inzwischen nicht mehr im Vermögen des Beklagten zu 2. vorhanden, nachdem er sie an seine Eltern veräußert hat. Wie sich aus der als Anlage B 13 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004 (Bl. 377 ff. d.A.) überreichten Bescheinigung des Grundbuchamtes bei dem Amtsgericht Lübeck vom 30. Juli 2003 ergibt, ist am selben Tag zu Gunsten der Eltern des Beklagten zu 2. eine Eigentumsübertragungsvormerkung eingetragen worden; daraus ist zu schließen, dass alle zum Eigentumsübergang erforderlichen Erklärungen des Beklagten zu 2. abgegeben sind und der endgültige Eigentumsübergang nur noch von der Eintragung des Rechtsübergangs im Grundbuch abhängt, deren bevorstehender Vollzug als sicher angenommen werden kann. Auch die von seinen Eltern für den Erhalt der Eigentumswohnung an den Beklagten zu 2. entrichtete Gegenleistung kann zur Deckung der Prozesskosten nicht herangezogen werden. Die Gegenleistung der Eltern des Beklagten zu 2. besteht offenbar darin, dass sie dessen Darlehensschulden gegenüber der Sparkasse St. übernommen haben, die sich im September 2003 auf insgesamt 96.509,47 Euro beliefen (vgl. Anlage B 12 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004) und bei denen es sich offenbar um Darlehen handelte, die der Beklagte zu 2. zur Finanzierung des Wohnungserwerbs aufgenommen hatte. Berücksichtigt werden kann diese Befreiung des Beklagten zu 2. von den vorgenannten Darlehensverbindlichkeiten nur dadurch, dass sich der für den Beklagten zu 2. von seinem Monatseinkommen für die private Lebensführung verfügbare Betrag entsprechend erhöht.

d) Das Einkommen, das der Beklagte zu 2. zur Begleichung der Verfahrenskosten einsetzen kann, ist unter Berücksichtigung seiner zuletzt mitgeteilten Einkünfte und notwendigen Ausgaben wie folgt zu berechnen:

Aus seiner gegenwärtigen Tätigkeit für die I. in Saalfeld erzielt er, wie aus der als Anlage B 10 zu seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2004 überreichten Lohn-/Gehaltsabrechnung hervorgeht, monatliche Bruttoeinkünfte in Höhe von 3.823,68 Euro.

Wie der Beklagte zu 2. im Schriftsatz vom 12. Februar 2004 (dort S. 3, Bl. 383 d.A.) angegeben hat, erzielt er weiterhin aus der Vermietung des von ihm nicht bewohnten Nachbarhauses Mieteinnahmen von monatlich 590,-- Euro.

Die von ihm a.a.O. genannten Kindergeldbeträge von insgesamt 462,-- Euro kommen hinzu.

Nicht mehr mitgerechnet werden können die bisher erzielten Einkünfte aus der Vermietung der Eigentumswohnung in Lübeck; sie sind nach der Veräußerung dieser Wohnung an die Eltern des Beklagten zu 2. entfallen; berücksichtigt werden muss aber die Gegenleistung, die der Beklagte zu 2. dafür von seinen Eltern erhalten hat und die in der Übernahme der vom Beklagten zu 2. gegenüber der Sparkasse Stormarn eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten besteht. Diese Übernahme hat, wie noch darzulegen sein wird, den für den Beklagten zu 2. aus seinem übrigen Einkommen monatlich verfügbaren Betrag entsprechend erhöht.

e) Dem sich daraus ergebenden Bruttoeinkommen des Beklagten zu 2. von insgesamt 4.875,68 Euro monatlich stehen folgende monatliche Ausgaben gegenüber:

An erster Stelle sind zu nennen die von seinem Arbeitgeber vom Bruttogehalt vorgenommenen und in der als Anlage B 10 zu seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2004 vorgelegten Gehaltsabrechnung ausgewiesenen Abzüge von 247,47 Euro "Sachbezug Pkw", 478,53 Euro Lohnsteuer, 0,63 Euro Solidaritätszuschlag, und Beiträge von jeweils 238,89 Euro zur gesetzlichen Kranken-, 363,91 Euro zur gesetzlichen Renten-, 121,30 Euro zur Arbeitslosen- und 29, 64 Euro zur Pflegeversicherung.

