Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. April 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 69/01

(BPatG: Beschluss v. 16.04.2002, Az.: 14 W (pat) 69/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Mit dem angefochtenen Beschluß vom 29. Juni 2001 hat die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 41 17 518 mit der Bezeichnung

"Vorrichtung zum Sputtern mit bewegtem, insbesondere rotierendem Target"

widerrufen.

Dem Beschluß liegen die erteilten Patentansprüche 1 bis 9 zugrunde, von denen Anspruch 1 und der nebengeordnete Anspruch 9 wie folgt lauten:

"1. Vorrichtung zum insbesondere reaktiven Sputtern mit vorzugsweise einer Magnetronkathode mit einem bewegten, insbesondere rotierenden Target, dadurch gekennzeichnet, daß die nicht abgesputterten Bereiche des Targets mit einer Dunkelraumabschirmung versehen sind.

9. Verfahren zur Vermeidung von Überschlägen an den Rändern eines mittels Sputtern zu beschichtenden Materials mit Hilfe einer Vorrichtung nach einem oder mehreren der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Dunkelraumabschirmung gegenüber der Sputteranlage isoliert über eine variable Spannungsquelle gegen Masse geschaltet wird."

Zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Der Widerruf ist im wesentlichen damit begründet, die beanspruchte Vorrichtung beruhe gegenüber dem durch

(1) DD 217 964 A3 belegten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Aus (1) sei eine Vorrichtung zum Sputtern mit einem bewegten Target bekannt, bei dem das Target allseitig, mit Ausnahme des Bereichs in der Nähe eines Ringspaltes für den Austritt der abgesputterten Teilchen, von einer Anode umgeben sei. Gemäß Fig 2 der Entgegenhaltung umgreife die Anode die Rohrenden des Targets. Obwohl in (1) keine Rede von einer Dunkelraumabschirmung sei, erkenne der Fachmann allein aufgrund seiner Berufserfahrung, daß diese Anode auch als Dunkelraumabschirmung wirke. In übrigen gehe dies auch aus der weiteren Beschreibung von (1) hervor, wonach durch Einstellung des Abstands zwischen Anode und Targetoberfläche ein überschlagsfreier Betrieb erreicht werde. Die Patentinhaberin habe zwar ausgeführt, die Gleichsetzung der Anode mit einer Dunkelraumabschirmung sei technisch per se nicht zwingend; sie habe aber andererseits ausgeführt, daß die Dunkelraumabschirmung anodisch wirken könne. Damit seien aus fachmännischer Sicht alle Merkmale des Patentanspruches 1 des Streitpatents aus dem Inhalt der Entgegenhaltung in nahe liegender Weise bekannt. Mit dem sie tragenden Hauptanspruch müßten auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 8 fallen. Auch der Nebenanspruch 9 falle mit dem Hauptanspruch, da über den Bestand des Patentes nur insgesamt entschieden werden könne.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie ihr Patentbegehren nach Hauptantrag auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 9 vom 17. Oktober 2001, nach Hilfsantrag I auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag I vom 8. April 2002, nach Hilfsantrag II auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag II vom 8. April 2002 und nach Hilfsantrag III auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten einzigen Patentanspruchs gemäß Hilfsantrag III weiterverfolgt.

Patentanspruch 1 vom 17. Oktober 2001 hat folgenden Wortlaut:

"Vorrichtung zum insbesondere reaktiven Sputtern mit vorzugsweise einer Magnetronkathode mit einem bewegten, insbesondere rotierenden Target, dadurch gekennzeichnet, daß nur die nicht abgesputterten Bereiche des Targets (1, 10, 12) über ihren ganzen Umfang mit einer Dunkelraumabschirmung (16, 17, 26, 33) versehen sind."

