Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 7. November 1997
Aktenzeichen: 6 U 188/95

(OLG Köln: Urteil v. 07.11.1997, Az.: 6 U 188/95)

1. Einem Verband i.S. des § 13 II 2 UWG (hier: Arbeitsgemeinschaft von Marktforschungsinstituten in Vereinsform) fehlt die Prozeßführungsbefugnis zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, wenn er selbst - durch seine Mitarbeiter - das Marktgeschehen nicht auf etwaige Verstöße hin beobachtet, selbst keine Abmahntätigkeit entfaltet, sondern diese generell einem Rechtsanwaltsbüro überläßt, und er sich bei der Aufdeckung vermeintlicher Verstöße wie bei der Óberwachung bereits vorliegender Unterlassungstitel bzw. Unterwerfungserklärungen völlig auf das Rechtsanwaltsbüro bzw. die anzeigenden Dritten (z.B. Verbandsmitglieder) verläßt. 2. Eine etwa für den Verband streitende tatsächliche Vermutung seiner Prozeßführungsbefugnis, die sich gegebenenfalls aus seinem früheren gerichtlichen Tätigwerden herleiten läßt, ist bei einer solchen Sachlage jedenfalls widerlegt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 7. November 1995 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 305/95 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 20.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. Der Beklagten wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. Die mit diesem Urteil für den Kläger verbundene Beschwer wird auf DM 100.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

Der im Jahre 1949 gegründete und seit 1960 unter seinem jetzigen

Namen handelnde Kläger ist ein als Verein konstituierter Verband,

in dem sich die aus der Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 31 f d.A.)

ersichtlichen Markt- und Sozialforschungsunternehmen

zusammengeschlossen haben. Gemäß § 2 seiner Satzung hat sich der

Kläger die Aufgabe gestellt, national und international die Belange

der institutionellen Markt- und Sozialforschung zu wahren und zu

fördern. Als Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels soll dabei auch -

wie der Kläger in § 2 lit f) seiner Satzung bestimmt hat - die

Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, insbesondere durch Einschreiten

gegen gezielte Verkaufsmaßnahmen Dritter unter Vorspiegelung markt-

und sozialforscherischer Tätigkeit, dienen.

Die Beklagte führte im Jahre 1993 sowie im Zeitraum vom 1.

September 1994 bis zum 31. Mai 1995 Befragungen bei Apothekern und

Àrzten betreffend deren Verhalten beim Verkauf und bei der

Verordnung diverser Arzeimittel durch. Zur Durchführung der

Befragungen wurden die Àrzte und Apotheker mit den aus den Anlagen

B 11 und B 12 (Bl. 393/ 394 d.A. ersichtlichen Schreiben um

Ausfüllung und Rücksendung der beigefügten, wiederum in den Anlagen

K 4.3 und K 5.2 (Bl. 37-40 und Bl. 42-45 d.A.) wiedergegebenen

Fragebögen ersucht. Die erwähnten Fragebögen wiesen dabei jeweils

eine von den Befragten gegebenenfalls zu unterzeichnende, vom

übrigen Text abgesetzte vorformulierte Erklärung des nachstehenden

Inhalts auf:

"Der Speicherung meiner in diesem

Fragebogen gemachten Angaben einschließlich meines Namens und

meiner Adresse und der Weitergabe dieser gespeicherten Daten zur

Nutzung für Informationszwecke an pharmazeutische Unternehmen

stimme ich zu."

Die im Wege der solcherart durchgeführten Befragung erhobenen,

in die Studien "APO-DATA" und "MEDICAL-DATA" (Anlagen B 5 und B 6

zum Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juli 1995) eingeflossenen

Daten bot die Beklagte interessierten pharmazeutischen Unternehmen

mit den aus den Anlagen K 4.1 und K 5.1 (Bl. 35/41 d.A.)

ersichtlichen Schreiben sodann in jeweils anonymisierter Fassung

zum Erwerb an. Hierbei wies die Beklagte weiter darauf hin, daß die

Daten auch in "personalisierter Form" bzw. "mit Namen und Adressen

des Arztes" lieferbar seien.

Der sich für prozeßführungsbefugt haltende Kläger beanstandet

die beschriebene Vorgehensweise der Beklagten unter verschiedenen

rechtlichen Gesichtspunkten als seiner Auffassung nach

wettbewerbsrechtlich unzulässig:

Zum einen, so hat der Kläger geltend gemacht, verstoße die

Beklagte gegen das Irreführungsgebot des § 3 UWG, soweit sie den

Verkauf personenbezogener, die Identität der Befragten

preisgebender Daten betreibe. Die Erhebung und Weitergabe

derartiger personenbezogener Daten in nicht anonymisierter Fassung

stelle weder "Marktforschung" dar, noch handele es sich hierbei

überhaupt um "Forschung", d.h. um Sachverhalte, die beide sowohl im

Sinne einer wissenschaftlichen Definition als auch nach allgemeinem

Verständnis gerade die Sicherstellung der Anonymität der Befragten

voraussetzten. Allein durch die Verwendung ihrer den Bestandteil

"Marktforschung" aufweisenden Unternehmensbezeichnung auf den

Fragebögen sowie in den im Zusammenhang mit der Datenerhebung und

-verwertung ausgesandten Schreiben, spiegele die Beklagte daher den

tatsächlich unzutreffenden Eindruck einer wissenschaftlichen

Umfrage oder Marktforschungstätigkeit lediglich vor. In

Wirklichkeit gehe es ihr indessen darum, Datenmaterial zu erhalten,

welches der Kundenakquisition und Absatzförderung der

pharmazeutischen Unternehmen diene, die sich nach Weitergabe der

individualisierten personenbezogenen Daten unmittelbar und gezielt

an die an der Befragungsaktion teilnehmenden Àrzte und Apotheker

wenden könnten, um auf deren Verordnungs- und Verkaufsgewohnheiten

Einfluß zu nehmen. Diese Verquickung von Forschungstätigkeit und

Verkaufsförderung sei aber nicht nur der Marktforschung, sowie der

Forschung an sich fremd. Die Beklagte, deren Tätigkeit bestenfalls

als bloße Markterkundung qualifiziert werden könne, führe darüber

hinaus auch den angesprochenen Verkehr in die Irre, wenn sie

suggeriere, daß es sich bei den Verkaufsbemühungen um

Marktforschung bzw. überhaupt um Forschung handele.

