Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. April 2002
Aktenzeichen: 6 W (pat) 42/00
(BPatG: Beschluss v. 25.04.2002, Az.: 6 W (pat) 42/00)
Tenor
Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Erteilung des Patents auf die am 10. Dezember 1992 eingereichte Patentanmeldung P 42 41 706.6-25 ist am 20. März 1997 veröffentlicht worden.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:
"Befestigungseinrichtung für die Abdeckung einer Oberflächenentwässerungseinrichtung, insbesondere Entwässerungsrinne, mit einer Abdeckung (30), die mittels Befestigungseinrichtung (20, 40) auf einem im Boden eingebauten Körper (1), insbesondere einem Rinnenkörper, befestigbar ist, wobei die Befestigungseinrichtungen (20, 40) eine am Körper (1) befestigte Klemmfeder (22, 23) und einen an der Abdeckung (30) unverlierbar befestigten Zapfen (41 - 46) mit einem verdickten, beim Einsetzen führenden Vorderende (41, 42) umfassen, die derart ausgebildet sind, daß der Zapfen (41, 46) in einer zur Ebene, in der sich die Abdeckung (30) erstreckt, im wesentlichen senkrechten Richtung in einer Aufnahmeöffnung (24) der Klemmfeder (22, 23) unter deren elastischer Verformung einsetzbar ist und nach dem Einsetzen gehalten wird, wobei die Aufnahmeöffnung (24) langgestreckt ausgebildet ist, so daß der Zapfen (41 - 46) an beliebigen Stellen entlang der Längsachse der Aufnahmeöffnung (24) einsetzbar ist, und/oder die Klemmfeder (22, 23) derart mit Spiel befestigt ist, daß der Zapfen (41, 46) beim Einsetzen in die Aufnahmeöffnung (24) die Klemmfeder (22, 23) verschieben kann."
Zur Fassung der erteilten Patentansprüche 2 bis 8, die auf den Patentanspruch 1 rückbezogen sind, wird auf die Patentschrift 42 41 706 verwiesen.
Nach Prüfung des einzigen Einspruchs hat die Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluß vom 29. Juni 2000 das Patent 42 41 706 in vollem Umfang aufrechterhalten.
Die Einsprechende hat zur Begründung ihres Antrags auf Widerruf des Patents auf die folgenden Druckschriften verwiesen:
E1 Katalog "Rapid" der Firma König Verbindungstechnik GmbH, D-89186 Illerrieden, mit dem Druckvermerk "Edition 1991", Deckblatt sowie Seiten 90 bis 93, und E2 Katalog "Schnellverschlüsse QUICKLOC" der Firma Böllhoff GmbH & Co. KG, D-4800 Bielefeld, mit dem Druckvermerk "05/92", Deckblatt und Seite 13 E3 EP 0 345 222 A2 E4 EP 0 204 278 A2 E5 EP 0 476 672 A1 E6 DE 25 11 702 A1 E7 DE 31 33 658 A1.
Gegen den Beschluß vom 29. Juni 2000 hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt. Sie trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor, daß die Ausführungen im angefochtenen Beschluß, insbesondere auf Seite 5 im 4. und 6. Absatz, einer Nachprüfung nicht standhielten. Der Fachmann habe ausgehend von einer aus den zum Stand der Technik genannten Druckschriften vorbekannten Befestigungseinrichtung für die Abdeckung einer Oberflächenentwässerungseinrichtung bei seiner Suche nach einer vereinfachten Montage der Abdeckung auch den dem einschlägigen Fachgebiet zuzurechnenden Katalog "RAPID" der Fa. König (E1) in Betracht ziehen müssen. Dieser Katalog (E1) zeige, insbesondere auf den Seiten 90 bis 93, eine Befestigungseinrichtung in Form einer Zapfen-Klemmfeder-Verbindung. Im Vergleich mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents habe die daraus vorbekannte Klemmfeder ebenfalls eine langgestreckte Aufnahmeöffnung, die gegenüber dem einsetzbaren Zapfen ein Spiel aufweise und somit innerhalb ihres Spiels das Einsetzen des Zapfens an beliebigen Stellen ermögliche. Der Anspruch 1 des Streitpatents enthielte für das nicht paßgenaue Einsetzen des Zapfens auch keine Bemessungsangaben und der Fachmann habe somit ohne eine erfinderische Tätigkeit zur Gesamtheit der Merkmale im Patentanspruch 1 des Streitpatents gelangen können. Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 8 hätten gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik ebenfalls keinen Bestand.
