Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 28. Oktober 1992
Aktenzeichen: 6 U 40/92
(OLG Köln: Urteil v. 28.10.1992, Az.: 6 U 40/92)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Januar 1992 verkündete Teilurteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 536/90 - teilweise abgeändert und in Ziff. I 3 und I 4 sowie Ziff. II neu gefaßt: 1. Die Beklagte zu 1) wird über Ziffer I., 1. und 2. des angefochtenen Urteils hinausgehend verurteilt,a) die sich noch in ihrem Besitz befindenden Vervielfältigungsstücke der Musikproduktion "D.k. G. " des Chors "D. M.v. N. " zu vernichten;b) die Master-Bänder der Musikproduktion "D.k. G." des Chors "D. M.v. N. ", bestehend aus zehn DAT Kassetten und zehn U-Matic Bändern an der Kläger herauszugeben;2. Die gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Klageanträge auf Vernichtung der vorbezeichneten Vervielfältigungsstücke und auf Herausgabe der vorgenannten Master-Bänder werden abgewiesen.3. Der auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtete Antrag zu II. wird hinsichtlich beider Beklagter abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers werden zu 2/3 dem Kläger und zu 1/3 der Beklagten zu 1) auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 1) zu 2/3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger. Die Kostenentscheidung für den ersten Rechtszug bleibt dem Schlußurteil des Landgerichts vorbehalten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer des Klägers und der Beklagten liegt jeweils unter 60.000 DM.
Gründe
E n t s c h e i d u n g s g r ü n
d e :
Die Berufung der Beklagten ist
zulässig. In der Sache hat das beschränkt eingelegte Rechtsmittel
des Beklagten zu 2) in vollem Umfang, das der Beklagten zu 1)
teilweise Erfolg. Ansprüche auf Vernichtung von
Vervielfältigungsstücken sowie auf Herausgabe der Master-Bänder
stehen dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) zu, nicht aber gegenüber
dem Beklagten zu 2). Soweit die Feststellung einer Verpflichtung
der Beklagten zum Schadensersatz begehrt wird, ist die Klage
unzulässig. Im einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1)
zurecht verurteilt, Vervielfältigungsstücke der Musikproduktion
"D.k.G." des Chors "D.M.v.N. " zu vernichten. Der Anspruch des
Klägers ist gemäß § 98 Abs. 1 UrhG gerechtfertigt. Danach kann der
Verletzte verlangen, daß alle rechtswidrig hergestellten
Vervielfältigungsstücke vernichtet werden.
Der Kläger ist "Verletzter" im Sinne
des § 98 Abs. 1 UrhG. Die Beklagte zu 1) hat die Musikproduktion
"D.k.G." hergestellt und vertrieben. Hierdurch ist der Kläger in
seinem Recht als Tonträgerhersteller aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG
verletzt worden, nach welchem ausschließlich ihm die Befugnis
zusteht, den Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten.
Der Kläger ist alleiniger Inhaber der
dem Tonträ-gerhersteller zustehenden Rechte. Allerdings wurde der
Tonträger des "k.G." seinerzeit unstreitig von der Gesellschaft
Bürgerlichen Rechts "CD. S." hergestellt. Deswegen waren zunächst
der Kläger und der Zeuge P. in Gesamthandsgemeinschaft
Rechteinhaber.
Der Kläger ist jedoch alleiniger
Inhaber der Rechte des Tonträgerherstellers geworden, denn der
Zeuge P. hat die auf ihn entfallenden Rechteanteile auf den Kläger
übertragen. Dies ist durch die am 28. Dezember 1989 vor dem
Landgericht N.-F. im Verfahren 1 O 9093/89 im Vergleichswege
getroffene Regelung geschehen. Zwar ist dies im Vergleich nicht
ausdrücklich ausgesprochen, es ist jedoch dem Kontext und dem Sinn
der protokollierten Vereinbarung zu entnehmen.
Ziffer I. des Vergleichs lautet:
"Die Parteien sind sich darüber einig,
daß ab sofort die Produktion und der Vertrieb der Eigenproduktionen
der Firma CD. S. M.P. GdbR vom Antragsteller vorgenommen wird und
daß der Erlös daraus zur Abdeckung der Schulden auf dem
gemeinsamen Konto bei der B.V. ... dient ..."