Zugleich, so hat der Kläger weiter geltend gemacht, verhalte

sich die Beklagte aber auch wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG.

Denn die Beklagte verstoße mit ihrer Vorgehensweise ebenfalls gegen

die auf dem Verhaltenskodex der Internationalen IHK/ESOMAR

(european society for opinion and marketing research = Europäischer

Verband der Markt- und Sozialforschungsinstitute) beruhenden und

diesem inhaltlich entsprechenden und allgemein befolgten

Standesregeln der deutschen Markt- und Sozialforscher. Darin sei

festgelegt, daß verkaufs- oder vertriebsfördernde Maßnahmen

gegenüber dem Befragten weder direkt noch indirekt mit Befragungen

oder Tätigkeiten im Rahmen der Marktforschung asoziiert werden

dürften. Ferner gelte danach, daß die Marktforschung sich gerade

dadurch von anderen Formen der Informationssammlung unterscheide

und zu unterscheiden habe, daß die Identität dessen, der die

Information liefere, nicht offengelegt werde, womit die

grundsätzliche Bereitschaft der Befragten, überhaupt an

Datenerhebungen mitzuwirken sowie die Unbefangenheit der Antworten,

die wiederum maßgeblich für die Repräsentativität und Ehrlichkeit

des Befragungsergebnisses seien, sichergestellt werden solle.

Die Weitergabe der personenbezogenen Daten der Befragten an die

pharmazeutischen Unternehmen sei ferner aber auch mit § 4 Abs. 1

des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) nicht vereinbar. Denn die in

der Weitergabe liegende Verarbeitung und Nutzung dieser Daten sei

weder durch die sonstigen Bestimmungen des BDSG oder anderer

Rechtsvorschriften erlaubt, noch hätten die jeweils betroffenen

Àrzte und Apotheker wirksam in die Weitergabe ihrer

personenbezogenen Daten eingewilligt. Die auf den Fragebögen

vorformulierte Einwilligungserklärung halte den inhaltlichen

Anforderungen an eine wirksame Einwilligung nach Maßgabe von § 4

Abs. 2 BDSG nicht stand, weil das Verarbeitungsziel nicht

hinreichend bestimmt, den Betroffenen daher nicht die Möglichkeit

gegeben sei, die Tragweite ihres Einverständnisses zu

überblicken.

Sowohl die dargelegte Verletzung der nach Auffassung des Klägers

auch für die Beklagte verbindlichen Standesregeln, als auch der

angebliche Verstoß gegen das BDSG begründeten aber zugleich einen

Wettbewerbsverstoß im Sinne von § 1 UWG, da die Beklagte sich

hierdurch gegenüber ihren standes- und gesetzestreuen Mittbewerbern

einen wettbewerblichen Vorsprung verschafft habe.

Schließlich liege auch ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem

Aspekt der "Rufausbeutung" vor. Die Beklagte nutze den guten Ruf

der Marktforschung, um die Antwortbereitschaft der Befragen zu

erhöhen bzw. überhaupt erst herzustellen. Damit gefährde sie aber

das Ansehen der "echten" Markt- und Sozialforscher, weil es auf

Dauer nicht ausbleiben könne, daß der Unterschied zwischen

"Abverkaufskontrolle" bzw. Marketing im weitesten Sinne sowie

Marktforschung verwischt werde.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung eines für

jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis

zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs

Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu

verurteilen,

es zu unterlassen, im geschäftlichen

Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Bezeichnung "Marktforschung" zu

verwenden oder verwenden zu lassen bzw. deren Verwendung zu

ermöglichen, wenn

- personenbezogene Daten aus der

Apothekerbefragung

1993 und weiteren für die Zukunft

geplanten

Befragungen an Dritte weitergegeben

werden und/

oder deren Weitergabe angeboten

wird;

- die Erhebungsbögen "APO-DATA" und

"MEDICAl-DATA"

verwendet werden und darauf der

Befragte sein

Einverständnis zu der Weitergabe

personen-

bezogener Daten zur Nutzung von

Informations-

zwecken an pharmazeutische Unternehmen

erklären

soll.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, die bereits die Prozeßführungsbefugnis des Klägers

im Hinblick auf die dafür erforderliche personelle, sachliche und

finanzielle Ausstattung in Abrede gestellt hat, hat weder den

Tatbestand einer Irreführung, noch unter sonstigen Gesichtspunkten

einen wettbewerblichen Unlauterkeitstatbestand als erfüllt gesehen.

Bei den in anonymisierter Fassung erstellten Studien "APO-DATA" und

"MEDICAL-DATA" handelt es sich ihrer Ansicht nach selbst bei

Anwendung der Definitionsmaßstäbe des Klägers um Ergebnisse und

Produkte der "Marktforschung". An ihrer, der Beklagten, Einordnung

als Marktforschungsunternehmen sowie der Qualifikation ihrer

Tätigkeit als Marktforschung ändere im übrigen aber auch der

Umstand nichts, daß sie u.a. personenbezogene Daten in nicht

anonymisierter Fassung bei Befragten erhebe und an Dritte

weitergebe. Denn es treffe nicht zu, so hat die Beklagte behauptet,

daß sich Marktforschung bzw. Forschung überhaupt begriffsnotwendig

als die Verarbeitung und Weitergabe anonymer, nicht

individualisierter Daten verstehe. Auch wenn die Anonymität ein

"gewisses Problem der Akzeptanz der Marktforschung bei Probanden"