Abzuziehen ist weiterhin die vom Beklagten zu 2. für das von ihm und seiner Familie bewohnte Reihenhaus gezahlte Miete, die ausweislich der als Anlage B 14 zu seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2004 vorgelegten Bescheinigung 710,06 Euro seit dem 1. Januar 2004 beträgt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beklagte zu 2. nicht gehalten, aus diesem Reihenhaus in eine Mietwohnung umzuziehen; da seine Familie 5 Personen, nämlich den Beklagten zu 2 selbst, seine Ehefrau und 3 Kinder umfasst, müsste auch die Mietwohnung eine dieser Personenzahl entsprechende Größe aufweisen und dürfte schon deshalb kaum zu einem günstigeren Mietzins zu erhalten sein, als ihn der Beklagte zu 2. derzeit für das von ihm bewohnte Reihenhaus entrichtet.

Zu berücksichtigen sind weiterhin die von ihm für die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser an die örtlichen Stadtwerke gezahlten Beträge, die in den als Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004 vorgelegten Kontoauszügen mit monatlich 208,-- Euro ausgewiesen sind.

Zu berücksichtigen sind darüber hinaus die Rückzahlungsverpflichtungen aus zwei Darlehen der Darlehensgeber M. und I, für die der Beklagte zu 2. insgesamt 200,-- Euro monatlich zurückzahlt. Hiervon entfallen 100,-- Euro auf das Darlehen M vom 11. April 2003 über 3.500,-- Euro, das dem Beklagten zu 2. gegeben worden ist, um ein der Darlehensgeberin auferlegtes Ordnungsgeld zurückerstatten zu können und für das er monatlich 100,-- Euro bei einer Verzinsung von 7 % zurückzahlen muss; die verbleibenden 100,-- Euro betreffen ein Darlehen seiner Arbeitgeberin Incarmed vom 12. Januar 2004 über insgesamt 1.810,06 Euro zur Erstattung der vom Landgericht Düsseldorf in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen aus den Verfahren 4 O 409/01 ZV II und 4 O 286/01 ZV II festgesetzten Beträge, auf das der Beklagte zu 2. ebenfalls monatliche Zahlungen von 100,-- Euro bei einer Verzinsung von 7 % leisten muss. Gegen die Berücksichtigung dieser Zahlungsverpflichtungen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, der Beklagte zu 2. habe in Höhe der jeweiligen Darlehenssumme einen entsprechenden Betrag zur Verfügung erhalten und sei im übrigen die Darlehensverbindlichkeiten eingegangen, obwohl schon damals abzusehen gewesen sei, dass die Prozesskostenforderung aus dem vorliegenden Rechtsstreit auf ihn zukommen würde. Beides wird dem Umstand nicht gerecht, dass die mit den beiden Darlehen finanzierten Forderungen im Gegensatz etwa zu Anschaffungsdarlehen vom Beklagten zu 2. nicht freiwillig übernommen worden sind, sondern solche waren, für die er entweder selbst gegenüber dem Gericht als Kostenschuldner haftete oder jedenfalls im Innenverhältnis zum Kostenschuldner erstattungspflichtig war. Ohne die Darlehen müssten die mit ihnen finanzierten Kostenforderungen in voller noch offenstehender Höhe als Verbindlichkeiten in die Rechnung eingestellt werden.

In Abzug zu bringen sind außerdem die 500,-- Euro, die der Beklagte zu 2. an den Vermieter des von ihm untervermieteten Nachbarhauses als monatliche Miete entrichten muss (vgl. die Kontoauszüge Anl. B11).

f) Weitere Ausgaben konnten nicht berücksichtigt werden.