Mit dieser Vereinbarung ist dem Kläger
die Aus-übung aller Befugnisse eingeräumt worden, die nach der
gesetzlichen Regelung des § 85 Abs. 1 UrhG dem Tonträgerhersteller
zustehen. Wenn der Kläger und damalige Antragsteller ab sofort
Produktion und Vertrieb der Eigenproduktionen der CD. S. M.
übernehmen und mit dem Erlös die Schulden der Gesellschaft bei
der B.V. tilgen sollte, folgt hieraus, daß dem Kläger eine Position
eingeräumt werden sollte, die ihm die Erledigung der übernommenen
Aufgabe ermöglichte. Daß die Parteien zu diesem Zweck die
vollständige Óbertragung aller Rechte aus der umstrittenen
Musikproduktion auf den Klä-ger als Alleininhaber beabsichtigten,
ergibt sich unmißverständlich aus Ziffer III. des Vergleichs.
Danach hat sich der Zeuge P. verpflichet,
"bei einer Rückübertragung von Rechten
seitens des Inhabers der Firma m.c., R.s. diese Rechte an den
Antragsteller weiter zu übertragen zur vollen Verfügbarkeit mit der
Auflage einer Abrechnung im Sinne der Ziffer II. des Vergleiches
..."
Danach war für den Fall, daß Rechte
wirksam auf m.c. übertragen waren, bei deren Rückübertragung die -
uneingeschränkte - Weiterübertragung auf den Kläger vereinbart.
Sinnvoll konnte diese Regelung nur dann sein, wenn sie mit einer
uneingeschränkten Óbertragung aller Tonträgerherstellerrechte, die
seinerzeit der "CD. S." zustanden, auf den Kläger im Zusammenhang
stand. Dann nämlich stellte sich die Verpflichtung zur
Weiterübertragung von Rechten an den Kläger nach deren
Rückübertragung auf den Zeugen P. als sinnvolle Vervollständigung
einer im Rahmen der Ziffer I. des Vergleichs bereits vorgenommenen
Rechteabtretung dar. Wäre hingegen mit der im Vergleich
getroffenen Absprache lediglich die Zustimmung zum Vertrieb ohne
Vollrechtsübertragung beabsichtigt gewesen, so wäre der Inhalt der
Ziffer III. nicht nachvollziehbar. In diesem Fall hätte der Kläger
nach dem Vergleich gegen den Zeugen P. einen Anspruch auf
vollständige Rechteübertragung zu alleiniger Inhaberschaft gehabt,
soweit derartige Rechte in Zukunft an den Zeugen zurückabgetreten
wurden, obwohl ihm im übrigen nur der Vertrieb der Produktion
zustehen sollte. Im Zeitpunkt der im Vergleich angesprochenen
zukünftigen Weiterübertragung zurückabgetretener Rechte durch den
Zeugen P. an den Kläger wäre dann die Inhaberschaft hinsichtlich
der urheberrechtlichen Ansprüche an den Eigenproduktionen der CD.
S. auseinanderfallen: Soweit die Rechte am 28. Dezember 1989
bereits der Gesellschaft zustanden, hätte - nach der Darstellung
der Beklagten - eine Gesamthandsgemeinschaft mit schuldrechtlicher
Vertriebsbefugnis des Klägers bestanden; soweit Rechte erst später
an die Gesellschaft bzw. an den Zeugen P. zurückgefallen wären,
wäre der Zeuge nach Ziffer III. zur vollen Óbertragung auf den
Kläger als Alleininhaber verpflichtet gewesen. Ein vernünftiger
wirtschaftlicher Sinn oder rechtlicher Grund für eine derartige
unterschiedliche Behandlung der Rechte an den Eigenproduktionen der
CD. S. ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Deswegen kann
nicht angenommen werden, daß sie der Absicht der am Vergleich
Beteiligten entsprach.
Soweit die Beklagte zu 1) in diesem
Zusammhang betont, Ziffer III. des Vergleichs enthalte lediglich
"eine auf einen unbestimmten zukünftigen Zeitpunkt gerichtete
Verpflichtungserklärung", stellt dies eine Auslegung des Vergleichs
in dem vorstehend wiedergegebenen Sinne nicht entscheidend in
Frage. Auch wenn Ziffer III. keinen - antizipierten - Vollzugsakt
enthalten sollte, ergibt die dort getroffene Regelung nur dann
einen Sinn, wenn die Parteien des Vergleichs davon ausgingen, daß
die zur Zeit der Vereinbarung der CD. S. zustehenden
Tonträgerherstellerrechte an den Eigenproduktionen dem Kläger als
alleinigen Inhaber zustehen sollten. Nur dann nämlich verbindet
sich aus den oben dargelegten Gründen die in Ziffer III.
ausgesprochene Verpflichtung zur Rechteübertragung mit dem übrigen
Vergleichsinhalt zu einer in sich schlüssigen Regelung.