sei, habe sie mit der Definition der Marktforschung jedoch nichts

zu tun (Bl. 122 d.A.). Nicht zur Marktforschung zähle zwar

unzweifelhaft die unmittelbar dem Absatz von Waren oder

Dienstleistungen dienende Tätigkeit. Sie, die Beklagte, habe bei

den in Rede stehenden Befragungen aber keine solche unmittelbare

Absatzförderung, beispielsweise durch Bewerben oder Anbieten von

Waren der pharmazeutischen Industrie, betrieben. Soweit sie

überhaupt Waren anbiete, handele es sich dabei nicht um fremde

Produkte, sondern um die Ergebnisse ihrer eigenen

Marktforschungstätigkeit, wie das alle anderen Markt- und

Meinungsforscher ebenfalls praktizierten. Es könne daher, so hat

die Beklagte eingewandt, keine Rede davon sein, daß sie die im

Rahmen der Datenerhebungen zu "APO-DATA" und "MEDICAL-DATA"

befragten Apotheker und Àrzte durch den in ihrer

Unternehmensbezeichnung enthaltenen Bestandteil "Marktforschung"

oder in sonstiger Weise in die Irre geführt habe. Die Erhebung der

personenbezogenen Daten und deren Weitergabe an Dritte erweise sich

zum anderen aber auch weder unter standesrechtlichen

Gesichtspunkten, noch aus Gründen des Datenschutzes als unzulässig.

Soweit der Kläger ihr, der Beklagten, eine angebliche Verletzung

der im ESOMAR-Kodex niedergelegten und vom klagenden Verband

übernommenen Standesregeln anlaste, gehe das bereits deshalb fehl,

weil dieser Kodex für sie mangels Verbandszugehörigkeit zum Kläger

nicht verbindlich sei. Unabhängig davon, daß nach Auffassung der

Beklagten mit dem ESOMAR-Kodex eine kartellrechtswidrige

Beschränkung des Wettbewerbs nach Maßgabe der §§ 25 Abs. 1 und Abs.

2, 28, 38 GWB einhergehe, lasse aber selbst der ESOMAR-Kodex bei

Zustimmung der Befragten eine Weitergabe personenbezogener Daten

zu. Eine solche Zustimmung habe sie - die Beklagte - mit den auf

den Fragebögen vorgedruckten Erklärungen bei Unterzeichnung durch

die Befragten auch eingeholt. Diese Einverständniserklärung zur

Datenweitergabe halte den Anforderungen des § 4 Abs. 2 BDSG stand.

Angesichts des Umstandes, daß die befragten Àrzte und Apotheker in

den Erhebungsbögen vorher ausführlich beispielsweise nach Kontakten

zu Pharmareferenten und nach ihrem Interesse an

Fortbildungsveranstaltungen befragt würden, könne über den Zweck

der Weitergabe der personenbezogenen Daten an die pharmazeutische

Industrie bei den Befragten von vornherein keinerlei Unklarheit

entstehen.

Mit Urteil vom 7. November, auf welches zur näheren

Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage

insgesamt abgewiesen. Dem "fraglos prozeßführungsbefugten" Kläger,

so hat das Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung

ausgeführt, stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der mit

dem Klagebegehren verfolgte Unterlassungsanspruch zu. Soweit der

Kläger in der Erhebung sowie in der Weitergabe der

personenbezogenen Daten an Dritte ein standeswidriges Verhalten

und/oder die Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen sehe

und der Beklagten einen hiermit jeweils zugleich verwirklichten

Wettbewerbsverstoß im Sinne von § 1 UWG vorwerfe, werde dies von

vornherein nicht vom Klageantrag erfaßt. Denn letzterer habe

lediglich den ebenfalls firmenmäßigen Gebrauch der Bezeichnung

"Marktforschung" zum Gegenstand, wenn die weiteren, im Antrag

aufgezählten und jeweils auch alternativ zu verstehenden

Voraussetzungen vorlägen. Die Handlungen, an die der Kläger den

Unlauterkeitsvorwurf im Sinne von § 1 UWG anknüpfe, fielen

hierunter aber nicht. Das solcherart einzugrenzende

Unterlassungbegehren erweise sich aber auch nicht aus § 3 UWG als

berechtigt. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die im

Zusammenhang mit den Befragungen unstreitig lediglich firmenmäßig

verwendete Bezeichnung "Marktforschung" geeignet sei, einen

jedenfalls nicht unerheblichen Teil des Verkehrs über das

Leistungsangebot der Beklagten, insbesondere ihren

Unternehmensgegenstand in die Irre zu führen. Selbst wenn es

möglicherweise methodischen Bedenken begegnen und dem

Verhaltenskodex für die Markt- und Sozialforschung widersprechen

sollte, wenn die Beklagte Namen und Anschriften der Befragten

speichere und deren Zustimmung zur Weitergabe an Dritte einhole,

rechtfertige dies es jedenfalls nicht, den Studien der Beklagten

die Klassifizierung als "Marktforschung" abzusprechen. Bei diesen

Studien handele es sich allem Anschein nach um eingehende

empirische Untersuchungen eines dort näher definierten Teilmarktes,

denen ungeachtet methodischer Bedenken eine Systematik nicht

abgesprochen werden könne und vom Kläger auch nicht abgesprochen

werde. Soweit der Kläger geltend mache, daß "Marktforschung" der

begrifflichen Definition nach die Sicherstellung der Anonymität der

Befragten voraussetze und mithin eine Weitergabe personenbezogener

Daten in nicht anonymisierter Fassung ausschließe, könne eine

derartige Verkehrserwartung durch die Kammer ohne entsprechende

Beweiserhebung nicht festgestellt werden. Der Kläger habe aber

keinen Beweis für ein dahingehendes Verständnis des Verkehrs

angetreten, so daß er insoweit beweisfällig geblieben sei. Ein von

ihm zum angeblichen Verkehrsverständnis des Begriffs

"Marktforschung" vorgebrachtes Beweisangebot sei unbeachtlich, weil

es sich nur auf das Verständnis des Begriffs "Marktforschung" in

den als Anlagen K 4.1 bis K 5.2 zur Klageschrift vorgelegten

Unterlagen beziehe und lediglich die Frage betreffe, ob die

befragten Àrzte und Apotheker aufgrund der konkreten Gestaltung der

Erhebungsbögen irregeführt würden. Der erheblich weiterreichende

Klageantrag, der bereits den bloßen Firmengebrauch erfasse,

betreffe aber einen anderen Sachverhalt, wie sich nicht zuletzt

daraus ergebe, daß der durch die firmenmäßige Benutzung des

Begriffs "Marktforschung" etwa hervorgerufenen Irreführung - anders

als bei einer etwaigen Irrefühung infolge der konkreten Gestaltung

der Erhebungsbögen - nicht durch einen aufklärenden Hinweis wirksam

begegnet werden könne.

