Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. November 2009
Aktenzeichen: 6 W (pat) 325/04

(BPatG: Beschluss v. 05.11.2009, Az.: 6 W (pat) 325/04)

Tenor

Das Patent 102 47 063 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

- Neue Patentansprüche 1 bis 21 vom 5.11.2009, gemäß

Hauptantrag,

- Beschreibung Seiten 9 bis 20 sowie Bezugszeichenliste Seiten 21 und 22,

- Zeichnungen Figuren 1 bis 10, jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung.

Gründe

I.

Gegen das Patent DE 102 47 063, dessen Erteilung am 15. April 2004 veröffentlicht wurde, ist am 13. Juli 2004 Einspruch erhoben worden.

Der Einspruch stützt sich auf den Widerrufsgrund fehlender Patentfähigkeit des Patentgegenstandes.

Die Einsprechende stützt ihre Einspruchsbegründung auf folgende Druckschriften:

(E1) DE 195 23 232 A1, (E2) DE 83 04 909 U1 und (E3) EP 0 590 342 A1.

Die neben E1 bis E3 im Erteilungsverfahren weiter ermittelten Entgegenhaltungen

(E4) EP 0 281 013 B1, (E5) DE 85 20 560 U1, (E6) DE 94 20 124 U1, (E7) DE 94 20 123 U1 und (E8) DE 40 04 208 A1 werden von der Einsprechenden lediglich pauschal bzw. zu einzelnen Unteransprüchen aufgegriffen.

Ferner macht die Einsprechende drei offenkundige Vorbenutzungen geltend und legt hierzu vor:

-Zur behaupteten Vorbenutzung "Lille": Drei Fotos (Anlage SD5 in Farbe und SD3 als SchwarzWeiß-Kopien);

-Zur behaupteten Vorbenutzung "Chemnitz": Zwei Fotos (ohne nähere Bezeichnung);

-Zur behaupteten Vorbenutzung "Essen": Sieben Fotos (Anlage SD7).

Außerdem reichte sie zu den behaupteten Umständen bezüglich der ersten beiden Vorbenutzungen jeweils eine Eidesstattliche Versicherung (Herr F... bzw. Herr S...) ein und bietet Zeugenbeweis durch die benannten Herren an. Zu der behaupteten Vorbenutzung "Essen" wird Zeugenbeweis durch Herrn S1... angeboten.

Die Einsprechende beantragt, das angegriffene Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

-Neue Patentansprüche 1 bis 21 vom 5.11.2009 gemäß Hauptantrag,

-Beschreibung Seiten 9 bis 20 sowie Bezugszeichenliste Seiten 21 und 22,

-Zeichnungen Fig. 1 bis 10, jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung, sowie weiterhin zwei Hilfsanträge.

Bezüglich der gemäß Hilfsanträgen 1 und 2 weiter vorgelegten Patentansprüche sowie weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Gegenstand des Patents ist nach dem Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag eine Kammerfülleinrichtung (1) für Schienengleise (2), umfassend:

-eine Mehrzahl eine Abdeckeinrichtung (4) aufweisende erste, langgestreckte Formkörper (3)

-und teilweise die Schienenkammer (6) ausfüllende zweite Formkörper (5), wobei -die ersten Formkörper (3) auf ihrer Unterseite (10) eine im Wesentlichen durchgehende Ausnehmung (11) haben, um Schienenfußbefestigungs-(12) und Schienenverbindungselemente (13) aufzunehmen,