Das gilt zunächst für den in der als Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 24. September 2001 noch erwähnten Posten Darlehenskosten, die dort mit 1.260,-- DM und in späteren Unterlagen (Kostenaufstellung Stand 03/2003, Anlage zum Schriftsatz vom 8. Mai 2003, Bl. 337 d.A.) und dem Kontoauszug ab 1. Juni 2003 (Anlage B 7 zum Schriftsatz vom 18. August 2003, Bl. 364 d.A.) mit 644,23 Euro beziffert sind. Der Zahlungsposten hängt offensichtlich zusammen mit den beiden von der Sparkasse Stormarn erhaltenen Darlehen, für die der Beklagte zu 2. nach der Schuldübernahme durch seine Eltern keine Zahlungen mehr leistet und die dementsprechend in den als Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004 überreichten Kontoauszügen nicht mehr aufgeführt werden.

Nicht berücksichtigt werden kann ferner das für die Lübecker Eigentumswohnung zu zahlende Wohnungsgeld in Höhe von zuletzt monatlich 144,-- Euro, nachdem die Wohnung von den Eltern übernommen worden ist, die vom Zeitpunkt ihrer Übernahme an auch dieses Wohnungsgeld hätten zahlen müssen; angesichts der auf ihn zukommenden Kostenforderungen aus den vorliegenden Verfahren war der Beklagte zu 2. gehalten, seine hierfür einsetzbaren Geldmittel wenn schon nicht in ausreichendem Umfang, so aber jedenfalls in größtmöglichem zumutbarem Umfang zur Finanzierung der Verfahrenskosten freizuhalten und von der Eingehung unnötiger Verbindlichkeiten abzusehen. Gründe, die für den Beklagten die Übernahme des Wohnungsgeldes für seine Eltern als unabweislich erscheinen lassen, hat er nicht vorgetragen; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

Außer Betracht bleiben muss auch die bisher für die Eigentumswohnung gezahlte Grundsteuer in Höhe von monatlich 4,98 Euro, die der Beklagte zu 2. seit der Veräußerung der Eigentumswohnung an seine Eltern offenbar auch nicht mehr zahlt und die dementsprechend in den als Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004 überreichten Kontoauszügen auch nicht mehr aufgeführt wird.

Nicht berücksichtigt werden konnten die bisher vom Beklagten zu 2. an seine private Krankenversicherung gezahlten Beträge von zuletzt monatlich 977,06 Euro und die Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 47,60 Euro. Nachdem der Beklagte zu 2. im Hinblick auf seine seit dem 1. Januar 2004 ausgeübte Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist und im Rahmen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Beiträge zahlt, ist davon auszugehen, dass die bisherigen Privatversicherungsbeiträge entfallen sind.

Nicht in Abzug gebracht werden kann auch die von ihm angegebene Zahlung von monatlich 122,92 Euro für die private zusätzliche Krankenversicherung ab 1. Januar 2004. Der Beklagte zu 2. hat diese Zahlungen nicht belegt; in den als Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004 vorgelegten Kontoauszügen - auch demjenigen für die Zeit ab 1. Januar 2004 - ist eine entsprechende Zahlung nicht ausgewiesen. Ebenso nicht belegt ist der vom Beklagten zu 2. in seiner als Anlage B 8 zum Schriftsatz vom 19. August 2003 auszugsweise vorgelegten Erklärung erwähnte Betrag von 186,66 Euro "Selbstbehalt Krankenkasse". Die erwähnten Kontoauszüge gem. Anlage B 11 weisen eine derartige Zahlung nicht aus; die Bezeichnung "Selbstbehalt Krankenkasse" spricht im übrigen dafür, dass es sich nicht um eine regelmäßige Prämienzahlung gehandelt hat, sondern nur um einen einmaligen Vorgang, nachdem der Beklagte zu 2. oder eines seiner Familienmitglieder Leistungen aus der privaten Krankenversicherung in Anspruch genommen hatte.

Nicht berücksichtigt werden konnten ferner die beiden Versicherungen, die in den Kontoauszügen gem. Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004 mit einer Prämienleistung von insgesamt 112,74 (50,56 und 62,18 ) Euro aufgeführt sind; hier ist nicht ersichtlich, welche Risikofälle mit diesen beiden Versicherungen abgedeckt werden sollen, so dass die Angemessenheit nach Grund und Höhe nicht beurteilt werden kann.