Entgegen der Ansicht der Beklagten
rechtfertigt auch die in Ziffer II. des Vergleichs vereinbarte
Abrechungsverpflichtung keine abweichende Beurteilung. Sie spricht
vielmehr für die Annahme, daß dem Kläger das volle Recht zur
alleinigen Inhaberschaft übertragen werden sollte. Da ein nach
Tilgung der Verbindlichkeiten der CD. S. bei der B.V. verbleibender
Óberschuß zwischen dem Kläger und dem Zeugen P. geteilt werden
sollte, war es sinnvoll, daß der Kläger sich zur Abrechnung
verpflichtete. Wäre dem Kläger hingegen lediglich der Vertrieb der
Eigenproduktionen übertragen worden, so hätte es keiner besonderen
Absprache über das Teilen des Erlöses und die hierfür erforderliche
Abrechnung bedurft. Dann nämlich hätte ein etwaiger Erlösüberschuß
ohnehin dem Kläger und dem Zeugen P. gemeinschaftlich zugestanden,
so daß auch ohne ausdrückliche Vereinbarung entsprechend hätte
abgerechnet werden müssen.
Der Annahme des Erwerbs aller Rechte
des Tonträ-gerherstellers durch den Kläger als Alleininhaber steht
auch ein vorheriger Erwerb durch die Beklagte zu 1) nicht
entgegen. Die Beklagte zu 1) kann sich insoweit nicht mit Erfolg
auf die Vereinbarungen mit dem Zeugen P. vom 16. und 26. Dezember
1989 berufen.
Nach den schriftlichen Erklärungen hat
der Zeuge P. allerdings Rechte an der Produktion "D.k.G. " auf die
"m.c." bzw. die Beklagte zu 1) übertragen. Eine wirksame Abtretung
der Rechte war jedoch nicht möglich, da der Zeuge P. nicht ihr -
alleiniger - Inhaber war.
Wie bereits ausgeführt, waren zunächst
die BGG-Gesellschafter, also der Kläger und der Zeuge P., Inhaber
der Rechte aus § 85 Abs. 1 UrhG in Form einer Gemeinschaft zur
gesamten Hand. Hiervon gehen auch die Beklagten selbst aus.
Soweit die Beklagten behaupten, der
Kläger habe im Zusammenhang mit dem Beschluß zur Auflösung der
Gesellschaft Ende Juli 1989 seinen Anteil an den Rechten auf den
Zeugen P. übertragen, haben sie dies nicht nachzuweisen vermocht.
Der Umstand, daß nach einer im Sommer 1989 zunächst getroffenen
Absprache der Zeuge P. über sein Unternehmen "R. " den Vertrieb der
Musikproduktion übernehmen sollte, steht dem nicht entgegen. Eine
Óbertragung der Rechte aus § 85 Abs. 1 UrhG ergibt sich hieraus
noch nicht.
Auch der Aussage des erstinstanzlich
vernommenen Zeugen P. läßt sich nicht überzeugungskräftig
entnehmen, daß ihm die Rechte an den Eigenproduktionen übertragen
worden sind. Daß es seinerzeit insoweit zu einer ausdrücklichen
Absprache zwischen dem Kläger und ihm gekommen sei, hat der Zeuge
nicht bekundet. Er hat vielmehr lediglich erklärt, er sei "aus
seiner Sicht" alleiniger Inhaber der Rechte an dem Tonträger
geworden. Nicht einmal dies erscheint jedoch - wie das Landgericht
zutreffend ausgeführt hat - angesichts des Inhalts der
Vereinbarungen vom 16. und 26. Dezember 1989 glaubhaft.
In der erstgenannten Vereinbarung heißt
es ausdrücklich:
"Die Firma R. concepts persönlich
haftend Herbert P. ... überträgt der Firma m.c. ... die in seinem
Besitz befindlichen 50 % der Rechte an der Produktion "D.k.G." aus
dem damaligen Gemeinschaftsunternehmen CD. S. M. mit Herrn
Kl.."
