Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Januar 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 150/03
(BPatG: Beschluss v. 12.01.2005, Az.: 32 W (pat) 150/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 41 - vom 26. August 2000 und vom 14. Januar 2003 aufgehoben.
Die Marke 398 61 987 wird gelöscht.
Gründe
I.
Gegen die für Schallplatten und CD, Tonträger; Betrieb eines Tonstudios und Musikproduktionenin das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragene Wortmarke 398 61 987 (Anmeldetag 28. Oktober 1998)
Planet "E" Musicist aus der prioritätsälteren deutschen Wortmarke 398 16 989 (Anmeldetag 25. März 1998, Widerspruchsverfahren abgeschlossen am 24. Juni 2004)
Planet S Widerspruch erhoben worden. Die Widerspruchsmarke genießt u.a. Schutz für die Waren und Dienstleistungen Magnetaufzeichnungsträger, magnetische und optische, unbespielte und bespielte Datenaufzeichnungsträger, insbesondere Schallplatten, CDs, DAT-Bänder, Bildplatten, CD-Videos, Videobänder, CD-ROM und andere multimediale Datenträger (soweit in Klasse 9 enthalten); Produktion von Musikstücken; Dienstleistungen eines Aufnahmestudios für Audio- und Videoprogramme.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat in einem Erstbeschluss vom 26. August 2000 den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Trotz Waren- bzw. Dienstleistungsidentität bestehe aufgrund der Kennzeichnungsschwäche des übereinstimmenden Bestandteils "Planet" und wegen des mit diesem Bestandteil zumindest gleichwertigen Buchstabens "E" keine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken.
Die Erinnerung der Widersprechenden hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle durch Beschluss vom 14. Januar 2003 zurückgewiesen. Eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, da sämtliche Wortelemente der angegriffenen Marke gleichgewichtig nebeneinander stünden. "Planet" sei als beschreibender Hinweis auf eine Vertriebsstätte mit umfangreichem Waren-/Dienstleistungsangebot ein eher kennzeichnungsschwacher Markenbestandteil, ähnlich wie etwa "world" oder "Welt". Die Buchstaben "E" in der jüngeren Marke und "S" in der Widerspruchsmarke seien geeignet, den Gesamteindruck der Vergleichsmarken mitzuprägen. Auch gedanklich könnten die Vergleichsmarken nicht miteinander in Verbindung gebracht werden. Wegen der Kennzeichnungsschwäche des Wortelementes "Planet" eigne sich dieser Zeichenteil nicht als Stammbestandteil einer Markenserie.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. August 2000 und vom 14. Januar 2003 aufzuheben und die Marke 398 16 989 zu löschen.
Beide Vergleichsmarken würden nur von dem gemeinsamen Bestandteil "Planet" geprägt, der durchschnittlich kennzeichnungskräftig sei. Der Buchstabe "E" sei als branchenübliche Abkürzung für "Elektronik" nicht geeignet, die angegriffene Marke mitzuprägen. Zwischen den Vergleichsmarken bestehe auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr. Zu berücksichtigen sei, dass beide Marken einen nahezu identischen Aufbau, nämlich den vorangestellten identischen Bestandteil "Planet" und einen nachgestellten Einzelbuchstaben aufweisen.
Die Markeninhaber haben sich weder im Amtsverfahren, noch im Beschwerdeverfahren zur Sache eingelassen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in der Sache begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegen. Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS).
a) Es stehen sich identische Waren und Dienstleistungen gegenüber, da sich die "Schallplatten und CDs" der jüngeren Marke auch im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke wiederfinden und die Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Betrieb eines Tonstudios und Musikproduktion" den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke "Produktion von Musikstücken; Dienstleistungen eines Aufnahmestudios für Audio- und Videoprogramme" entsprechen.
b) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Es ist nicht davon auszugehen, dass das Wort "Planet" überwiegend im Sinne einer Verkaufsstätte verstanden wird.
c) Schriftbildlich sind sich die Vergleichsmarken nicht ähnlich, weil der nur in der jüngeren Marke enthaltene Bestandteil "Music" in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet und der in Anführungsstrichen geschriebene Buchstabe "E" der jüngeren Marke nicht dem Buchstaben S der Widerspruchsmarke entspricht.
Die Annahme einer unmittelbaren klanglichen Verwechslungsgefahr würde voraussetzen, dass in der jüngeren Marke der Zusatz "E Music" und in der Widerspruchsmarke der Einzelbuchstabe "S" bei der Benennung weggelassen würden. Dies könnte dann der Fall sein, wenn der markenmäßige Schwerpunkt innerhalb der beiden Marken jeweils bei dem Bestandteil "Planet" liegen würde. Davon ist bei der jüngeren Marke wegen der Kennzeichnungsschwäche der glatt beschreibenden Bestandteile "Music" und des Buchstabens "E" auszugehen. Der Buchstabe "E" ist im Bereich der hier einschlägigen Waren und Dienstleistungen aus dem Musikbereich als bekannte Abkürzung für "Elektronik" oder "ernst" und damit als glatt beschreibend zu werten. Problematisch ist jedoch, ob der Buchstabe "S" der Widerspruchsmarke, dem nicht ohne weiteres eine beschreibende Bedeutung zu entnehmen ist, im Verhältnis zu dem Bestandteil "Planet" als gleichwertig anzusehen ist und deshalb bei der Benennung der Widerspruchsmarke mitgesprochen wird.
Dies kann letztlich jedoch als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Gefahr besteht, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Altern. 2 MarkenG). Die beiden Marken beruhen auf dem gleichen Zeichenbildungsprinzip (vgl. BGH GRUR 1999, 161, 164 - MAC Dog), nämlich darauf, dass bei beiden Marken dem am Anfang stehenden Wort "Planet" jeweils ein einzelner Großbuchstabe folgt. Wegen des gleichen Aufbaus werden beachtliche Teile des Verkehrs beide Vergleichsmarken vielfach ein und demselben Betrieb der Herkunft nach zuordnen.
d) Bei Waren-/Dienstleistungsidentität, durchschnittlicher Kenzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und durchschnittlicher Ähnlichkeit der Marken kann die Gefahr von Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden.
Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
Viereck Müllner Kruppa Hu
BPatG:
Beschluss v. 12.01.2005
Az: 32 W (pat) 150/03
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