Die Einsprechende beantragt, den Beschluß der Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juni 2000 aufzuheben und das Patent 42 41 706 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden. Der Fachmann, ein auf dem Gebiet der Oberflächenentwässerungseinrichtungen tätiger Fachhochschulingenieur für Maschinenbau, werde bei seiner Suche nach einer verbesserten, den massiven Anforderungen des Einsatzgebietes standhaltenden Befestigungseinrichtung den leichte Verbindungstechniken aufzeigenden Katalog "RAPID" der Fa. König (E1) nicht in Betracht ziehen. Selbst wenn der Fachmann diesen Katalog (E1) in Betracht ziehen würde, könne er diesem keine Anregung entnehmen, aus der Vielzahl der im Katalog (E1) aufgezeigten baulich unterschiedlichen Verbindungstechniken die Zapfen-Klemmfeder-Verbindung als zur Lösung seines Problems geeignet auszuwählen. Darüber hinaus könne der unbefangene Fachmann den Zapfen-Klemmfeder-Verbindungen nach diesem Katalog (E1) die im Patentanspruch 1 beanspruchte Ausbildung der Aufnahmeöffnung der Klemmfeder und deren spielbehaftete Befestigung nicht entnehmen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Patent 42 41 706 hat im Umfang der erteilten Patentansprüche Bestand.
1. Bezüglich der Zulässigkeit des Einspruchs hat der Senat keine Bedenken. Diese Frage ist von der Patentinhaberin im Einspruchsbeschwerdeverfahren auch nicht wieder aufgegriffen worden. Die Einsprechende hat in ihrem Einspruchsschriftsatz zur Begründung ihres auf § 21 Abs 1 PatG gestützten Einspruchs ausgeführt, daß sich die erste von zwei im Patentanspruch 1 angegebenen und durch eine "und/oder" Funktion verbundenen alternativen Ausbildungsformen der Befestigungseinrichtung, gemäß der die Aufnahmeöffnung der Klemmfeder langgestreckt ausgebildet ist, so daß der Zapfen an beliebigen Stellen entlang der Längsachse der Aufnahmeöffnung einsetzbar ist, aus dem im Einspruchsschriftsatz genannten Katalog "RAPID" der Fa. König als bekannt entnehmen lasse. Sie hat weiter ausgeführt, daß sich die vermeintliche Erfindung in der Verwendung der durch den Katalog der Fa. König bekannten Befestigungseinrichtung zur lösbaren Festlegung einer Abdeckung einer Entwässerungsrinne erschöpfe, wie sie aus den hierzu benannten Druckschriften bekannt sei. Die Einsprechende hat des weiteren ausgeführt, daß es für den Fachmann lediglich erforderlich gewesen sei, die dem Katalog der Fa. König entnehmbare Befestigungstechnik in handwerklich geläufiger Weise einzusetzen. Hierzu habe es keiner erfinderischen Tätigkeit bedurft. Dies gelte auch für die zweite im Patentanspruch 1 angegebene Ausführungsform, nach der die Klemmfeder mit Spiel in einer entsprechend bemessenen Ausnehmung des einen der miteinander zu verbindenden Teile aufgenommen ist. Die Einsprechende hat somit zu allen im Patentanspruch 1 enthaltenen Merkmalen im einzelnen die Gründe angegeben, die nach ihrer Auffassung den Erfolg ihres Einspruchs rechtfertigen.
2. Die Patentansprüche 1 bis 8 sind zulässig. Ihr Gegenstand ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen (Patentansprüche 1 bis 11) deutlich und vollständig offenbart.