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I vom 8. April 2002 lautet:

"Vorrichtung zum insbesondere reaktiven Sputtern mit vorzugsweise einer Magnetronkathode mit einem rohrförmigen rotierenden Target, gekennzeichnet durch 1.1 eine erste Dunkelraumabschirmung (16, 26), die das eine Ende (14) des rohrförmigen rotierenden Targets (1, 10, 12, 18, 19) im nicht abgesputterten Bereich abdeckt, und;

1.2 eine zweite, von der ersten Dunkelraumabschirmung (16, 26) räumlich beabstandete Dunkelraumabschirmung (17), die das andere Ende (15) des rohrförmig rotierenden Targets (1, 10, 12, 18, 19) im nicht abgesputterten Bereich abdeckt."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II vom 8. April 2002 hat die folgende Fassung:

"Vorrichtung zum Kathoden-Sputtern, enthaltend - ein drehbares, zylindrisches Target (12, 18, 19) mit einem mittleren Bereich (13, 18, 19) und axial entgegengesetzten Enden (14, 15)

- stationäre Magneten (3 bis 6), die in dem zylindrischen Target (12, 18, 19) vorgesehen sind und die eine stationäre Plasmaschleife über dem drehbaren, zylindrischen Target erzeugen, um den mittleren Bereich (13) des Targets (12, 18, 19) zu erodieren, wobei an den besagten entgegengesetzten Enden (14, 15) Ränder (14, 15) entstehen - eine Dunkelraumabschirmung (16, 17) über jedem der besagten Enden (14, 15), die einen rohrförmigen Bereich aufweist, der einen radialen Abstand (34) von den Rändern (14, 15) besitzt - einen Isolator (20, 21, 27, 29), der zwischen der Dunkelraumabschirmung (16, 17) und dem Target (12, 18, 19) angeordnet ist."

Der einzige Patentanspruch gemäß Hilfsantrag III lautet:

"Verfahren zur Vermeidung von Überschlägen an den Rändern eines mittels Sputtern zu beschichtenden Materials mit Hilfe einer Vorrichtung mit einer Magnetronkathode mit einem rotierenden Target, wobei die nicht abgesputterten Bereiche des Targets mit einer Dunkelraumabschirmung versehen sind und bei einem Verfahrensdruck von 3.10-3 mbar der radiale Abstand zwischen dem rotierenden Target (18, 19) und der Dunkelraumabschirmung (16, 17) gleich oder kleiner als 2 mm ist, wobei die Dunkelraumabschirmung gegenüber der Sputteranlage isoliert über eine variable Spannungsquelle gegen Masse geschaltet wird."

Zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 9 gemäß Hauptantrag 2 bis 9 gemäß Hilfsantrag I und 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag II wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Patentinhaberin trägt im wesentlichen vor, die in (1) beschriebene Anode sei keine Dunkelraumabschirmung und unterscheide sich auch in ihrer räumlichen Anordnung zum Target von der patentgemäßen Dunkelraumabschirmung. So werde der Abstand zwischen Target und Anode nach (1) auf 4 mm gehalten, während patentgemäß zum Zwecke der Schaffung eines Dunkelraums vorzugsweise 2 mm oder weniger erforderlich seien. Gemäß (1) seien auch keineswegs nur die Enden des Targets abgeschirmt, vielmehr erstrecke sich die Anode über das ganze Target und würde somit auch dessen abgesputterten Bereiche abschirmen. Außerdem besitze die Anode nach (1) eine untere Öffnung im Ringspaltbereich, die selbstverständlich auch an den Enden vorhanden sei, so daß die Enden des Targets nicht vollständig von der Anode umgeben seien. Gegenüber (1) bestehe die objektive Aufgabe des Streitpatents darin, das Arcing an den Enden eines bewegten Targets zu vermeiden, ohne den zwischen diesen Enden liegenden, abzusputternden bzw abgesputterten Teil des Targets abzudecken. Diese Aufgabe werde ersichtlich durch (1) nicht gelöst. Im neuen Anspruch 1 nach Hauptantrag werde durch die in den Figuren 4 bis 6 nebst zugehöriger Beschreibung offenbarte Einführung von "nur" (die nicht abgesputterten Bereiche des Targets) "über ihren ganzen Umfang" der Unterschied zu (1) noch deutlicher als bisher hervorgehoben. Anspruch 1 nach Hilfsantrag I stelle mit der Angabe "räumlich beabstandet" eine andere sprachliche Umschreibung dieser Anordnung dar, betreffe aber inhaltlich einen vergleichbaren Gegenstand. Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II sei zusätzlich ein Isolator zwischen Dunkelraumabschirmung und dem Target als obligatorisches Merkmal berücksichtigt, dessen Anordnung bei der Lehre nach (1) weder vorgesehen noch möglich sei. Die in der weiteren von der Einsprechenden angezogenen Entgegenhaltung

