Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg:
Urteil vom 8. April 2013
Aktenzeichen: 9 Sa 92/12

(LAG Baden-Württemberg: Urteil v. 08.04.2013, Az.: 9 Sa 92/12)

1. Im Falle eines Verstoßes gegen §§ 17,18 UWG ergibt sich aus § 809 BGB kein Anspruch des Verletzten gegen den wettbewerbswidrig Handelnden auf Gestattung des Einblicks in sämtliche von der Staatsanwaltschaft auf seine Strafanzeige hin beschlagnahmten Gegenstände.

2. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer europarechtskonformen Auslegung des § 809 BGB im Lichte des TRIPS Abkommens (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15. April 1994 (BGBl. II S. 1730)) oder der "Durchsetzungsrichtlinie" RL 2004/48/EG vom 29. April 2004.

3. Zur Reichweite des Ausschlusses der Kostenerstattung nach § 12 a ArbGG für "Beratungskosten" durch einen Rechtsanwalt.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 03.05.2012, Az. 4 Ca 198/11 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Klägerin hinsichtlich des Berufungsantrags 2 zugelassen, im Übrigen wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand der Berufung ist zum einen die Frage, ob die Beklagte zu 2 der Klägerin es zu gestatten hat, Geschäftsunterlagen der Beklagten zu 2, die die Staatsanwaltschaft F. im Zuge eines Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt hat, dort einzusehen. Zum anderen verlangt die Klägerin von beiden Beklagten, ihr die Kosten für die Beratung durch ihren Anwalt im Zusammenhang mit einer Strafanzeige gegen die Beklagten zu erstatten.

Der Beklagte zu 1 war bei der Klägerin seit dem 1.4.1994 als Arbeitnehmer im Vertrieb beschäftigt. Aufgrund einer Eigenkündigung schied er zum 30.6.2009 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Die Klägerin belieferte Kunden mit Beleuchtungssystemen aus eigenen Produktlinien, ohne diese jedoch selbst herzustellen und mit Produkten anderer Leuchtenhersteller. Dafür macht sie potenziellen Kunden Angebote und deckte den Bedarf an Leuchten sodann bei ihren Lieferanten oder bei anderen Herstellern.

Der Beklagte zu 1 beabsichtigte zunächst, das Arbeitsverhältnis zum 31.3.2009 zu kündigen, auf Hinweis der Klägerin ließ er sich dann aber an der vertraglich vereinbarten längeren Kündigungsfrist zum 30.6.2009 festhalten.

Bereits zum 24.2.2009 wurde die Beklagte zu 2 gegründet. Ihr alleiniger Gesellschafter war der Beklagte zu 1. Zunächst war Geschäftsführer Herr G. aus L., der ab dem 1.7.2009 von dem Beklagten zu 1 als Geschäftsführer abgelöst wurde. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 2 ist Gegenstand dieses Unternehmens die Planung und Beratung sowie die Herstellung und der Verkauf von lichttechnischen Produkten.

Die Klägerin wirft dem Beklagten zu 1 unerlaubte Konkurrenztätigkeit während des Arbeitsverhältnisses sowie unerlaubte Wettbewerbshandlungen unter Verstoß gegen die §§ 17, 18 UWG vor. Deshalb erstattete die Klägerin gegen den Beklagten zu 1 am 4.2.2010 bei der Staatsanwaltschaft F. Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren am 4.6.2012 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Aktenseite 81-84 der Berufungsakte). Ein Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht blieb erfolglos (Beschluss vom 29. Januar 2013 - 2 WS 337/12 mit dem der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft K. als unzulässig verworfen wurde - Anlage B 12.1 der Berufungsakte).

Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens sicherte die Kriminalpolizei im Rahmen einer Durchsuchung bei der Beklagten zu 2 bzw. dem Beklagten zu 1 umfangreiche Unterlagen. Die Einzelheiten hierzu ergeben sich aus dem von der Klägerin erstinstanzlich gestellten Antrag II.5. Dabei handelt es sich um sämtliche im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren sichergestellten Unterlagen, ohne dass bereits eine Aussage darüber möglich ist, ob und in welchem Umfang sie für die Beantwortung der Frage, ob und welche gegebenenfalls wettbewerbswidrigen Handlungen die Beklagte zu 2 vorgenommen hat, relevant sind. Diese Unterlagen befinden sich weiterhin in Verwahrung der Staatsanwaltschaft F., die die Herausgabe an die Beklagte zu 2 oder eine Besichtigung durch die Klägerin von der Zustimmung der anderen Partei abhängig macht. Mit Schreiben vom 14.9.2012 teilte die Staatsanwaltschaft F. mit, dass sie bezüglich der Herausgabe der Asservaten an den Beklagten die Entscheidung des Arbeitsgerichts F. über einen etwaigen Besichtigungsanspruch abwarten werde. Eine Besichtigung durch die Klägerin wie auch eine Herausgabe an die Beklagte zu 2 vor Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erfolge nur auf der Grundlage entsprechender arbeitsgerichtlicher Entscheidungen.

Das Arbeitsgericht hat mit dem insoweit rechtskräftigen Teilurteil vom 3.5.2012 die Beklagten zu 1 und zu 2 verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Einnahmen, die sie in der Zeit vom 1.7.2008 bis zum 30.6.2009, in Bezug auf die Beklagte zu 2 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung persönlich bzw. auf eigene Rechnung, aber auch für Geschäfte unter Einschaltung von Dritten auf dem Gebiet der Planung und Beratung sowie der Herstellung und dem Verkauf von lichttechnischen Produkten, insbesondere bei Lieferungen von Beleuchtungskörpern erzielt hat, insbesondere für näher benannte Bauvorhaben unter Angabe von im Urteil näher benannten Angaben erzielt haben (wegen der Einzelheiten wird auf den Tenor 1, 2 und 3 des Urteils vom 3.5.2012 Bezug genommen).

Darüber hinaus hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr die entstandenen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten und darüber hinaus zuzustimmen, dass die Klägerin Einblick nehmen darf in die im Zuge der polizeilichen Ermittlungsmaßnahme auf die Strafanzeige der Klägerin hin sichergestellten Beweismittel, die sich in Verwahrung bei der Staatsanwaltschaft F. befinden.