Als nicht belegt mussten außer Betracht bleiben die vom Beklagten zu 2. angegebenen Beträge für Kabel-, Rundfunk- und Fernsehgebühren und Abfallbeseitigungsgebühren. Die Vermögensaufstellungen gem. Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 24. September 2001 und vom 8. Mai 2003 und die als Anlage B 8 zum Schriftsatz vom 19. August 2003 überreichte Erklärung weisen zwar entsprechende Beträge aus, gleiches gilt für den Posten Kabelfernsehen auch für den Monat Dezember 2003, für den in Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 12. Februar 2004 ein Betrag von 28,26 Euro ausgewiesen ist. Im Übrigen weisen die jüngsten Kontoauszüge gem. Anlage B 11 keine entsprechenden Zahlungen mehr aus.

Nicht berücksichtigt werden kann ferner der in dem Kontoauszug gem. Anlage B 7 zum Schriftsatz vom 19. August 2003 (Bl. 364 d.A.) ausgewiesene Betrag von 111,-- Euro an den Kirchenkreis Bad Segeberg (Kindergartengeld). In den aktuellen Kontoauszügen gem. Anlage B 11 ist zwar für die Monate September bis Dezember 2003 ein monatlicher Betrag von 111,-- Euro aufgeführt; der Ausgabezweck ist jedoch unkenntlich gemacht, so dass nicht mehr nachvollzogen werden kann, ob es sich bei diesem Betrag immer noch um das Kindergartengeld handelt. In dem Auszug für die Zeit ab 1. Januar 2004 wird ein entsprechender Betrag überhaupt nicht mehr geführt.

Soweit der Beklagte zu 2. für Strom, Wasser, Gas, Kabel, GEZ, Versicherung und andere nicht näher bezeichnete Ausgabenzwecke einen monatlichen Betrag von 350,-- Euro in Abzug bringen will (S. 3 seines Schriftsatzes vom 12. Februar 2004, Bl. 380 GA), kann dem, abgesehen von den nachgewiesenen Zahlungen von monatlich 208,-- Euro an die örtlichen Stadtwerke, nicht entsprochen werden, weil die entsprechenden Ausgabenposten weder exakt beziffert sind noch ihre monatliche Zahlung durch Unterlagen belegt ist.

Nicht in Ansatz gebracht werden kann ferner das Darlehen in Höhe von 4.000,-- Euro, das seine Eltern ihm nach seinem Vorbringen am 7. April 2003 ausgezahlt haben und auf das er nach seinem eigenen Vorbringen monatlich 200,-- Euro zurückzahlt. In seiner als Anlage B 8 zum Schriftsatz vom 19. August 2003 auszugsweise vorgelegten Erklärung führt der Beklagte zu 2. selbst aus, er zahle das Darlehen derzeit zwar zurück, erhalte allerdings das Geld dann von seinen Eltern wieder.

g) Zieht man von den monatlichen Einkünften des Beklagten zu 2. in Höhe von 4.875,68 Euro die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten ab, die einen Gesamtbetrag von monatlich 3.098,43 Euro ausmachen, so ergibt sich ein Rest von 1.777,25 Euro.

Auch der Einsatz dieses Betrages kann dem Beklagten zu 2. nicht in vollem Umfang zugemutet werden. Zumindest sind diejenigen Beträge abzuziehen, die dem Beklagten nach den Bestimmungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO als Existenzminimum zu belassen sind und die nach der entsprechenden Bekanntmachung für den Beklagten zu 2. und seine Ehefrau je 364,-- Euro und für seine beiden Kinder jeweils 256,-- Euro betragen (für das dritte aus erster Ehe der Ehefrau des Beklagten zu 2. stammende Kind konnte im Hinblick auf die vom Kindesvater geleisteten Unterhaltszahlungen von monatlich 511,-- Euro ein entsprechender Betrag nicht in Ansatz gebracht werden), so dass nach Abzug des sich daraus ergebenden Gesamtbetrages von 1.240,-- Euro ein monatliches Einkommen von 537,25 Euro verbleibt, das theoretisch zur Bedienung der Kostenforderung eingesetzt werden könnte. Insoweit darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass einem Prozesskostenhilfeempfänger in der wirtschaftlichen Lage des Beklagten zu 2. bei einem entsprechenden einzusetzenden Einkommen auch nicht der gesamte einzusetzende Betrag abverlangt würde, sondern nur monatliche Ratenzahlungen von 200,-- Euro, und dass er überdies nach § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO nur maximal 48 Monatsraten zahlen müsste, was unter den hier gegebenen Umständen einem Betrag von 9.600,-- Euro entspräche, der den auf den Beklagten zu 2. bei einem Streitwert von 1,5 Millionen Euro zukommenden Betrag von mehr als 36.000,-- Euro bei weitem nicht erreicht.