Die erste Vereinbarung vom 26. Dezember
1989 lautet unter Ziffer 1.:
"Herr P. besitzt aufgrund der
Geschäftsgrundlage der Firma CD. S. N. 50 % aller Rechte am "k.G."
..."
Beiden Vereinbarungen kann aufgrund
ihres Wortlauts nur entnommen werden, daß der Zeuge P. selbst
davon ausging, lediglich Inhaber von 50 % der Rechte an der
Produktion zu sein. Soweit der Zeuge in erster Instanz hiervon
Abweichendes bekundet hat, ergibt dies keinen Sinn und ist nicht
nachvollziehbar. Nach seiner Darstellung hat der Zeuge P. sich als
Rechteinhaber zu 100 % angesehen und mit der in den Vereinbarungen
enthaltenen Formulierung "50 % der Rechte" seine 50 %ige
Beteiligung an der BGB-Gesellschaft CD. S. gemeint. Einem solchen
Verständnis steht aber entgegen, daß sich die Zahl "50 %" in beiden
Erklärungen unmißverständlich auf die Rechte an der Produktion
"D.k.G." bezieht und gerade nicht auf den Anteil des Zeugen an der
Gesellschaft Bürgerlichen Rechts. Dies ergibt sich sowohl aus der
Fassung beider Texte als auch aus dem Kontext und dem Umstand, daß
die Vereinbarungen die Óbertragung der Rechte an der einzelnen
Musikproduktion und gerade nicht die Óbertragung von Beteiligungen
an der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts zum Gegenstand haben.
Soweit die Beklagten in diesem
Zusammenhang vortragen, im Rahmen des Verfahrens 1 O 9083/89
Landgericht N.-F. seien Parteien und Richter davon ausgegangen, daß
der Zeuge P. "in einem bestimmten Umfang" wirksam zugunsten der
Beklagten verfügt gehabt habe, bestand keine Veranlassung, dem
hierzu angetretenen Beweis in Form der Einholung dienstlicher
Àußerungen der der Kammer angehörenden Richter nachzugehen. Zum
einen ist schon der Vortrag, man sei von einer wirksamen Verfügung
zugunsten der Beklagten "in einem bestimmten Umfang" ausgegangen,
unsubstantiiert. Nicht dargelegt ist, welche Rechte mit welchen
Inhalten nach der Vorstellung der Verfahrensbeteiligten an die
Beklagten übertragen worden sein sollen. Ebensowenig ist
ausgeführt, worauf sich eine solche Vorstellung gegründet haben
soll. Zum anderen kommt es vorliegend nicht entscheidend darauf an,
welche tatsächlichen und rechtlichen Óberlegungen und
Schlußfolgerungen seinerzeit in dem summarischen Verfahren der
einstweiligen Verfügung möglicherweise angestellt worden sind,
zumal der nunmehr unter Beweis gestellte Punkt für die Entscheidung
des damaligen Verfahrens nicht von ausschlaggebender Bedeutung
war.
Kann nach alledem nicht davon
ausgegangen werden, daß der Zeuge P. Alleininhaber der Rechte aus §
85 Abs. 1 UrhG an dem "k.G." geworden ist, so konnte er auch nicht
den ihm zustehenden gesamthänderischen Anteil an der Produktion
auf die Beklagte zu 1) übertragen. Dem stand vielmehr die Regelung
des § 719 Abs. 1 BGB entgegen, nach der der Gesellschafter einer
Gesellschaft Bürgerlichen Rechts weder über seinen Anteil am
Gesellschaftsvermögen noch über seinen Anteil an den einzelnen
dazugehörenden Gegenständen verfügen kann.
Soweit die Beklagte zu 1) geltend
macht, keine Vervielfältigungsstücke mehr zu besitzen, steht dies
einer Verurteilung nach dem auf Verpflichtung zur Vernichtung
gerichteten Klageantrag nicht entgegen. Der Einwand, im Laufe des
Rechtsstreits den Besitz an sämtlichen Vervielfältigungsstücken
aufgegeben bzw. an Dritte übertragen zu haben, ist nicht erheblich.
