Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 18. November 2003
Aktenzeichen: 11 U 2/03 (Kart)
(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 18.11.2003, Az.: 11 U 2/03 (Kart))
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. November 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 11. Kammer für Handelssachen (Einzelrichter), Az.: 3-11 O 87/02 - abgeändert.
Die Klage wird - insgesamt - abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich des Berufungsverfahrens - zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien beschäftigen sich mit der Vermietung von Pkw und Lkw an Selbstfahrer. Neben der X AG und der Y GmbH gehören sie zu den größten Autovermietern in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa.
Die Klägerin beanstandet im vorliegenden Rechtsstreit ein Vertragsmuster der Beklagten für den Abschluss von Verträgen mit potentiellen Agenturen. Dieser Vertrag stellt nach ihrem Vortrag jedenfalls das Rohgerüst dar und wird in den Verhandlungen der Beklagten mit potentiellen Agenturpartnern zugrunde gelegt.
In diesem Vertragsmuster sind ein Wettbewerbsverbot des jeweiligen Agenten sowie eine Bindung an die vorgeschriebenen Preise der Beklagten vorgesehen. Gekoppelt sind diese Bindungen eines Vertragspartners nach dem Inhalt dieses Musters mit einer Reihe von Verpflichtungen, wie sie sich im Einzelnen aus dem Antrag der Klägerin zu Ziffer 1. ergeben. Wegen der Einzelheiten des Inhalts dieses Vertragsmusters wird auf Anlage K 1 (Bl. 19 f d.A.) verwiesen.
Die Klägerin verfolgt Unterlassungsansprüche, soweit die beanstandeten Klauseln im Zusammenhang mit dem erwähnten Wettbewerbsverbot und der Preisbindung der Agenturen verwendet werden. Daneben verlangt sie Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe vor allem unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen, insbesondere Art. 81 EGV nicht beachtet. Ihre Agenturen seien aufgrund der konkreten Vertragsausgestaltung als unechte Handelsvertreter anzusehen, so dass der Vertrag insgesamt unzulässig wettbewerbsbeschränkend sei. Auch der innergemeinschaftliche Wettbewerb werde dadurch beeinträchtigt. Da die Beklagte sich nicht auf eine entsprechende Freistellung von dem grundsätzlichen Verbot in Art. 81 EGV berufen könne, sei dem Klageantrag entsprechend zu folgen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten, hat die Anwendung dieser Bestimmung in Abrede gestellt und vorgetragen, das streitgegenständliche Muster eines Vertrages werde in der Praxis so nicht abgeschlossen.
Mit Urteil vom 15. November 2002 hat das Landgericht der Klage zum größten Teil stattgegeben. Wegen des Inhalts dieses Urteils wird auf Bl. 153 ff d.A. Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 11. Dezember 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9. Januar 2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. Februar 2003 an diesem Tage begründet.
Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht nochmals geltend, Art. 81 EGV sei unanwendbar, weil sie Verträge der vorliegenden Art einerseits ohnehin nicht in der beanstandeten Form, andererseits aber auch nur für das Inland abschließe, so dass keine innergemeinschaftliche Bedeutung anzunehmen sei. Darüber hinaus könne nicht von einer spürbaren Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil es neben den Parteien noch zahlreiche Autovermietungssysteme gebe. Relevanter Markt sei dabei nicht nur der Agenturpartnermarkt der sechs größten Autovermietungen, sondern der Markt für Autovermietungen schlechthin. Außerdem sei die Wertung des Landgerichts bezüglich der Annahme von unselbständigen Handelsvertretern unzutreffend, für die Agenturen entstünden keine übermäßigen Kosten und selbst die von der Klägerin angenommene - allerdings nicht gegebene - Erfüllung der Leitlinien der Europäischen Kommission sage noch nichts über die Anwendbarkeit des Art. 81 EGV aus. Letztlich sei ein Schaden der Klägerin nicht ansatzweise erkennbar, zumal ein Vorteil für sie - die Beklagte - durch das beanstandete Verhalten und die Verwendung der fraglichen Verträge nicht ausreichend vorgetragen worden sei. Dies um so weniger, als das Vertragsmuster in der beanstandeten Form nicht verwendet worden sei und werde und im Übrigen ohnehin - wie vorgetragen - abgeändert worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - Az.: 3-11 O 87/02 - vom 15. November 2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie rechtfertigt die angefochtene Entscheidung und legt nochmals die Erfüllung der einzelnen Voraussetzungen des Art. 81 EGV dar. Dabei sei nach ihrer Auffassung der relevante Markt erheblich enger zu ziehen, zumal die Beklagte beim Endkundenmarkt in Europa über 13 % Marktanteil verfüge. Darüber hinaus werde jedenfalls das Rohgerüst des Vertrages regelmäßig als Grundlage für Vertragsverhandlungen benutzt und auch die wesentlichen Vertragsformulierungen würden in abgeschlossenen Verträgen verwendet. Im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Vorbringen, das bereits die Begründetheit der Klage entsprechend dem Urteil des Landgerichts ergebe, könne die Berufung deshalb keinen Erfolg haben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster und zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den beigefügten Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt; in der Sache führte sie zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage, soweit dies nicht bereits im erstinstanzlichen Urteil, das die Klägerin nicht angefochten hat, geschehen ist.