-sich mit von der Schienenkammer (6) abgewandten, nach unten weisenden ersten Schenkeln (14) auf einem Untergrund abstützen und -mit zweiten, die Abdeckeinrichtung (4) bildenden Schenkeln (15) in den oberen Bereich der Schienenkammer (6) hineinstehen oder an diese heranreichen, und -die zweiten Formkörper (5) als gegenüber den ersten Formkörpern (3) wesentlich kürzere, blockartige Formkörper ausgebildet sind und die zweiten Schenkel (15) von unten unterstützen, sowie -den unteren Bereich der Schienenkammer (6) abschnittsweise ausfüllen, dadurch gekennzeichnet, dass -zwischen der Oberseite der zweiten Formkörper und der Unterseite (10) des die Abdeckung (4) bildenden Schenkels (15) der ersten Formkörper (3) eine einen Formschluss bildende Verbindung vorgesehen ist, deren zum gegenseitigen Eingriff vorgesehene Vorsprünge und Ausnehmungen auf der Oberseite der zweiten Formkörper (5) und an der Unterseite der zweiten Schenkel (15) der ersten Formkörper (3) eine gegenseitige Schwenkbewegung zwischen den ersten (3) und den zweiten Formkörpern (5) zulassen, sowie eine Positionierung der zweiten Formkörper (5) unter den ersten Formkörpern (3) ohne vorgegebenes Rastermaß zulassen, wobei -die zweiten Formkörper (5) im Endmontagezustand wenigstens im Bereich der Schienenfußbefestigungs-(12) und/oder Verbindungselemente (13) durch gegenseitige Beabstandung zwischen sich einen Hohlraum bilden.

Hieran schließen sich rückbezogene Unteransprüche 2 bis 21 an, zu deren Wortlaut auf den Akteninhalt verwiesen wird.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens ist die Einsprechende S... GmbH in die e... GmbH umgewandelt worden. Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen früheren Patentinhabers Herrn A... sind dessen Erben, die die "E..."bilden.

II.

1.

Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden und auch nach der ab 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 PatG gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori zuständig geblieben (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 859, 861 f. -Informationsübermittlungsverfahren I; BGH GRUR 2007, 862 f. -Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 2009, 184 f -Ventilsteuerung).

2.

Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist substantiiert auf einen Widerrufsgrund gemäß § 21 PatG gegründet und daher zulässig. Er ist auch insoweit erfolgreich, als er zu einer Beschränkung des Patentgegenstandes führt.

3.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist zulässig, wie auch von der Einsprechenden nicht bestritten wird. Sein Gegenstand geht nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus und hält sich auch im Rahmen des erteilten Patents.

4.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist patentfähig.

4.1 Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu, wie auch von der Einsprechenden nicht bestritten wird. Dies ergibt sich hinsichtlich des angeführten druckschriftlichen Standes der Technik bereits daraus, dass dort nirgends zweite Formkörper offenbart sind, welche gemäß dem letzten kennzeichnenden Merkmal des angegriffenen Patentanspruchs 1 im Endmontagezustand wenigstens im Bereich der Schienenfußbefestigungsund/oder Verbindungselemente durch gegenseitige Beabstandung zwischen sich einen Hohlraum bilden. Dies gilt insbesondere auch für die von Seiten der Einsprechenden als dem Patentgegenstand nächstkommende Druckschrift angesehene EP 0 590 342 A1 (E3). Dort sind entsprechende Befestigungsbzw. Verbindungselemente zwar ebenfalls zwischen unteren (zweiten) Formkörpern angeordnet, liegen jedoch in endseitigen Ausnehmungen dieser Formkörper, welche ihrerseits nicht beabstandet sind sondern auf Stoß aneinander anliegen (s. Fig. 1 mit zugehöriger Figurenbeschreibung). Hinsichtlich der geltend gemachten Vorbenutzungen sind Einzelheiten zu der Art der Aufnahme bzw. Abdeckung von Schienenfußbefestigungsund/oder Verbindungselementen durch untere Formkörper lediglich aus den zu der Baustelle Lille vorgelegten Fotos (SD 5) zu erkennen. Die Anordnung von gegenseitig beabstandeten Formkörpern, welche zwischen sich einen Hohlraum bilden, um die Befestigungselemente aufzunehmen, als gegeben unterstellt, fehlt bei der dort erkennbaren Einrichtung aber jedenfalls das Merkmal der einen Formschluss bildenden Verbindung zwischen oberen und unteren Formkörpern. Dies wurde von der Einsprechenden -obwohl vom Senat befragt -auch nicht behauptet oder in das Wissen der zu diesen Sachverhalten angebotenen Zeugen gestellt.