Gegen dieses, ihm am 23. November 1995 zugestellte Urteil

richtet sich die am 22. Dezember 1995 eingelegte Berufung des

Klägers, die er mittels eines am 22. März 1996 - nach

entsprechender Fristverlängerung - eingegangenen Schriftsatzes

fristgerecht begründet hat.

Der Kläger hält sich für prozeßführungsbefugt; insbesondere sei

er im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in personeller und sachlicher

Hinsicht hinreichend ausgestattet, um das Wettbewerbsverhalten zu

beobachten und zu bewerten, so daß er typische, durchschnittlich

schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße selbst verfolgen und

erkennen könne. Aufgrund des Umstandes, daß er, der Kläger, im

Zeitraum ab 1982 mehr als 30 Gerichtsentscheidungen erwirkt habe,

in denen er unbeanstandet als klagebefugt angesehen worden sei,

spreche hierfür bereits eine tatsächliche Vermutung. Darüber hinaus

seien sowohl der bei ihm, dem Kläger, beschäftigte hauptamtliche

Geschäftsführer, als auch die daneben beschäftigte Assistentin der

Geschäftsführung ebenso wie die Mitglieder des Vorstands, die

sämtlich - wie unstreitig ist - von der Ausbildung her

Marktforscher seien, in der Lage, typische und durchschnittlich

schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße selbst zu erkennen. Man

habe ferner einen Rechtsausschuß konstituiert, der sich mit allen

anfallenden Problemen, insbesondere jedoch mit Wettbewerbsverstößen

beschäftige (Bl. 310/311 d.A.). Bei vielen Mitgliedern des Klägers,

die ihrerseits Juristen beschäftigten, sei im übrigen eine

umfassende Kenntnis des Wettbewerbsrechts vorhanden, weshalb der

Verbandsvorstand, das Sekretariat und/oder die Geschäftsführung

regelmäßig auch von den Mitgliedsinstituten über entsprechende

Vorgänge unterrichtet würden. Die Geschäftsführung koordiniere dann

in Absprache mit dem Vorstand das weitere Vorgehen, was sich u.a.

in einem internen Rundschreibendienst niederschlage, der die

Verbandsmitglieder über wesentliche Rechtsprobleme unterrichte. Es

existiere ferner ein Pressedienst, mit dem die interessierte

Fachöffentlichkeit über rechtserhebliche Probleme im Zusammenhang

mit der Marktforschung informiert werde. Soweit er - der Kläger -

das Verhalten eines Unternehmens für wettbewerbswidrig halte,

bediene er sich für die Abmahnung regelmäßig einer Anwaltskanzlei

(Bl. 312/313 d.A.).

Im übrigen vertritt der Kläger aus den schon in erster Instanz

geltend gemachten, mit der Berufung im einzelnen vertieften Gründen

weiterhin die Auffassung, daß sich sein Unterlassungsbegehren nach

Maßgabe der §§ 3, 1 UWG als begründet erweise:

Die Beklagte habe gegen § 3 UWG verstoßen. Durch den hier in

Rede stehenden Gebrauch ihrer den Bestandteil "Marktforschung"

aufweisenden Unternehmensbezeichnung habe die Beklagte nicht nur

überhaupt eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse gemacht.

Diese Angabe erweise sich vielmehr auch als irreführend. Denn die

Beklagte habe mit den im Klageantrag genannten Befragungen keine

Marktforschung betrieben. Insbesondere der Umstand, so führt der

Kläger aus, daß die Beklagte personenbezogene Daten ihrer

Erhebungen weiterverkaufe und es dadurch den Erwerbern ermögliche,

sich unmittelbar und individuell an die Befragten zu wenden, sei

der begrifflichen Definition nach weder mit "Marktforschung" noch

überhaupt mit "Forschung" vereinbar. Die Anonymität der Befragten

sei wesentlicher Bestandteil der Marktforschung, die Weitergabe von

Daten, welche die Identifizierung der einzelnen Befragten

ermögliche, daher der Marktforschung wesensfremd. Denn bei der

Marktforschung gehe es nicht darum, das Verhalten einer

Einzelperson wiederzugeben, von dem nicht auf die Situation am

Markt geschlossen werden könne, sondern um die Darstellung des

Marktes oder seiner Teilbereiche selbst. Hinzu komme, daß sich die

Anonymität durchaus auch auf das Untersuchungsergebnis auswirke.

Mit "Forschung" lasse es sich im übrigen nicht vereinbaren, wenn

personenbezogene Daten gezielt für Absatz- und Vertriebszwecke

verwertet würden. Denn dann gehe es - was aber für "Forschung"