3. Das Patent betrifft eine Befestigungseinrichtung für die Abdeckung einer Oberflächenentwässerungseinrichtung, insbesondere einer Entwässerungsrinne. Nach der Beschreibungseinleitung der Patentschrift 42 41 706 sieht es die Patentinhaberin bei derartigen Einrichtungen, soweit sie aus den in der Beschreibungseinleitung genannten Druckschriften bekannt sind, als nachteilig an, daß sie recht kompliziert seien, mit geringen Toleranzen gefertigt sein müßten und zusätzliche Sicherungsteile benötigten oder unlösbar seien.
Das dem Patentgegenstand zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, eine Befestigungseinrichtung für die Abdeckung einer Oberflächenentwässerungseinrichtung der genannten Art dahingehend weiterzubilden, daß eine einfache Herstellung und Montage ermöglicht wird.
Dieses technische Problem wird durch eine Befestigungseinrichtung mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst.
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist patentfähig.
a) Die gewerblich anwendbare Befestigungseinrichtung nach dem Patentanspruch 1 ist in der Gesamtheit der in diesem Patentanspruch angegebenen Merkmale aus keiner der zum Stand der Technik genannten Druckschriften bekannt und somit neu.
Von den Befestigungseinrichtungen für Abdeckungen von Entwässerungsrinnen nach der EP 0 204 278 A2 (E4) und der EP 0 476 672 A1 (E5), von den Sicherungseinrichtungen von Gitterrosten auf Tragrahmen nach der EP 0 345 222 (E3) sowie von Schachtabdeckungen nach der DE 31 33 658 A1 (E7) als auch von der lediglich eine Gerinneauskleidung aufzeigenden DE 25 11 702 (E6) unterscheidet sich die Befestigungseinrichtung nach dem Patentanspruch 1 jeweils durch eine am Körper der Einrichtung befestigte Klemmfeder und einen an der Abdeckung befestigten Zapfen mit einem verdickten, beim Einsetzen führenden Vorderende sowie durch die weiteren, im Patentanspruch 1 angegebenen diese Klemmfeder-Zapfen-Verbindung betreffenden Merkmale.
Dem eine Reihe unterschiedlicher Verbindungstechniken betreffenden Katalog der Fa. König (E1) sowie dem Klemm-, Dreh- und Druckverschlüsse betreffenden Katalog der Fa. Böllhoff & Co (E2) sind jeweils für sich Befestigungseinrichtungen mit einer am Körper befestigten Klemmfeder und einem an einem flächigen Teil befestigten Zapfen mit einem verdickten, beim Einsetzen führenden Vorderende als bekannt zu entnehmen, die derart ausgebildet sind, daß der Zapfen in einer zur Ebene, in der sich der flächige Teil erstreckt, im wesentlichen senkrechten Richtung in einer Aufnahmeöffnung der Klemmfeder unter deren elastischer Verformung einsetzbar ist und nach dem Einsetzen gehalten wird. Diese beiden Kataloge (E1 und E2), aus denen jeweils schon keine Oberflächenentwässerungseinrichtung mit einer durch eine Befestigungseinrichtung befestigbaren Abdeckung als bekannt zu entnehmen ist, vermögen der Einrichtung nach dem Patentanspruch 1 schon aufgrund dieser Unterschiede nicht neuheitsschädlich entgegenzustehen.
b) Die Lehre nach dem Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist eine Befestigungseinrichtung, mittels der eine Abdeckung auf einem im Boden eingebauten Körper einer Oberflächenentwässerungseinrichtung befestigbar ist. Bei derartigen Entwässerungseinrichtungen, die zumeist in Fahr- oder Gehwegen angeordnet sind und bei denen die Abdeckung zumeist in einer Ausnehmung des Körpers aufliegt, müssen die Abdeckungen vorzugsweise gegen Herausschleudern beim Überfahren oder Kippen bei einseitiger Belastung sowie gegen ein unbefugtes Abheben gesichert befestigt sein. Geeignete Befestigungseinrichtungen für diese Entwässerungseinrichtungen sind den Druckschriften EP 0 345 222 A 2 (E3), EP 0 204 278 A2 (E4), EP 0 476 672 A1 (E5) und DE 31 33 658 A1 (E7) als bekannt zu entnehmen. Diese Befestigungseinrichtungen sind, wie in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift 42 41 706 ausgeführt, jedoch recht kompliziert, müssen geringe Toleranzen aufweisen und benötigen zumeist zusätzliche Sicherungsteile. Sie weisen somit jeweils die Nachteile auf, deren Behebung durch die Lehre nach dem Patentanspruch 1 aufgabengemäß angestrebt ist. Die zuvor genannten Druckschriften vermögen dem Fachmann, einem Fachhochschul-Bauingenieur, der sich wegen des auf dem Gebiet der mechanischen Verbindungstechnik liegenden technischen Problems gegebenenfalls des Rates eine Maschinenbauingenieurs bedient, schon aus diesem Grund keine Anregung in Richtung der Lehre nach dem Patentanspruch 1 zu geben.
