Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juni 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 160/05

(BPatG: Beschluss v. 20.06.2006, Az.: 27 W (pat) 160/05)

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 14. Juli 2005 teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus; Ausrichtung von Angebotsmessen und Verkaufsveranstaltungen in gehobener Atmosphäre für den Schuh-Fachhandel" zurückgewiesen wurde.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit dem im Tenor genannten Beschluss die Anmeldung der u. a. für

"Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus; Schuhe, Schuhwaren; Ausrichtung von Angebotsmessen und Verkaufsveranstaltungen in gehobener Atmosphäre"

als Wortmarke beanspruchten Kennzeichnung DER SCHUH-CLUB teilweise für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die Bezeichnung von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres im Sinne eines auf Schuhe ausgerichteten Clubs und somit nur als Sachangabe in Bezug auf die Art und Weise der Erbringung der Leistung verstanden werde; infolge dieses im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalts sei die Bezeichnung für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen von der Eintragung ausgeschlossen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelders, mit der er sein Eintragungsbegehren zunächst mit der Begründung weiterverfolgt hat, die Bezeichnung enthalte keinen unmittelbaren und engen beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2006 hat er darüber hinaus erstmals geltend gemacht, dass die angemeldete Bezeichnung für "Messen für den Fachhandel" nach § 8 Abs. 3 MarkenG im Verkehr durchgesetzt sei.

Nach der in seinem Einverständnis erfolgten Überleitung ins schriftliche Verfahren hat er die Anmeldung für "Schuhe, Schuhwaren" zurückgenommen, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 auf "Ausrichtung von Angebotsmessen und Verkaufsveranstaltungen in gehobener Atmosphäre für den Schuh-Fachhandel" beschränkt und zur Glaubhaftmachung der von ihm insoweit geltend gemachten Verkehrsdurchsetzung Unterlagen eingereicht.

II Die zulässige Beschwerde ist hinsichtlich der Waren "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus" begründet, so dass insoweit der anderslautende Beschluss der Markenstelle aufzuheben ist; in Bezug auf die zurückgewiesenen Dienstleistungen führt die Beschwerde darüber hinaus zu einem Teilerfolg, indem der Zurückweisungsbeschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben und die Sache nach § 70 Abs. 3 Nr. 1 und 3 MarkenG an die Markenstelle zur Prüfung der vom Anmelder geltend gemachten Verkehrsdurchsetzung der Anmeldemarke für diese Dienstleistungen zurückzuverweisen ist. Hinsichtlich der darüber hinaus zurückgewiesenen Waren der Klasse 25 hat sich das Verfahren durch die Teilrücknahme der Anmeldung erledigt.

1. Entgegen der Ansicht der Markenstelle fehlt der angemeldeten Bezeichnung für die zurückgewiesenen Waren "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus" nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, also nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung, von den Abnehmern, an welche sich die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Unter Berücksichtigung des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) kann nämlich nicht festgestellt werden, dass die durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) Abnehmer in der Anmeldemarke keinen Hinweis mehr auf die Herkunft dieser Waren aus einem bestimmten Unternehmen sehen, weil sie der angemeldeten Marke nur einen für diese Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Mit der Markenstelle geht zwar auch der Senat davon aus, dass die Bezeichnung "DER SCHUH-CLUB" von dem weitaus größten Teil der angesprochenen Verkehrskreise nur als Sachangabe auf das Angebot von Schuhen bei einer clubähnlichen Verkaufsstelle verstanden wird, wie sie auch auf anderen Warengebieten (etwa im Bereich von Büchern) gebräuchlich ist. In dieser Bedeutung ist die Marke aber lediglich für die beanspruchte Dienstleistung "Ausrichtung von Angebotsmessen und Verkaufsveranstaltungen in gehobener Atmosphäre für den Schuh-Fachhandel" nicht unterscheidungskräftig; hieran ändert auch nichts die mit der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses erfolgte Begrenzung auf das Fachpublikum, weil bei diesem der durch die Verwendung des Begriffs "CLUB" in der Anmeldemarke bewirkte Hinweis auf die Beschränkung des Warenangebots auf bestimmte Abnehmer sogar noch näher liegt. Bei den Waren "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus" besteht demgegenüber für die angesprochenen Durchschnittsverbraucher keine Veranlassung, sie nur in der vorgenannten Bedeutung zu verstehen; dem steht schon gegenüber, dass es sich bei diesen Waren der Klasse 18 gerade nicht um Schuhwaren handelt, welche ausschließlich in Klasse 25 fallen und vom Anmelder nach entsprechender teilweiser Rücknahme der Anmeldung nicht mehr beansprucht werden. Für die danach nur noch in Rede stehenden Waren ist der in der Anmeldemarke enthaltene Hinweis auf Schuhe vielmehr derart verfremdend, dass die angesprochenen Verkehrskreise keine Veranlassung mehr haben, sie allein als bloße Sachangabe anzusehen; vielmehr wird es für sie näher liegen, die Wortfolge für diese Waren als Hinweis auf ihre Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen und damit als Marke anzusehen. Damit kann der Anmeldemarke für diese Waren das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG letztlich nicht abgesprochen werden.

2. Soweit die Anmeldemarke für die weiter beanspruchten Dienstleistungen "Ausrichtung von Angebotsmessen und Verkaufsveranstaltungen in gehobener Atmosphäre für den Schuh-Fachhandel" auch nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses mangels Unterscheidungskraft wie oben dargelegt nicht von Haus aus schutzfähig ist, hat der Anmelder die Möglichkeit einer Verkehrsdurchsetzung im Sinn von § 8 Abs. 3 MarkenG für diese Dienstleistungen mit den nach der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht. Danach erscheint es wahrscheinlich, dass der Verkehrskreis mit rund 5000 Fachgeschäften überschaubar ist, zu jeder Verkaufsveranstaltung des Anmelders rund 10 % dieses Verkehrskreises erscheinen, wobei etwa 17 % des Verkehrskreises Bestellungen tätigen, die von ihm in diesem Zusammenhang vertriebenen eigenen Fachzeitschriften und Werbemaßnahmen nahezu den gesamten Verkehrskreis erreichen und über die Veranstaltungen regelmäßig in einschlägigen Fachzeitschriften berichtet wird. Unter Beachtung des Grundsatzes, dass an die Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung, deren es zur Durchführung weiterer Aufklärungsmaßnahmen bedarf, keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 8 Rn. 345), sind diese Angaben als ausreichende Grundlage für die Ermittlung des tatsächlichen Grades der Verkehrsdurchsetzung und damit der Eintragbarkeit nach § 8 Abs. 3 MarkenG anzusehen.

Da im Verfahren vor dem Patentgericht damit neue wesentliche Tatsachen bekannt geworden, war die Sache an die Markenstelle zur Vornahme weiterer Ermittlungen und eventuell weiterer Konkretisierung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zurückzuverweisen (§ 70 Abs. 3 Nr. 1 und 3 MarkenG).

3. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zu Unrecht die Eintragung für die betroffenen Waren "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus; Schuhe, Schuhwaren" wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war der Beschluss der Markenstelle auf die Beschwerde des Anmelders aufzuheben und die Sache hinsichtlich der Dienstleistungen "Ausrichtung von Angebotsmessen und Verkaufsveranstaltungen in gehobener Atmosphäre für den Schuh-Fachhandel" zurückzuverweisen.






BPatG:
Beschluss v. 20.06.2006
Az: 27 W (pat) 160/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c0a52776da30/BPatG_Beschluss_vom_20-Juni-2006_Az_27-W-pat-160-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share