4.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4.2.1 Der Senat folgt der Einsprechenden darin, dass der dem Patentgegenstand nächstkommende Stand der Technik durch die EP 0 590 342 A1 (E3) repräsentiert wird. Diese Druckschrift offenbart eine Gleisübergangseinrichtung mit Formkörpern, welche -insoweit vergleichbar mit dem Gegenstand des Streitpatents -den Bereich zwischen den Schienen einer Gleisanlage (Schienenkammer) ausfüllen und so eine für Straßenfahrzeuge befahrbare Oberfläche schaffen. Von der Patentinhaberin unbestritten und auch durch die zweigeteilte Fassung des geltenden Patentanspruchs 1 zum Ausdruck gebracht, weist die aus der EP 0 590 342 A1 bekannte Einrichtung die Merkmale dessen Oberbegriffs auf. Insbesondere wird hierbei ebenfalls zwischen eine Abdeckeinrichtung aufweisenden ersten Formkörpern (dort Pos. 28) und teilweise die Schienenkammer ausfüllenden zweiten Formkörpern (18) unterschieden, wobei die ersten Formkörper auf ihrer Unterseite eine im wesentlichen durchgehende Ausnehmung haben, um Schienenfußbefestigungsbzw. Schienenverbindungselemente aufzunehmen, sich mit von der Schienenkammer abgewandten, nach unten weisenden ersten Schenkeln (28b) auf einem Untergrund (Schwellen 14) abstützen und mit zweiten, die Abdeckeinrichtung bildenden Schenkeln (28a) in den oberen Bereich der Schienenkammer hineinstehen (s. dort Fig. 1). Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 durch seine kennzeichnenden Merkmale, welche als wesentliche Bestandteile der patentierten Lehre in ihrem Zusammenwirken zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe führen, nämlich eine einfach zu verlegende und wieder entfernbare sowie wechsellastbeständige Kammerfülleinrichtung zu schaffen. So ist die einen Formschluss bildende, eine gegenseitige Schwenkbewegung zulassende Verbindung zwischen der Oberseite der zweiten Formkörper und der Unterseite der ersten Formkörper im Streitpatent eine wesentliche Voraussetzung für das angestrebte einfache Wiederentfernen der Formkörper zum Zwecke der Revision, Wartung und ggf. Austausch der im montierten Zustand abgedeckten Schienenelemente. Trotz dieser leichten Demontierbarkeit ist die Stabilität des Gefüges aus den ersten und zweiten Formkörpern durch den gegenseitigen Eingriff der Vorsprünge auf der Oberseite der zweiten Formkörper und Ausnehmungen an der Unterseite der zweiten Schenkel der ersten Formkörper gewährleistet. Weiter wird durch die Abstimmung der Formkörper dahingehend, dass sie eine Positionierung der zweiten Formkörper unter den ersten Formkörpern ohne vorgegebenes Rastermaß zulassen, ermöglicht, die zweiten Formkörper zwischen den aufzunehmenden Schienenbefestigungselementen u. ä. frei zu positionieren, ohne die Formkörper an die räumlichen Gegebenheiten durch Zuschneiden anpassen zu müssen. Dies ist als Funktionsangabe im letzten kennzeichnenden Merkmal des Patentanspruchs näher ausgeführt, wonach die zweiten Formkörper im Endmontagezustand wenigstens im Bereich der Schienenfußbefestigungsund/oder Verbindungselemente durch gegenseitige Beabstandung zwischen sich einen Hohlraum bilden. Im Gegensatz zum aufgezeigten Stand der Technik werden die besagten Schienenelemente demnach nicht in Ausnehmungen innerhalb der Formkörper sondern in den Zwischenräumen zwischen den beabstandet angeordneten Formkörpern aufgenommen. Die dadurch bedingten Verschiebungen zwischen ersten und zweiten Formkörpern führen überdies in vorteilhafter Weise zu Überdeckungen der jeweiligen Stoßfugen, was u. a. eine höhere Stabilität des Gesamtverbundes zur Folge hat. Auf eine derartige Ausgestaltung einer Kammerfülleinrichtung geht aus der EP 0 590 342 A1 keinerlei Hinweis hervor. Wie oben zur Neuheit ausgeführt, werden dort die Befestigungsbzw. Verbindungselemente in endseitigen Ausnehmungen der unteren Formkörper aufgenommen, welche ihrerseits nicht beabstandet sind sondern auf Stoß aneinander anliegen. Damit ist dort gerade kein freies, von einem Rastermaß unabhängiges Positionieren der zweiten Formkörper möglich. Die Figur 1 dieser Druckschrift, die zusammen mit der diesbezüglichen Figurenbeschreibung die einzige Offenbarungsquelle hinsichtlich der räumlichen Ausgestaltung und Anordnung der Formkörper darstellt, zeigt vielmehr im Rasterabstand der Schwellen gleichmäßig verlegte erste und zweite Formkörper, was keinerlei Anregung dazu bietet, hiervon abzuweichen und durch kürzer bemessene untere (zweite) Formkörper diese in beliebigen Abständen anzuordnen, um zwischen sich Hohlräume für die Gleisbefestigungselemente zu schaffen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Einsprechenden, bei der Einrichtung nach der E3 unterlägen die oberen (ersten) Formkörper beim Montieren einer Stauchung in Längsrichtung, was zu einer entsprechenden Verkürzung und in Folge zu einer Abweichung von dem durch die unteren Formkörper vorgegebenen Rastermaß führe, gehen schon deshalb fehl, weil das "Einzwängen" der Körper zwischen die Schienen allenfalls zu einer Stauchung in Querrichtung führte und gerade nicht zu einer Verkürzung in Längsrichtung. Auch wäre, eine wie auch immer verursachte Stauchung der oberen Formkörper unterstellt, zwar eine gewisse "Phasenverschiebung" der oberen gegenüber den unteren Formkörpern zu beobachten, was jedoch nichts mit einer rasterunabhängigen, freien Positionierung der unteren Körper zu tun hätte.