(2) DD 161 040 erwähnte Targetberandung bestehe zwar aus isolierendem Material. (2) betreffe aber keine rohrförmigen Targets und die dort beschriebene, über dem Isolator angeordnete Abschirmung überdecke nicht die Enden des Targets. Die Patentinhaberin rügt die Feststellung der Patentabteilung, der Nebenanspruch 9 habe mit dem Hauptanspruch zu fallen, als verfahrensfehlerhaft. Für jeden Nebenanspruch sei die Patentfähigkeit zu prüfen und die Patentabteilung habe dies versäumt. Da der Senat aber die Auffassung der Patentabteilung zu teilen scheine, sehe sich die Patentinhaberin veranlaßt, den Verfahrensanspruch in einem gesonderten Hilfsantrag III zu verfolgen. Dessen Patentfähigkeit werde über die bereits vorgetragenen Argumente hinaus von der variablen Spannungsquelle für die Dunkelraumabschirmung getragen, da für dieses Merkmal kein druckschriftlicher Beleg vorliege.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den Patentansprüchen 1 bis 9 vom 17. Oktober 2001, Beschreibung gemäß Patentschrift mit der in Spalte 2 geänderten Beschreibungsseite vom 17. Oktober 2001, 3 Seiten Zeichnungen, Figuren 1 bis 7 gemäß Patentschrift

(Hauptantrag)

hilfsweisemit den Patentansprüchen 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag I vom 8. April 2002, Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantragweiter hilfsweisemit den Patentansprüchen 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag II vom 8. April 2002, Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantragweiter hilfsweisemit dem einzigen Patentanspruch gemäß Hilfsantrag III, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantrag.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bezweifelt die Offenbarung der in den Anspruch 1 nach Hauptantrag aufgenommenen Ergänzungen "nur" und "über ihren ganzen Umfang" in den ursprünglichen und in den erteilten Unterlagen und hält die Gegenstände der den Anträgen der Patentinhaberin zugrundeliegenden Patentansprüche gegenüber dem durch die Entgegenhaltungen (1) und (2) belegten Stand der Technik für nicht patentfähig. Auch wenn die bei Vorrichtungen zum reaktiven Sputtern in (1) beschriebene Anode und in (2) angegebene Abschirmung über der Targetberandung nicht als Dunkelraumabschirmung bezeichnet seien, so erfüllten sie doch diese Funktion. Der gemäß Streitpatentschrift vorzugsweise einzuhaltende Abstand von 2 mm zwischen Target und Dunkelraumabschirmung liege im üblichen Bereich von beispielsweise 4 mm zwischen Target und Anode nach (1) und 1 mm zwischen Targetberandung und Abschirmung nach (2). Ebenfalls völlig üblich ist nach Auffassung der Einsprechenden ein Verfahrensdruck von 3.10-3 mbar sowie die Verwendung einer variablen Spannungsquelle, wie dies im Verfahrensanspruch gemäß Hilfsantrag III angegeben ist. Die Einsprechende räumt zwar ein, daß sie keine Druckschriften eingeführt hat, die diese Merkmale belegen; sie wäre sich aber sicher, diese auch nachweisen zu können.