Andernfalls würde dem Klä-ger die bei allen Schuldverhältnissen
anwendbare Möglichkeit des § 283 Abs. 1 BGB (vgl. insoweit
Palandt-Heinrichs, 51. Aufl., Rdnr. 3 zu § 283 BGB m. w. N.), bei
Nichterfüllung des titulierten Anspruchs auf vereinfachte Weise im
Wege der Fristsetzung zu einem Schadensersatzanspruch zu gelangen,
genommen. Im Hinblick auf diese Möglichkeit kann unabhängig davon,
ob die Beklagte zu 1) immer noch Vervielfältigungsstücke besitzt,
zur Vernichtung verurteilt werden. Die Vollstrekkung eines solchen
Anspruchs, die der eines Herausgabeanspruchs entspricht (vgl.
Schricker-Wild, Rdnr. 12 zu § 98 UrhG), kann gegebenenfalls nach §
883 Abs. 2 ZPO - bei Nichtvorfinden der herauszugebenden Stücke
durch den Gerichtsvollzieher eidesstattliche Versicherung des
Schuldners - erfolgen.
Die Behauptung der Beklagten, nunmehr
weder Eigentümer noch Besitzer von Vervielfältigungsstücken zu
sein, ist überdies deswegen nicht erheblich, weil der Sachvortrag
zu diesem Punkt unsubstantiiert ist. Die Beklagte zu 1) räumt ein,
vor Einreichen der Berufungsbegründung noch Cassetten auf Lager
gehabt zu haben. Wenn die Beklagte zu 1) sich darauf beruft, heute
keine Vervielfältigungsstücke mehr zu besitzen, nachdem sie noch
während des Rechtsstreits mehrere Exemplare in Besitz gehabt hat,
hätte sie darlegen müssen, welchen Bestand sie seinerzeit hatte und
wie im einzelnen hierüber verfügt worden ist. Von einer
entsprechenden ausdrücklichen Auflage hat der Senat im Hinblick
auf die vorstehenden Ausführungen abgesehen.
Ohne Erfolg muß die Klage hingegen
bleiben, soweit der Kläger die Vernichtung von
Vervielfältigungsstücken auch von dem Beklagten zu 2) begehrt.
Insoweit bedurfte es der Abänderung des landgerichtlichen
Urteils.
Nach § 98 Abs. 1 UrhG sind der
Vernichtung nur Vervielfältigungsstücke unterworfen, die im
Eigentum oder Besitz des Verletzers stehen. Daß der Beklagte zu
2) Eigentümer der Vervielfältigungsstükke ist, ist dem Vorbringen
des Klägers nicht zu entnehmen. Unstreitig ist der Beklagte zu 2)
nämlich stets lediglich als Bevollmächtigter der Beklagten zu 1)
tätig gewesen. Diese als Geschäftsinhaberin, nicht aber der
Beklagte zu 2), ist demzufolge Eigentümerin von
Vervielfältigungsstücken, die in dem Geschäftsbetrieb hergestellt
worden sind. Ebensowenig ist dargetan, daß der Beklagte zu 2)
Besitzer derartiger Stücke ist. Die Annahme, daß er als
Bevollmächtigter der Beklagten zu 1) - wenn überhaupt - die
tatsächliche Gewalt über Vervielfältigungsstücke für die Beklagte
zu 1) in deren Erwerbsgeschäft ausübt und mithin Besitzdiener im
Sinne des § 855 BGB ist, liegt nämlich ebenso nahe. Alleiniger
Besitzer ist dann aber die Beklagte zu 1).
Der vom Kläger gegenüber der Beklagten
zu 1) geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der Master-Bänder
ist begründet. Rechtsgrundlage hierfür ist § 985 BGB, denn der
Kläger ist Alleineigentümer der Master-Bänder.
Insoweit ist zunächst davon auszugehen,
daß der Kläger und der Zeuge P. als Gesellschafter der CD. S.
ursprünglich Eigentümer zur gesamten Hand gewesen sind. Zutreffend
hat das Landgericht, auf dessen Ausführungen insoweit verwiesen
werden kann, angenommen, im Rahmen des am 28. Dezember 1989 vor
dem Landgericht N.-F. geschlossenen Vergleichs habe der Zeuge P.
seinen Anteil auf den Kläger übertragen. Wenn, wie oben ausgeführt,
dem Kläger alle Rechte im Sinne des § 85 Abs. 1 UrhG an der
Musikproduktion "D.k.G. " eingeräumt worden sind, ist die Annahme,
der Zeuge P. habe auch seinen Gesamthandsanteil am Eigentum an den
Master-Bändern auf den Kläger übertragen, die folgerichtige
Konsequenz. Der Kläger konnte die ihm nunmehr gemäß § 85 Abs. 1
UrhG allein zustehende Vervielfältigungs- und Verbreitungsbefugnis
nur ausüben, wenn er über die Master-Bänder verfügen konnte.