Im Übrigen befasst sich die E3 mit dem Aufbau der Formkörper an sich und deren Materialien sowie einem Herstellungsverfahren für diese Formteile. Der weitere druckschriftliche Stand der Technik kommt dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht näher, da auch dort, sofern überhaupt, zweite Formkörper im Sinne des Streitpatents vorhanden sind wie in der DE 195 23 232 A1 (E1), der EP 0 281 013 B1 (E4) und der DE 94 20 123 U1 (E7), die einzuhausenden Befestigungselemente u. dgl. stets in Ausnehmungen innerhalb der entsprechend ausgeformten Formkörper aufgenommen sind. Im Übrigen fehlt bei sämtlichen druckschriftlich vorbekannten Einrichtungen auch jeglicher Hinweis auf eine einen Formschluss bildende Verbindung zwischen der Oberseite der zweiten Formkörper und der Unterseite der ersten Formkörper. Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften konnte somit für sich oder in einer denkbaren Kombination untereinander den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nahelegen.

4.2.2 Von den durch die Einsprechende geltend gemachten Vorbenutzungen kommt nach Auffassung des Senats die mit den Fotos SD 7 illustrierte Anlage in Essen dem Patentgegenstand insoweit nahe, als dort, von der Patentinhaberin unbestritten, eine Kammerfülleinrichtung für Schienengleise zu erkennen ist, welche augenscheinlich eine Mehrzahl von ersten, langgestreckten Formkörpern sowie darunter angeordnete zweite Formkörper aufweist (s. insbes. Fotos 5 und 6). Ebenso ist -wie zwischen den Verfahrensbeteiligten auch nicht streitig -den Fotos zu entnehmen, dass zwischen den oberen und den unteren Formkörpern eine einen Formschluss bildende Verbindung vorgesehen ist (s. ebenda). Weiter gehen die aus den vorgelegten Fotos ohne weiteres erkennbaren bzw. von Seiten der Patentinhaberin zugestandenen Übereinstimmungen mit dem Patentgegenstand jedoch nicht. Umstritten war in der mündlichen Verhandlung u. a. die Frage, ob aus den Fotos auch eindeutige Hinweise auf die Längenverhältnisse der ersten relativ zu den zweiten Formkörpern hervorgehen. Diesbezüglich behauptet die Einsprechendenseite, auf dem Foto 6 sei zu erkennen, dass die Stoßfuge, mit welcher der erste obere Formkörper (links im Bild) an den nächsten angrenzt, keine Entsprechung bei den unteren Formkörpern habe (keine sichtbare Fuge), was auf unterschiedliche Längen der oberen und unteren Formkörper schließen lasse. Außerdem gibt sie an, die erkennbar kürzere Abmessung des ersten (linken) oberen Formkörpers, der an dieser Stelle mit dem korrespondierenden unteren Formkörper in gleicher Ebene abschließt, sei auf ein Abschneiden zumindest des oberen Körpers zurückzuführen, was wiederum einen Längenvergleich zwischen oberen und unteren Formkörpern erschwert. Nach Auffassung des Senats kann dies aber letztlich dahinstehen. Denn nicht auf den Bildern zu erkennen und auch auf ausdrückliches Befragen der Einsprechenden durch den Senat auch nicht in das Wissen des hierzu benannten Zeugen gestellt sind die entscheidungserheblichen räumlichen Verhältnisse im unteren Bereich der Schienenkammer, insbesondere