typischerweise und begriffsnotwendig vorauszusetzen sei - weder um

die Gewinnung von Erkenntnissen über die Struktur von Märkten und

ihre betriebs- und volkswirtschaftliche Bedeutung, noch um die

Verfeinerung des methodischen Instrumentariums der empirischen

Sozialforschung. Die durch die Verwendung der Bezeichnung

"Marktforschung" von der Beklagten bei den Adressaten

hervorgerufene Täuschung werde auch durch die vorformulierte

Erklärung am Ende der Fragebögen, mit welcher die Befragten in die

Speicherung und Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten

einwilligen sollten, nicht vermieden. Denn aufgrund dieses Textes

werde den Befragten nicht eröffnet, daß sie Bestandteil einer

Kundenliste würden, welche die Beklagte zur anschließenden direkten

Ansprache und Bewerbung weiterverkaufe. Das Landgericht habe bei

seiner Entscheidung verkannt, daß es bei der Bestimmung des

Bedeutungsgehaltes des Begriffs der "Marktforschung" in erster

Linie nicht auf die Verkehrsauffassung bzw. -erwartung ankomme,

sondern zunächst auf die Begriffsbestimmung, wie sie die

Wissenschaft vornehme (Bl. 265/266 d.A.). Erst dann könne beurteilt

werden und komme es darauf an, ob eine im Verkehr etwa zu diesem

Begriff vorhandene Vorstellung im Rahmen des

Irreführungstatbestandes bedeutsam ist (Bl. 266 d.A.). Zu Unrecht

habe das Landgericht weiter auch den Beweisantritt zu der

behaupteten Verkehrsauffassung betreffend den Begriff

"Marktforschung" für unbeachtlich gehalten. Denn der Klageantrag

habe sich von Anfang an gegen die Verwendung des Begriffs

"Marktforschung" gerade in Verbindung mit den von der Beklagten

durchgeführten Erhebungen gerichtet. Im übrigen, so macht der

Kläger in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens ferner

geltend, stelle sich das Verhalten der Beklagten über die in erster

Instanz bereits dargestellten und weiterhin verfolgten

Gesichtspunkte hinaus auch deshalb als nach § 1 UWG

wettbewerbswidrig dar, weil die Beklagte, indem sie unter der

objektiv unrichtigen Bezeichnung "Marktforschung" Erhebungen

vornehme, in Wirklichkeit durchgeführte Werbemaßnahmen tarne. Die

Beklagte gebe nur vor, Marktforschung mit dem Ziel der generellen

Auswertung zu betreiben. Tatsächlich gehe es ihr aber um die

Feststellung, wieviel Medikamente die Befragten verordnen und

verkaufen, damit die pharmazeutischen Unternehmer bzw. Abnehmer der

Daten die namentlich erfaßten Befragten anschließend gezielt

ansprechen und umwerben könnten (Bl. 270 d.A.).

Der Kläger beantragt,

das am 7. November 1995 verkündete

Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 305/95 -

abzuändern und die Beklagte unter Androhung eines für jeden Fall

der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM

500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im

Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu

verurteilen,

es zu unterlassen, Erhebungen bei

Apothekern und/ oder Àrzten unter Verwendung der Firma "I.

Marktforschung GmbH" anzustellen, wie nachstehend

wiedergegeben:

und die so gewonnenen Daten mittelbar

oder in verarbeiteter Form an Pharmaunternehmen zu veräußern, wie

nachstehend wiedergegeben:

und/oder

sich mit folgenden Angeboten an

Pharmaunternehmen zu wenden:

wenn die dieser Art angebotenen Daten

gewonnen worden sind mit Anschreiben wie nachfolgend

wiedergegeben:

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrem erstinstanzlich vertretenen

Standpunkt fest, daß der Kläger nicht prozeßführungsbefugt sei. Der

Kläger beobachte und verfolge Wettbewerbsverstöße nicht selbst. Die

Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit Wettbewerbsverstößen

erfolge vielmehr allein im Interesse eines bestimmten

Rechtsanwaltes (Bl. 380 d.A.). Infolgedessen sei das Landgericht

zwar zu Unrecht von der Prozeßführungsbefugnis des Klägers

ausgegangen. Im übrigen erweise sich das landgerichtliche Urteil

aber als richtig, was vom Ergebnis her jedenfalls auch im Hinblick

auf die von ihr, der Beklagten, bereits in erster Instanz gegenüber

dem Klagebegehren eingewandten Gesichtspunkte gelten müsse, die sie

mit ihrer Berufung weiter verfolgt und vertieft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erst- und zweitinstanzlichen

Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen jeweils

gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 17. Januar

1997 (Bl. 402 f d.A.) durch Vernehmung des Zeugen E. W..

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das über

die Zeugenvernehmung gefertigte gerichtliche Protokoll vom 8.

August 1997 (Bl. 443 - 447 d.A.) Bezug genommen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie und insgesamt zulässige

Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Letztere ist mangels Prozeßführungsbefugnis des klagenden Verbandes

bereits unzulässig, da nicht festgestellt werden kann, daß dieser

im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG seinen satzungsgemäßen Zweck der

Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs tatsächlich selbst verfolgt.

Voraussetzung der im gegebenen Fall allein aus § 13 Abs. 2 Nr. 2

UWG herzuleitenden Prozeßführungsbefugnis des Klägers war unter

anderem, daß dieser den in § 2 lit f) seiner Satzung formulierten

Zweck, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen, auch tatsächlich "lebt".

Dazu gehört es zunächst, daß er - wie § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in der

seit der UWG-Novelle vom 12.07.1994 gültigen Fassung nunmehr

ausdrücklich fordert - in personeller, sachlicher und finanzieller

Hinsicht hinreichend ausgestattet ist, um diese satzungsgemäße

Aufgabe erfüllen zu können. Ob der Kläger nach dieser Maßgabe

ausreichend ausgestattet ist, kann allerdings hier offen bleiben.

Nur am Rande sei daher darauf hingewiesen, daß nach dem für das

Jahr 1995 vorgelegten Prüfbericht (Bl. 329 ff d.A. = Anlage BB 3)

die hinreichende finanzielle Ausstattung des Klägers von vornherein

keinen Zweifeln unterliegen kann und diese von der Beklagten, die

lediglich die Angaben des Klägers zu seiner personellen und

sachlichen Ausstattung bestreitet (Bl. 380 d.A.), auch nicht in

Abrede gestellt wird. Letztlich kann die Frage, ob der Kläger in

ausreichendem Maße ausgestattet ist, um seiner satzungsgemäßen

Aufgabe der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs nachkommen zu können,

aber dahinstehen. Denn es ist nicht ersichtlich, daß der Kläger -

seine hinreichende Ausstattung unterstellt - die ihm zur Verfügung

gestellten Ausstattungsmittel tatsächlich für eine eigene

Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs einsetzt.