Wegen weiterer Einzelheiten des schriftlichen Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig; sie konnte jedoch nicht zum Erfolg führen.

1. Der Auffassung der Patentinhaberin, die Aussage des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts

"Auch der Nebenanspruch 9 fällt mit dem Hauptanspruch, da über den Bestand des Patentes nur insgesamt entschieden werden kann"

habe keine gesetzliche oder sonstige rechtliche Grundlage, kann nicht gefolgt werden. Die zutreffende Feststellung, daß ein Nebenanspruch besonders geprüft werden muß, läßt einen solchen Schluß nicht zu. Die Notwendigkeit der unabhängigen Prüfung von Nebenansprüchen ergibt sich aus der Bindung von DPMA (und BPatG) an den Antrag des Anmelders. Über diesen Antrag kann nicht "teilweise" entschieden werden, so daß für sämtliche dem Antrag zugrundeliegende Ansprüche die Gewährbarkeit bejaht werden muß. Ein vom Antrag abweichendes Patent kann weder erteilt noch im Einspruchsverfahren aufrechterhalten werden; es darf infolge der Antragsbindung auch nicht von DPMA oder BPatG geändert werden (vgl Schulte PatG 6. Aufl vor § 34 Rdn 7 mwN sowie BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät; GRUR 1983, 171 - Schneidhaspel).

Der Patentabteilung ist daher ausdrücklich eine verfahrensfehlerfreie Behandlung der Sache zu bescheinigen; dagegen wäre eine vom Antrag der Patentinhaberin abweichende Entscheidung als verfahrensfehlerhaft zu beanstanden gewesen.

2. Es kann dahinstehen, ob die Einfügungen von "nur" und "über ihren ganzen Umfang" im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und von "räumlich beabstandet" im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I aus den erteilten und den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend abgeleitet werden können, da diese Ansprüche ohnehin wegen fehlender Patentfähigkeit keinen Bestand haben können.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I und Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II betreffen jeweils eine Vorrichtung zum Kathodensputtern mit einem rohrförmigen rotierenden Target (nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sind auch andere bewegte Targets möglich) sowie (bei Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag I bevorzugt, bei Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II obligatorisch) einer Magnetronkathode.

Vorrichtungen mit diesen Merkmalen, bei denen die stationären Magneten innerhalb des rohrförmigen Targets angeordnet sind, sind im Stand der Technik bekannt, wie in der Streitpatentschrift Sp 1 Z 36 bis Sp 2 Z 11 unter Bezugnahme auf vorveröffentlichte Druckschriften ausgeführt ist. Der Senat hat sich davon überzeugt, daß die Vorveröffentlichungen zutreffend gewürdigt sind; im übrigen weist die Vorrichtung zum Kathodensputtern nach der Entgegenhaltung (1) ebenfalls ein rohrförmiges rotierendes Target und eine in dem Target angeordnete Magnetronkathode auf (Anspruch 1).

Ausgehend von dem in der Beschreibung vorausgesetzten Stand der Technik hat sich die Patentinhaberin die Aufgabe gestellt, ganz speziell das Arcing an den Rohrenden, vorzugsweise beim Einsatz von SiO2, zu verhindern (Streitpatentschrift Sp 2 Z 65/66).

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung unterstrichen, daß die Aufgabenstellung in dieser Weise zutreffend wiedergegeben ist.

Eine derartige Aufgabe ist aber bereits durch die Vorrichtung nach (1) gelöst, bei der eine Anode das rotierende Target so umgibt, daß der Ringspaltbereich frei ist und (mittels einer Verstelleinrichtung) der Abstand zwischen Anode und Targetoberfläche auf einen festen Wert einstellbar ist, wodurch ein überschlagsfreier Betrieb unabhängig vom Erosionszustand des Targets erreicht wird (Anspruch 1 iVm S 4 Abs 3 le Satz). Ein (insgesamt) überschlagsfreier Betrieb beinhaltet nämlich auch einen überschlagsfreien Betrieb an den Rohrenden oder mit anderen Worten eine Verhinderung des Arcings (auch) an den Rohrenden.