Dazu hat die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagten seien verpflichtet, ihr Schadensersatz für diejenigen Kosten zu leisten, die ihr aufgrund der Beauftragung des jetzigen Prozessbevollmächtigten entstanden seien. Am 27.8.2009 sei dieser beauftragt worden, außergerichtlich die eigenen Ermittlungen zu koordinieren und die Beweismittelbeschaffung nach Vorliegen erster Verdachtsmomente gegen den Beklagten zu 1 zu organisieren. Ihr Prozessbevollmächtigter habe das laufende Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft vom 27.8.2009 (Erstbesprechung) über die Erstattung der Strafanzeige hinaus bis zum 14.4.2011 begleitet, der Kriminalpolizei Hinweise zur Ermittlungsarbeit erteilt und die Ermittlungsakten ausgewertet. Der anfallende Zeitaufwand sei mit einem Stundensatz von netto 200,00 EUR pro Anwaltsstunde abgerechnet worden. § 12a ArbGG könne diesem Anspruch nicht entgegengehalten werden, da es sich um eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung handle. Der Verrat von Geschäftsgeheimnissen gemäß § 17 OWiG sei ein Straftatbestand.

Darüber hinaus bestünde gegen die Beklagte zu 2 ein Anspruch auf Besichtigung der bei der Staatsanwaltschaft F. asservierten Beweismittel nach § 809 BGB. Die Klägerin könne erst aus dem gedanklichen Inhalt dieser Unterlagen ersehen, ob diese eine Spionage zu ihren Lasten dokumentierten, ob also ihre Betriebsgeheimnisse in den Unterlagen enthalten seien.

Die Klägerin hat daher erstinstanzlich - soweit Gegenstand der Berufung - beantragt:

1. Die Beklagten zu 1 und zu 2 werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin EUR 8.272,34 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, zu bezahlen.

2. Die Beklagte Ziffer 2 wird verurteilt, der Klägerin die Besichtigung der folgenden in ihrem Besitz befindlichen Sachen, zur Zeit als Beweismittel sichergestellt im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten Ziffer 1, Staatsanwaltschaft F., AZ: 00 Js 0000/00, einschließlich des von der Kripo, KHK E., angefertigten Sonderbandes Beweismitteln K., mit sämtlichen 16 Registern (vgl. Auswertebericht KHK E. vom 19.10.2010, Blatt 441 - 445 der Akte), zu gestatten.

Lfd.Nr.Anzahl jeweils 1Bezeichnung (Typ, Nr.)Fundstelle, RaumBehältnis: alle Büro1 Leitzordner (LO) 2009 2 LO Katalog 2009 3 LO P * M. 1999/2000 4 Mappe Notar 5 Mappe K., Lichtpunkt 2009 6 H. + W. AB H. 7 Glassichtfolie System Luna 8 Mappe Reha Klinik in H. 9 Mappe Pflegeheim K. 10 Mappe Z., ACE 11 (keine Angabe) 12 (keine Angabe) 13 (keine Angabe) 14 CD mit der Aufschrift Pa 15 Mappe B., Bruchsal 16 LO 2009, RG-Buchh. Juni, August 17 LO Buchhaltung 2010 18 LO Offene RG 2009 19 LO K. 20 Mappe W. + S. 21 Glassichtfolie Unterlagen AlphaBürobedarf 22 Schwarz-rotes Notizbuch 23 LO BVH Z. 2009/2010 24 Glassichtfolie Unterlagen d. A. 25 Glassichtfolie L. GmbH 26 Mappe S. -Bank, KA

Die Beklagten haben insoweit beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben zur Begründung vorgetragen, die Vorwürfe der unerlaubten Konkurrenztätigkeit bzw. des unerlaubten Wettbewerbes seien falsch (wegen der Einzelheiten wird auf Seite 14 ff. des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen). Außerdem seien eventuelle Ansprüche wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit verjährt. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Rechtsverfolgung der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten bestünde nicht, denn dem stünde § 12 a ArbGG entgegen. Ebenso wenig bestehe ein Einsichtsrecht nach § 809 BGB hinsichtlich der bei der Staatsanwaltschaft verwahrten Beweismittel. Dem stünden Geheimhaltungsinteressen der Beklagten entgegen.

Durch das von der Klägerin angegriffene Teilurteil vom 3.5.2012 hat das Arbeitsgericht die Klage insoweit abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten der Klägerin bestünde schon wegen § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG nicht. Ein Anspruch nach § 826 BGB käme zwar in Betracht, jedoch lägen dessen Voraussetzungen nicht vor, weil die Beklagten nicht gezielt die Regelung des §§ 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG ausgenutzt hätten, um die Klägerin zu schädigen. Allen anderen Ansprüchen stünde § 12 a ArbGG entgegen.

Auch der gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Besichtigungsanspruch bestehe nicht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 809 BGB lägen nicht vor, weil die Beklagte zu 2 derzeit nicht Besitzer der Beweismittel im Sinne dieser Vorschrift sei. Es komme nur derjenige als mittelbare Besitzer in Betracht, der kraft seines Rechtsverhältnisses zum unmittelbaren Besitzer die Sache sei jederzeit an sich ziehen könne oder der selbst einen Anspruch auf Vorlegung oder Besichtigung gegen diesen habe. Das sei vorliegend jedoch nicht der Fall, denn die Beklagte zu 2 könne die zur Besichtigung begehrten Sachen nicht von der Staatsanwaltschaft, auch nicht nach § 147 StPO heraus verlangen.

Das Urteil wurde dem Beklagtenvertreter am 11. Mai 2011 zugestellt, dem Klägervertreter ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 16. Mai 2012. Abgesandt wurde es ausweislich des Aktenvermerks des Arbeitsgerichts am 7.5.2012.

Gegen das Urteil legte die Klägerin am 13.6.2012 Berufung ein. Diese begründete sie innerhalb der aufgrund fristgerechten Antrags bis zum 10. August 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist fristgerecht am 9. August 2012.

Zur Begründung der Berufung führt die Klägerin aus, das Arbeitsgericht habe in dem Teilurteil die Ansprüche bezüglich der Erstattung der Rechtsverfolgungskosten sowie bezüglich der Einwilligung in die Besichtigung zu Unrecht abgewiesen.