Soweit die Klägerin und mit ihr das Landgericht davon ausgehen, das Verhalten der Beklagten verstoße gegen § 1 UWG, weil die Verwendung der fraglichen Vertragsmuster beim Abschluss von Verträgen mit Agenturpartnern die Voraussetzungen des Art. 81 EGV erfülle, kann dem auch nach dem Vorbringen im Berufungsverfahren nicht gefolgt werden.
Der gegen die Beklagte gerichtete Vorwurf besteht darin, dass diese sich auf dem Nachfragemarkt nach Handelsvertretern bzw. Agenturen durch die Verwendung nach Ansicht der Klägerin kartellrechtlich unzulässiger Verträge einen ungerechtfertigten Vorteil im Markt verschaffe. Nach ihrer Auffassung mache sich der dadurch zu besorgende Wegfall eines Agenturpartners unmittelbar in einem niedrigeren Vermietabsatz bemerkbar. Das Verhalten der Beklagten habe, soweit es bereits in einem Fall - wie in der Klageschrift auf Seite 6 geschildert -, zu dem Verlust eines Agenten an die Beklagte geführt habe, somit unmittelbare Auswirkungen auch auf den Endkundenmarkt.
Gerade diese schlicht behaupteten Beeinträchtigungen hat jedoch die Klägerin nicht im Einzelnen dargestellt und trotz Hinweises des Senats in keiner Weise näher ausgeführt.
Zunächst kann zwar davon ausgegangen werden, dass die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt "Vorsprung durch Rechtsbruch" und "Behinderung" geltend machen könnte, wenn ein Wettbewerber gegen eine unmittelbar den Wettbewerb als Institution schützende Norm - wie Art. 81 EGV - ersichtlich verstößt, ohne dass es dabei noch zusätzlich darauf ankäme, ob weitere Unlauterkeitskriterien vorliegen.
Dabei ließe sich im Streitfall nach dem Vorbringen der Parteien auch davon ausgehen, dass das streitige Vertragsmuster, soweit es unverändert in dieser Form verwendet worden wäre oder wird, durchaus Auswirkungen auf den gemeinsamen Markt der EU haben kann. Selbst wenn, wie die Beklagte behauptet, ihre Verträge nur im Inland geschlossen werden, handelt es sich bei ihren Vertragspartnern ersichtlich - Gegenteiliges hat sie jedenfalls nicht ausreichend deutlich gemacht - um zahlreiche auch europäische Agenturen und die Verträge erstrecken sich nicht nur auf das Gebiet der Bundesrepublik.