Die Vorrichtungen nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I und nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II stellen andere Lösungen der in der Streitpatentschrift angegebenen Aufgabe dar. In den Fassungen der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag I soll zum Ausdruck kommen, daß die Dunkelraumabschirmungen nur an den Rohrenden, demzufolge räumlich beabstandet sind und nicht Teilbereiche eines einheitlichen Bauteils wie der in (1) Anspruch 1 in Verbindung mit Fig 1/2 beschriebenen Anode. Gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag II ist ein zwischen der Dunkelraumabschirmung und dem Target angeordneter Isolator obligatorisch, der in der Vorrichtung nach (1) nicht vorgesehen ist und nach Auffassung des Senates auch nicht zweckmäßig wäre.

Die in den Vorrichtungsansprüchen 1 gemäß Hauptantrag, Hilfsantrag I und Hilfsantrag II angegebenen Lösungen der zugrundeliegenden Aufgabe ergeben sich jedoch für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Als zuständiger Fachmann ist in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Beschluß, dem in diesen Punkt nicht widersprochen wurde, ein Beschichtungsingenieur auf dem Gebiet der Vakuum-Sputterverfahren anzusehen.

Diesem Fachmann liefert (2) den direkten Hinweis, in einer Vorrichtung zum reaktiven Sputtern mit einer Magnetronkathode zur vollständigen Unterbindung von Funken- bzw Bogenentladungen auf dem Targetrand eine Targetberandung aus isolierendem Material und eine geerdete Abschirmung anzubringen (Anspruch 1 iVm S 4 Z 9 bis 12). Dabei handelt es sich bei dem Target nach (2) um eine Siliziumscheibe, so daß sowohl die isolierende Targetberandung als auch die darüber angeordnete geerdete Abschirmung jeweils als geschlossener Ring ausgebildet sind. Die Übertragung dieser Erkenntnis auf ein Target von anderer vorgegebener Geometrie - hier ein rotierendes, rohrförmiges Target - erfordert aber keine besonderen, das Durchschnittskönnen übersteigende Überlegungen. Auch die bauliche Ausgestaltung einer die Ränder eines rohrförmigen Targets abdeckenden Targetberandung und Abschirmung, dh die Anpassung dieser Abdeckungen der Ränder an die vorgegebene zylindrische Geometrie gehört zum Können eines fachlich ausgebildeten Konstrukteurs.

Der Einwand der Patentinhaberin, daß die in (2) dargestellte geerdete Abschirmung die Ränder der Targetscheibe gar nicht abdecke und schon aus diesem Grunde nicht zu einer der beanspruchten Vorrichtungen hinführen könne, kann nicht durchgreifen. Zwar ist eine derartige Ausführungsform in der einzigen Figur der Entgegenhaltung dargestellt (vgl insbes die Pos 3 u 5 mit zugehöriger Beschreibung). Gemäß Anspruch 1 soll aber die geerdete Abschirmung 5 die isolierende Targetberandung 4 zumindest zu einem Teil überdecken, was auch eine vollständige Überdeckung einschließt. Mit einer vollständigen Überdeckung von 4 wird jedoch zwangsläufig der Rand des Targets 3 ebenfalls überdeckt.

(2) legt somit nahe, bei einem rotierenden Target zur Vermeidung des Arcings nur die Ränder des Targets mit einer Abschirmung zu versehen, womit die Abschirmungen an den beiden Enden des zylindrischen Targets zwangsläufig auch räumlich beabstandet sind. Die Maßnahme, die nach (2) den ganzen Umfang der Targetscheibe betrifft, ist bei sinngemäßer Anwendung auf eine Rohrgeometrie ohne erfinderisches Zutun über deren ganzen Umfang zu erstrecken.