h) Da aber - wie eingangs dargelegt - im Rahmen der Streitwertbegünstigung nach § 144 ZPO der antragstellenden Partei mit Rücksicht auf die Interessen der Gegenpartei ein gewisses Kostenrisiko und Wagnis verbleiben muss, das die Beträge übersteigt, die der Beklagte zu 2. im Falle einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe einsetzen müsste, ist für die Berechnung der von ihm zu leistenden Zahlungen ein entsprechend höherer Teilstreitwert zugrundezulegen. Das ist nicht zuletzt deshalb sachgerecht, weil der Beklagte zu 2. sein im Jahre 2001 noch vorhandenes Sparguthaben von seinerzeit 3.500,-- DM nach der Stellung des vorliegenden Streitwertbegünstigungsantrages anderweitig verwendet hat, obwohl er, wie die Antragstellung zeigt, nach seiner erstinstanzlichen Verurteilung damit gerechnet hat, dass auf ihn Prozesskosten in erheblicher Höhe zukommen würden. Als Maßstab bietet sich die Quote an, die der Beklagte zu 2. im Rahmen seines Schuldenbereinigungsplans auf die gemäß dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf in dem Verfahren 4 O 409/01 zu leistende Kostenforderung tatsächlich gezahlt hat. Dies war bei einer Forderung von 18.646,81 Euro und einer darauf geleisteten Zahlung von 10.697,38 Euro eine Quote von 57,37 %. Berechnet man einen dieser Quote entsprechenden Anteil an jeder der in dieser festgesetzten Summe enthaltenen Anwaltsgebühren von jeweils 3.182,79 Euro, so ergibt sich ein Anteilsbetrag von 1.825,97 Euro. Vergleicht man das mit den Streitwerten, bei denen nach der Gebührentabelle zu § 11 BRAGO eine volle Anwaltsgebühr anfällt, die dem Betrag von 1.825,97 Euro am nächsten kommt, so gelangt man zu einem Streitwert von 200.000,-- Euro, der etwa 2/5 des vom Landgericht im Parallelverfahren 4 O 409/01 mit Billigung des Senates festgesetzten Streitwertes von 500.000,-- Euro entspricht. Geht man davon aus, dass der Beklagte durch seine Zahlung eine entsprechende Quote selbst für zumutbar gehalten hat und auch die Klägerin, indem sie dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt hat, die Angemessenheit dieser Quote nicht in Frage stellt, so erscheint es auch angemessen, sie auf die Berechnung des Teilstreitwertes im vorliegenden Verfahren zu übertragen, so dass für den Beklagten zu 2. von einem Teilstreitwert in Höhe von 2/5 des vollen Streitwertes von 1,5 Millionen Euro ausgegangen werden kann, was beziffert einem Teilstreitwert von 600.000,-- Euro entspricht. Bei einem Streitwert von 600.000,-- Euro kommen auf den Beklagten Kosten in Höhe von etwa 19.500,-- Euro zu, bestehend aus den Gerichtskosten und den gesetzlichen Gebühren für seinen eigenen Anwalt und Patentanwalt. Insoweit erscheint es nicht unbillig, dem Beklagten zu 2. zuzumuten, erforderlichenfalls zur Rückzahlung dieses Betrages einen weiteren Kredit aufzunehmen und aus den vorstehend errechneten monatlich verfügbaren Einkünften zurückzuzahlen.

S. K. Dr. B.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 11.08.2004
Az: I-2 W 5/03


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