Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. September 2002
Aktenzeichen: 9 W (pat) 30/02

(BPatG: Beschluss v. 26.09.2002, Az.: 9 W (pat) 30/02)

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird verworfen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 28. März 2002 hat das Deutsche Patent- und Markenamt den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren zurückgewiesen, nach dem der Anmelder Aufforderungen zur Vorlage einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie zur Benennung des Erfinders nicht nachgekommen war.

Hiergegen hat der Anmelder - ohne Zahlung einer Gebühr - Beschwerde eingelegt mit dem (sinngemäß) Antrag, 1. den angefochtenen Beschluss aufzuheben und Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zu bewilligen, 2. Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

Er trägt vor, er habe eine erhebliche Anzahl von Anmeldungen eingereicht, bei denen ihm Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei. Es sei ihm schon aus finanziellen Gründen nicht zuzumuten, sämtliche Unterlagen bei allen Anmeldungen jeweils neu einzureichen.

Der Senat hat den Anmelder mit Schreiben vom 11. Juli 2002 aufgefordert, die fehlenden, vom Deutschen Patent- und Markenamt bereits angeforderten Unterlagen nachzureichen. Daraufhin hat der Anmelder eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht. Mit Schreiben vom 19. August 2002 ist der Anmelder abermals unter Setzung einer letzten Frist bis 03. September 2002 aufgefordert worden, die Erfinderbenennung nachzuholen. Ein Eingang ist nicht erfolgt.

II.

1. Die Beschwerde des Anmelders gegen die Verweigerung der Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren ist zulässig.

Die Entrichtung einer Beschwerdegebühr ist nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Durch die zum 31. Dezember 2001 erfolgte Aufhebung des § 73 Abs. 3 PatG, wonach eine Beschwerdegebühr nur bei Zurückweisungen von Anmeldungen oder bei Entscheidungen über die Aufrechterhaltung, den Widerruf oder die Beschränkung des Patents zu entrichten war, hat sich für die Beschwerde gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe unter Geltung des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen PatKostG nichts geändert. Eine Beschwerdegebühr, deren rechtzeitige Entrichtung innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses grundsätzlich Voraussetzung für die Zulässigkeit ist, fällt bei Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe nicht an.

Aus Nr. 411 200 der Anlage (Gebührenverzeichnis) zu § 2 Ab. 1 PatKostG, wonach "in anderen Fällen" als Beschwerden gegen die Entscheidung über den Einspruch eine Gebühr in Höhe von 200 EUR zu zahlen ist, ergibt sich keine Gebührenpflicht als Zulässigkeitsvoraussetzung für Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe. Denn § 1 Abs. 1 PatKostG sieht eine Gebührenpflicht nur insoweit vor, als gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Demnach kommt die Anwendung weiterer Verfahrensvorschriften in Betracht, soweit sie nicht ausgeschlossen sind. Zu den auch gemäß § 99 Abs 1 PatG - zu berücksichtigenden Vorschriften gehören die Vorschriften der ZPO über die Prozeßkostenhilfe, die im patentgerichtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich anzuwenden sind (BGH GRUR 1999, 998 - Verfahrenskostenhilfe; Engel, FS Piper 1996, 513, 517; vgl auch Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 82 Rdn 2).

Aus den Vorschriften der § 115 ff ZPO, insbesondere § 118 Abs. 1 Satz 5 ZPO und § 122 Abs 1 Nr. 1 ZPO, folgt der allgemeine Grundsatz, dass Prozeßkostenhilfeverfahren nicht gebührenpflichtig sind (BGHZ 91, 311, 314; BVerfG MDR 1999; 1089). Mit dem Prozeßkostenhilferecht hat der Gesetzgeber Sorge dafür getragen, dass die Verwirklichung der rechtlichen Gleichheit bei der Durchsetzung individueller Rechtspositionen vor Gericht nicht am wirtschaftlichen Unvermögen scheitert (BVerfGE 35, 348, 354 f; BVerfG MDR 1999, 1089). Hiermit im Widerspruch stünde, bei Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren die Zulässigkeit der Beschwerde von einer Gebühr abhängig zu machen, die immerhin 200 EUR beträgt. Dafür, dass der Gesetzgeber trotz des Grundsatzes der Gebührenfreiheit im Prozeßkostenhilfeverfahren gemäß ZPO bei Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren gleichwohl eine Gebühr als Voraussetzung für die Überprüfung durch das Beschwerdegericht hat einführen wollen, gibt es keine Anhaltspunkte. Insbesondere aus der amtlichen Begründung zum Pat-KostG sind derartige Hinweise nicht ersichtlich (vgl Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, BLPMZ 2002, 36 ff).

Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe durch das Deutsche Patent- und Markenamt von einer Gebühr in Höhe von 200 EUR hat abhängig machen wollen, ergibt sich auch nicht aus dem Kostenverzeichnis Nr. 1953 - durch Art. 32 ZPO-RG vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887 ff) zu Nr. 1956 geworden - zu § 11 Abs. 1 GKG. Dort ist eine Gebühr in Höhe von 25 EUR für den Fall vorgesehen, dass die Beschwerde gegen die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe verworfen oder zurückgewiesen wird. Mit dieser vergleichsweisen niedrigen Gebühr wird vermieden, dass für das Beschwerdeverfahren betreffend die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe unverhältnismäßig hohe Gebühren in Bezug auf das mit der Beschwerde bekämpfte Verfahren entstehen (vgl LG Waldshut-Tiengen JurBüro 1996, 655; Markl/Meyer GKG, 4. Aufl, Kostenverzeichnis Nr. 1953 zu § 11 Abs 1 GKG Rn 88). Demgemäß zwingt diese im Vergleich zur patentgerichtlichen Beschwerdegebühr (200 EUR) niedrige Gebühr, die eine Ausnahme vom Grundsatz der Gebührenfreiheit im Prozeßkostenhilfeverfahren darstellt, nicht zu einer Auslegung von § 1 Abs. 2 Satz 2 und Nr. 411 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG dahingehend, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Beschwerde von der Entrichtung einer Gebühr in Höhe von 200 EUR hätte abhängig machen wollen. Vielmehr unterscheidet sich die Gebühr in Höhe von 25 EUR, die nach dem Kostenverzeichnis Nr.1953/1956 zu§ 11 Abs 1 GKG zu entrichten ist, schon ihrem Wesen nach erheblich von der im patentgerichtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu entrichtenden Beschwerdegebühr. Während die Gebühr Nr. 411 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG überhaupt erst die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch das Beschwerdegericht gewährleistet, ist die Gebühr nach dem Kostenverzeichnis Nr. 1953/1956 zu § 11 Abs 1 GKG erst fällig, nachdem die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen worden ist. Der Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung durch das Beschwerdegericht wird aber durch diese - später bei der armen Partei möglicherweise nicht eintreibbaren - Gebühr in Höhe von 25 EUR nicht verschlossen. Damit hat der Gesetzgeber Sorge dafür getragen, dass nicht durch die vorherige Entrichtung einer Gebühr die Durchsetzung einer individuellen Rechtsposition einer in ihren finanziellen Mitteln eingeschränkten Partei im Einzelfall ausgeschlossen werden kann (vgl BVerfG MDR 1999, 1089). Zudem verfällt die in Nr. 411 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG vorgesehene Beschwerdegebühr und ist grundsätzlich selbst bei einem Erfolg der Beschwerde nicht zurückzuerstatten, da eine Rückzahlung nur in Ausnahmefällen wie unrichtiger Sachbehandlung durch das Deutsche Patent- und Markenamt in Betracht kommt (Schulte PatG 6. Aufl. § 80 Rn 66).

Demgemäß läßt sich aus der Gebühr in Höhe von 25 EUR, die - als Ausnahme von dem Grundsatz der Gebührenfreiheit - erst nach Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde nach dem Kostenverzeichnis Nr. 1953/1956 zu § 11 Abs. 1 GKG zu entrichten ist, kein Anhaltspunkt dafür herleiten, dass der Gesetzgeber den Grundsatz der Gebührenfreiheit in Prozeßkostenhilfeverfahren generell und damit auch bei Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe im Patentrecht hat aufgeben wollen. Eine derartige Auslegung wonach die Entrichtung einer Beschwerdegebühr nicht Zulässigkeitsvoraussetzung für Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe ist, entspricht im übrigen auch den Intentionen des Gesetzgebers bei der Verabschiedung des PatKostG. Dieses Gesetz bezweckt eine abgewogene Berechnung von zu zahlenden Gebühren unter Beachtung von Gerechtigkeit, Zweckmäßigkeit und Rechtssicherheit. Deshalb ist eine Auslegung wie bei § 1 GKG geboten, indem man in § 1 Abs. 1 Satz 1 Pat-KostG das Wort "nur" hinzuliest. Eine Gebührenpflicht entsteht nur, soweit das PatKostG sie eindeutig anordnet. Damit ergibt sich die Notwendigkeit einer Auslegung zu Gunsten des Kostenschuldners, so dass im Zweifel von einer Gebührenfreiheit auszugehen ist (Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., Grundz, § 1 Pat-KostG Rdn 1).

2. Die mithin zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG ist Voraussetzung für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe, dass eine hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents besteht. Eine derartige Erfolgsaussicht kann allenfalls dann bestehen, wenn der Anmelder die erforderlichen Unterlagen einreicht, da sonst die Anmeldung nach §§ 37, 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 PatG zurückzuweisen wäre. Insoweit hat er trotz einer letzten Aufforderung, die Erfinderbenennung bis zum 3. September 2002 nachzuholen, diese für die Erteilung des Patents erforderliche Bennung nicht nachgeholt. Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

3. Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe gerichtete Beschwerdeverfahren ist mangels gesetzlicher Grundalge unstatthaft und daher unzulässig.

Der Gesetzgeber sieht gemäß § 129 PatG Verfahrenskostenhilfe nur für die in §§ 130 bis 138 PatG abschließend aufgeführten Verfahren vor. Das ist u.a. das Erteilungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und das Beschwerdeverfahren im Erteilungsverfahren vor dem Bundespatentgericht (§ 131 PatG), nicht aber das davon zu unterscheidende Verfahren auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für dieses Erteilungsverfahren (BPatGE 43, 187, 191 - Luftfilter). Dies entspricht auch der herrschenden Rechtsprechung zu den Vorschriften der ZPO über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe, da diese nach § 114 ZPO nur für die "Prozessführung" gewährt werden kann, worunter das eigentliche Streitverfahren zu verstehen ist, nicht aber das Prozeßkostenhilfeverfahren (BGHZ 91, 311, 312 m.w.N). Von dieser Rechtsprechung für das Verfahrenskostenhilfebeschwerdeverfahren betreffend patentrechtliche Erteilungsverfahren abzuweichen, sieht der Senat keinen Anlass. Vielmehr ist gerade deshalb hieran festzuhalten, weil - wie ausgeführt - Beschwerden gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe wie gemäß § 73 Abs. 3 PatG a.F. auch unter Geltung des Pat-KostG weiterhin gebührenfrei bleiben (vgl BGHZ 91, 311, 314; BPatGE 43 187, 191).

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BPatG:
Beschluss v. 26.09.2002
Az: 9 W (pat) 30/02


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