Die das unlösbare Befestigen eines rinnenförmigen Einsatzteiles formschlüssig in einem Betonkörper vorteilhaft als verlorene Schalung betreffende deutsche Offenlegungsschrift 25 11 702 (E6) wird der Fachmann mangels jeglichen Vorbildes für eine geeignete Befestigungseinrichtung nicht in Betracht ziehen.
Bei seiner Suche nach einer Lösung des aufgezeigten technischen Problems wird der Fachmann vorrangig auf dem Gebiet massiver, Toleranzen ausgleichender sowie einfach herzustellender und montierbarer Befestigungseinrichtungen Ausschau halten. Bei dieser Suche wird er den eine Reihe baulich unterschiedlicher Verbindungselemente aufzeigenden Katalog "RAPID" der Fa. König (E1) aufgrund der dem Katalog entnehmbaren Maßangaben und den leicht lösbare Schnellverschlüsse aufzeigenden Katalog "QUICKLOC ¨" der Fa. Böllhoff & Co nicht in Betracht ziehen, da für ihn unschwer zu sehen ist, daß die in ihnen aufgezeigten Befestigungseinrichtungen nicht für Belastungen geeignet sind, die bei der Befestigung der Abdeckung einer Oberflächenentwässerungseinrichtung auftreten. Abgesehen davon ist dem Katalog der Fa. König (E1) nur die Lehre zu entnehmen, daß ein Einsetzen und Einführen der Zapfen in die Aufnahmeöffnung der jeweiligen Feder nur aus einer definierten, eng bemessenen Position heraus erfolgen kann. Eine Anregung dahingehend, zum vereinfachten und sicheren Befestigen der relativ große Toleranzen aufweisenden massiven Abdeckungen und Körper von Oberflächenentwässerungseinrichtungen miteinander, wie im Patentanspruch 1 angegeben, die Aufnahmeöffnung der Klemmfeder derart langgestreckt auszubilden, daß der Zapfen an beliebigen Stellen entlang der Längsachse der Aufnahmeöffnung einsetzbar ist und/oder die Klemmfeder derart mit Spiel am Körper zu befestigen, daß der Zapfen beim Einsetzen in die Aufnahmeöffnung die Klemmfeder verschieben kann, ist für den Fachmann dem Katalog der Fa. König (E1) wie auch aus den gleichen Gründen dem Katalog der Fa. Böllhoff & Co (E2) nicht zu entnehmen. Eine andere Beurteilung, wie von der Einsprechenden vortragen, ist nur auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise aus der Kenntnis der Lehre des Patentanspruchs 1 heraus beruhend anzusehen.
Da nach Auffassung des Senats mithin der aufgezeigte Stand der Technik den sein Fachwissen einsetzenden Fachmann nicht zu der insgesamt im erteilten Patentanspruch 1 angegebenen technischen Lehre anregen kann, ist der Gegenstand nach diesem Anspruch als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend zu werten.
5. Die auf den erteilten Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 betreffen zweckmäßige und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Befestigungseinrichtung nach dem Patentanspruch 1. Sie haben in Verbindung mit dem Patentanspruch 1 Bestand.
Riegler Trüstedt Sperling Guth Cl
BPatG:
Beschluss v. 25.04.2002
Az: 6 W (pat) 42/00
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