Bezweckt ein rechtsfähiger Verband - so wie hier - die Förderung

der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder u.a. durch die

Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, muß er u.a. personell und

sachlich in der Lage sein, das Wettbewerbsgeschehen zu beobachten

und zu bewerten, so daß typische und durchschnittlich schwierig zu

verfolgende Wettbewerbsverstöße von ihm selbst erkannt und von ihm

selbst abgemahnt werden können, falls er sich nicht - was ihm

freisteht - im Einzelfall eines Rechtsanwaltes bedient (BGH GRUR

1994, 831 - "Verbandsausstattung II" -; BGH GRUR 1991, 684/685 -

"Verbandsausstattung I" -; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht,

19. Aufl., Rdnr. 25 zu § 13 UWG; Teplitzki, Wettbewerbsrechtliche

Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 13 Rdnr. 28). Die hohen Anforderungen,

die in personeller und sachlicher Hinsicht an die

Prozeßführungsbefugnis gestellt werden, erfordern es dabei, daß der

sich im Einzelfall der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedienende

Verband in der Lage ist, konkrete Auftrags-, Óberwachungs- und

Abrechnungsmaßnahmen im Verhältnis zu dem beauftragten Rechtsanwalt

wahrzunehmen (vgl. BGH a.a.O., - "Verbandsaussattung II" -). Er muß

zu einer derartig umfassenden Tätigkeit aber nicht nur theoretisch

in der Lage sein, sondern diese auch regelmäßig tatsächlich ausüben

(vgl. BGH GRUR 1986, 320/321 - "Wettbewerbsverein I" -; BGH GRUR

a.a.O., - "Verbandsausstattung II" -; Baumbach-Hefermehl, a.a.O.).

Hierzu gehört es, daß der Verband neben einer nach der vorstehenden

Maßgabe stattfindenden unmittelbaren Verfolgung von

Wettbewerbsverstößen auch andere, ebenfalls der Bekämpfung

unlauteren Wettbewerbs dienenden Tätigkeiten entfaltet, wie

beispielsweise die Herausgabe aufklärender Schriften oder einen

Rundschreibendienst, unter Umständen auch die Teilnahme an

wettbewerbspolitischen Veranstaltungen (BGH a.a.O., -

"Verbandsausstattung II" -; BGH GRUR 1990, 282/284 -

"Wettbewerbsverein IV" -). Daß der Kläger nach Maßgabe der

letztgenannten Anforderungen selbst tätig wird, kann im Streitfall

jedoch nicht festgestellt werden.

Entgegen der Auffassung des für die tatsächlichen

Voraussetzungen der Prozeßführungsbefugnis grundsätzlich

darlegungs- und beweispflichtigen Klägers konnte er sich dabei von

vornherein nicht auf eine etwa zu seinen Gunsten sprechende

tatsächliche Vermutung berufen, weil er in den vergangenen Jahren

Gerichtsentscheidungen erwirkt hat, in denen er unbeanstandet als

klagebefugt behandelt wurde. Eine derartige tatsächliche Vermutung

mag zwar in den Fällen greifen, in denen die nach § 13 Abs. 2 Nr. 2

UWG vorgegebenen Voraussetzungen der Prozeßführungsbefugnis eines

Verbandes in vorangegangenen Gerichtsentscheidungen einer eigenen

Feststellung unterzogen und ausdrücklich bejaht wurden. In einem

solchen Fall liegt die Annahme nahe, daß ein Verband auch weiterhin

die betreffenden Voraussetzungen erfüllt und dürfte es in aller

Regel berechtigt sein, zu seinen Gunsten insoweit eine tatsächliche

Vermutung eingreifen zu lassen (vgl. BGH GRUR 1994, 831 -

"Verbandsausstattung II" -; BGH GRUR 1986, 320/321 f -

"Wettbewerbsverein I" -). Bedenken begegnet es aber, allein

aufgrund des Umstandes, daß in früheren Gerichtsentscheidungen

unbeanstandet von der Prozeßführungsbefugnis ausgegangen wurde,

eine für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen der

Prozeßführungsbefugnis im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG

sprechende tatsächliche Vermutung anzuknüpfen, daß der Verband

nicht nur hinreichend ausgestattet ist, sondern seine

satzungsgemäßen Aufgaben auch wirklich erfüllt. Denn die

vorbezeichnete Tatsache belegt letztlich nur, daß der Verband durch

die Einschaltung von Rechtsanwälten Wettbewerbsverstöße gerichtlich

verfolgt hat. Ob er (derzeit) die materiellen Voraussetzungen der

Prozeßführungsbefugnis erfüllt, nämlich insbesondere über die

Einschaltung eines Rechtsanwaltes hinaus eine eigene Tätigkeit zur

Erfüllung des Satzungszweckes entfaltet, ist damit aber nicht

gesagt (vgl. BGH a.a.O., - "Wettbewerbsverein I" -). Denn bei der

Prozeßführungsbefugnis handelt es sich zwar um eine von Amts wegen

zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Dies heißt aber nicht, daß

das befaßte Gericht insoweit Amtsermittlungen anzustellen hat (vgl.

BGH MDR 1989, 623; Zöller-Greger, ZPO, 20. Aufl., Rdnr. 12 vor §

253), sondern bedeutet nur, daß das Gericht, wenn sich aus dem

Sachverhalt oder dem sonstigen Streitstoff Hinweise auf ein

Zulässigkeitshindernis ergeben, diesen auch ohne Rüge der Partei

nachzugehen hat bzw. diese berücksichtigen darf. Lassen sich aber

weder dem Vortrag der Parteien, noch den sonstigen Prozeßumständen

Anhaltspunkte für Zulässigkeitsbedenken entnehmen, besteht für das

Gericht kein Anlaß, insoweit nähere Prüfungen und gegebenenfalls

Feststellungen zu unternehmen. Für das hier in Rede stehende

Zulässigkeitsmerkmal der Prozeßführungsbefugnis bedeutet dies aber,

daß in den Fällen, in denen unbeanstandet von der

Prozeßführungsbefugnis ausgegangen wurde, in aller Regel keine

nähere und ins einzelne gehende Prüfung der materiellen und

tatsächlichen Voraussetzungen stattgefunden hat und auch nicht

stattfinden mußte. Um so weniger ist dann aber in diesen Fällen die

Annahme einer prima facie für das Vorhandensein der Voraussetzungen

der Prozeßführungsbefugnis sprechenden Vermutung

gerechtfertigt.