Allerdings kann der Klägerin nicht ohne weiteres darin gefolgt werden, dass als relevanter Markt lediglich der Markt für die "Anwerbung" von Agenturpartnern für die (sechs) bedeutendsten Autovermietfirmen anzusehen ist, weil übrige Autovermietungen einerseits über keinen Agenten oder aber nur über eine verschwindend geringe Anzahl von Agenturpartnern verfügen. Denn die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, dass sehr unterschiedliche und eine Vielzahl von Autovermietsystemen auf dem Markt vertreten sind, bei denen neben den sechs größten Autovermietfirmen auch kleinere Autovermietunternehmen über Agenturpartner verfügen, allerdings nicht über eine derart große Marktmacht, wie dies bei den bekannten Autovermietern der Fall ist. Gleichwohl ließe sich auch davon ausgehen, dass der relevante Markt erheblich weiter zu ziehen ist und damit auch die Marktanteile der Beklagten deutlich geringer sind und bereits die Spürbarkeitsgrenze von etwa 5 % unterschreiten.
Einer abschließenden Entscheidung zu dieser Frage bedurfte es jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, ob die Agenten der Beklagten im Sinne des EU-Kartellrechts überhaupt als sog. unechte Handelsvertreter anzusehen sind, für die Art. 81 EGV anzuwenden wäre. Geht man davon aus, dass nach den Leitlinien vom 13. Oktober 2000 für vertikale Beschränkungen (ABl. EG 13.10.00, Nr. C 291/1) die Abgrenzung zwischen echten und unechten Handelsvertretern nach der Risikoverteilung und Risikotragung erfolgt, ist ein Handelsvertreter dann ein sog. echter, wenn er keine oder nur unbedeutende finanzielle oder geschäftliche Risiken in Bezug auf die ihm übertragenen Tätigkeiten trägt. Ob der Handelsvertreter für einen oder mehrere Auftraggeber handelt, ist dabei unwesentlich.
Schon nach diesen Kriterien ist zweifelhaft, ob die Agenten der Beklagten nicht bereits als echte Handelsvertreter anzusehen sind, so dass die mit diesen abgeschlossenen Verträge nicht unter Art. 81 EGV fallen und auch keiner Gruppenfreistellung bedürfen. (vgl. z.B. Baumbach/Hopt, HGB, 31. Auflage, Hopt, § 86 HGB, Rdnr. 35 f., 38 m.w.N.).
In § 14 des Vertrages mit den Agenturpartnern sind zwar eine notwendig zu erbringende Bürgschaft sowie die Übernahme von Avalkosten für diese Bürgschaft - wie dies im Übrigen in dieser Geschäftssparte allgemein üblich ist - vorgesehen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine derartige Bürgschaft lediglich der Absicherung von Risiken dient, die mit der treuhänderischen Vereinnahmung von nicht unerheblichen Beträgen durch den Handelsvertreter verbunden sind. Es handelt sich insoweit gerade um nicht geschäftsspezifische Risiken für den Bereich der Autovermietung, vielmehr soll dem Prinzipal damit eine Gewähr dafür gegeben werden, dass zum Beispiel im Falle der Veruntreuung oder der Insolvenz die vom Handelsvertreter für den Autovermietpartner eingenommenen und treuhänderisch verwahrten Beträge zumindest teilweise abgesichert sind. Insoweit betrifft dies gerade nicht die Risiken, die typisch und ausschließlich mit dem Produkt "Autovermietung" und deren Vermittlung verbunden sind. Darüber hinaus übernimmt der Handelsvertreter auch keine Haftung dafür, dass z.B. Kunden ihre Vertragspflichten erfüllen, vielmehr soll hierdurch lediglich abgesichert werden, dass der Handelsvertreter seiner Verpflichtung zur Weiterleitung der von ihm treuhänderisch für die Autovermietunternehmen vereinnahmten Beträge nachkommt.
Darüber hinaus hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die Avalkosten sich etwa in einem Bereich zwischen 37,50 € und 225 € im Jahr bewegen, so dass nicht von bedeutenden Beträgen ausgegangen werden kann.
Zwar kann weiterhin die Auferlegung von Transportkosten oder sonstigen Kosten durchaus ein Indiz dafür sein, dass es sich um lediglich unechte Handelsvertreter handelt (vgl. Baumbach/Hopt a.a.O., Rdnr. 38). Insoweit hat aber die Beklagte ebenfalls deutlich gemacht und dies mit ihrem letzten Schriftsatz im Berufungsverfahren nochmals im Einzelnen dargestellt, dass die Agenturpartner insoweit allenfalls einen nur geringen Betrag übernehmen müssen, der jedoch nicht als die Auferlegung eines besonderen Risikos anzusehen ist. Dem Vorbringen der Klägerin sind dagegen keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Beurteilung zu entnehmen.