Angesichts der vollständigen Óbertragung aller Rechte nach dem
Urheberrechtsgesetz ist deswegen davon auszugehen, daß er auch die
- umfassende - Eigentümerposition hinsichtlich der Gegenstände
erhalten sollte, deren er für die Vervielfältigung und Verbreitung
bedurfte.
Die Beklagten machen demgegenüber
geltend, sie seien im Rahmen der unter dem 16. und 26. Dezember
1989 mit dem Zeugen P. getroffenen Vereinbarungen Eigentümer der
Master-Bänder geworden. Auch dies hat das Landgericht zutreffend
verneint. Allerdings heißt es in einer der Erklärungen vom 26.
Dezember 1989:
"Sämtliche Master-Bänder 10 DAT und 10
U-Matic Bänder hat Herr R. infolge Sicherungs-übereignung erhalten
..."
Der Wirksamkeit einer hierauf
beruhenden Óbereignung steht jedoch schon entgegen, daß der Zeuge
P. nicht Alleineigentümer der Master-Bänder war. Einer Óbertragung
des Gesamthandsanteils stand § 719 Abs. 1 BGB entgegen.
Auch die Voraussetzungen gutgläubigen
Erwerbs des Alleineigentums nach § 932 BGB sind nicht erfüllt.
Ausweislich der schriftlichen Vereinbarungen war den Beklagten
bekannt, daß der Kläger im Zusammenhang mit der Musikproduktion
"D.k.G. " eine einstweilige Verfügung gegen den Zeugen P. erwirkt
hatte. Sie wußten weiter, daß es sich bei dem "klingenden
Gesangbuch" um eine Produktion des "Gemeinschaftsunternehmens CD.
S. MUSIC PRODUCTION" mit dem Kläger handelte, wie es ausdrücklich
in der Erklärung vom 16. Dezember 1989 heißt. Unter diesen
Umständen war es grob fahrlässig, wenn die Beklagten sich beim
Erwerb des Sicherungseigentums ohne nähere Aufklärung über die
Eigentumslage mit einer Erklärung des Zeugen P. zufrieden gaben,
die lediglich zum Inhalt hatte, die einstweilige Verfügung sei zu
Unrecht ergangen.
Soweit der Kläger gegen die Beklagte zu
1) vorgeht, steht dem kein Zurückbehaltungsrecht nach § 369 Abs. 1
HGB oder § 273 Abs. 1 BGB entgegen.
Der Senat folgt insoweit den im
landgerichtlichen Urteil im einzelnen dargelegten Bedenken gegen
die Annahme, die Beklagte zu 1) sei Inhaberin einer gegen den
Kläger gerichteten Zahlungsforderung. Zwar hat der Zeuge U. in
Óbereinstimmung mit dem von ihm verfaßten und unterzeichneten
Auftragsschreiben vom 07. Juli 1989 bekundet, er meine, der
Auftrag, auf dem die Zahlungsforderung nach Darstellung der
Beklagten zu 1) beruht, sei noch für "CD. S." erteilt worden. Der
Zeuge hat aber ausdrücklich hinzugefügt, dies sei später, nachdem
die Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem Zeugen P. immer mehr
zerbrochen sei, abgeändert worden. Demzufolge sei die Rechnung dann
an "R." gegangen.
Die Aussage des Zeugen U. und der
Umstand, daß die Rechnung vom 14. September 1989 nicht an die "CD.
S." oder an der Kläger, sondern an "R." adressiert worden ist,
legen die Annahme nahe, daß im allseitigen Einvernehmen die "R."
als Zahlungsschuldnerin an die Stelle der "CD. S." - sofern diese
überhaupt zunächst Vertragspartnerin war - getreten ist. In noch
stärkerem Maße spricht hierfür überdies der Umstand, daß der Zeuge
P. persönlich einen Wechsel über die volle Höhe der
Rechnungssumme ausgestellt hat. Angesichts des zwischenzeitlichen
Zerwürfnisses zwischen dem Kläger und dem Zeugen P. wäre ein
solches Verhalten gänzlich unverständlich, sofern der Zeuge nicht
alleiniger Schuldner der Verbindlichkeit war.