Bestehen infolgedessen bereits Bedenken am Eingreifen einer

klägerseits für die Prozeßführungsbefugnis in Anspruch genommenen

tatsächlichen Vermutung, kommen im Streitfall weiter aber auch

konkrete Umstände hinzu, die eine solche Vermutung jedenfalls

erschüttern. Zum einen fällt auf, daß der Kläger aus jüngerer Zeit

- ab 1994 - nur insgesamt vier Entscheidungen vorgelegt hat, in

denen entweder unbeanstandet oder aber im Hinblick auf frühere

unbeanstandete gebliebene Voraussetzungen von seiner

Prozeßführungsbefugnis ausgegangen wurde. Hinzu kommt, daß die

Beklagte zwei Gerichtsbeschlüsse neueren Datums vorgelegt hat (Bl.

302 ff, 305 f d.A.), in denen dem Kläger u.a. jeweils aufgegeben

wurde, näher und konkret zu den seine angebliche

Prozeßführungsbefugnis begründenden Merkmalen vorzutragen. Diese

Situation und Entwicklung zeigt aber, daß zumindest im

gegenwärtigen Zeitpunkt Anlaß zu Zweifeln besteht, ob auf seiten

des Klägers die materiellen Voraussetzungen der

Prozeßführungsbefugnis (noch) vorliegen, so daß für die Anwendung

der vom Kläger für sich reklamierten tatsächlichen Vermutung -

unterstellt, sie greife überhaupt in der gegebenen

Sachverhaltskonstellation - kein Raum bleibt. Den Kläger trifft

nach alledem daher von vornherein die volle Darlegungs- und

Beweislast für die seine Prozeßführungsbefugnis begründenden

tatsächlichen Umstände.

Dieser Beweis ist ihm jedoch im Hinblick auf die hier

interessierende Voraussetzung der im Interesse der Bekämpfung

unlauteren Wettbewerbs entfalteten eigenen Tätigkeit nicht

gelungen.

Der Kläger verfügt zwar - wovon nach den Bekundungen des Zeugen

W. auszugehen ist - über eine eigene Geschäftsstelle. Auch ist mit

dem als Geschäftsführer angestellten Zeugen sowie der weiter

beschäftigten Assistentin der Geschäftsleitung Personal bei ihm

beschäftigt, welches den Verband in die Lage versetzt, den

Satzungszweck der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs an sich zu

erfüllen. Dem steht es von vornherein nicht entgegen, daß es sich

hierbei um Personen handelt, die über keine juristische Ausbildung

verfügen. Die Eignung, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen, fehlt

zwar einem Verband, wenn bei seinem Personal nicht die dafür

notwendigen rechtlichen Kenntnisse vorhanden sind

(Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 25 zu § 13 UWG). Allein der

Umstand, daß es sich bei den genannten Beschäftigten von Hause aus

um juristische Laien handelt, schließt es nicht aus, daß diese sich

die erforderlichen Kenntnisse im Verlaufe ihrer Berufspraxis

angeeignet haben, um zumindest ihr spezielles Fachgebiet

berührende, durchschnittlich schwierige Wettbewerbsverstöße zu

erkennen und gegebenenfalls selbst zu verfolgen. Daß insoweit für

den klagenden Verband tatsächlich eine eigene Tätigkeit entfaltet

wird, ist jedoch nicht ersichtlich.

Der Kläger hat zwar ein eigenes Tätigwerden durch Herausgabe von

Rundschreiben und Pressemitteilungen belegt (vgl. Rundschreiben

ADM-Intern 03/1995 sowie die Pressemitteilungen 07/ und 08/1994 -

Bl. 336 ff d.A.), die sich u.a. mit der Darstellung von die

Interessen der Verbandsmitglieder berührenden Fragen des

Wettbewerbsrechtes befassen. Diese Informationstätigkeit sowie die

vom Kläger weiter behauptete Mitwirkung u.a. an die Interessen der

Markt- und Sozialforscher berührende Gesetzgebungsvorhaben sowie

der Ausarbeitung und Entwicklung des Standesrechtes und Richtlinien

für Teilbereiche beispielsweise des Datenschutzes reicht für sich

jedoch nicht zur Wahrnehmung des Satzungszweckes der Bekämpfung

unlauteren Wettbewerbs aus. Vielmehr ist erforderlich, daß der

Kläger zusätzlich unmittelbar Wettbewerbsverstöße verfolgt (BGH

a.a.O., - "Verbandsausstattung II" -). Von letzterem kann nach dem

Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ausgegangen werden.

Den Bekundungen des Zeugen Erich W. zufolge beobachte der Kläger

selbst das Marktgeschehen nicht auf etwaige, seine

Verbandsinteressen berührende Wettbewerbsverstöße hin. Vielmehr

wird er erst dann mit vermeintlichen Wettbewerbsverstößen befaßt,

wenn ihm in dieser Hinsicht von seinen Mitgliedsunternehmen oder

Dritten - darunter laut der Aufstellung BB 2 (Bl. 474 ff d.A.) auch

das generell für Abmahnungen eingeschaltete Anwaltsbüro S. -

Beanstandungen und Beschwerden zugetragen werden. Entsprechend

verfahre der Kläger bei der Frage, ob bereits vorliegende

Unterlassungstitel oder Unterlassungsvereinbarungen von den

jeweiligen Schuldnern beachtet werden. Danach verläßt sich der

Kläger aber auch bei der insoweit anfallenden Óberwachung auf die

Aufmerksamkeit seiner Mitgliedsunternehmen und Dritter, die ihm

etwaige Zuwiderhandlungen melden. Die Beobachtung des

Wettbewerbsgeschehens sowie damit einhergehend die Vergewisserung,

ob und daß sich Unterlassungsschuldner ihren Verpflichtungen

konform verhalten, ist aber ein wesentliches, die unmittelbare

Verfolgung von Wettbewerbsverstößen vorbereitendes und begleitendes

Element der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Dem enthält sich der

klagende Verband hier. Der Kläger kann sich dabei auch nicht darauf

berufen, daß seine Mitgliedsinstitute oder Dritte insoweit aktiv

werden. Denn es kommt im gegebenen Zusammenhang gerade darauf an,

daß und inwiefern der die Befugnis, wettbewerbliche

Unterlassungsansprüche in eigenem Namen (und aus eigenem Recht)

prozessual geltend zu machen, für sich beanspruchende Kläger selbst

eine derartige Tätigkeit entfaltet.