Außerdem ist die Klausel "Transfer von - nach: ... zu Agent: Agent zahlt Fahrer und Benzin" zwischenzeitlich in den Verträgen nur noch auf solche Fälle bezogen, die nicht als Neufahrzeuge erstmals zur Vermietung eingesetzt werden. Die Anlieferung von Neufahrzeugen dagegen wird von der Beklagten entsprechend übernommen und sie trägt die dafür anfallenden Kosten.
Auch diese noch bei den Agenturpartnern verbleibenden Transferkosten betreffen aber nur geringe Beträge, wie dies die Beklagte ebenfalls im Einzelnen ausgeführt hat. Die Klägerin ist dem ebenso wenig mit ausreichendem Vortrag in der Weise entgegengetreten, dass insgesamt davon ausgegangen werden könnte, die Agenturpartner der Beklagten müssten gleichwohl erhebliche Kosten und damit auch nicht unerhebliche Risiken übernehmen. Insgesamt spricht deshalb nach dem beiderseitigen Vorbringen in erster Instanz und im Berufungsverfahren mehr für die Annahme, die Agenturpartner der Beklagten als echte Handelsvertreter anzusehen, so dass Art. 81 EGV nicht anzuwenden wäre und die in den von der Beklagten nach Behauptung der Klägerin verwendeten Verträgen enthaltenen Wettbewerbsbeschränkungen demgemäß nicht an Art. 81 EGV zu messen wären, also das Verhalten der Beklagten keinen Wettbewerbsverstoß darstellen würde.
Abgesehen von der zweifelhaften Definition des relevanten Marktes, der notwendig festzustellenden, aber ebenfalls nicht ohne weiteres anzunehmenden Spürbarkeit der Auswirkungen des Verhaltens der Beklagten auf dem relevanten Markt und der Einordnung der Agenturpartner als echte oder unechte Handelsvertreter, hat die Klägerin aber letztlich und vor allem nicht ausreichend dargestellt, dass sie durch die Vorgehensweise der Beklagten beeinträchtigt ist oder auch nur beeinträchtigt sein kann.
Zwar ist die Klägerin als - nach ihrer Ansicht - unmittelbar Verletzte grundsätzlich klagebefugt und Anspruchsberechtigte, weil für den unmittelbar Verletzten das Erfordernis der "wesentlichen" Wettbewerbsbeeinträchtigung nicht gilt (vgl. Köhler/Pieper, UWG, 3. Auflage, vor § 13 Rn. 84 m.w.N.). Allerdings ist, wie der Senat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat, nicht jeder Gewerbetreibende, der Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreibt, schon aus diesem Grund als unmittelbar Verletzter anzusehen. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Betroffenheit durch den Wettbewerbsverstoß. Es muss also eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Gewerbetreibende tatsächlich in seinem Absatz beeinträchtigt wird oder werden kann. Indiz dafür ist, ob eine Schadensersatzfeststellungsklage möglich wäre (vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG, 19. Aufl., § 13 UWG, Rdnr. 19 f. m.w.N.).
Hierzu ist allerdings die substantiierte Darlegung zumindest der Möglichkeit unabdingbar, dass ein Schaden durch das Verhalten des Anspruchsgegners eintritt.