Der Anspruch auf Schadensersatz bezüglich der Rechtsverfolgungskosten ergebe sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts aus § 826 BGB. Die Auslegung von § 12a ArbGG sei unvereinbar mit einer verfassungsrechtlich und rechtsstaatlich abgesicherten Auslegung von Sonderregelungen im Prozessrecht im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit. Das Arbeitsgericht verkenne, dass bei Haftungsnormen in der Regel eine Anspruchskonkurrenz bestehe und abweichende Regelungen sich aus einer konkurrierenden Haftungsnorm ergeben müssten, nicht jedoch aus § 12a ArbGG, der seinerseits keine Haftungsnorm darstelle und eine Beschränkung der Anspruchskonkurrenz hinsichtlich der materiellen Kostenerstattung ausdrücklich oder nach Sinn und Zweck nicht erlaube. Das Arbeitsgericht betreibe richterliche Rechtsfortbildung contra legem, in dem es das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Anspruchskonkurrenz einerseits und sondergesetzlicher Haftungsnorm umkehre. Durch § 12a ArbGG seien nur die Rechtsverfolgungskosten im engeren Sinne, also die durch Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz und im weiteren Sinne infolge materieller Zuordnung zu diesem arbeitsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen. Das Arbeitsgericht verkenne aufgrund seiner völlig rigoros verengten Auffassung, dass hierdurch ein privilegierter Täterkreis definiert werde, für dessen Taten ausschließlich die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bestehe und die somit zu Unrecht in den Genuss der Regelung des § 12a ArbGG kämen. Zudem unterscheide das Arbeitsgericht in keiner Weise zwischen Rechtsverfolgungskosten und außergerichtlichen Anwaltskosten, die für die Vorbereitung der Ermittlungen zur Stellung einer Strafanzeige und zur Begleitung des Ermittlungsverfahrens angefallen seien. In diesem Fall handle es sich nicht um Prozesskosten, sondern um Kosten für die Einschaltung eines Anwaltes als Berater des Geschädigten. Zu unterscheiden sei zwischen den Kosten der Strafverfolgung einerseits und sonstigen mittelbaren Schäden. Daraus ergebe sich, dass die Erstattungspflicht nicht durch § 12a ArbGG materiell ausgeschlossen sei. So sei die vorliegende Fallkonstellation auch dem Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung von Detektivkosten im Falle eines bestätigten konkreten Tatverdachtes vergleichbar. Der Anspruch bestehe auch gegen die Beklagte zu 2. Dieser könne nicht damit abgewiesen werden, dass die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, eine entsprechende Klage vor den ordentlichen Gerichten zu erheben, denn dies würde zu einer Zertrümmerung von Zusammenhangsklagen führen.

Die Klägerin habe auch einen Anspruch gegen die Beklagte zu 2 auf Zustimmung zur Besichtigung der bei der Staatsanwaltschaft F. asservierten Beweismittel. Die Begründung des Arbeitsgerichts zur Abweisung des Besichtigungsanspruches stelle eine überraschende Entscheidung dar; das Fehlen eines Tatbestandsmerkmals - nämlich Besitz oder mittelbarer Besitz - sei vom Arbeitsgericht mit keinem Wort jemals problematisiert worden. Mittelbarer Besitz sei gegeben, da die Asservate nur amtlich sichergestellt seien. Daher habe ein amtlich begründetes Verwahrungsverhältnis im Verhältnis zwischen dem Besitzer - hier der Beklagten zu 2 - und dem hoheitlich tätigen Land bestanden. Dieses sei auflösend bedingt durch die Einstellungsverfügung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Beklagten zu 1.

In rechtlicher Hinsicht sei darauf hinzuweisen, dass § 809 BGB im Lichte der Richtlinie 2004/48 EG vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums auszulegen sei. Aus den Art. 43 Abs. 1 und Art. 47 TRIPS - Abkommen nachgebildeten Artikeln 6 und 7 der Richtlinie ergebe sich, dass die Klägerin die geltend gemachte Besichtigung aus § 809 BGB verlangen könne. Die Richtlinie finde Anwendung, da der Schutz von Kundendaten, die ein Betriebsgeheimnis darstellten, unter den Begriff des geistigen Eigentums falle, auf welches die Richtlinie anzuwenden sei. Art. 39 Abs. 1 ,2 TRIPS - Abkommen schütze ausdrücklich auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. An das TRIPS - Abkommen sei Deutschland als Vertragsstaat völkerrechtlich gebunden, so dass die Gerichte bei der nationalen Rechtsanwendung, hier bei der Anwendung der §§ 809, 810 BGB die Wertungen des TRIPS - Abkommens zu berücksichtigen hätten. Diese Wertung finde sich auch in anderen spezialgesetzlichen Regelungen wie beispielsweise § 101 a UrhG. Wenn Geschäftsgeheimnisse wie Kundendaten als immaterieller Vermögenswert nicht national über Spezialnormen im Sinne der Durchsetzungsrichtlinie und des TRIPS - Abkommens zivilrechtlich geschützt würden, folge daraus eben gerade nicht die Konsequenz, der Klägerin nur den dürftigen Schutz eines Auskunftsanspruchs ohne Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Vielmehr habe zumindest in Fällen wie denen des § 809 BGB auch der Arbeitsrichter beim Schutz des geistigen Eigentums den Besichtigungsanspruch als selbstständig neben dem Auskunftsanspruch stehendes Instrument der Rechtsanwendung zu prüfen. Daher müsse auch bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen, soweit keine spezialrechtliche Regelung bestehe über § 809 BGB dem Verletzten ein Besichtigungsrecht zugebilligt werden, damit keine Schutzlücke im Hinblick auf die Vorgaben der Durchsetzungsrichtlinie und des TRIPS - Abkommens entstünden. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 809 BGB lägen vor, insbesondere liege eine hinreichend wahrscheinliche Rechtsverletzung vor. Auch sei der Eingriff in die Rechte der Beklagten zu 2 nicht unverhältnismäßig. Die Besichtigung habe den Zweck, dem Rechtsinhaber Beweismittel für die zukünftige Prozessführung zu beschaffen. Insbesondere seien zwar Geschäftsgeheimnisse der Beklagten zu 2, die mit den vorliegenden Wettbewerbsverstößen nichts zu tun hätten, zu schützen. Die Beklagte zu 2 habe jedoch nichts dazu vorgetragen, inwieweit in den Asservaten der Staatsanwaltschaft F. derartige schutzwürdige Geschäftsgeheimnisse enthalten seien. § 809 BGB sei daher richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Klägerin das Recht habe, die bei der Staatsanwaltschaft F. verwahrten Beweismittel zu besichtigen.