Der Kläger unternimmt weiter aber auch keine eigene

Abmahntätigkeit, sondern hat diese - wovon auch nach den

Bekundungen des Zeugen ausgegangen werden muß - generell auf ein

Rechtsanwaltsbüro übertragen.

Es widerspricht zwar grundsätzlich nicht der Annahme, daß ein

Verband seine satzungsgemäße Aufgabe der Bekämpfung unlauteren

Wettbewerbs auch wirklich selbst erfüllt, wenn zur Verfolgung von

Wettbewerbsverstößen ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird. Jedoch

muß letzteres regelmäßig auf den Einzelfall beschränkt bleiben und

darf nicht soweit gehen, daß dieser Tätigkeitsbereich generell auf

einen Rechtsanwalt verlagert wird (vgl. BGH GRUR 1994, 831/832 -

"Verbandsausstattung II" -; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 25 zu

§ 13 UWG). Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung

"Bekleidungswerk" (BGH GRUR 1986, 676/677) entschieden hat, daß die

Aufgabenverlagerung auf ein Anwaltsbüro der Prozeßführungsbefugnis

des Verbandes nicht entgegengehalten werden kann, handelt es sich

dabei um einen in engen Grenzen anzuerkennenden Ausnahmefall. Die

Voraussetzungen eines derartigen Ausnahmefalles liegen hier aber

nicht vor. Anders als in dem der Entscheidung "Bekleidungswerk" des

Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt ist nämlich hier

nicht ersichtlich, daß der klagende Verband überhaupt jeweils

selbst in jahrzehntelanger Praxis die satzungsgemäße Bekämpfung

unlauteren Wettbewerbs mittels eigener Verfolgung von

Wettbewerbsverstößen betrieben hat, noch ist erkennbar, welche

konkreten Zweckmäßigkeitsgründe nunmehr dafür sprechen sollen, die

Geschäftsführung insoweit einem Anwaltsbüro zu übertragen. Ist

danach aber nicht ersichtlich, daß und inwiefern der Kläger eine

eigene Tätigkeit im Zusammenhang mit der Verfolgung konkreter

Wettbewerbsverstöße entfaltet, spricht alles dafür, daß er dieses

Betätigungsfeld generell auf das für ihn regelmäßig tätige

Rechtsanwaltsbüro, welches auch ausschließlich die Abmahnungen

ausspricht, verlagert hat. Soweit der Zeuge in diesem Zusammenhang

bekundet hat, er führe, wenn dem Verband von Mitgliedsinstituten

oder Dritten vermeintliche Wettbewerbsverstöße gemeldet werden,

eigene Prüfungen - gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Vorstand

- durch, geht daraus nicht hervor, inwiefern es sich hierbei um

konkrete inhaltliche Prüfungen handelt, die sich nicht lediglich

auf das "ob" einer Weitergabe des Vorgangs an das Anwaltsbüro

und/oder die Befolgung von dessen jeweiliger Empfehlung

beschränkten. Eine solche, auf das bloße "ob" eines Tätigwerdens

beschränkte Prüfung reicht aber nicht aus, um ein eigenes

Tätigwerden des Verbandes im Interesse der Bekämpfung unlauteren

Wettbewerbes annehmen zu können. Erforderlich ist vielmehr eine

Prüfung, die den Kläger in die Lage versetzt, konkrete Auftrags-,

Óberwachungs- und Abrechnungsmaßnahmen im Verhältnis gegenüber den

beauftragten Rechtsanwälten wahrzunehmen. Dies wiederum ist aber

nur dann möglich, wenn eigene inhaltliche und sachliche Prüfungen

des in Rede stehenden Wettbewerbes erfolgen. Die Vornahme einer

solchen materiellen Prüfung geht aber aus den Bekundungen des

Zeugen nicht hervor. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang das

Vorhandensein eines sich insbesondere mit Fragen des

Wettbewerbsrechtes befassenden sogenannten "Rechtsausschusses"

behauptet, dessen Einschaltung bei entsprechender Sachkunde des

Personals jedenfalls in bezug auf durchschnittliche

Wettbewerbsverstöße und deren konkrete Verfolgung ohnehin

überflüssig wäre, wird dieser nach den Bekundungen des Zeugen W. im

Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Abmahn- und

Verfolgungstätigkeit überhaupt nicht eingeschaltet.

Ist nach alledem aber nicht ersichtlich, daß der Kläger selbst

eine eigene Tätigkeit zur Erfüllung des Satzungszweckes der

Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs entfaltet, muß ihm im gegebenen

Fall die Prozeßführungsbefugnis im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG

abgesprochen werden. Der Senat verkennt dabei nicht, daß es sich

bei dem bereit seit Jahrzehnten existierenden Kläger um einen

Verband handelt, dessen Hauptzweck sich nicht in der Bekämpfung

unlauteren Wettbewerbs erschöpft, sondern der sich darüber hinaus

zahlreichen weiteren, der Wahrung und Förderung der gemeinsamen

Belange der institutionellen Markt- und Sozialforschung dienender

Aufgaben widmet und in diesem Zusammenhang durchaus auch in

beachtlichem Umfang ernsthaft und erfolgreich selbst als Verband

tätig sein mag. Das ändert aber nichts daran, daß - soweit der

Kläger für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche eine

Prozeßführungsbefugnis geltend macht - er gerade auf diesem Gebiet,

bei ausreichender Ausstattung hierzu, eine eigene Tätigkeit

entfalten bzw. den spezifischen Satzungszweck der Bekämpfung

unlauteren Wettbewerbs durch eigene konkrete Verfolgungsmaßnahmen

wirklich erfüllen muß.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre

Rechtsgrundlage in den §§ 108, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert

sich am Wert des Unterliegens des Klägers im vorliegenden

Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 07.11.1997
Az: 6 U 188/95


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c181794e2330/OLG-Koeln_Urteil_vom_7-November-1997_Az_6-U-188-95




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