Gerade daran mangelt es jedoch dem Vortrag der Klägerin. Zwar hat sie bereits in der Klageschrift auf Seite 6 dargestellt, dass im Februar 2002 Teile einer Agentur in Thüringen an die Beklagte verloren gegangen seien. Demgegenüber hat die Beklagte schon mit ihrer Klageerwiderung diesen Vorgang erläutert und darauf hingewiesen, dass es innerhalb der betroffenen GmbH, die Agenturpartnerin der Klägerin gewesen ist, zu einem Streit gekommen sei mit der Folge, dass zwei der geschäftsführenden Gesellschafter aus der GmbH, die unverändert Agenturpartnerin der Klägerin geblieben sei, ausgeschieden seien. Diese hätten sodann eine neue Gesellschaft gegründet und mit der Beklagten einen Agenturvertrag geschlossen. Inwieweit dies jedoch auf einem kartellrechtswidrigen und damit wettbewerbsrelevanten Verhalten der Beklagten durch Verwendung der von der Klägerin beanstandeten Vertragsmuster beruht, ist ihrem Vorbringen auch in der Berufungsinstanz nicht zu entnehmen. Eine konkrete Betroffenheit durch einen möglichen Wettbewerbsverstoß der Beklagten hat die Klägerin trotz Hinweises des Senats in keiner Weise dargestellt. Abgesehen von dem "Vorfall" mit "Teilen" einer Agentur in Thüringen hat sie keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Besorgnis rechtfertigen könnten, dass etwa weitere bisher mit ihr vertraglich verbundene Agenturen nunmehr zur Beklagten wechselten, dies allein auf dem Inhalt der von dieser verwendeten Verträge beruhe und die Beklagte damit auch bessere Chancen auf die Gewinnung zusätzlicher Agenturpartner unrechtmäßig erwerbe. Abgesehen davon, dass die Klägerin das Vorbringen der Beklagten hinsichtlich des Zustandekommens eines Agenturvertrages mit ausgeschiedenen Gesellschaftern der Agentur in Thüringen nicht ausreichend in Abrede gestellt hat, wäre es erforderlich gewesen, im Einzelnen darzulegen, dass die Wahrscheinlichkeit besteht, die Beklagte werde durch die Verwendung ihres Vertragsmusters Agenturpartner der Klägerin "abwerben" oder auf deren Kosten neue hinzugewinnen.
Eine derartige Folge der Verwendung des fraglichen Vertragsmusters ist aber um so weniger verständlich, als bei Annahme der Benutzung - unterstellt - kartellrechtlich unzulässiger Verträge nicht ersichtlich ist, inwieweit sich die Beklagte dadurch einen ungerechtfertigten Vorteil auf dem Nachfragemarkt nach Handelsvertretern bzw. -agenten verschaffen könnte. Wenn die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte in dem Vertragsmuster ihre Handelsvertreter mit sog. geschäftsspezifischen Kosten "zusätzlich" belaste, sie also im Vergleich zur Klägerin wirtschaftlich schlechter stelle, kann daraus nicht entnommen werden, inwieweit die Beklagte sich damit einen ungerechtfertigten Vorteil im Wettbewerb verschaffen könnte. Darüber hinaus wären Teile dieser Verträge oder möglicherweise die Verträge insgesamt sogar nichtig, so dass das Vertragsverhältnis der Beklagten mit ihren Agenturpartnern rückabgewickelt werden müsste. Inwieweit die Klägerin dadurch einen Schaden erleiden könnte und damit konkret betroffen ist, hat sie jedoch nicht ausreichend dargestellt.
Letztlich ist auch nicht ausreichend ersichtlich, dass die Beklagte die Verträge mit den Agenturpartnern in der von der Klägerin beanstandeten Form überhaupt abschließt. Sie spricht regelmäßig lediglich von einem "Rohgerüst", das den Verträgen mit den Agenturpartnern der Beklagten zugrunde gelegt werde. Diese hat jedoch im Einzelnen dargestellt, die fraglichen Passagen in ihren Verträgen nicht oder nicht in dieser Form zu verwenden und zwischenzeitlich die Vertragsmuster auch abgeändert zu haben. Demgegenüber hat die Klägerin nicht deutlich gemacht, in welchen Fällen überhaupt eine Übernahme der beanstandeten Vertragspassagen in Verträge mit Agenturpartnern tatsächlich stattgefunden hat. Darüber hinaus ist weiter nicht ausreichend erkennbar, dass die von der Klägerin als Kernbeschränkung angesehene "Preisbindung" in den Verträgen mit Agenturpartnern der Beklagten verwendet wurde und inwieweit dadurch überhaupt eine Beeinträchtigung von Wettbewerbern und damit insbesondere der Klägerin zu besorgen sein könnte.
Bei dieser Sachlage waren damit das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage, soweit nicht bereits ein Teil im erstinstanzlichen Urteil als unbegründet angesehen worden ist, insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 18.11.2003
Az: 11 U 2/03 (Kart)
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