Der Vortrag der Patentinhaberin, die Fig 3 der Streitpatentschrift sei nur irrtümlich als Stand der Technik eingeräumt und der Fachmann habe von der Ausbildung nicht abgesputterter Bereiche an den beiden Enden des Targets keine Kenntnis gehabt, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Aus der in Fig 2 der Streitpatentschrift gezeigten Geometrie des erodierenden Plasmas 11 in Form eines rennbahnähnlichen Schlauches ergibt sich zwangsläufig die Abtragung in diesem Bereich und eine Erhaltung der Rohrenden in ihrem Durchmesser (Sp 4 Z 25 bis 49). Die - wie ausgeführt - naheliegende Abschirmung der Rohrenden ist also technisch einer Abschirmung der nicht abgesputterten Bereiche gleichzusetzen (vgl hierzu auch die in der Figur von (2) angedeutete Erosion der Targetscheibe, die sich nicht in den Randbereich erstreckt).

Damit beruhen die Vorrichtungen nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Anspruch 1 nach Hilfsantrag I nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das im Anspruch 1 nach Hilfsantrag II zusätzlich angeführte Merkmal eines Isolators zwischen Abschirmung und Target ergibt sich bei fachgemäßer Übertragung der Lehre von (2) auf zylindrische Targets nach den verstehenden Ausführungen ohne weiteres, so daß es auch einer derartigen Vorrichtung an der erfinderischen Tätigkeit mangelt.

Daß die Abschirmung in (2) nicht ausdrücklich als Dunkelraumabschirmung bezeichnet wird, kann zu keiner anderen Beurteilung Anlaß geben. Sie unterbindet zusammen mit der isolierenden Targetberandung Funken- bzw Bogenentladungen vollständig und verhindert das Anwachsen einer Schicht an den Targeträndern (S 4 Z 9 bis 12 iVm S 2 Z 23 bis 37) und ist somit in vorhersehbarer Weise zur Vermeidung der in der Streitpatentschrift (Sp 2 Z 47 bis 55) geschilderten Nachteile geeignet. Mit einem Abstand von 1 mm (S 4 Z 6 bis 4 von unten) erfüllt sie zwangsläufig die Funktion einer Dunkelraumabschirmung.

3. Auch das Verfahren nach dem Patentanspruch gemäß Hilfsantrag III beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Als nächstgelegener Stand der Technik in Bezug auf dieses Verfahren ist die Lehre der Entgegenhaltung (1) anzusehen.

Aus (1) ist ein Verfahren zur Sputterbeschichtung von Materialien mit Hilfe einer Vorrichtung mit einer Magnetronkathode mit einem rotierenden Target bekannt (Anspruch 1 iVm S 1 Abs 1). Mit diesem Verfahren wird ein überschlagsfreier Betrieb unabhängig vom Erosionszustand des Targets erreicht (S 4 Abs 3 le Satz), dh Überschläge - auch - an den Rändern werden vermieden. Das rotierende Target ist mit einer Anode so umgeben, daß der Ringspaltbereich frei ist; somit sind auch und insbesondere die nicht abgesputterten Bereiche des Targets mit der Anode umgeben (vgl insbes Fig 2, die dort mit 2 bezeichnete magnetfelderzeugende Einrichtung erstreckt sich ersichtlich nicht über die gesamte Länge des Targets 1 und läßt somit Randzonen frei, die gemäß dem unteren Teil der Figur von der Anode 6 abgedeckt sind. Für den Fachmann steht dies in völliger Übereinstimmung mit der Angabe, daß der durch die magnetfelderzeugende Einrichtung gebildete Ringspaltbereich von der Anodenabschirmung freigehalten ist). Der Abstand zwischen Anode und der Targetoberfläche ist mittels einer Verstelleinrichtung einstellbar, wodurch - wie bereits zitiert - der überschlagsfreie Betrieb unabhängig vom Erosionszustand des Targets erreicht wird. Damit erfüllt die Anode nach (1) die Funktion einer Dunkelraumschirmung, auch wenn dieser Ausdruck in der Entgegenhaltung unerwähnt bleibt.