hinsichtlich der Anordnung der unteren Formkörper relativ zu den Schienenfußbefestigungsund Verbindungselementen. Selbst wenn man zugunsten der Einsprechenden alle von dieser behaupteten und in das Wissen des Zeugen gestellten Umstände hinsichtlich der Vorbenutzung "Essen" als zutreffend unterstellt, konnte damit auch von dieser keine Anregung dazu ausgehen, eine Kammerfülleinrichtung so auszubilden, dass eine Positionierung der zweiten Formkörper unter den ersten Formkörpern ohne vorgegebenes Rastermaß zugelassen ist, wobei die zweiten Formkörper im Endmontagezustand wenigstens im Bereich der Schienenfußbefestigungsund/oder Verbindungselemente durch gegenseitige Beabstandung zwischen sich einen Hohlraum bilden. Da die geltend gemachte Vorbenutzung "Essen" somit hinsichtlich der wesentlichen Merkmale des Patentanspruchs 1 nicht mehr offenbart als der oben unter 4.2.1 betrachtete druckschriftliche Stand der Technik, konnte der Senat von einer Vernehmung des hierzu benannten präsenten Zeugen Schwind absehen. Dies gilt analog auch für die beiden weiteren behaupteten Benutzungen. So soll nach Angaben der Einsprechenden die technische Ausführung der Kammerfülleinrichtung auf der Baustelle "Chemnitz" im Wesentlichen mit der Anordnung nach der EP 0 590 342 A1 (E3) übereinstimmen. Selbst wenn dies als zutreffend unterstellt wird, konnte auch diese Benutzung aus den schon oben unter 4.2.1 zur Druckschrift E3 ausgeführten Gründen den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht nahelegen. Schließlich lassen auch die zu der geltend gemachten Vorbenutzung "Lille" vorgelegten Fotos (SD5) erkennen, dass die entscheidenden Merkmale des Patentanspruchs 1 hinsichtlich der rastermaßfreien Positionierung der zweiten Formkörper gerade nicht vorliegen. Vielmehr zeigt das Foto 1 Formstücke, die entweder zufällig in die Abstände zwischen den Schienenfußbefestigungselementen passen (linker Gleisbereich) oder passend zurechtgeschnitten sind (mittlerer Gleisbereich). Im Übrigen sollen laut der zugehörigen für wahr unterstellten Eidesstattlichen Versicherung des Zeugen Staudt und des Sachvortrags der Einsprechenden hierbei die oberen und unteren Formkörpern miteinander verklebt sein, was ebenfalls vom Patentgegenstand wegführt, bei welchem eine schwenkbare, also lösbare Verbindung zwischen den ersten und zweiten Körpern vorgesehen ist. Nach alledem sind die geltend gemachten Vorbenutzungen ebenso wie der druckschriftlich aufgezeigte Stand der Technik nicht geeignet, jeweils im Einzelnen oder in Kombination den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nahezulegen.

Der Patentanspruch 1 ist somit bestandsfähig.

5.

Mit dem sie tragenden Hauptanspruch haben auch die auf zweckmäßige Ausgestaltungen dessen Gegenstandes gerichteten Unteransprüche 2 bis 21 Bestand.

6.

Nachdem das Streitpatent bereits gemäß dem Hauptantrag aufrecht zu erhalten war, erübrigt sich ein Eingehen auf die Hilfsanträge.

Hildebrandt Guth Ganzenmüller Küest Cl






BPatG:
Beschluss v. 05.11.2009
Az: 6 W (pat) 325/04


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