Die Klägerin beantragt daher:

1. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 3.5.2012, Az. 4 Ca 198/11 wird bezüglich der Beklagten zu 1 und zu 2 abgeändert:

Die Beklagten zu 1 und zu 2 werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch EUR 8.272,34 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 3.5.2012, Az. 4 Ca 198/11 wird bezüglich der Beklagten zu 2 abgeändert:

Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, der Klägerin die Besichtigung der folgenden in ihrem Besitz befindlichen Sachen (im Ermittlungsverfahren Staatsanwaltschaft F. Az. 00 JS 0000/00 gegen den Beklagten zu 1 sichergestellte und jetzt noch bei der Staatsanwaltschaft F. verwahrte Asservate gemäß nachstehender Asservaten - Nummerierung) einschließlich des von der Kripo, KHK E., angefertigten Sonderbandes" Beweismittel K." mit sämtlichen 16 Registern (vergleiche Auswertebericht KHK E. vom 19.10.2010 Bl. 441 bis 445 der Akte) zu gestatten.

Lfd.Nr.Anzahl jeweils 1Bezeichnung (Typ, Nr.)Fundstelle, RaumBehältnis: alle Büro1 Leitzordner (LO) 2009 2 LO Katalog 2009 3 LO P * M. 1999/2000 4 Mappe Notar 5 Mappe K., Lichtpunkt 2009 6 H. + W. AB H. 7 Glassichtfolie System Luna 8 Mappe Reha Klinik in H. 9 Mappe Pflegeheim K. 10 Mappe Z., ACE 11 (keine Angabe) 12 (keine Angabe) 13 (keine Angabe) 14 CD mit der Aufschrift Pa 15 Mappe B., Bruchsal 16 LO 2009, RG-Buchh. Juni, August 17 LO Buchhaltung 2010 18 LO Offene RG 2009 19 LO K. 20 Mappe W. + S. 21 Glassichtfolie Unterlagen AlphaBürobedarf 22 Schwarz-rotes Notizbuch 23 LO BVH Z. 2009/2010 24 Glassichtfolie Unterlagen d. A. 25 Glassichtfolie L. GmbH 26 Mappe S. -Bank, KA

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen zur Begründung vor, die Berufung sei bereits unzulässig, denn sie sei nicht fristgerecht eingelegt worden. Das Urteil sei vom Arbeitsgericht Freiburg am 7.5.2012 zum Versand gebracht worden, beim Beklagtenvertreter sei es ungewöhnlich spät am 11.5.2012 eingegangen, es sei jedoch davon auszugehen, dass der Klägervertreter das Urteil bereits am 10.5.2012 erhalten habe. Die Befristungseinlegung der Berufung sei daher am 13.6.2012 längst abgelaufen gewesen. Die Postlaufzeit innerhalb von Deutschland betrage max. 2 Tage. Das Empfangsbekenntnis sei vom Klägervertreter mit dem Tag der Zustellung auszufüllen, nicht mit dem Tag, an dem er die Post öffne und lese. Im übrigen könne die Berufung nicht vom Prozessvertreter am 13.6.2012 persönlich unterschrieben worden sein, denn er sei vom 11.6.2012 bis einschließlich 14.6.2012 Büro abwesend gewesen. Dies ergebe sich aus einem Schreiben des Klägervertreters an die Staatsanwaltschaft F., in dem er mitteile, dass er während dieser Zeit eine von der Staatsanwaltschaft gesetzte Frist versäumt habe.

Darüber hinaus sei die Berufung unbegründet. Das Arbeitsgericht habe den Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten für die Strafanzeige durch den Klägervertreter zutreffend im Hinblick auf § 12 a ArbGG abgewiesen. Die Auslegung des Arbeitsgerichts stehe im Einklang mit dem Gesetzeszweck. Ein Schadensersatzanspruch bestehe auch deswegen nicht, weil die Beklagten bzw. ihr Prozessvertreter im Rahmen seiner Nachforschungen nicht das Geringste an Fakten gefunden habe, was auf eine strafbare Handlung des Beklagten zu 1 oder zu 2 hindeuten würde. Insbesondere seien die gefundenen 107 Fotos keine vom Beklagten entwendeten Fotos gewesen, sondern es bestehe der Verdacht, dass diese ihm von Seiten der Klägerin untergeschoben worden seien. So sei auch zu erklären, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt habe. Das Vorgehen der Klägerin gegen den Beklagten stelle genau das dar, was § 12a ArbGG zu verhindern suche, nämlich dass auf die wirtschaftlich unterlegene Partei allein durch die Prozesskosten Druck ausgeübt würde. Vielmehr seien die Verdachtsmomente gegen die Beklagten insgesamt von der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten inszeniert worden. Das ergäben die Parallelen zum Fall S.. Zudem ging es bei den von der Klägerin geltend gemachten Anwaltskosten, welche durch die Anl. B9 dokumentiert seien keinesfalls um Kosten der Ermittlung, denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erwähnt dort mit keinem Wort, dass er forensisch tätig gewesen sei, sondern er hatte nur für die Klägerin eine Strafanzeige zu formulieren, während die Beschaffung von Beweismitteln mit keinem Wort im Leistungsnachweis erwähnt worden sei.

Ebenso wenig habe die Klägerin einen Anspruch auf Besichtigung der Unterlagen der Beklagten zu 2, die von der Staatsanwaltschaft F. verwahrt würden. Es fehle dafür an einem Rechtsanspruch. Die Klägerin habe es bereits unterlassen, diese Beweismittel im Ermittlungsverfahren zu besichtigen. Ein entsprechender Antrag sei nicht gestellt worden. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei auch deswegen richtig, weil die Beklagte zu 2 nicht Besitzerin der Asservate ist, insbesondere finde § 809 BGB auf öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnisse keine Anwendung. Im vorliegenden Fall gehe es bereits nicht um wettbewerbsrechtliche Verstöße gegen das UWG und auch nicht um die Verletzung geistigen Eigentums, sondern lediglich um einen Fall der Auskunft nach den Vorschriften des §§ 60, 61 AGB. Entgegen der Behauptung der Klägerin seien Kundendaten und Geschäftsgeheimnisse gerade nicht entwendet worden, wie sich mehrfach deutlich aus den Ermittlungsakten ergebe. Ebenso wenig gäbe es entwendete Adressdateien, Pläne oder dergleichen, auf die die Normen des Urheberrechtes oder andere Regelungen zum Schutze des geistigen Eigentums anwendbar wären. Insbesondere gewähre § 809 BGB keine pauschale Einsicht in alle vorhandenen und von der Staatsanwaltschaft gesicherten Unterlagen.

Auf die Berufungserwiderung hin hat die Klägerin weiter ausgeführt, die Berufung sei rechtzeitig eingelegt worden. Maßgeblich sei die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses für die Frage der Zustellung der gerichtlichen Entscheidung.