Ein Verfahrensdruck von 3.10-3 mbar liegt in dem bei Sputterverfahren üblichen Bereich; daß dieser auch beim reaktiven Sputtern mit Magnetronkathode mit einem rotierenden Target eingehalten wird, wird beispielsweise durch den von der Patentinhaberin (in Sp 1 Z 36 bis 46) genannten und im Prüfungsverfahren zur Akte gereichten "Airco-Prospekt" bestätigt (vgl hierzu insbes Bl 95 re Sp Abs 3 von unten sowie Bl 97 Tab 1 der Prüfungsakte; 3.10-3 mbar entsprechen 2,25 mTorr).

Der radiale Abstand zwischen dem rotierenden Target und der als Dunkelraumabschirmung fungierenden Anode ist - wie erwähnt - nach der Lehre von (1) einstellbar, als einziger Zahlenwert ist beispielhaft 4 mm genannt (S 3 Abs 1 le Satz u S 5 Z 4 bis 1 von unten). Diese Angabe stellt - wie jedes Beispiel - keine Beschränkung dar; aus (2) ersieht der Fachmann, daß auch kleinere Abstände - nach (2) beispielhaft 1 mm - zur Vermeidung des Arcings geeignet sind.

Das im einzigen Anspruch nach Hilfsantrag III verbleibende Merkmal, daß die Dunkelraumabschirmung gegenüber der Sputteranlage isoliert über eine variable Spannungsquelle gegen Masse geschaltet wird, ist in keiner der Entgegenhaltungen (1) und (2) erwähnt. Die Einsprechende hat zu diesem Merkmal in der mündlichen Verhandlung keinen druckschriftlichen Beleg nennen können, es aber als üblich und erforderlichenfalls als bekannt nachweisbar bewertet. Dem kann der Senat aufgrund eigener Sachkunde im Ergebnis folgen. Die Anode 6 nach (1) muß, für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich, gegenüber der Sputteranlage isoliert geschaltet sein, ansonsten sie kein anodisches Potential aufweisen könnte, sondern zwangsläufig das Potential der übrigen Sputteranlage - üblicherweise ist das Gehäuse schon aus Sicherheitsgründen geerdet - annehmen müßte. Die Auswahl einer Spannungsquelle, welche die Anlegung eines variablen Potentials ermöglicht, um (gewünschtenfalls) verschiedene Betriebszustände der Sputteranlage einstellen zu können, erfordert keine erfinderische Leistung des zuständigen Fachmanns. Eine variable Spannungsquelle, die ihrerseits gegen Masse geschaltet ist, ist ein allgemein bekanntes Geräteteil für mit Gleichspannung betriebene Vorrichtungen bzw mit solchen Vorrichtungen durchzuführende Verfahren.

4. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I, Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II und der Patentanspruch gemäß Hilfsantrag III können nach alledem mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand haben.

Die Ansprüche 2 bis 9 gemäß Hauptantrag, 2 bis 9 gemäß Hilfsantrag I und 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag II müssen mit dem jeweiligen Anspruch 1 fallen, da - wie unter II.1. im einzelnen dargelegt - über jeden der Anträge nur insgesamt entschieden werden kann.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.

Moser Wagner Harrer Feuerlein Pü






BPatG:
Beschluss v. 16.04.2002
Az: 14 W (pat) 69/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c08f85e7212e/BPatG_Beschluss_vom_16-April-2002_Az_14-W-pat-69-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share