Unabhängig hiervon kann die Beklagte zu
1) ein Zurückbehaltungsrecht aber auch deswegen nicht mit Erfolg
einwenden, weil es an einer schlüssigen Darlegung der
Gegenforderung fehlt. Ihrem eigenen Vorbringen ist nämlich nicht
zu entnehmen, in welchem Umfang ihr gegebenenfalls ein
Zahlungsanpruch gegen den Kläger zustehen könnte. Erstinstanzlich
hat sie vorgetragen (Schriftsatz vom 08. Juli 1991), der B.Verlag
habe seinerzeit einige Stücke absetzen können, so daß sich die
Forderung auf ca. 16.000 DM reduziere. Außerdem habe sie einen Teil
der Cassetten zurückerhalten. Mit Rücksicht hierauf hat sie sodann
ihre Restforderung mit "weit über 10.000 DM" beziffert. In der
Berufungsbegründung ist sie dann wiederum vom ursprünglichen
Rechnungsbetrag von 20.300,73 DM ausgegangen, den sie dem Kläger
zur Hälfte, also in Höhe von 10.150,36 DM entgegenhalten will. Den
Abzug des Hälftebetrages erklärt sie damit, daß der Zeitpunkt der
Nachbestellung zweifelhaft sei und im Hinblick hierauf sowie mit
Rücksicht auf den am 31. Juli 1989 gefaßten Beschluß zur
Liquidation der CD. S. die Höhe der gegen den Kläger gerichteten
Forderung ungewiß sei. Angesichts dieses unterschiedlichen
Vorbringens bleibt letztlich unklar, in welcher Höhe sich eine
Forderung der Beklagten zu 1) errechnen soll. Die Höhe einer im
Rahmen eines Zurückbehaltungsrechts geltend gemachten
Gegenforderung muß aber präzise feststehen, da Klarheit darüber
herrschen muß, welche Leistung im Rahmen der
Zugum-Zug-Verurteilung vom Gläubiger zu erbringen ist.
Nicht dargetan sind hingegen die
Voraussetzungen eines gegen den Beklagten zu 2) gerichteten
Herausgabeanspruchs. Wie bereits in anderem Zusammenhang
ausgeführt, ist der Beklagte zu 2) als Bevollmächtigter der
Beklagten zu 1) tätig gewesen. Angesichts dessen hätte es näherer
Ausführungen dazu bedurft, daß und aus welchem Grunde - auch - der
Beklagte zu 2) Besitzer der Master-Bänder ist. Nach dem eigenen
Vorbringen des Klägers liegt die Annahme nahe, daß der Beklagte zu
2) allenfalls als Besitzdiener der Beklagten zu 1) in Betracht
kommt, weil er die tatsächliche Gewalt über die Maste Bänder - wenn
überhaupt - für die Beklagte zu 1) in deren Erwerbsgeschäft ausübt
(§ 855 BGB). Der Besitzdiener kommt aber im Rahmen des § 985 BGB
als Anspruchsgegner nicht in Betracht (vgl. Palandt-Bassenge, 51.
Aufl., Rdnr. 3 zu § 985 BGB).
Der auf Feststellung der
Schadensersatzverpflichtung gerichtete Klageantrag zu II. ist
insgesamt unzulässig. Das für ein solches Begehren nach § 256 Abs.
1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist nicht dargetan. Der
Kläger, der einen - noch in erster Instanz anhängigen -
Gewinnherausgabeanspruch geltend macht, stützt sein
Schadensersatzfeststellungsbegehren allein auf Schä-den, die ihm
nach seiner Darstellung in Form nutzlos aufgewandter Werbekosten
und aufgrund der Neuherstellung der Master-Bänder entstanden sein
sollen. Es ist aber weder dargelegt noch sonst erkennbar, daß und
aus welchem Grunde insoweit die Schadensentwicklung bei
Klageerhebung im Dezember 1990 noch nicht abgeschlossen und die
endgültige Schadenshöhe noch nicht zu übersehen gewesen sein
soll.
Die Kostenentscheidung für das
Berufungsverfahren beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszugs war dem
Schlußurteil des Landgerichts vorzubehalten, da sie von der
Entscheidung über den noch beim Landgericht anhängigen Teil der
Klage abhängig ist.
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.
Die Beschwer des teilweise
unterliegenden Klägers und der Beklagten zu 1) war gemäß § 546 Abs.
2 ZPO festzusetzen.
OLG Köln:
Urteil v. 28.10.1992
Az: 6 U 40/92
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