§ 809 BGB finde auch auf öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnisse Anwendung. Die formlose Sicherstellung von Gegenständen im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens begründe ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis, auf welches die §§ 688 ff. Anwendung finden. So habe der Beklagte zu 1 auch ausdrücklich darin eingewilligt, dass die Asservate in Verwahrung genommen werden. Eine förmliche Beschlagnahme begründet bereits ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis; dies gelte dann erst recht bei der bloß formlosen Sicherstellung auf freiwilliger Grundlage des unmittelbaren Besitzers. Zudem ergebe sich aus § 856 Abs. 2 BGB, dass die polizeilichen Sicherungsmaßnahmen im vorliegenden Fall ihrer Natur nach nur vorübergehend seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze, insbesondere neben Berufungsbegründung und Berufungserwiderung auch auf die Ausführungen in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 14. Februar 2013 und 7. März 2013 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG an sich statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Insbesondere ist die Berufung fristgerecht nach § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt worden. Ausweislich des vom Klägervertreter an das Arbeitsgericht zurückgeschickten Empfangsbekenntnisses hat er das angegriffene Teilurteil am 16. Mai 2012 zugestellt erhalten. Datum der Zustellung beim Klägervertreter war daher der 16.5.2012. Das Zustellungsdatum ist der Tag, an dem der Anwalt als Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks Kenntnis erlangt und dieses empfangsbereit entgegengenommen hat (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2003 - VI ZB 77/02, NJW 2003, 2460). Damit ist die Zustellung als Übergabe im Sinne von § 166 Absatz 1 ZPO bewirkt. Der Tag der Zustellung ist aber nicht schon der frühere Tag, der bei Eingang in der Kanzlei von einem Büromitarbeiter vermerkt worden ist. Auszustellen ist das Empfangsbekenntnis somit auf diesen Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Anwalt.

Ein derartiges Empfangsbekenntnis erbringt grundsätzlich Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit der Zustellung (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2001 - VI ZR 258/00, NJW 2001, 2722 unter II 1 und 2). Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der im Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben ist zulässig. Dieser setzt voraus, dass die Beweiswirkung des § 174 ZPO vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können; hingegen ist dieser Gegenbeweis nicht schon dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2001 aaO, unter II 2).

Den Beklagten ist zuzugestehen, dass der Umstand, dass der Klägervertreter das angegriffene Urteil erst am 16.5.2012 erhalten haben will, angesichts dessen Absendung beim Arbeitsgericht am 7.5.2012 und dessen Eingang beim Beklagtenvertreter am 11.5.2012 zumindest Fragen aufwirft. Allerdings haben die Beklagten den Gegenbeweis, an den strenge Anforderungen zu stellen sind, nicht erbracht. Es fehlt überhaupt jeder Versuch eines Beweisantritt durch die Beklagten.

Die Berufung ist auch formgerecht nach § 519 Abs. 1 i.V.m. § 130 Nr. 6 ZPO eingelegt worden, insbesondere wurde sie vom Klägervertreter unterzeichnet. Die Mutmaßungen der Beklagten, er habe die Berufung gar nicht selber unterzeichnen können, weil er am 13.6.2012 büroabwesend gewesen sei, sind nicht maßgeblich. Zum einen schließt es eine Büroabwesenheit nicht aus, gleichwohl fristgebundene Schriftsätze für das Gericht zu unterzeichnen. Zum anderen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die sich unter der Berufung befindende Unterschrift des Klägervertreters nicht von diesem stammt. Ein Vergleich mit den anderen Unterschriften des Klägervertreters, die sich in der Berufungsakte befinden ergibt einerseits eine große Ähnlichkeit der Schriftzüge, ohne dass diese jedoch übereinstimmen. Das spricht dagegen, dass die Unterschrift statt vom Klägervertreter von einer anderen Person geleistet worden ist und ebenso dagegen, dass hier ein Faksimilestempel benutzt worden ist. Auch hier ist seitens der Beklagten der Gegenbeweis, dass die Unterzeichnung nicht vom Klägervertreter stammt, nicht erbracht worden.

Auch im Übrigen genügt die Berufung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO und setzt sich in ausreichendem Maße mit dem angegriffenen Urteil auseinander.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet und war daher zurückzuweisen. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Kosten für die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten noch auf Zustimmung der Beklagten zu 2 auf Besichtigung der bei der Staatsanwaltschaft F. verwahrten Beweismittel.

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Kosten, die sie für die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten aufgewendet hat, besteht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagten überhaupt gegenüber der Klägerin dem Grunde nach wegen eines Verstoßes gegen §§ 17, 18 UWG zum Schadensersatz verpflichtet sind. Selbst wenn man dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt, steht ihr der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zutreffend ist das Arbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass § 12 a ArbGG nicht nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten ausschließt, sondern auch entsprechende materiell-rechtlich begründete (Schadensersatz-) Ansprüche. § 12a Abs. 1 ArbGG schließt nach der Rechtsprechung des BAG auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aus, der als Schadensersatzanspruch entstanden ist, gleichgültig, worauf er gestützt wird (BAG Urt. v. 30. 4. 1992 - 8 AZR 288/91; NZA 1992, 1101; BAG 30. 6. 1993 , NZA 1994, 284). Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, aber auch aus seiner systematischen Stellung, der historischen Auslegung und der teleologischen Interpretation (wegen der Einzelheiten hierzu ausführlich BAG, Urteil vom 30.04.1992 - 8 AZR 288/91). Der Auffassung der Klägerin steht die Rechtsprechung des BAG entgegen, der sich das Berufungsgericht unter Verweis auf diese anschließt. Eine Ausnahme hiervon liegt nur vor, wenn der Schädiger die Regelung des § 12a ArbGG zweckwidrig einsetzt, um dem Gegner einen Schaden gerade dadurch zuzufügen, dass er wegen der Regelung des § 12a ArbGG Kosten aufwenden muss, die er sodann nicht erstattet verlangen kann (GK ArbGG/ Schleusener, § 12a, Rn 15, 37). Der Fall liegt hier nicht vor. Die Beklagten mögen wettbewerbswidrig gehandelt haben, jedoch nicht mit der Zielsetzung, der Klägerin den Schaden nicht erstattungsfähiger Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten zuzufügen. Auch darauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

Auch das weitere Vorbringen in der Berufung führt zu keinem anderen Ergebnis.

Entgegen der nicht weiter vertieften Behauptung der Beklagten ist der gesetzliche Ausschluss jedweder Kostenerstattung wegen Zeitversäumnis oder wegen der Kosten der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im ersten Rechtszug des arbeitsgerichtlichen Verfahrens verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG 20. 7. 1971, BVerfGE 31, 306 308).

Allerdings weist die Klägerin darauf hin, dass bezüglich der ihr entstandenen Kosten für ihren Rechtsanwalt es sich um Kosten gehandelt hat, die angefallen sind, weil dieser Ermittlungen zur Stellung einer Strafanzeige vorbereitet und im Anschluss daran gegenüber Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei für die Klägerin weiter tätig geworden ist. Es habe sich um die Kosten für einen Berater der Geschädigten gehandelt. Diese Kosten mit Ausnahme des Zeitaufwandes für die Erstellung der Strafanzeige seien mittelbarer Schaden der Klägerin. Insoweit macht die Klägerin geltend, es handele sich nicht um Kosten eines Prozessbevollmächtigten, die durch § 12a ArbGG ausgeschlossen wären, sondern um sonstige Kosten der Schadensermittlung.

Auch mit diesem Argument kann die Klägerin nicht durchdringen. Richtig ist daran zunächst, dass § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG nicht jedwede Kosten von der Kostenerstattung ausnimmt, sondern nur solche Kosten, die zum einen Prozesskosten im Sinne von § 91 ZPO sind und zugleich Kosten der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Kosten im Zusammenhang mit der Erstattung einer Strafanzeige oder der Begleitung des Geschädigten im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Schädiger gehören hier nicht dazu.

Sie weist selber zutreffend darauf hin, dass sie als Geschädigte einer behaupteten Straftat keinen Ersatz für Auslagen verlangen kann, welche durch die Einleitung des Strafverfahrens gegen den Straftäter entstanden sind, weil diese Kosten außerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen. Die Strafverfolgung ist für die Realisierung des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches nicht erforderlich (MüKoBGB/Oetker § 249 BGB, Rn 188; BGH Urt. v. 21. 7. 2011  IX ZR 151/10 NJW 2011, Seite 2966). So erstreckt sich etwa der Eigentumsschutz des Verletzten eines Diebstahls nicht auf die Verwirklichung des Strafanspruchs. Der Ersatzanspruch wird durch die Aufgabe der verletzten Haftungsnorm begrenzt (BGHZ 75, Seite 230,235).

Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Ersatz des Zeitaufwands für die außergerichtliche Tätigkeit zur Wahrung der Entschädigungsansprüche (BGHZ 66, Seite 112, 114 ff). Danach grenzt das Recht aus Gründen der Interessenbewertung, aber auch der Praktikabilität diesen Aufwand von anderen erstattungsfähigen Kosten der Rechtsverfolgung ab und weist solche Mühewaltung einem Zuständigkeitsbereich und Verantwortungsbereich des Geschädigten zu, der außerhalb des Schutzzwecks der Haftung des Schädigers liegt (BGH Urt. v. 6.11.1979, VI ZZ 254/77).

Unter Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung insbesondere des BGH kann die Klägerin die Aufwendungen finanzieller Art für ihren Prozessbevollmächtigten, die ihr im Zusammenhang mit der Erstattung der Strafanzeige und seiner weiteren Tätigkeit gegenüber den Strafverfolgungsbehörden entstanden sind, nicht geltend machen. Die Aufspaltung dieser Kosten, wie sie die Klägerin vornimmt in Kosten für die Erstattung der Strafanzeige und deren Vorbereitung sowie die weiteren Kosten zur Begleitung des Ermittlungsverfahrens, der Beratung der Klägerin sowie der Tätigkeit gegenüber den Strafverfolgungsbehörden vermag das Gericht nicht nachzuvollziehen. Auch wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seine Tätigkeit mit der Erstattung der Strafanzeige nicht eingestellt hat, sondern weiter gegenüber den Strafverfolgungsbehörden tätig geworden ist, handelt es sich immer noch um Kosten, die eingesetzt werden, weil die Klägerin erreichen will, dass der Beklagte zu 1 einer staatlichen Strafe unterworfen wird. Damit handelt es sich immer noch um Strafverfolgungskosten, die vom Schutzzweck der möglicherweise verletzten Normen der §§ 60, 61 HGB und des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 17, 18 UWG nicht erfasst werden.

Sollten diese nach Erstattung der Strafanzeige von der Klägerin aufgewendeten Kosten nicht dem Zweck der erfolgreichen Bestrafung der Beklagten gedient haben, so hat es sich um Vorbereitungskosten für den Arbeitsgerichtsprozess gehandelt. Derartige Vorbereitungskosten gehören jedoch grundsätzlich zu den Kosten nach § 91 ZPO (Zöller/Herget, ZPO, § 91 Rn. 13 Stichwort Vorbereitungskosten) und als solche unterliegen sie wiederum jedenfalls dann, wenn sie durch Einschaltung eines Rechtsanwaltes angefallen sind, dem Ausschluss der Kostenerstattung nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG, der auch einen konkurrierenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch - wie oben dargelegt - erfasst.

Der von der Klägerin gezogene Vergleich zur Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten verkennt, dass die Aufwendungen für einen Detektiv zwar auch sowohl Vorbereitungskosten nach § 91 ZPO als auch materiell-rechtlicher Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB sein können, diese jedoch aufgrund der Regelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG von der Ausschlussregelung nicht erfasst werden, da diese nur für die Hinzuziehung von Prozessbevollmächtigten gilt.

Auch die Begründung der Klägerin, es habe sich bei den von ihr aufgewendeten Anwaltskosten um einen so genannten Herausforderungsschaden gehandelt, vermag die Klage nicht zu begründen. Die Aufwendung von Kosten für einen Rechtsanwalt zur Begleitung eines Strafverfolgungsverfahrens stellt keinen Fall des Herausforderungsschadens dar. Diese Fallgruppe verzichtet auf eine Herstellung des Kausalzusammenhangs durch Naturgesetze und lässt eine psychisch vermittelte Kausalität durch den Schädiger ausreichen (dazu Prütting, BGB/Medicus, § 249 Rn. 54). Auch Kosten der Rechtsverfolgung können einen Herausforderungsschaden darstellen, wenn sie den übrigen Anforderungen dieses Schadenstyps standhalten, also dass sich der Verfolger zum Eingreifen herausgefordert fühlen durfte - überhaupt und gegebenenfalls in der gewählten Art und Weise. Die hier von der Klägerin aufgewendeten Kosten stellten jedoch keine Rechtsverfolgungskosten dar, denn diese müssen sich auf die zivilrechtliche Verfolgung ihrer Rechte aus der behaupteten Rechtsverletzung durch die Beklagten beziehen. Die Klägerin hat hingegen - wie oben dargelegt - nicht eigene Rechte verfolgt, sondern eine Strafanzeige erstattet bzw. Kosten für die "Begleitung "- oder Beeinflussung - eines Ermittlungsverfahrens gegen die Beklagten aufgewendet. Das unterscheidet den vorliegenden Fall auch von der von der Klägerin zitierten Entscheidung des OLG Celle (22 12. 2010. 7 U 49 / 09, Rn. 32). In dem zitierten Fall bestand der Herausforderungsschaden nämlich darin, dass die Geschädigte selbst Ermittlungsmaßnahmen ergriffen hat, auch zur Abwehr zukünftiger Schädigungen und es nicht um Kosten einer Strafverfolgung ging.

Aus diesem Grunde hat das Arbeitsgericht die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hiergegen ist unbegründet und war zurückzuweisen.

2. Das Arbeitsgericht hat die Klage auch bezüglich des geltend gemachten Besichtigungsanspruches gegen die Beklagte zu 2 im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht dieser Anspruch gegen die Beklagte zu 2 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere auch nicht nach § 809 BGB zu.

Nach § 809 BGB kann derjenige, der gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, verlangen, dass der Besitzer die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 809 BGB sind jedoch nicht erfüllt, so dass ein Anspruch auf Besichtigung oder deren Gestattung nicht besteht.

a) Zu Gunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass der Anspruch auf Besichtigung auch dann besteht, wenn die Sache aufgrund einer freiwilligen Duldung des Eigentümers, hier der Beklagten zu 2 im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft verwahrt wird. Insbesondere spricht viel dafür, auch wenn dies nicht abschließend entschieden werden muss, dass die Beklagte zu 2 mittelbare Besitzerin nach § 868 BGB ist und dass ihr Besitz durch die vorübergehende Inverwahrungnahme der Beweismittel durch die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf § 856 Abs. 2 BGB nicht beendet wird.

b) Ebenso kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden - obwohl dies nach der endgültigen Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft F. nach § 170 Abs. 2 ZPO durchaus fraglich erscheint - dass zumindest eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (dazu BGH Urt. v. 2.5.2002 - I ZR 45/01) besteht, dass die Beklagte zu 2 unter Verstoß gegen §§ 17, 18 UWG der Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz haftet. Ob eine Haftung allein nach § 60, 61 HGB, der nicht dem Schutz des geistigen Eigentums, sondern darüber hinausgehend dem Konkurrenzschutz des Arbeitgebers dient, ausreichen würde, kann ebenfalls dahingestellt bleiben.

Weiterhin kann zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass es für den Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB gleichgültig ist, ob die Klägerin im Ermittlungsverfahren ihre Einsichtsrechte in die in Verwahrung genommenen Gegenstände und Beweismittel nach den strafprozessualen Vorschriften versucht hat geltend zu machen.

c) Gleichwohl steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 als Eigentümerin der beschlagnahmten Unterlagen kein Besichtigungsanspruch zu. Der Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB setzt voraus, dass der Klägerin ein "Anspruch in Ansehung der Sache zustehen kann. Daran fehlt es in doppelter Hinsicht. Der Anspruch nach § 809 BGB ist zum ersten auf die Besichtigung konkreter Sachen oder Sachgesamtheiten gerichtet, zum zweiten ist erforderlich, dass der Anspruch einen Bezug zu der konkreten Sache aufweist. Die Besichtigung sämtlicher im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmter oder in Verwahrung genommener möglicher Beweismittel stellt keine dem § 809 BGB unterliegende Sache oder Sachgesamtheit dar. Die Staatsanwaltschaft stellt im Rahmen ihrer Ermittlungsverfahren alle denkbaren für die Ermittlung in Betracht kommenden potentiellen Beweismittel (§ 94 Abs. 1 StPO; § 108 Abs. 1 StPO) sicher. Für die Annahme einer potentiellen Beweisbedeutung ist es nicht erforderlich, dass bei der Sicherstellung bereits aufgezeigt werden kann, welcher Beweisführung der Gegenstand dienen soll; es genügt, wenn anzunehmen ist, dass sich dies im Laufe des Ermittlungsverfahrens herausstellt (BGH, Beschl. v. 5. 1. 1979 - 1 BJs 226/78/StB 246/78).

Ob es sich dabei tatsächlich um Gegenstände handelt, aus denen sich ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 herleiten lässt ist dabei offen. Die Ermittlungsverfahren sind ihrem Ansatz nach darauf ausgerichtet, zunächst alle Gegenstände, die als Beweismittel auch nur in Betracht kommen können, in Verwahrung zu nehmen. Der Besichtigungsanspruch des § 809 BGB hingegen bezieht sich nach dem Wortlaut der Vorschrift bereits nur auf eine konkrete Sache und nicht auf eine Vielzahl von Gegenständen, die jedenfalls nicht in enger Verbindung zueinanderstehen. Selbst wenn man den Besichtigungsanspruch auf konkrete Sachgesamtheiten erweitert (BGH, Urteil v. 13.11.2003 I ZR 187/01) so unterliegen die von der Staatsanwaltschaft in Verwahrung genommenen möglichen Beweismittel nicht mehr diesen Anforderungen. Bei diesen handelt es sich um eine Gemengelage von Gegenständen, die allein durch die Asservatenliste der Staatsanwaltschaft bzw. durch den Umstand, dass sie in Verwahrung genommen wurden miteinander verbunden werden (a.A. LG Fürth, Urt. v. 23.02.2005, 3 O 4156/04). Würden sich diese Gegenstände, die sich aus der Asservatenliste ergeben, nicht mehr bei der Staatsanwaltschaft, sondern bei der Beklagten zu 2 befinden, so hätte die Klägerin einzeln darzulegen, dass im Hinblick auf diese Gegenstände sich ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 17, 18 UWG ergeben kann. In Ansehung der Sache besteht der Anspruch, wenn er von der Existenz oder Beschaffenheit der Sache abhängt und somit eine rechtliche Beziehung zur Sache aufweist. Dass die Sache selbst Gegenstand des Anspruchs ist, ist nicht erforderlich (Staudinger/ Marburger, BGB § 809 Rn 6). Der bloße Umstand, dass diese Gegenstände einstmals Beweismittel waren, die im Zuge eines Ermittlungsverfahrens, das später eingestellt worden ist, gegen den Beklagten zu 1 an die Beklagte zu 2 durch die Staatsanwaltschaft in Verwahrung genommen worden sind, genügt hierfür nicht.

Insbesondere ergibt sich aus § 809 BGB kein allgemeines Kontrollrecht (BGH, Urteil vom 13.11.2003, I ZR 187 / 01). Auf eine konturlose Anwendung des § 809 BGB würde es jedoch hinauslaufen, würde man es der Klägerin gestatte, sämtliche im Zuge eines Strafverfahrens beschlagnahmte Beweismittel zu besichtigen.

d) Eine weiter gefasste Auslegung des § 809 BGB im Sinne eines weitergehenden umfassenden Anspruchs auf Besichtigung der im Klageantrag genannten Gegenstände ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Vorschriften des TRIPS - Abkommens (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15. April 1994 (BGBl. II S. 1730)) oder der "Durchsetzungsrichtlinie" RL 2004/48/EG vom 29. April 2004.

Zu Gunsten der Klägerin soll davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 ihr geistiges Eigentum im Sinne des Art. 39 Abs. 2 des TRIPS - Abkommens verletzt haben, indem sie Geschäftsgeheimnisse der Klägerin, die der Beklagte zu 1 durch seine Tätigkeit erfahren hat, noch während dessen Tätigkeit für die Klägerin gemeinsam verwertet haben.

Art. 39 lautet:

(2) Natürliche und juristische Personen haben die Möglichkeit, zu verhindern, dass Informationen, die rechtmäßig unter ihrer Kontrolle stehen, ohne ihre Zustimmung auf eine Weise, die den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderläuft, Dritten offenbart, von diesen erworben oder benutzt werden, solange diese Informationen

a)in dem Sinne geheim sind, dass sie entweder in ihrer Gesamtheit oder in der genauen Anordnung und Zusammenstellung ihrer Bestandteile Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit den fraglichen Informationen zu tun haben, nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind,

b)wirtschaftlichen Wert haben, weil sie geheim sind, und

c)Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen seitens der Person waren, unter deren Kontrolle sie rechtmäßig stehen.

Nach Art. 43 Abs. 1 gilt:

(1) Hat eine Partei alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel zur hinreichenden Begründung ihrer Ansprüche vorgelegt und rechtserhebliche Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche, die sich in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befinden, bezeichnet, so sind die Gerichte befugt anzuordnen, daß diese Beweismittel von der gegnerischen Partei vorgelegt werden, gegebenenfalls unter Bedingungen, die den Schutz vertraulicher Informationen gewährleisten.

Art. 6 Abs. 1 der RL 2004/48/EG lautet:

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte auf Antrag einer Partei, die alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel zur hinreichenden Begründung ihrer Ansprüche vorgelegt und die in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befindlichen Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche bezeichnet hat, die Vorlage dieser Beweismittel durch die gegnerische Partei anordnen können, sofern der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet wird. Für die Zwecke dieses Absatzes können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine angemessen große Auswahl aus einer erheblichen Anzahl von Kopien eines Werks oder eines anderen geschützten Gegenstands von den zuständigen Gerichten als glaubhafter Nachweis angesehen wird.

Die vom Gericht gewählte Auslegung des § 809 BGB steht im Einklang mit den genannten Vorschriften des TRIPS - Abkommens bzw. mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG.

Aufgrund der genannten Vorschriften ist es nicht geboten, § 809 BGB im Sinne eines allgemeinen Auskunfts- und Nachforschungsanspruches auszulegen. Das deutsche Rechtssystem stellt der Klägerin für den Fall der Verletzung geistigen Eigentums durch die Beklagten durch den Verrat oder die unzulässige Benutzung von Geschäftsgeheimnissen hinreichend Instrumente zur Verfügung, um ihre berechtigten Interessen effizient durchzusetzen. Bei einem Verstoß gegen §§ 17, 18 UWG steht dem Geschädigten zur Durchsetzung seines Schadensersatzanspruches neben dem Anspruch nach § 809 BGB (Köhler/Bornkamp, UWG, § 9 Rn 4.43) ein umfassender Anspruch auf Auskunft, begleitet von einem Anspruch auf Rechnungslegung zu (Köhler/Bornkamp, UWG, § 9 Rn 4.2, 4.5). Im Rahmen der Rechnungslegung kommt auch die Vorlage von Belegen (dazu Stjerna, GRUR 2011, 789; Köhler/Bornkamp, UWG, § 9 Rn 4.7b) oder deren Überprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer in Betracht. Ob und in welchem Umfang die Klägerin von der Beklagten zu 2 nach erteilter Auskunft die Vorlage von Belegen und gegebenenfalls weiteren Unterlagen zur Kontrolle bzw. zur weiteren Schadensberechnung verlangen kann, braucht hier nicht entschieden zu werden. Maßgeblich ist allein, dass es einer ausweitenden Auslegung des § 809 BGB auch vor dem Hintergrund des Art. 6 der Richtlinie 2004/48/EG bzw. des Art. 43 des TRIPS - Abkommens nicht bedarf, um dem Geiste dieser Vorschriften gerecht zu werden. So hat auch der deutsche Gesetzgeber keinen Anlass gesehen, bei der Umsetzung der genannten Richtlinie durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (Bundesgesetzblatt 2008, Seite 1191) außerhalb von spezialgesetzlichen Regelungen einen allgemeinen vorgeschalteten Besichtigungsanspruch einzuführen. So ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (Drucksache 16/5048, S. 27 links), dass der Gesetzgeber § 809 BGB als ausreichend weit gefasst angesehen hat, um den Anforderungen des Art. 6 der Richtlinie 2004/48/EG zu genügen.

Daraus ergibt sich, dass das Arbeitsgericht die Klage auch in dieser Hinsicht zu Recht abgewiesen hat. Die Berufung der Klägerin war zurückzuweisen.

III.

Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

Für die Klägerin war bezüglich des geltend gemachten Besichtigungsanspruches (Antrag 2) die Revision nach § 72 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

Im Übrigen war die Revision mangels Zulassungsgrundes nicht zuzulassen.






LAG Baden-Württemberg:
Urteil v. 08.04.2013
Az: 9 Sa 92/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c14a5f036d27/LAG-Baden-Wuerttemberg_Urteil_vom_8-April-2013_Az_9-Sa-92-12




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share